T 0824/03 () of 17.10.2006

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2006:T082403.20061017
Datum der Entscheidung: 17 October 2006
Aktenzeichen: T 0824/03
Anmeldenummer: 98961059.7
IPC-Klasse: H01Q 1/32
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Antennenvorrichtung, insbesondere für ein Diebstahlschutzsystem eines Kraftfahrzeugs
Name des Anmelders: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer (Anmelder) legte am 21. Juli 2003 gegen die am 21. Mai 2003 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 98961059.7, basierend auf der internationalen Anmeldung WO 99/23716, Beschwerde mit gleichzeitiger Beschwerdebegründung ein. Am selben Tag entrichtete er die Beschwerdegebühr.

II. In der angefochtenen Entscheidung vertrat die Prüfungsabteilung die Auffassung, daß der Gegenstand des ihr vorliegenden Anspruchs 1 unter Berücksichtigung insbesondere der folgenden Dokumente D2 und D3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 56 EPÜ):

(D2) DE-A-195 42 441,

(D3) DE-A-30 36 999.

III. Am 17. Oktober 2006 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

In der mündlichen Verhandlung beantragte der Beschwerdeführer, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Hauptantrag

Ansprüche: Nr. 1-5, überreicht in der Verhandlung,

Beschreibung: Seiten 1, 3-7, 9 in der ursprünglich eingereichten Fassung, Seiten 2, 2a, 2b, 8, überreicht in der Verhandlung,

Zeichnungen: Blätter 1/2, 2/2, wie ursprünglich eingereicht;

Hilfsantrag

Anspruch: Nr. 1, überreicht in der Verhandlung, Nr. 2-5, wie für den Hauptantrag

Beschreibung: wie für den Hauptantrag,

Zeichnungen: wie für den Hauptantrag.

IV. Der Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet wie folgt:

"1. Antennenvorrichtung, für ein Diebstahlschutzsystem eines Kraftfahrzeugs (1), mit

- zumindest einer im Kraftfahrzeug angeordneten Primärspule (2), die ein Magnetfeld erzeugt, durch das von einer Steuereinheit (10) gesteuert ein Fragesignal zu einem Codegeber (4) ausgesendet und daraufhin ein Antwortsignal von dem Codegeber (4) empfangen werden kann,

- einem im Kraftfahrzeug angeordneten magnetischen Koppelelement (11), das innerhalb des durch die Primärspule (2) erzeugten Magnetfelds angeordnet ist, wodurch die Primärspule (2) mit dem Koppelelement (11) magnetisch gekoppelt ist und somit Signale von der Primärspule (2) zu dem Koppelelement (11) und umgekehrt induktiv übertragen werden können, und mit

- zumindest einer ebenfalls im Kraftfahrzeug angeordneten Sekundärspule (13), die entfernt von der Primärspule (2) angeordnet sind, die über eine Leitung (12) mit dem Koppelelement (11) verbunden ist und die ein zusätzliches Magnetfeld erzeugt, über das ebenfalls ein Fragesignal zu dem Codegeber (4) ausgesendet und daraufhin ein Antwortsignal von dem Codegeber (4) empfangen werden kann."

Die Ansprüche 2-5 des Hauptantrags sind abhängige Ansprüche.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag

2.1 Die der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Ansprüche wurden im Beschwerdeverfahren geändert. Dabei wurde die Beschreibung an den neuen Anspruch 1 angepaßt. Die Prüfung der Änderungen hat ergeben, daß sie nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen (Artikel 123 (2) EPÜ).

2.2 Der Beschwerdeführer führte aus, daß das Dokument D2 den am nächsten kommenden Stand der Technik darstelle, während das Dokument D3 gattungsfremd sei, weil es sich auf eine Induktionsfunkanlage für den untertägigen Bergbau beziehe.

2.3 Aus D2 ist eine gattungsähnliche Antennenvorrichtung für ein Diebstahlschutzsystem eines Kraftfahrzeugs bekannt, die aber lediglich das erste Merkmal des Anspruchs 1 aufweist.

2.4 Der schematische Aufbau der aus D3 bekannten Induktionsfunkanlage für den untertägigen Bergbau ist in Figur 1 dargestellt. Entlang einer von Fahrzeugen 5 befahrbaren Strecke befindet sich eine Induktionsschleife 2, die an ein ortsfestes Sende- und Empfangsgerät 1 angeschlossen ist. Bei Induktionsfunkanlagen der in Rede stehenden Art beeinträchtigt die vom Führerhaus verursachte elektromagnetische Abschirmung den ohnehin wegen der Umgebung unter Tage schlechten Funkverkehr zwischen dem ortsfesten Sende- und Empfangsgerät 1 und den Fahrzeugen 5. Aus diesem Grund sind die Fahrzeuge mit einer Sende- und Empfangsantenne 6 ausgerüstet, die induktiv an die ortsfeste Induktionsschleife 2 gekoppelt und mit einer Wicklung 8 verbunden ist, die wiederum induktiv an das Handfunkgerät im Inneren der Fahrzeuge angekoppelt ist (vgl. Figuren 2 und 3).

