T 0639/03 () of 9.8.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T063903.20050809
Datum der Entscheidung: 09 August 2005
Aktenzeichen: T 0639/03
Anmeldenummer: 99107007.9
IPC-Klasse: C04B 41/88
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Glanzedelmetallpräparat
Name des Anmelders: W.C. Heraeus GmbH
Name des Einsprechenden: Ferro Corporation
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(b)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde betrifft die am 28. März 2003 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das Europäische Patent EP-B-1 043 294 in geänderter Fassung aufrechterhalten wurde.

II. Der Zwischenentscheidung lagen folgende unabhängige Ansprüche zugrunde:

"1. Glanzedelmetallpräparat zum Einbrennen auf Keramik- /Porzellan - Oberflächen bei einer Minimaltemperatur von +900 °C zur Bildung eines hochglänzenden Edelmetallfilms, insbesondere auf Fliesen, bestehend aus einer oder mehreren organischen Edelmetallverbindungen, mindestens einem Flussmittel aus organischen Metallverbindungen und mindestens einem Träger, dadurch gekennzeichnet, dass das Glanzedelmetallpräparat

- rhodiumfrei ist,

- mindestens eine organische Gold-, Platin-, Silber- oder Palladium-Verbindung enthält,

- Cr in Form mindestens einer organischen Verbindung aufweist, wobei der Cr-Gehalt 0,01 bis 1,0 Mol Cr pro Mol Edelmetall beträgt,

- mindestens ein weiteres Element aus der Gruppe Si und Ni in Form organischer Verbindungen aufweist, wobei der Gesamtgehalt an Si, Cr und Ni 0,2 bis 2,0 Mol pro Mol Edelmetall beträgt, und

- der Edelmetallgehalt, bezogen auf das Präparat, im Bereich von 6 bis 20 Gewichts-% liegt."

"8. Verfahren zur Herstellung von dekorierten Keramik-/Porzellanoberflächen aufweisenden Gegenständen, insbesondere von Fliesen, durch Einbrennen eines Glanzedelmetallpräparats zur Bildung eines hochglänzenden Edelmetallfilms, dadurch gekennzeichnet, dass ein Glanzedelmetallpräparat nach einem der Ansprüche 1 - 7 in einem Temperaturbereich von 900 °C bis 1300 °C eingebrannt wird."

"9. Verwendung eines Glanzedelmetallpräparates nach einem der Ansprüche 1 - 7 zur Dekorierung von Keramik-/Porzellanoberflächen aufweisenden Gegenständen, insbesondere von Fliesen."

"10. Verwendung eines Glanzedelmetallpräparates nach einem der Ansprüche 1 - 7 zum Einbrennen auf Keramik-/Porzellanoberflächen aufweisenden Gegenständen in einem Temperaturbereich von 900 °C bis 1.300 °C."

(Änderungen gegenüber den erteilten Ansprüchen in Fettdruck).

III. Im Einspruchsverfahren wurden folgende relevante Dokumente vorgelegt:

D1: CN 1 072 670 A (Übersetzung ins Englische)

D3: EP 0 440 877 A

D4: Versuchsbericht Dr. L. Poth, datiert vom 31.08.2001.

D5: A.A. Milgram, "Properties of Gold Films Formed from Organometallic Solution", J. Electrochem. Soc. 118, Seiten 287 - 293, (1971).

IV. Die Einspruchsabteilung sah D1 als nächstliegenden Stand der Technik an. Darin seien rhodiumfreie Glanzedelmetallpräparate beschrieben, die bei Temperaturen von bis zu 880 °C einbrennbar seien und eine Chromverbindung enthalten. Davon unterscheide sich der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 durch die Anwesenheit von mindestens einem weiteren Element aus der Gruppe bestehend aus Si und Ni in Form von organischen Verbindungen. Die zu lösende Aufgabe bestand darin, rhodiumfreie Glanzedelmetallpräparate anzugeben, die auch bei höheren Temperaturen (mindestens 900 °C) zu hochglänzenden Edelmetallfilmen einbrennbar seien. Der Stand der Technik gab nach Auffassung der Einspruchsabteilung keinen Hinweis auf die anspruchsgemäße Kombination von Flußmitteln. Aus Dokument D3 seien keine Aussagen über rhodiumfreie Glanzedelmetallpräparate zu entnehmen. D1 gäbe keinen Hinweis, daß rhodiumfreie Glanzedelmetallpräparate bei Einbrenntemperaturen von mindestens 900 °C geeignet seien. Auch in Hinblick auf D5 habe es nicht nahegelegen, Rhodium aus den in Beispiel 2 von D3 genannten Präparaten wegzulassen.

