T 1188/02 () of 18.12.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T118802.20031218
Datum der Entscheidung: 18 Dezember 2003
Aktenzeichen: T 1188/02
Anmeldenummer: 00920630.1
IPC-Klasse: B22F 3/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Metallschaumkörper auf Basis von Zink
Name des Anmelders: Grillo - Werke AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - nach Änderung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit Entscheidung vom 20. September 2002 hat die Prüfungsabteilung die europäische Patentanmeldung Nr. 00 920 630.1 im Lichte der

(D1) US-A-3 790 365

(D2) US-A-3 940 262

(D3) DE-C-4 018 360 und

(D4) "Symposium Metallschäume" 6.-7. März 1997, Bremen, MIT-Verlag, Seiten 91 bis 102

mangels erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen.

II. Gegen vorgenannte Entscheidung der Prüfungsabteilung hat die Anmelderin - nachfolgend Beschwerdeführerin - am 14. November 2002 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr und Vorlage der Beschwerdegründe Beschwerde eingelegt.

III. Auf die Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) VOBK vom 26. Februar 2003 hin hat die Beschwerdeführerin am 17. November 2003 neue Ansprüche 1 bis 6 eingereicht.

IV. Die Ansprüche 1 (Verfahren) und 6 (Verwendung) haben nachfolgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zur Herstellung von Metallschaumkörpern auf Basis von Zink enthaltend außer Zink und den üblichen Verunreinigungen 2 bis 20 Gew.-% Aluminium, dadurch gekennzeichnet, dass die Metallschaumkörper hergestellt werden aus einem Treibmittel und einem Metallpulver enthaltend 2 bis 80 Gew.-% Metallpulver, welches beim thermischen Spritzen, Sprühkompaktieren oder bei Wiederaufbereitungsprozessen von Metallen und/oder Legierungen anfällt."

"6. Verwendung von Legierungen enthaltend außer Zink und den üblichen Verunreinigungen 2 bis 20 Gew.-%, vorzugsweise 4 bis 16 Gew.-% Aluminium sowie bis zu 4. Gew.-% Kupfer, bis zu 4 Gew.-% Magnesium, bis zu 2. Gew.-% Mangan, bis zu 2 Gew.-% Titan und bis zu 0,1% Indium, in Pulverform zur Herstellung von Metallschaumkörpern, wobei 2 bis 80 Gew.-% aus Metallpulver stammt, welches beim thermischen Spritzen, Sprühkompaktieren oder bei Wiederaufbereitungsprozessen von Metallen und/oder Legierungen anfallen."

V. Zur Stützung dieser Ansprüche hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgende Argumente vorgebracht:

- die neuen Ansprüche 1 bis 6 seien formal in Ordnung und die Gegenstände des Anspruchs 1 und 6 neu und erfinderisch;

- das breite Spektrum von 2 bis 20% Al-Gehalt der beanspruchten Zinklegierung beeinflusse gegenüber Reinzink das Korrosions-, Verarbeitungs- und Aufschäumverhalten der Legierung vorteilhaft;

- die dicken Oxidhäute von Overspraypulvern, herrührend aus ihrer jeweiligen Vorgeschichte, sprächen gegen die Einsetzbarkeit solcher Pulver im Zusammenhang mit Metallschaumkörpern;

- im Spektrum von 2 bis 80% des Overspraypulvers seien gute Ergebnisse erzielbar, weil die Oxidschichten beim Kompaktieren aufgerissen würden und Metall mit Metall in Kontakt trete und sich schon bei geringen Overspraypulver-Gehalten ein besseres Fließverhalten ergebe, was zu homogeneren Schaumkörpern führe;

- da Oxidhäute im Zusammenhang mit Aluminiumpulvern negative Auswirkungen auf das Aufschäumverhalten hätten, weise das Beanspruchte vom Bekannten weg;

- zusammenfassend seien die Effekte der Gegenstände von Anspruch 1 und 6 nicht vorhersehbar gewesen; über-dies sei das Beanspruchte von großer wirtschaftlicher Bedeutung, da Overspraypulver in wirtschaftlicher Weise wiederverwendbar gemacht werde.

VI. Die Beschwerdeführerin hat folgende Anträge gestellt:

a) Aufhebung der Zurückweisungsentscheidung;

b) Erteilung eines Patents mit folgenden Unterlagen:

- Patentansprüche 1 bis 6, eingereicht am 17. November 2003;

- Beschreibung, Seiten 1 bis 7 überreicht in der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

2.1. Anspruch 1 ist im Gegensatz zum Erzeugnisanspruch 1 der WO-A1-01/00 355 (gleich den Ursprungsunterlagen und nachfolgend bei Zitaten verwendet) auf ein "Verfahren zur Herstellung von ..." abgestellt.

