European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2005:T051903.20050426 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 26 April 2005 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0519/03 | ||||||||
Anmeldenummer: | 96104701.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | H02K 11/04 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Elektromotor | ||||||||
Name des Anmelders: | Grundfos A/S | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Wilo AG | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Neuheit (bejaht) Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag: verneint, Hilfsantrag: bejaht) Zulässigkeit geänderter Patentansprüche in der mündlichen Verhandlung (bejaht) |
||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das europäische Patent Nr. 735 650.
II. Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung (Hauptantrag der Beschwerdegegnerin) hat folgenden Wortlaut:
"Frequenzumrichtergespeister Elektromotor mit einem Kühlluftgebläse (4), dessen Kühlluftstrom zur Kühlung des Motors entlang von am Motorgehäuse (1) angeordneten Kühlrippen (7) geführt ist, bei dem der Frequenzumrichter in einem Frequenzumrichtergehäuse (2) angeordnet ist, das lösbar mit dem Motorgehäuse (1) verbunden ist und das ein erstes wärmeleitendes Gehäuseteil (9) und mindestens ein weiteres Gehäuseteil (10) aufweist, wobei das erste Gehäuseteil (9) des Frequenzumrichtergehäuses (2) die Lüfterhaube bildet und eine Querwand (16) aufweist, die zum wärmeleitenden Anschluß (17) der wärmeerzeugenden Bauteile des Leistungskreises des Frequenzumrichters vorgesehen und ausgebildet ist und das weitere Gehäuseteil (10) an einem Ende an das erste Gehäuseteil (9) anschließt, dadurch gekennzeichnet, daß das erste Gehäuseteil (9) berippt ausgebildet ist und daß im Fußbereich von Kühlrippen (15) Durchbrüche in der Gehäusewand als Lufteintrittsöffnungen für den Kühlluftstrom vorgesehen sind."
III. Dieser Gegenstand wurde in der angefochtenen Entscheidung als neu und erfinderisch angesehen, insbesondere im Hinblick auf den Stand der Technik im folgenden Dokument:
D1: EP-0 619 432 A1.
Bei dem aus D1 (Figuren 10 und 11) bekannten Elektromotor müsse das Teil 15 als erstes Gehäuseteil angesehen werden, weil es die Lüfterhaube und auch einen Anschluß für das Frequenzumrichtergehäuse bilde. Das berippte Gehäuseteil (Kühlkörper 13) und das daran anschließende Gehäuseteil (Abdeckkappe 14) stellten das mindestens eine weitere Gehäuseteil dar. Folglich weise das erste Gehäuseteil in D1 keine Querwand zum wärmeleitenden Anschluß von wärmeerzeugenden Bauteilen auf, sei nicht berippt ausgebildet, und im Fußbereich von Kühlrippen seien keine Durchbrüche vorgesehen. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ermögliche eine kompakte Bauweise, weil die Lüfterhaube als Kühlfläche benutzt werde und wärmeerzeugende Bauteile des Frequenzumrichters aufnehmen könne.
IV. Die Beschwerdeführerin legte in ihrer Beschwerdebegründung dar, daß D1 den Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents neuheitsschädlich vorwegnehme und verwies zur erfinderischen Tätigkeit auf ihr Vorbringen vor der Einspruchsabteilung.
V. Die Kammer vertrat in einer Mitteilung gemäß Artikel 11, Absatz 1, VOBK die vorläufige Ansicht, daß zumindest das Merkmal des Patentanspruchs 1, daß im Fußbereich von Kühlrippen Durchbrüche in der Gehäusewand als Lufteintrittsöffnungen vorgesehen seien, nicht in D1 offenbart scheine.
VI. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 26. April 2005 legte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) einen neuen Satz Patentansprüche 1 bis 8. und neue Beschreibungsseiten, Spalten 1 bis 7, gemäß Hilfsantrag vor.