V. Gegen diese Entscheidung wurde mit Schreiben vom 21. Mai 2003 Beschwerde eingelegt von der Einsprechenden, im folgenden die Beschwerdeführerin. Die Beschwerde wurde begründet mit Schreiben vom 16. Juli 2003. Mit der Beschwerdebegründung zitierte die Beschwerdeführerin das weitere Dokument D6: DE 37 36 583 C1. Sie legte mit der Eingabe vom 27. Juli 2004 Versuchsergebnisse vor, nämlich Dokument D10: Versuchsbericht Dr. Poth vom 15. Juli 2004. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) legte im Laufe des Beschwerdeverfahrens folgende weitere Dokumente vor:

D7: A.N. Salanov, V.I. Savchenko, Kinetics and Catalysis, Vol. 36, No. 3, Seiten 356 - 362 (1995).

D8: G. Bayer, H.G. Wiedemann, Thermochimica Acta 15. (1976), Seiten 213 - 226.

D9: Chemical Abstracts Vol. 61: abstract no. 6731

VI. Die Parteien argumentierten im schriftlichen Verfahren im wesentlichen wie folgt:

Die Beschwerdeführerin wies darauf hin, dass die anspruchsgemäße Flußmittelkombination an sich aus D3 bekannt sei, wenn auch in rhodiumhaltigen Präparaten. Der Zusatz von Rhodium sei jedoch für den Fachmann erkennbar überflüssig. Unter Hinweis auf D6 wurde argumentiert, dass es im Stand der Technik nicht allgemein anerkannt sei, dass für hohe Einbrenntemperaturen (>= 900 °C) Rh zugesetzt werden müsse. Laut D5 zersetze sich Rh2O3 bei Temperaturen oberhalb von 750 °C und könne die Zusammenlagerung von Gold zu Agglomeraten, die zu einem inhomogenen, unterbrochenen Goldfilm führe, nicht mehr verhindern. Die in D5 beschriebenen rhodiumhaltigen Präparate seien nur bis ca. 850 °C brennstabil, wie auch im Streitpatent selbst erwähnt (Seite 2, Zeile 45). Auch der D3 sei nicht zu entnehmen, dass der Gehalt an Rh in irgendeiner Hinsicht von Bedeutung sei.

Die im Stand der Technik eingesetzten Rhodiummengen seien zudem sehr gering. Der Fachmann würde umsomehr in Erwägung ziehen, aus Kostengründen darauf zu verzichten, da sie beim Hochtemperaturbrand keine Vorteile brächten. In dem Versuchsbericht D10 werde gezeigt, dass der Zusatz von Rh bei Brenntemperaturen von 1060 °C und 1200 °C keinen Einfluss auf das erzielte Ausbrennergebnis habe. Es könne folglich weggelassen werden, und der Fachmann gelange auch ausgehend von D3 zur Lehre des vorliegenden Anspruchs 1.

Die Beschwerdegegnerin brachte im wesentlichen folgende Argumente vor:

Der Fachmann habe keine Veranlassung gehabt, rhodiumfreie (D1) und rhodiumhaltige Präparate (D3) beliebig zu kombinieren. Die Zersetzung von Rh2O3 bei hohen Temperaturen hänge von weiteren Faktoren ab, wie z.B. Schichtdicke, Sauerstoffdruck etc. (siehe D7 - D9), was den experimentellen Befund aus D5 relativiere. Rhodiumoxid könne daher sehr wohl bei Normaldruck bis 1130 °C seine Wirkung entfalten. Der Fachmann habe daher guten Grund gehabt, die Wirkung des Rhodiums bei hohen Temperaturen anzunehmen und es daher nicht ohne weiteres wegzulassen. Es bleibe als Tatsache bestehen, dass industrieweit trotz der hohen Kosten nicht auf Rhodium verzichtet worden sei.

VII. In einer Mitteilung vom 11. April 2005 brachte die Kammer Zweifel zum Ausdruck, ob die gestellte Aufgabe über die gesamte Breite der Ansprüche gelöst sei. Das Patent enthalte kein Beispiel, um zu belegen, dass bei T >= 900 °C Glanzedelmetallfilme auch mit der anspruchsgemäßen Variante eines nur aus Si- und Cr- Verbindungen bestehenden Flusses erhalten werden könnten.

