T 1211/02 () of 15.1.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T121102.20040115
Datum der Entscheidung: 15 Januar 2004
Aktenzeichen: T 1211/02
Anmeldenummer: 97121011.7
IPC-Klasse: B08B 9/44
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zum Transportieren von Gefäßen
Name des Anmelders: KHS Maschinen- und Anlagenbau Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - naheliegende Kombination bekannter Merkmale
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit Entscheidung vom 6. August 2002 hat die Prüfungsabteilung die europäische Patentanmeldung Nr. 97 121 011.7 im Lichte der

(D1) DE-A-2 552 211 und

(D2) DE-A-4 121 667

aus Gründen der Artikel 84 und 56 EPÜ zurückgewiesen.

II. Der der oben genannten Entscheidung zugrundeliegende, ursprüngliche Anspruch 1 hat nachfolgenden Wortlaut:

"1. Vorrichtung zum Transportieren von Gefäßen wie Flaschen und dgl. entlang einer Abstützfläche (7), beispielsweise zum Auf- und Abgeben von Flaschen (1) in bzw. aus Reinigungsmaschinen mit einem Transporteur und einer Übertragungseinrichtung, bestehend aus mehreren nebeneinander angeordneten Scheiben (6) mit Mitnehmern (5, 5'), welche um eine gemeinsame Achse (9) rotieren, wobei die Rotationsachse der Mitnehmer (5, 5') entlang einer annähernd geradlinigen Bewegungsbahn (12) in Vorschubrichtung der Übertragungseinrichtung während eines Einschub- oder Ausschubtaktes vor- und zurückbewegbar geführt ist und der jeweils in Arbeitsposition befindliche Einschub- bzw. Mitnehmerarm (5, 5') innerhalb dieses Bewegungsabschnittes (12) von seiner Ausgangs- bzw. Aufnahmeposition in die entsprechende Abgabe- bzw. Einschubposition (8) verfahrbar ist, wobei an der Mitnehmerachse (9) ein Synchronantrieb (19) angeordnet ist, der eine variable Rotationsbewegung der Mitnehmer (5, 5') unmittelbar ansteuert und die Mitnehmerachse (9) an einer Schwinge (10) gelagert ist, die ihrerseits einen weiteren Synchronantrieb (20) aufweist, wobei die Antriebsgeschwindigkeit der Synchronantriebe (19, 20) durch die Bewegungsgeschwindigkeit der Flaschen (1) in der Reinigungsmaschine ansteuerbar ist."

III. Die Anmelderin - nachfolgend Beschwerdeführerin - hat gegen die Zurückweisungsentscheidung der Prüfungsabteilung am 29. August 2002 Beschwerde eingelegt, die Gebühr am 6. September 2002 bezahlt und die Beschwerdebegründung am 2. Dezember 2002 eingereicht; in ihr führte sie aus, daß das Beanspruchte neu und erfinderisch sei.

IV. Auf die Mitteilung der Kammer hin, in der diese der Beschwerdeführerin ihre vorläufige Beurteilung der Sachlage kundtat, reichte die Beschwerdeführerin einen Anspruch 1 als Hilfsantrag ein, der im kennzeichnenden Teil gegenüber dem ursprünglichen Anspruch 1 (Hauptantrag) das Zusatzmerkmal

"und wobei für jeden Flaschentyp die optimale Übertragungsgeschwindigkeit durch entsprechende Einstellung der zugeordneten elektronischen Steuerung ausgewählt werden kann."

aufweist.

V. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 15. Januar 2004 hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen wie folgt argumentiert:

- die Gegenstände von Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag seien patentfähig;

- die in (D2) offenbarten Sensoren seien nur in der Lage ein- und auszuschalten, ohne die Möglichkeit der Anpassung der Steuerung an die Flaschengröße zu eröffnen;

- im Gegensatz zum Anmeldungsgegenstand favorisiere (D2) nichtlineare Inkrementalgeber, was bedeute, daß diese bei Änderung der Flaschengröße auszutauschen seien.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 4 gemäß der Anmeldung (Hauptantrag), hilfsweise auf der Grundlage der am 9. Januar 2004 eingegangenen Patentansprüche 1 bis 4 zu erteilen (Hilfsantrag).