VII. Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag hat bis zum Ende des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag identischen Wortlaut und setzt dann wie folgt fort:
"... wobei das erste Gehäuseteil (9) berippt ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, daß im Fußbereich von Kühlrippen (15) Durchbrüche in der Gehäusewand als Lufteintrittsöffnungen für den Kühlluftstrom vorgesehen sind und daß das erste Gehäuseteil (9) des Frequenzumrichters im Bereich seiner Querwand (16) an die Topographie der Leistungselektronik einerseits und an die Außenkontur des Lüfterrades (4) andererseits angepaßt ist."
Die Patentansprüche 2 bis 8 sind von Anspruch 1 abhängig.
VIII. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
IX. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, und hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage des Hilfsantrags, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 26. April 2005.
X. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) argumentierte im wesentlichen wie folgt:
D1 (Figuren 10 und 11) offenbare alle Merkmale des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung. Daß die Merkmale seines Oberbegriffs aus D1 bekannt seien, gehe schon aus Absatz [0006] des Streitpatents hervor, da die vermeintliche Erfindung von diesem Stand der Technik ausgehe. Das erste Gehäuseteil in D1 bestehe aus einem das Lüfterrad übergreifenden Teil (15) und einem berippten Teil (Kühlkörper 13). Es weise weiter eine Querwand (Boden des Kühlkörpers 13) zum wärmeleitenden Anschluß der wärmeerzeugenden Bauteile des Leistungskreises des Frequenzumrichters auf (D1, Spalte 9, Zeilen 5 bis 10). Das erste Gehäuseteil bestehe also aus einer rohrförmigen Lüfterhaube und einem berippten Teil mit einer Querwand an einem Ende des ersten Gehäuseteils, an das sich ein weiteres Gehäuseteil (Abdeckhaube 14) anschließe (wie im Ausführungsbeispiel des Streitpatents, Absatz [0026] und Figur 2). Wie die Figuren 10 und 11 der D1 erkennen ließen, seien Durchbrüche in der Gehäusewand (zwischen den Lamellen des Kühlkörpers) vorhanden, die Lufteintrittsöffnungen für den Kühlluftstrom bildeten. Die Durchbrüche seien an den Enden der Lamellen des Kühlkörpers ausgeführt, wo der berippte Teil (13) des ersten Gehäuseteils in den rohrförmigen Teil (15) übergehe. Da die Begriffe "Fußbereich" und "Gehäusewand" im vorliegenden Patentanspruch 1 nicht näher definiert seien und da beim Streitpatent (Beschreibung, Absatz [0026] und Figur 2) ebenfalls Durchbrüche in der Gehäusewand an den Enden der Lamellen vorgesehen seien, falle der in D1 offenbarte Stand der Technik unter die Festlegung des vorliegenden Patentanspruchs 1.
Wenn die Kammer aber nur in der zentralen Öffnung der Lüfterhaube (15) in D1 einen (einzigen) Durchbruch in der Gehäusewand im Sinne des Streitpatents erkenne, könne die Anordnung einer Mehrzahl von Durchbrüchen nur als eine fachübliche Maßnahme angesehen werden, um z. B. jede Lamelle einzeln zu umströmen und die Teilluftströme dem Lüfterrad zuzuführen. Es wäre beispielsweise naheliegend gewesen, ein Schutzgitter anzubringen, wodurch eine Mehrzahl von Durchbrüchen entstanden wäre. Eine solche Maßnahme könne daher nicht als erfinderisch angesehen werden.
Der Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin sei verspätet vorgelegt worden. Die Beschwerdeführerin müsse hierfür gegebenenfalls weitere Recherchen durchführen können. Deshalb solle der Hilfsantrag nicht zugelassen werden.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags habe sich für den Fachmann schon aufgrund seines allgemeinen Fachwissens in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik in D1 ergeben und sei nicht erfinderisch. Denn es sei allgemein üblich, eine optimale Raumausnutzung anzustreben. Das erste Gehäuseteil im Bereich der Querwand an die Topographie der Leistungselektronik und an die Außenkontur des Lüfterrades anzupassen stelle eine selbstverständliche Maßnahme dar. Zudem sei beim Streitpatent die Querwand ebenfalls im wesentlichen eben (Planfläche 17).