VIII. In Beantwortung dieser Mitteilung der Kammer legte die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 8. Juli 2005 weitere Versuchsberichte vor, in denen einerseits verschiedene erfindungsgemäße Kombinationen aus Flussmittel untersucht wurden (D13: Anlage 1 dieses Schreibens) und andererseits zusätzliche Versuche in Nacharbeitung der D3 (D14: Anlage 2) unternommen wurden. Die Beschwerdegegnerin reichte zudem die neuen Dokumente

D11: G. Beck et al.: "Edelmetall-Taschenbuch", Hsg.: Degussa AG, Frankfurt, 2. Aufl., Verlag Hüthig, Heidelberg, 1995, Seiten 336 - 339; und

D12: EP 0 334 107 B1

ein.

IX. Die Beschwerdeführerin erhob in ihrem Schreiben vom 22. Juni 2005 den Einspruchsgrund der mangelnden Ausführbarkeit nach Artikel 100 b) EPÜ. Sie argumentierte, anhand des Versuchsberichtes D10 sei gezeigt worden, dass gewisse anspruchsgemäße Formulierungen keinen brauchbaren Goldfilm ergäben, die Aufgabe mit den Merkmalen des Anspruchs 1 also nicht gelöst sei.

X. Am 9. August 2005 fand eine mündliche Verhandlung statt, in der folgende neue Argumente vorgebracht wurden.

Die Beschwerdeführerin sah die Ausführbarkeit der Erfindung nicht als bewiesen an, da Beispiel 2C aus D10 bei 1200 °C hochglänzenden Einbrand, wie im Anspruch 1 gefordert, sondern nur einen dunklen goldglänzenden Einbrand liefere. Laut Streitpatent selbst sei unter "hochglänzend" aber "intensiv bzw. hell glänzend" zu verstehen, und "hochglänzend" bedeute "gelbgoldener, hochglänzender Goldfilm", wie dies aus den Abschnitten [0032] und [0035] des Streitpatents hervorgehe.

Ausgehend von D3 als nächstem Stand der Technik definierte die Beschwerdeführerin dann die Aufgabe des Streitpatents in der Bereitstellung kostengünstiger Glanzedelmetallpräparationen. Die beanspruchte Lösung, nämlich das Rhodium wegzulassen, habe in Hinblick auf D1 nahegelegen, da in diesem Dokument Rh bereits als erheblicher Kostenfaktor erkannt worden sei. Dieser Verzicht auf Rh sei umso naheliegender gewesen, weil die Ausbildung des Edelmetallglanzes in D3 nicht auf die Anwesenheit von Rh, sondern auf die gewählte Flussmittelkombination zurückgeführt werde. In der Tat werde durch den Versuchsbericht D10 bestätigt, dass Rh aus den Präparaten weggelassen werden könne, ohne die Qualität des Einbrandes zu beeinträchtigen. Auch die Versuche D14 der Beschwerdegegnerin selbst zeigten, dass sowohl rhodiumhaltige also auch rhodiumfreie Formulierungen die Mindestanforderungen an Glanzedelmetallpräparate erfüllten. Aus D5 sei zudem die Zersetzung des Rh2O3 bei Temperaturen zwischen 750 °C und 900 °C bekannt; diese Literaturstelle sei in D11 zitiert. D11 empfehle daher Rh als Glanzbildner nur bis zu diesen maximalen Brandtemperaturen.

Die Beschwerdegegnerin wies den Einwand der mangelnden Ausführbarkeit unter Hinweis auf die neu vorgelegten Versuche D13 zurück. Zu D10 führte sie aus, dass keine Nacharbeitung von D3 durch die Beschwerdeführerin durchgeführt worden sei, weil Carboxylate anstelle von Resinaten eingesetzt worden seien. Beispiel 2C aus D10, das eine dunkel goldglänzende Schicht zeige, stehe nicht im Widerspruch zum Anspruch 1 des Streitpatents, weil dieser den Farbton der Schicht nicht definiere. Die Beschwerdegegnerin legte während der mündlichen Verhandlung die Originalproben zu den im Schreiben vom 8. Juli 2005 aufgeführten Versuchen D13 und D14 zur Begutachtung durch die Kammer und die Beschwerdeführerin vor.