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

2.1. Die Frage der Änderung stellt sich beim Anspruch 1 des Hauptantrages nicht, da dieser nach wie vor der ursprünglich eingereichte Anspruch 1 ist. Dies gilt auch für die Ansprüche 2. bis 4, die den ursprünglich eingereichten abhängigen Ansprüchen entsprechen.

2.2. Anspruch 1 des Hilfsantrages ist über den Anspruch 1 des Hauptantrages hinaus auf das Merkmal der Anpassung der Steuerung an den jeweiligen Flaschentyp abgestellt. Dabei wurde in zulässiger Weise auf die Ursprungsunterlagen (gleich wie die veröffentlichte Fassung) zurückgegriffen, vgl. Spalte 2, Zeilen 45 bis 49. Die Ansprüche 2 bis 4 beider Anträge sind gleich.

2.3. Obige Ausführungen zusammenfassend ergibt sich, daß die Ansprüche 1 bis 4 des Haupt- und Hilfsantrages den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ genügen.

3. Neuheit

Die Neuheit des Beanspruchten ist in Übereinstimmung mit der angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf die Ansprüche 1 des Haupt- und Hilfsantrages gegeben, so daß sich ins Detail gehende Erörterungen erübrigen, da der (D1) Steuerungsmaßnahmen zur Synchronisation der Einzelantriebe nicht entnehmbar sind.

4. Erfinderische Tätigkeit

Hauptantrag

4.1. Der nächstkommende Stand der Technik ist mit (D1) gegeben. Wie schon in der die mündliche Verhandlung vorbereitenden Mitteilung der Kammer in Abschnitt 8 ausgeführt, ist (D1) mit Blick auf die Ausgestaltung der Antriebe unergiebig.

4.2. Von (D1) ausgehend liegt der beanspruchten Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Antriebsgetriebe zur Bewegung der Gefäße in oder aus den Flaschenzellen so auszubilden, daß ein vorgegebener Bewegungsablauf auf einfache Weise ausgeführt werden kann und zusätzlich alle beliebigen Anforderungen, bedingt durch unterschiedliche Flaschengrößen und dergleichen, durch entsprechende variable Anpassung der einzelnen Getriebeglieder abgedeckt werden können, vgl. geltende Beschreibung, Seite 3, letzter und Seite 4 erster Absatz, eingegangen am 9. Januar 2004.

4.3. Es ist unmittelbar ersichtlich, daß die vorgenannte Aufgabenstellung primär auf den Hilfs-, nicht auf den Hauptantrag zielt, da letzterem der Aspekt der Anpassung der Steuerung an die Flaschengröße fremd ist.

4.4. In Ermangelung von überzeugenden Argumenten zum Anspruch 1 des Hauptantrages greift die Kammer auf die in der die mündliche Verhandlung vorbereitenden Mitteilung herausgestellte Argumentationskette zurück, vgl. deren Abschnitte 3 mit 9, nämlich, daß die Probleme der Antriebssynchronisation und der Beeinflussung der Bewegungsabläufe im Stand der Technik gemäß (D2) angesprochen und im Sinne des Anspruchs 1 gelöst sind, vgl. (D2) Spalte 1, Zeilen 39 bis 43, Spalte 4, Zeilen 9 bis 11 und Zeilen 47 bis 53, Ansprüche 1 und 2 sowie einzige Figur, Bezugszeichen "13, 18, 27" und "31" (für die Steuereinheit), aber auch Bezugszeichen "32, 33, 34" und Spalte 3, Zeilen 50 bis 55 der (D2).

