T 1007/03 () of 4.10.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T100703.20051004
Datum der Entscheidung: 04 October 2005
Aktenzeichen: T 1007/03
Anmeldenummer: 98118525.9
IPC-Klasse: G01F 1/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Magnetisch-induktiver Durchflussaufnehmer mit einer galvanischen Elektrode
Name des Anmelders: Endress & Hauser Flowtec AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) richtet ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 4. April 2003, die europäische Patentanmeldung Nr. 98 118 525.9 (Veröffentlichungsnummer 0 892 252) wegen mangelnder Klarheit im Sinne von Artikel 84 EPÜ zurückzuweisen. In ihrer Entscheidung war die Prüfungsabteilung der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht deutlich definiert sei. Insbesondere werde dort versucht, den Anspruchsgegenstand nicht nur in Bezug auf Merkmale, die nicht Teil des Anspruchs seien, sondern auch durch das zu erreichende Ergebnis zu definieren; eine solche Definition sei nur gemäß den Bedingungen zulässig, wie sie in den Richtlinien C-III, 4.7 ausgearbeitet seien. Außerdem vertrat die Prüfungsabteilung die Meinung, dass, soweit der Gegenstand des Anspruchs 1 verstanden werde könne, dieser Gegenstand in Bezug auf die Offenbarung folgender Druckschriften nicht neu bzw. erfinderisch sei:

(D3) UA-A-4 773 275

(D4) GB-A-2 047 409

(D5) GB-A-1 153 295

II. Am 14. April 2003 legte die Anmelderin Beschwerde ein. Die Beschwerdegebühr wurde am 19. April 2003 eingezahlt und die Beschwerdebegründung am 18. Juli 2003 eingereicht.

III. In einer Mitteilung der Technischen Beschwerdekammer gemäß Artikel 11 Absatz 2 VerfOBK äußerte die Kammer ihre Zweifel über die Definition der Erfindung durch auf den Verwendungszweck bezogener Merkmale im damals vorliegenden Anspruch, hierbei Bezug nehmend auf die Richtlinien, Kapitel C-III 4.8a und mehrere Entscheidungen der Beschwerdekammer.

IV. Am 4. Oktober 2005 fand eine mündliche Verhandlung statt. Während der mündlichen Verhandlung reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptantrag mit einem Satz Ansprüche 1 - 7 ein und beantragte, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und die Sache zur Prüfung dieses Anspruchssatzes an die erste Instanz zurückzuverweisen.

V. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.

VI. Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Durchflussaufnehmer eines magnetisch-induktiven Durchflussmessers zum Messen eines Volumendurchflusses einer elektrisch leitenden, in einem Messrohr (1) des Durchflussaufnehmers strömenden Flüssigkeit, der ferner mindestens zwei galvanische Elektroden (4), mit einer im Betrieb die Flüssigkeit berührenden Stirnfläche (42) und einem in einer Wand des Messrohrs (1) flüssigkeitsdicht eingesetzten Elektrodenschaft (41) umfaßt, - wobei ein die Flüssigkeit berührender Teil (12) des Messrohrs (1) elektrisch nicht-leitend ist, und - wobei der Elektrodenschaft (41) in einer Bohrung (15) in einem vom elektrisch nicht-leitenden Teil (12) gebildeten Ansatz (13) eingesetzt 1st, der sich durch eine in einer Wand des Messrohrs (1) angeordnete Bohrung (14) hindurch erstreckt,

dadurch gekennzeichnet, daß

- die Elektroden (4) eine an die Stirnfläche (42) grenzende Fläche (43) aufweisen, die aufgrund eines zwischen der Fläche (43) und dem elektrisch nicht- leitenden Teil (12) vorgesehenen Spalts (44) freiliegt, so daß die zu messende Flüssigkeit, im Betrieb in den Spalt (44) eindringend, auch die an die Stirnfläche (42) grenzende Fläche (43) eines somit gebildeten Elektrodenkopfes (42, 43) benetzt,

- wobei der Elektrodenschaft (41) einen Durchmesser aufweist, der größer als ein Durchmesser des die Flüssigkeit berührenden Elektrodenkopfes (42, 43) ist".

Die Ansprüche 2 bis 7 sind abhängige Ansprüche.