Zur Diskussion der erfinderischen Tätigkeit ging die Beschwerdegegnerin ebenfalls von D3 aus. Sie wies darauf hin, dass die Anwesenheit von Rhodiumverbindung in der Literatur als essenziell zur Erzielung des Edelmetallglanzes angesehen wurde, was durch D11, aber auch durch die Patentliteratur D12 belegt sei. Insbesondere bei hohen Einbrenntemperaturen über 900 °C sei stets Rh verwendet worden. D5 zeige gerade nicht, dass Rhodiumverbindungen oberhalb von 900 °C unwirksam seien, denn die beschriebenen niedrigen Zersetzungstemperaturen gälten nur für Stickstoffatmosphäre, nicht aber für den Brand bei hohem Sauerstoffpartialdruck. Dies werde in D8 bestätigt. Auch wenn Rh in den bekannten Glanzedelmetallpräparaten nur in vergleichsweise kleiner Menge vorgelegen habe, so habe die Fachwelt doch keinen Zweifel an der Wirksamkeit dieses Zusatzes gehabt. Es habe daher nicht nahegelegen, bei hohen Einbrandtemperaturen auf Rh zu verzichten. Aus D3 sei zudem nur die beanspruchte Flussmittelkombination selbst, nicht aber das erfindungsgemäße Verhältnis der Mengen von Flussmittel zu Edelmetall bekannt.

XI. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatents. Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

Die Änderungen in Anspruch 1 genügen den Bestimmungen von Artikel 123(2) und (3) EPÜ.

Anspruch 1 geht zurück auf den ursprünglich eingereichten Anspruch 1 in Kombination mit dem Merkmal "[enthaltend] mindestens ein weiteres Element aus der Gruppe Si und Ni in Form organischer Verbindungen, wobei der Gesamtgehalt an Si, Cr und Ni 0,2 bis 2,0 Mol pro Mol Edelmetall beträgt" aus dem ursprünglichen Anspruch 3. Der Ausdruck "hochglänzend" beruht auf der Beschreibung, Seite 3, dritter Absatz und Seite 5, sechster Absatz. Außerdem offenbaren alle Beispiele der ursprünglich eingereichten Anmeldung die Bildung von gelbgoldenen, hochglänzenden Goldfilmen.

Durch diese Änderungen ist der Schutzbereich des Streitpatents eingeschränkt worden.

3. Neuheit

Gegenüber D1 ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu, da er mindestens ein weiteres Element aus der Gruppe Si und Ni in Form organischer Verbindungen enthält. Gegenüber der D3 besteht Neuheit durch die Bedingung des Freiseins von Rhodium - Verbindungen. Die Neuheit war im übrigen unbestritten.

4. Ausführbarkeit (Artikel 100 b) EPÜ)

Der auf D10, Beispiel 2C, gestützte Einwand der Beschwerdeführerin ist nicht überzeugend. Das in diesem Versuch von der Beschwerdeführerin bei 1200 °C Brandtemperatur erhaltene Ergebnis eines "dunkel goldglänzenden" Einbrandes steht nicht im Widerspruch zur Formulierung des Anspruchs 1 des Streitpatents, nach der ein "hochglänzender Edelmetallfilm" erzielt werden soll. Wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, beschreibt der Ausdruck "dunkel" im Versuchsbericht D10 nach Ansicht der Kammer eine Farbeigenschaft bzw. einen Helligkeitsgrad, aber nicht den Glanz. Der Glanz selbst, d.h. das Reflexionsverhalten, wird mit dem Begriff "goldglänzend" beurteilt, der sowohl den Glanz als auch den Farbton kennzeichnet. Der Begriff "hochglänzend" im Anspruch 1 des Streitpatents drückt nach der Beschwerdegegnerin aus, dass es sich um Filme mit hohem Glanz, im Gegensatz zu solchen mit "mattem" Glanz, handelt. Die Kammer misst dem Attribut "hochglänzend" keine Unterscheidungskraft zu bloß "glänzenden" Filmen bei. Diese Ausdrücke sind ihrer Natur nach relativ und können nicht herangezogen werden, um einen entscheidenden Unterschied zwischen dem Glanz der mit den Glanzedelmetallpräparaten gemäß Anspruch 1 erhältlichen Edelmetallfilme und dem Glanz des Goldfilms gemäß Beispiel 2C des Versuchsberichts D10 zu konstruieren. Wenn in den Abschnitten [0031], [0032] und [0035] des Streitpatents von einem "gelbgoldenen, hochglänzenden Goldfilm" die Rede ist, so beschreibt dieser Ausdruck nur das Ergebnis der Beispiele 1 und 2, die konkret die Herstellung eines Goldfilms zum Gegenstand haben. Anspruch 1 des Streitpatents ist aber nicht auf Präparate zur Herstellung von Goldfilmen beschränkt, sondern umfasst auch Präparate zur Herstellung anderer, nicht goldfarbene Edelmetallfilme, da die beanspruchten Zusammensetzungen neben oder statt Gold auch anorganische Verbindungen des Silbers, des Platins und des Palladiums enthalten können. Weißgoldfilme sind z.B. in Abschnitt [0012] des Streitpatents erwähnt. Man kann daher aus den zitierten Stellen nicht ableiten, dass "hochglänzende" Filme notwendigerweise gelbgoldene Filme sein müssen.