2.5 In der angefochtenen Entscheidung war die Prüfungsabteilung der Auffassung, daß ausgehend von D2 die Zusammenschau der Dokumente D2 und D3 den beanspruchten Gegenstand nahelege. Die Verwendung einer Antennenanordnung gemäß der Offenbarung von D3 für ein aus D2 bekanntes Diebstahlschutzsystem eines Kraftfahrzeugs könne nämlich nur dann als erfinderisch angesehen werden, wenn sie zu unerwarteten Wirkungen oder Eigenschaften führe, was jedoch nicht der Fall sei.

2.6 Der Beschwerdeführer widersprach dieser Auffassung mit der Begründung, daß sich die Offenbarung von D3 nicht ohne weiteres auf das System gemäß D2 übertragen lasse.

Es sei fraglich, ob der Fachmann überhaupt das Dokument D3 aus einem nicht einschlägigen Fachgebiet kenne. Die Erstellung eines Recherchenberichts im Sinne von Artikel 92 und Regel 44 EPÜ erfolge rückschauend, d.h. mit der Kenntnis der Erfindung. So arbeite der Fachmann jedoch nicht, der ausgehend von der aus D2 bekannten Antennenvorrichtung für ein Diebstahlschutzsystem die Aufgabe zu lösen habe, das elektromagnetische Feld auf die räumlichen Nullstellen der Antennenvorrichtung auszuweiten. Die Entgegenhaltung D2 per se gebe keinen Hinweis auf die beanspruchte Lösung. Erst die Kenntnis dieser Lösung habe die Prüfungsabteilung zu der Zusammenschau von D2 und D3 veranlaßt, obwohl diese Dokumente zu unterschiedlichen technischen Gebieten gehörten und unterschiedliche Aufgabenstellungen lösten. Während D2 das Problem zugrundeliege, eine Antennenvorrichtung zu schaffen, deren Signale sicher von einem tragbaren Codegeber empfangen würden, wenn sich der Codegeber in der Nähe der Antennenvorrichtung befinde, löse D3 die Aufgabe, in abgeschirmten Bereichen ein elektromagnetisches Feld zu erzeugen, in denen aufgrund der Abschirmung eine Ausbreitung des Feldes sonst nicht möglich wäre. Mit anderen Worten werde gemäß D3 das Feld nicht auf Bereiche ausgedehnt, die aufgrund der Geometrie der Induktionsschleife vom Feld nicht erreicht werden könnten, sondern auf Bereiche, in denen ein an sich vorhandenes Feld vom fahrenden Fahrzeug abgeschirmt werde. Die unterschiedlichen Aufgabenstellungen bedingten verschiedene Lösungen, die sich nicht ohne weiteres kombinieren ließen. So weise die Antennenvorrichtung gemäß D2 (vgl. Anspruch 1; Figur 1) zumindest eine Sende- und Empfangsspule mit einer Energiespule zur Erzeugung einer lokalen Feldstärkeerhöhung auf, während die aus D3 (vgl. Anspruch 1; Figuren 2 und 3) bekannte Induktionsfunkanlage eine Wicklung aufweise, die mit der Sende- und Empfangsantenne eines Fahrzeugs verbunden und induktiv an das Handfunkgerät des Fahrzeugs angekoppelt sei.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei also D3 als Stand der Technik auf einem von der vorliegenden Erfindung entfernten technischen Gebiet nicht heranzuziehen. D3 sei eine Offenlegungsschrift, die eine spezielle Problemlösung betreffe und somit nicht als Fachwissen verallgemeinert werden könne. Kein Grund würde - nicht einfach könnte, sondern würde - den mit dem vorliegenden technischen Problem befaßten Fachmann veranlassen, den aus D2 bekannten nächstliegenden Stand der Technik unter Berücksichtigung der Lehre gemäß D3 zu ändern oder anzupassen und somit zu etwas zu gelangen, das unter den Anspruch 1 falle. Selbst bei der Zusammenschau der Dokumente gebe es keinen Grund, weshalb der Fachmann, der von D2 ausgehend keine Kenntnis der erfindundsgemäßen Lösung habe, nur bestimmte Merkmale der bekannten Induktionsfunkanlage berücksichtigen würde, ohne auf ihren Zusammenhang zu achten. Dies bedeute nämlich, die beanspruchte Lösung nachträglich im Stand der Technik zu suchen.

2.7 Die Beschwerdekammer hält das Vorbringen des Beschwerdeführers für überzeugend. Die negative Haltung der Prüfungsabteilung bezüglich der erfinderischen Tätigkeit, sei es von D2 ausgehend in Verbindung mit D3 oder umgekehrt, scheint aus den vorgetragenen Gründen mit einer rückschauenden Betrachtung behaftet zu sein.

2.8 Die Beschwerdekammer ist ferner überzeugt, daß die Anmeldung gemäß dem Hauptantrag den anderen Vorschriften des EPÜ Genüge tut.

2.9 Aus diesen Gründen ist der Hauptantrag gewährbar. Somit erübrigt sich die Erörterung des Hilfsantrags.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung mit der Auflage zurückverwiesen, ein Patent mit folgenden Unterlagen gemäß dem Hauptantrag zu erteilen:

Ansprüche: Nr. 1-5, überreicht in der Verhandlung am 17. Oktober 2006,

Beschreibung: Seiten 1, 3-7, 9 in der ursprünglich eingereichten Fassung, Seiten 2, 2a, 2b, 8, überreicht in der Verhandlung am 17. Oktober 2006,

Zeichnungen: Blätter 1/2, 2/2, wie ursprünglich eingereicht.

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