VII. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Im unabhängigen Anspruch wurden die in der Entscheidung der Prüfungsabteilung bemängelten funktionellen Merkmale gestrichen. Damit sollte der Einwand unter Artikel 84 EPÜ ausgeräumt sein. Stattdessen wurde im Anspruch das konkrete Merkmal aufgenommen, dass der Elektrodenschaft einen Durchmesser aufweist, der größer als ein Durchmesser des die Flüssigkeit berührenden Elektrodenkopfes ist. Dieses Merkmal ist offenbart in der Figur 1 und dem dazugehörenden Abschnitt auf Seite 6, 3. und 4. Absatz der ursprünglich eingereichten Beschreibung. Durch die Aufnahme dieses Merkmals in den unabhängigen Anspruch soll überdies der Anspruchsgegenstand deutlich gegen die von der Prüfungsabteilung genannten Druckschriften D3 - D5 abgegrenzt werden. Tatsächlich handelt es sich bei der galvanischen Elektrode aus der Patentanmeldung um eine sogenannte Stiftelektrode. Dies folgt aus der Beschreibung wo auf Seite 2, 1. Absatz, die Druckschrift JP-A-4-290 919 als nächsten Stand der Technik gewürdigt wird. Wie aus den Figuren dieser Druckschrift ersichtlich ist, wird diese Stiftelektrode üblicherweise von außen in eine Bohrung in der Wand des Durchflussaufnehmers flüssigkeitsdicht eingesetzt. Diese Art der Montierung hat als Nachteil das Auftreten mechanischer Spannungen und Vorwölbungen oder Fließen des Messrohrs, wenn dieses aus Kunststoff besteht, sowie Beeinflussung des Strömungsprofil, siehe Seite 2, 1. und 2. Absatz der Beschreibung. Durch die Ausgestaltung der Stiftelektrode gemäß Anspruch 1 sollen diese Probleme behoben werden.

Dagegen offenbaren sämtliche im Europäischen Recherchenbericht genannten Druckschriften und insbesondere die D3 - D5 sogenannte Pilzelektroden: bei dieser Art von Elektroden hat der Elektrodenkopf einen größeren Durchmesser als der Elektrodenschaft. Das Einbringen der Elektrode in das Messrohr muss deshalb von innen nach außen geschehen und die Elektrode muss an der Außenseite des Messrohrs mittels geeigneter Mittel (z. B. Muttern) gehalten werden. Die Abdichtung der Elektrode gegen die Flüssigkeit ist hierbei ein Problem.

Da diese Druckschriften nach Meinung der Beschwerdeführerin für die Frage der Patentierbarkeit des vorliegenden unabhängigen Anspruchs nicht mehr relevant sind und der Zurückweisungsgrund des Artikels 84 EPÜ nicht länger gültig sein sollte, wird die Zurückverweisung der Patentanmeldung an die erste Instanz zur weiteren Prüfung beantragt.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit

Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

In Anspruch 1 wurde das Merkmal neu aufgenommen, dass der Elektrodenschaft (41) einen Durchmesser aufweist, der größer als ein Durchmesser des die Flüssigkeit berührenden Elektrodenkopfes (42, 43) ist. Zur Offenbarung dieses Merkmals hat die Beschwerdeführerin auf die Figur 1 (siehe auch die mit den Bezugszeichen 41, 42 und 43 bezeichneten Teile) und die dazugehörende Passage auf Seite 6 der Beschreibung verwiesen. Auch wenn das aufgenommene Merkmal nicht wörtlich der Beschreibung entnehmbar ist, ist seine Stützung durch die ursprünglich eingereichten Unterlagen nach Auffassung der Kammer gegeben. Der unabhängige Anspruch 1 erfüllt damit die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

3. Artikel 84 EPÜ

Durch die Streichung der von der Prüfungsabteilung beanstandeten Merkmale sind die früheren Klarheitseinwände behoben. Das neu hinzugekommene Merkmal ist ebenfalls deutlich und wird von der Beschreibung gestützt. Anspruch 1 verstößt deshalb nicht gegen die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.

4. Patentierbarkeit

4.1 Durch die Aufnahme des neuen Merkmals bezüglich des Verhältnisses der Durchmesser des Elektrodenschafts und Elektrodenkopfes hat sich der Anspruchsgegenstand maßgeblich geändert. Da dieses Merkmal in keinem der ursprünglichen Ansprüche definiert war und der Beschreibung und Figur entnommen wurde, ist nicht mit Sicherheit festzustellen, ob der jetzt beanspruchte Gegenstand in der Europäischen Recherche ausreichend recherchiert worden war. Insbesondere betrifft, laut Beschwerdeführerin, die Elektrode eine sogenannte "Stiftelektrode", wie sie in der in der Anmeldung gewürdigten Japanische Druckschrift offenbart wird. Der Beschwerdekammer ist eine weitere derartige Elektrode aus der Druckschrift US-A-4 279 166 bekannt.

4.2 Um eine sich gegebenenfalls über zwei Instanzen erstreckende Prüfung der abhängigen Ansprüche und der Frage der Neuheit und erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands sämtlicher Ansprüche im Hinblick auf etwaige noch nicht berücksichtigte Entgegenhaltungen zu gewährleisten, macht die Kammer von der ihr in Artikel 111 (1) EPÜ eingeräumten Befugnis Gebrauch, die Sache zur weiteren Prüfung an die erste Instanz zurückzuverweisen, gemäß dem einzigen Antrag der Beschwerdeführerin.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur weiteren Prüfung auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hauptantrags an die erste Instanz zurückverwiesen.

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