Gemäß Anspruch 1 des Streitpatents bilden die beanspruchten Präparate nach dem Einbrennen einen "hochglänzenden" Edelmetallfilm. Dieser allgemeine Begriff deckt alle glänzenden Filme ohne Berücksichtigung ihres Helligkeitsgrades (hell oder dunkel) oder ihres Farbtones. Zwar wird in Abschnitt [0012] des Streitpatents insbesondere die Erzielung besonders "intensiv bzw. hellglänzender" Edelmetallfilme erwähnt. Das Streitpatent gibt aber keinen Grund zur Annahme, dass erfindungsgemäß etwa dunklere Filme ausgeschlossen sein sollen. Die Argumente der Beschwerdeführerin, die sich auf besagten Abschnitt [0012] des Streitpatents stützen, sind daher nicht überzeugend. Es folgt, dass eine Zusammensetzung gemäß Beispiel 2C des Berichts D10, die zu einem "dunkel goldglänzenden" Einbrand führt, als unter die Definition des Anspruchs fallend betrachtet werden muss und daher keinen Einwand mangelnder Ausführbarkeit begründen kann.

Nach Vorlage des Versuchsberichtes D13 (Anlage 1) und Inspektion der während der mündlichen Verhandlung vorgelegten Originalproben ist die Kammer überzeugt, dass in allen untersuchten Fällen anspruchsgemäße, hochglänzende Edelmetallfilme erhalten worden sind. Dies trifft auch für die Flussmittelkombination zu, die nur Cr und Si enthält, nämlich Probe 190/1. In allen Fällen entstehen bei 900 °C und 1040 °C hochglänzende Filme.

Die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ sind damit erfüllt.

5. Erfinderische Tätigkeit

5.1 Von den Parteien wurde D3 als nächstkommender Stand der Technik angesehen. Die Kammer kann sich dieser Auffassung anschließen. D3 offenbart nämlich bereits Glanzedelmetallpräparate für hohe Einbrenntemperaturen von bis zu 1230 °C (vgl. Seite 3, Zeilen 11 - 13; in den Beispielen 1 und 2 wird bei 1060 °C und 1200 °C gebrannt). Diese hohen Einbrandtemperaturen bieten die Möglichkeit, Glanzedelmetallpräparate gemeinsam mit Inglasurfarben einzubrennen (vgl. D3, Seite 3, Zeilen 11 - 17). Die Flussmittelkombination besteht im Beispiel 2 der D3 aus Si-, Ni-, Bi- und Cr-Resinaten sowie Rhodiumsulforesinat. Im Unterschied zum Streitpatent sind die Präparate allerdings nicht rhodiumfrei, sondern enthalten die geringe Menge von 0,3 oder 0,5 % Rhodiumsulforesinat (enthaltend 15% Rh). Die in den Beispielen erzeugten Gold - Dekorationen sind hochglänzend.