XI. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) argumentierte im wesentlichen wie folgt:
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung sei bei sachgerechter Auslegung sowohl neu als auch erfinderisch gegenüber D1. Denn das Frequenzumrichtergehäuse in D1 weise im Grunde nur zwei Teile auf, das eigentliche Gehäuse (Abdeckhaube 14) und einen Kühlkörper (13). Daran schließe sich eine konventionelle Lüfterhaube (15) an. Der Kühlkörper und die Lüfterhaube umschlössen keine Bauteile, seien somit kein "Gehäuseteil". Das Frequenzumrichterteile aufnehmende Gehäuse werde in D1 durch die Abdeckhaube in Verbindung mit dem Kühlkörper gebildet. Selbst wenn man diese Teile zusammen mit der Lüfterhaube als Frequenzumrichtergehäuse ansähe, gäbe es im Fußbereich von Kühlrippen keine Durchbrüche in der Gehäusewand. Allenfalls könne von einem zentralen Durchbruch der Lüfterhaube im Kopfbereich der Kühlrippen gesprochen werden. Denn nach dem üblichen Sprachgebrauch liege der Fußbereich an der dem Kopf der Kühlrippen gegenüberliegenden Stelle (also im Bodenbereich der Kühlrippen).
Beim vorliegenden Patent bilde das erste Gehäuseteil ein Gehäuse für die Aufnahme von Bauteilen und integriere den Motorlüfter in das Frequenzumrichtergehäuse. Über die Durchbrüche im Fußbereich von Kühlrippen dringe Kühlluft in das erste Gehäuseteil ein und umströme wärmeerzeugende Bauteile (wie Spulen oder Kondensatoren) in seinem Inneren. Die Anordnung der Durchbrüche in der Gehäusewand nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag beruhe daher auf einem erfinderischen Grundgedanken, der nichts mit einer einfachen Abwandlung der üblichen Lüfterhaube in D1 zu einer Anordnung mit einer Mehrzahl von Lufteintrittsöffnungen zu tun habe.
Sollte die Kammer entgegen der positiven Stellungnahme in ihrer Mitteilung dem Hauptantrag nicht stattgeben, sei das für die Beschwerdegegnerin überraschend gekommen. Schon deswegen sei es gerechtfertigt, den Hilfsantrag in der mündlichen Verhandlung noch zuzulassen. Diese Vorgangsweise entspreche im übrigen der Praxis einiger Beschwerdekammern des EPA und solle im Interesse der Gleichbehandlung der Parteien auch hier angewendet werden. Zudem bringe Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag (als einfache Kombination der Patentansprüche 1 und 8 in der erteilten Fassung) keine unzumutbaren Schwierigkeiten mit sich und sei als mögliche Rückzugslinie der Beschwerdegegnerin abzusehen gewesen.
Die Beschwerdeführerin habe in ihrem Einspruchsschriftsatz die abhängigen Patentansprüche abgehandelt, aber offensichtlich zum Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 8 keinen Stand der Technik ermitteln können. Die Anpassung des ersten Gehäuseteils im Bereich der Querwand an die Topographie der Leistungselektronik und Außenkontur des Lüfterrades bringe den oben genannten Grundgedanken der Erfindung noch deutlicher zum Ausdruck. Das ermögliche eine kompaktere Bauweise und eine bessere Kühlung, weil voluminöse Bauteile in einem kleineren Frequenzumrichtergehäuse untergebracht werden könnten und gleichzeitig die von der Kühlluft umströmte innere Oberfläche vergrößert werde (siehe Figur 4 der Patentschrift). Demgegenüber gehe D1 nicht über eine sandwichartige Aneinanderreihung von eigentlichem Gehäuse, Kühlkörper und Lüfterhaube hinaus.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag der Beschwerdegegnerin
2.1 Die Bedeutung der Merkmale "erstes wärmeleitendes Gehäuseteil (9)" und "im Fußbereich von Kühlrippen (15) Durchbrüche in der Gehäusewand" in der Festlegung des Patentanspruchs 1 ist für die Entscheidung von besonderer Relevanz und soll zunächst geklärt werden.