4.5. Zusammenfassend stellt die vorbekannte Steuereinheit der (D2) die Antriebssynchronisation der Einzelantriebe sicher und erlauben die Inkrementalgeber (linear oder nichtlinear) bzw. ihre baulichen Äquivalente (Sensoren) die Erfüllung jedes gewünschten Bewegungsablaufes, vgl. insbesondere Spalte 2, Zeilen 49 bis 53 ("... unterschiedliche Bahngeschwindigkeiten vorzugeben.") und Spalte 3, Zeilen 57 bis 67 ("Inkrementalgeber ... oder Sensoren ... mit linearer bzw. nicht linearer Teilung einzusetzen.").

4.6. (D1) und (D2) stammen aus ein und demselben technischen Gebiet, nämlich den "Vorrichtungen zum Transportieren von Gefäßen wie Flaschen und dgl.", so daß ein Fachmann, der mit der Aufgabe befaßt ist, eine Lösung für die Aspekte Bewegungscharakteristik und Antriebssynchronisation zu finden, ohne weiteres und ohne Kenntnis der beanspruchten Erfindung auf (D2) zurückgreifen und hieraus eine fertige Lösung vorstehend genannter Aufgabenaspekte ableiten würde. Bei gegebener Sachlage erfordert die Übertragung der aus (D2) entnehmbaren Lehre auf den Gegenstand von (D1) keinen erfinderischen Schritt im Sinne von Artikel 56 EPÜ. Anspruch 1 des Hauptantrages ist damit nicht gewährbar, vgl. vorgenannte Kammermitteilung, Abschnitt 9.

Hilfsantrag

4.7. Anspruch 1 des Hilfsantrages ist über den unabhängigen Anspruch des Hauptantrages hinaus abgestellt auf das Merkmal der Anpassung der Steuerung an den jeweiligen Flaschentyp.

4.8. Wie in der mündlichen Verhandlung seitens der Kammer dem Vertreter der Beschwerdeführerin mitgeteilt, ist auch der dritte Aufgabenaspekt der gemäß Abschnitt 4.2 geltenden Aufgabenstellung der beanspruchten Erfindung, nämlich der variablen Anpassung der einzelnen Getriebeglieder an unterschiedliche Flaschengrößen, aus (D2) bekannt und mit dem diesbezüglichen Merkmal des Anspruchs 1 des Hilfsantrages gelöst, vgl. (D2) Spalte 4, Zeilen 24 bis 26, woraus dem Fachmann bekannt ist, daß eine Anpassung "an unterschiedliche Flaschenformen bzw. -gewichte" vorzunehmen ist, was gleichbedeutend ist mit der beanspruchten Anpassung der Steuerung an den jeweiligen Flaschentyp.

4.9. Vor diesem Hintergrund fügt das Zusatzmerkmal des Anspruchs 1 des Hilfsantrages dem nicht gewährbaren Anspruch 1 des Hauptantrages nichts Erfinderisches hinzu, so daß auch der unabhängige Anspruch des Hilfsantrages nicht die Voraussetzungen des Artikels 56 EPÜ erfüllt und ebenfalls nicht gewährbar ist.

5. Da insgesamt ein gewährbarer Antrag auf Erteilung eines Patentes nicht vorliegt, ist die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung der ersten Instanz nicht aufzuheben, weil die insgesamt vom Vertreter der Beschwerdeführerin vorgetragenen Argumente mit Blick auf (D2) - die viel weitreichender ist als von der Beschwerdeführerin eingeräumt - aufgrund der vorstehenden detaillierten Ausführungen der Kammer nicht stichhaltig sind, zumal (D2) schon Inkrementalgeber oder Sensoren mit linearer bzw. nichtlinearer Charakteristik offenbart und zumal die in (D2) beanspruchten Stellglieder sich von den in der Anmeldung zweifelsfrei offenbarten Stellgliedern nicht unterscheiden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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