Ausgehend hiervon besteht die Aufgabe des Streitpatents darin, kostengünstigere Glanzedelmetallpräparate für hohe Einbrenntemperaturen zu entwickeln, die ebenfalls die Bildung eines hochglänzenden Edelmetallfilms ermöglichen. Diese Kostenreduktion wird erfindungsgemäß erreicht, indem bei sonst im wesentlichen unveränderter Formulierung das Rhodium bzw. die rhodiumhaltige Verbindung weggelassen wird. Es war in der mündlichen Verhandlung unstrittig, dass Rhodium aufgrund seines hohen Preises einen nicht zu vernachlässigenden Kostenfaktor darstellt, so dass dieser Teil der Aufgabe als gelöst angesehen werden kann. Wie die Beispiele des Streitpatents und das Beispiel des Versuchsberichts D4 zeigen, erhält man mit dem Cr/Sn/Ni- und Cr/Ni/Si-Fluss der Erfindung auch bei hohen Brandtemperaturen (>= 900 °C) die gewünschten hochglänzenden Filme. Mit dem nachgereichten Beispiel WEP 190/1 aus D13 wurde auch gezeigt, dass dasselbe Ergebnis für die anspruchsgemäße Variante des (neben Cr) Si-Verbindungen enthaltenden Flusses bei Einbrandtemperaturen von 900 °C bzw. 1040 °C erzielt wird. Die Kammer kommt also zur Überzeugung, dass die gestellte Aufgabe insgesamt gelöst ist.

5.2 Der Gegenstand des Streitpatents hat aber auch nicht nahegelegen und beruht auf erfinderischer Tätigkeit, und zwar aus folgenden Gründen: Dem Fachmann ist zwar einerseits aus D1 bewusst, dass der Preis des Rhodiums zu den Kosten des Präparats beiträgt (siehe Übersetzung ins Englische, Seite 4). Andererseits würde der Fachmann angesichts der vorhin definierten Aufgabenstellung aufgrund solcher Kostenüberlegungen auf Rhodium nur verzichten, wenn er berechtigte Aussicht hätte, auch bei hohen Brandtemperaturen von zumindest 900 °C noch hochglänzende Edelmetallfilme zu erhalten. Die zur Verfügung stehenden Dokumente können aber nach Meinung der Kammer keine solche Erwartung des Fachmanns begründen.

D1 lehrt als einziges Dokument Glanzgoldpräparate, die auch ohne Zusatz von rhodiumhaltigen Verbindungen bei Temperaturen bis 880 °C gebrannt werden können. Offenbart werden rhodiumfreie Glanzedelmetallpräparate auf Basis organischer Verbindungen (Resinate) des Golds, Wismuts und Chroms, sowie optional des Silbers und Zinns. Die Präparate sind bei Temperaturen von 750 - 880 °C einbrennbar, d.h. die maximal erzielbare Einbrandtemperatur beträgt 880 °C (siehe Abstract; Seite 7, Tabelle 1; Seite 8, Tabelle). Die Goldfilme entsprechen in ihren Eigenschaften denen von rhodiumhaltigen Zusammensetzungen (siehe Seite 5, Zeilen 5 und 6; Seite 6, zweiter Absatz; Seite 7, Zeilen 1 - 3). Der Fachmann entnimmt also aus D1, dass rhodiumfreie Zusammensetzungen bis zu einer Einbrandtemperatur von 880 °C Goldfilme liefern, die in ihren Eigenschaften, insbesondere in ihrem Glanz, den Standards der keramischen Industrie für solche Filme genügen (vgl. auch Seite 4, Zeilen 6 - 8). D1 enthält allerdings keine Information, die Anlass zur Erwartung gäbe, dass rhodiumfreie Präparate bei noch höheren Einbrandtemperaturen ebenfalls die gewünschten Resultate, insbesondere was den Glanz betrifft, bringen würden.