2.2 Streitgegenstand ist ein frequenzumrichtergespeister Elektromotor. Er weist unter anderem ein Motorgehäuse und ein damit lösbar verbundenes Frequenzumrichtergehäuse auf. Ein "Gehäuseteil" hat, für sich genommen, nicht notwendigerweise die Eigenschaften, die das Gehäuse als Ganzes aufweist, nämlich insbesondere Schutz und feste Umhüllung. Das erste Gehäuseteil weist nach Patentanspruch 1 eine Querwand auf, die zumindest teilweise als Planfläche (17) an einem Ende des Gehäuseteils ausgebildet sein kann (siehe Figur 4; Absatz [0027] der Patentschrift). Bauteile des Frequenzumrichters reichen nicht notwendigerweise in das erste Gehäuseteil hinein. Es ist ein Teil des Gehäuses, das z. B. als Zwischen- oder Anschlußstück der lösbaren Verbindung mit dem Motorgehäuse dient. Zu diesem Zweck kann es selbst aus mehreren Teilen bestehen und muß nicht, wie im Ausführungsbeispiel (Absatz [0015], Figuren 2 und 3 der Patentschrift), aus einem Guß sein. Dieser Grad an Verallgemeinerung der spezifisch offenbarten Ausführung (Figuren 2 und 3) ist in einem Patentanspruch nicht unüblich.
2.3 Die Durchbrüche sind nach Patentanspruch 1 in der Wand des Gehäuses "im Fußbereich von Kühlrippen" als Lufteintrittsöffnungen vorgesehen. Der gewöhnliche Wortsinn ließe vermuten, daß Durchbrüche im Bereich des Gehäuses vorgesehen sind, wo Rippen aus der Gehäusewand hervortreten, d. h. im Bodenbereich zwischen den Rippen. Das kann wortsinngemäß auch am Ende der Rippen sein. Die Beschreibung der Patentschrift verweist nur an zwei Stellen explizit auf die Durchbrüche. Daraus geht hervor, daß es sich um den Fußbereich der "äußeren Kühlrippen" (Spalte 3, Zeilen 11 bis 16) "in dem Bereich, wo der berippte Teil 13 in den rohrförmigen Teil 12 übergeht" (Spalte 5, Zeilen 40 bis 45) handeln kann. Die Figuren 2 und 3 der Patentschrift scheinen die Durchbrüche an dieser Stelle in einer Gehäusewand quer zur Längsrichtung der Kühlrippen zu zeigen, welche Teil der abgestuften Querwand (16) ist. Natürlich können Durchbrüche in der Gehäusewand an anderen Stellen im Fußbereich von Kühlrippen ausgeführt sein. Patentanspruch 1 schließt somit wortsinngemäß und im Hinblick auf die Offenbarung des Ausführungsbeispiels einen Bereich am Ende der Kühlrippen (in einer Gehäusewand quer zu den Rippen) ein.
2.4 Es ist unstreitig, daß D1 einen frequenzumrichtergespeisten Elektromotor mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 (Hauptantrag) offenbart, wenn das erste Gehäuseteil (wie unter Punkt 2.2 oben ausgeführt) nicht notwendigerweise Bauteile des Frequenzumrichters umhüllt und aus mehreren Teilen bestehen kann. Auch die Beschreibung der Patentschrift (Absatz [0006]) geht ja von dem aus D1 bekannten, gattungsgemäßen Elektromotor aus.