Dass die Anwesenheit von Rhodium in Glanzedelmetallpräparaten zu Erzielung eines Edelmetallglanzes notwendig sei, wird auch in D11 ausgesagt (Seite 337, Zeilen 1 - 8). Diese Wirkung des Rhodiums wird mit einem Mechanismus erklärt, der so auch in D5 (Seite 290, rechte Spalte Mitte) beschrieben wird und auf der Verhinderung des Kornwachstums der Goldpartikel durch Rhodiumoxid, Rh2O3, beruht. Die bekannte und u.a. in D7 und D8 beschriebene thermische Zersetzung des Rh2O3 steht dieser Erklärung der Wirksamkeit des Rhodiums auch bei höheren Einbrandtemperaturen nicht entgegen. Der in D5 (Seite 290, rechte Spalte) erwähnte Zerfall tritt nämlich bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen von ab 750 °C unter Stickstoffatmosphäre ein, während in Luft selbst bis 1000 °C noch keine Zersetzung beobachtet werden kann (D5, Seite 290, linke Spalte unten). In die gleiche Richtung geht auch Dokument D8 (siehe Seiten 213, 214: Zusammenfassung). Der Fachmann hatte also nicht nur experimentelle Stütze, sondern auch eine theoretische Erklärung dafür, dass Rhodium zum Erzielen einer zusammenhängenden, glänzenden Goldschicht erforderlich ist und dass dies auch bei hohen Brandtemperaturen gilt. Es ist bezeichnend, dass auch in D12 nicht auf Rhodium verzichtet wurde. Diese Druckschrift offenbart Glanzedelmetallpräparate, welche nach dem Brand bei 1240 °C bzw. 1250 °C hochresistente, spülmaschinenbeständige Glanzgolddekore auf Geschirrteilen aus silikatischen Werkstoffen (Hartporzellan, Steingut, Keramik) ergeben (siehe Seite 2, Zeilen 3 - 5 und 51 - 55; Beispiele 1 - 4). Die Präparate enthalten durchwegs 1 % einer 5%igen Lösung von Rhodiumsulforesinat in Terpineol. Obwohl die Anteile an Rhodium - Verbindung mengenmäßig gering sind, belegen sie doch den Umstand, dass sie als notwendig für das Entstehen des Goldglanzes gehalten wurden.

Die Beschwerdeführerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht auf Dokument D2: DE-A-1 421 865 gestützt. Die Kammer ist auch der Meinung, dass dieses Dokument weniger relevant als die vorstehend diskutierten Dokumente ist.

Aus alledem folgt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

5.3 Zu keinem anderen Ergebnis gelangte man, wenn D1 als nächstkommender Stand der Technik angesehen würde. D1 stellt sich bereits die Aufgabe, Glanzgoldpräparate anzugeben, die auch ohne Zusatz von rhodiumhaltigen Verbindungen bei höheren Temperaturen als 800 °C gebrannt werden können (vgl. Seite 4 und Seite 5, Zeilen 1 - 7). Offenbart werden rhodiumfreie Glanzedelmetallpräparate auf Basis organischer Verbindungen (Resinate) des Golds, Wismuts und Chroms (sowie optional des Silbers und Zinns). Die Präparate sind bei Temperaturen von 750 - 880 °C einbrennbar (siehe Seite 5, Zeilen 9 - 16; Seite 7, Tabelle 1; Seite 8, Beispiele 1 - 5).

Ausgehend davon könnte die technische Aufgabe des Streitpatents definiert werden als die Bereitstellung von Glanzedelmetallpräparaten, die nach dem Einbrennen auf Keramik, Porzellan und anderen silikatischen Unterlagen bei noch höheren Temperaturen hochglänzende Edelmetallfilme ergeben (vgl. Abschnitt [0012] des Streitpatents).

Obwohl eine Flussmittelkombination bestehend aus organischen Cr-, Si-, Bi- und Ni - Verbindungen, in den im Anspruch 1 angegebenen Molverhältnissen, als Bestandteil von Glanzgoldpräparaten an sich aus D3 bekannt ist (vgl. Beispiel 2), so hätte der Fachmann dennoch weder aus D3 noch anderen Dokumenten die entscheidende Anregung erhalten, auch bei höheren Temperaturen auf Rhodiumverbindungen als Glanzbildner verzichten zu können. Die vorstehenden Überlegungen und Schlussfolgerungen zu D5, D7, D8, D11 und D12 gelten diesbezüglich auch ausgehend von D1 als nächstem Stand der Technik. Insbesondere die klaren Aussagen von D11 und D5 zur Funktion des Rhodiums und die einschlägige Patentliteratur (D12) konnten dem Fachmann nicht vermitteln, dass eine solche Vorgangsweise von Erfolg begleitet sein könnte.

6. Die Ansprüche 8, 9 und 10 betreffen Verfahren zur Herstellung der erfinderischen Präparate nach Anspruch 1 bzw. deren Verwendung. Sie haben mit dem patentfähigen Anspruch 1 Bestand. Dasselbe gilt für die abhängigen Ansprüche 2 - 7, die bevorzugte Ausführungsformen der Glanzedelmetallpräparate zum Gegenstand haben.

Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Gründe stehen daher der Aufrechterhaltung des Streitpatents im Umfang der der angefochtenen Zwischenentscheidung zugrunde liegenden Unterlagen nicht entgegen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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