2.5 Das erste wärmeleitende Gehäuseteil besteht nach D1 (Figuren 10 und 11) aus einem berippten Teil (Kühlkörper 13) und einem rohrförmigen Teil ("ein weiterer Teil 15 des Reglergehäuses"; D1, Spalte 9, Zeilen 16 bis 26), wobei letzterer die Lüfterhaube bildet (vgl. Patentschrift, Spalte 5, Zeilen 32 bis 34; Figuren 2 bis 4). Die Querwand wird durch den Boden des Kühlkörpers gebildet und ist im wesentlichen eine ebene Wand zum wärmeleitenden Anschluß der wärmeerzeugenden Bauteile. An einem Ende schließt sich ein weiteres Gehäuseteil (Abdeckhaube 14) an. Die Bauteile des Frequenzumrichters sind in dem Raum zwischen den Gehäuseteilen Abdeckhaube und Kühlkörper untergebracht (D1, Spalte 9, Zeilen 5 bis 16). Durch die Ausbildung als beripptes Gehäuseteil saugt das Lüfterrad durch die von den Kühlrippen gebildeten Strömungskanäle Frischluft an und bläst sie über und durch den Motor, wobei gleichzeitig auch der Kühlkörper gekühlt wird (D1, Spalte 9, Zeile 21 bis 26; siehe auch Spalte 5, Zeile 54 bis Spalte 6, Zeile 12). Der Kühlkörper selbst und ein zentraler Durchbruch in einer Gehäusewand (Wand der Lüfterhaube) im Kopfbereich der Kühlrippen bilden also in D1 die Lufteintrittsöffnungen für den Kühlluftstrom. Die Lufteintrittsöffnungen in D1 sind ein charakteristisches Merkmal der Kühlrippen selbst, nicht Durchbrüche einer Gehäusewand im Fußbereich von Kühlrippen. In diesem Bereich befindet sich in D1 die Querwand (Boden des Kühlkörpers) oder keine Wand (an den Enden).
2.6 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet sich vom Stand der Technik in D1 dadurch, daß Durchbrüche in der Gehäusewand im Fußbereich von Kühlrippen vorgesehen sind. Er gilt daher als neu im Sinne des Artikels 54 (1) und (2) EPÜ.
2.7 Dieser Gegenstand ist jedoch nicht erfinderisch. Denn unter die Festlegung des Patentanspruchs 1 fallen auch Ausführungen mit einer zusätzlichen Gehäusewand vor oder an dem Kühlkörper, die zwischen einzelnen oder allen Kühlrippen Durchbrüche aufweist, um die Luftzufuhr zu steuern oder den Motor besser gegen den Eintritt von Wasser zu schützen. Patentanspruch 1 umfaßt daher Gegenstände, die sich für den Fachmann, ausgehend von dem in D1 offenbarten Stand der Technik, in naheliegender Weise ergeben hätten (Artikel 56 EPÜ). Der Einspruchsgrund erfinderische Tätigkeit steht daher einer Aufrechterhaltung des Patents in unveränderter Form gemäß Hauptantrag entgegen.
3. Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin
3.1 Die Kammer hat in Ausübung ihres Ermessens den erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin zugelassen. Dieses Vorgehen entspricht der üblichen Praxis der Beschwerdekammern des EPA, hierbei die Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen und widersprüchliche Interessen gegeneinander abzuwägen (siehe hierzu "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts", 4. Aufl. 2001, VII.D.14, Seiten 616 - 622). Im vorliegenden Fall hatte die Einspruchsabteilung das Patent in unveränderter Form aufrechterhalten. Es wurde im Beschwerdeverfahren bis zur mündlichen Verhandlung nur die Neuheit diskutiert, welche nach vorläufiger Ansicht der Kammer in der Mitteilung als gegeben angesehen wurde. Zudem blieben die Änderungen des Patents im Rahmen dessen, was der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) zumutbar war, weil der erteilte Patentanspruch 8 schon bei der Einlegung des Einspruchs als eine mögliche Rückzugslinie erkennbar sein mußte (siehe Patentschrift, Spalte 2, Zeilen 48 bis 55; Absätze [0019] und [0027]; Figuren 2 bis 4). Der Beschwerdegegnerin eine letztmögliche Chance zu geben war daher geboten. Dagegen hielt die Kammer es nicht für angebracht, der Beschwerdeführerin in diesem Verfahrensstadium in Anbetracht der als mögliche Einschränkung vorhersehbaren Änderung noch die Gelegenheit einzuräumen, weitere Recherchen durchzuführen. Nach Auffassung der Kammer konnte der Einsprechenden im vorliegenden Fall zugemutet werden, Ihre Recherchen vor dem Einlegen des Einspruchs auch auf den abhängigen Patentanspruch 8 auszudehnen.
3.2 Die Kombination der Merkmale der Patentansprüche 1 und 8 in der erteilten Fassung sowie die weiteren Änderungen der Patentansprüche und der Beschreibung verstoßen nicht gegen Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.
3.3 Wie schon aus den Punkten 2.4 bis 2.6 oben ersichtlich ist, unterscheidet sich Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag durch die Merkmale seines kennzeichnenden Teils vom Stand der Technik in D1. Zusätzlich zu den Durchbrüchen im Fußbereich von Kühlrippen ist das erste Gehäuseteil gemäß Patentanspruch 1 im Bereich seiner Querwand an die Topographie der Leistungselektronik einerseits und an die Außenkontur des Lüfterrades andererseits angepaßt.
3.4 Mit diesen Merkmalen läßt sich nach Darstellung in der Beschreibung (Absätze [0009], [0011], [0019]) eine kompakte Bauweise und eine verbesserte Wärmeabfuhr erzielen. Wärmeerzeugende, besonders voluminöse Bauteile eines Frequenzumrichters, wie z. B. Kondensatoren oder Spulen, können in den sonst nicht genutzten Raum des ersten Gehäuseteils hineinragen. Ein intensiverer Wärmeaustausch ist möglich, weil die innere Oberfläche des Frequenzumrichtergehäuses vergrößert wird und die Kühlluft bei geeigneter Anordnung der Durchbrüche für den Lufteintritt an der Querwand vorbeiströmen kann (Absätze [0004] und [0027]; Figur 4). Die Strömungsführung der Kühlluft von den Kühlrippen zum Lüfterrad ist nach dem Grundgedanken des Streitpatents derart gewählt, daß über die angepaßte Querwand eine gezielte Wärmeabfuhr von Teilen der Leistungselektronik ermöglicht ist.
3.5 Die Anordnung der Bauteile Abdeckhaube, Kühlkörper und Lüfterhaube in D1 stellt dagegen eine bloße Aneinanderreihung der Bauteile in ihrer bekannten Funktion dar. Als zusätzlichen technischen Effekt entnimmt man der D1 (Spalte 5, Zeile 54 bis Spalte 6, Zeile 12), daß die Kühlrippen als Kanäle für den Luftstrom zum Lüfterrad dienen. Bei steigender Motordrehzahl und steigendem Leistungsbedarf der Bauteile wird damit auch die Kühlleistung an den Kühlrippen erhöht. D1 gab dem Fachmann aber keine Hinweise, bei der Ausgestaltung der Lufteintrittsöffnungen und der Querwand die Topographie der Leistungselektronik zur Erzielung einer kompakteren Bauweise und verbesserten Wärmeabfuhr mit in die Überlegungen einzubeziehen und das erste Gehäuseteil entsprechend anzupassen. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 und der davon abhängigen Patentansprüche 2 bis 8 gemäß Hilfsantrag gilt im Sinne des Artikels 56 EPÜ als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
4. Das vorliegende Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, genügt daher unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Änderungen gemäß Hilfsantrag den Erfordernissen des Übereinkommens (Artikel 102 (3) EPÜ).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
- Patentansprüche 1 bis 8, eingereicht in der mündlichen Verhandlung;
- Beschreibung, Spalten 1 bis 7, eingereicht in der mündlichen Verhandlung;
- Zeichnungen, Figuren 1 bis 4 der Patentschrift.