2.2. Mit Blick auf die Beispiele gemäß WO-A1-01/00 355, in denen die unterschiedlichen Verfahrenschritte - wie Kompaktieren, Plattieren, Vorpressen, Strangpressen und Aufschäumen - detailliert angesprochen sind, besteht seitens der Kammer kein Zweifel an der Zulässigkeit der Aufstellung von Verfahrensansprüchen.

2.3. Die Merkmale des Anspruchs 1 ergeben sich lückenlos aus dem ursprünglichen Anspruch 1 (Metallschaumkörper auf der Basis von Zink und Aluminium), der ursprünglich eingereichten Beschreibung gemäß Seite 7, Beispiel 1 ("... hergestellt aus Metallpulver"), ferner Seite 5, Zeile 3 von unten (Treibmittel) und Seite 5, Zeilen 9/11 sowie 8 bis 17 (thermische Spritzen, Sprühkompaktieren, Wiederaufbereitungsprozesse von Metallen und/oder Legierungen).

2.4. Die Ansprüche 2 bis 5 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 3 bis 6 und Anspruch 6 stützt sich auf die Merkmale des (unvollständigen) ursprünglichen Anspruchs 7 ("Verwendung von ...") und des Anspruchs 4 (Gehalte von Kupfer, Magnesium, Mangan, Titan und Indium), den ursprünglichen Seiten 6, letzter Absatz (Pulver als Ausgangsmaterial) und 5, Zeilen 9/11 sowie 8 bis 17 (siehe vorstehenden Abschnitt 2.3).

2.5. Die geltenden Ansprüche 1 bis 6 genügen somit den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ.

3. Klarheit

Die Neufassung des Schutzbegehrens hat den Klarheitseinwand der Kammer gemäß ihrer Mitteilung vom 26. Februar 2003 hinfällig gemacht, so daß sich weitere Erörterungen im Zusammenhang mit Artikel 84 EPÜ erübrigen.

4. Neuheit

Die Neuheit der Gegenstände gemäß Anspruch 1 (Verfahren) und 6 (Verwendung) ist gegeben und war seitens der Prüfungsabteilung und der Kammer nie in Zweifel gezogen worden, so daß diese Frage keiner weiteren Überlegungen bedarf.

5. Erfinderische Tätigkeit

5.1. Der nächstkommende Stand der Technik ist nach Auffassung der Kammer mit (D3) gegeben, die gemäß den Ansprüchen auf kein spezielles Material abgestellt ist, aber gemäß den Beispielen Aluminium und seine Legierungen betrifft, und gemäß der von einem Metallpulver ausgegangen wird, welches zu einem Metallschaumkörper aufgeschäumt wird, vgl. Anspruch 1 der (D3), Merkmale a) und c), sowie Ansprüche 5/6.

5.2. Von dem Stand der Technik gemäß (D3) ausgehend liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung von Metallschäumen auf Basis von Zink zur Verfügung zu stellen, die einerseits gut verarbeitbar sind, andererseits gute mechanische Eigenschaften aufweisen und darüber hinaus gute Korrosionseigenschaften aufweisen. Angestrebt wird dabei eine möglichst geringe spezifische Dichte bei guten mechanischen Eigenschaften.

5.3. Gemäß Anspruch 1 ist diese Aufgabe bei Metallschaumkörpern auf Basis von Zink/Aluminium und den üblichen Verunreinigungen dadurch gelöst, daß die Metallschaumkörper hergestellt werden aus einem Treibmittel und einem Metallpulver enthaltend 2 bis 80. Gew.-% Metallpulver, welches beim thermischen Spritzen, Sprühkompaktieren oder bei Wiederaufbereitungsprozessen von Metallen und/oder Legierungen anfällt.

5.4. (D1) und (D2) weisen schon deshalb vom Beanspruchten weg, weil sie eine Schmelze aufschäumen und nicht von einem Metallpulver ausgehen, vgl. (D1), Spalte 2, letzter Absatz, Spalte 4, Zeile 6 und Anspruch 1, Merkmal a) und (D2), Anspruch 1 ("molten metal").

5.5. (D3) ist primär auf Aluminiumpulver abgestellt, so daß die Zusammensetzung des in Anspruch 1 definierten Pulvers mit der Hauptkomponente Zink daraus weder bekannt, noch nahegelegt ist.

Es kommt hinzu, daß das gemäß Anspruch 1 zu verwendende Metallpulver ein sogenanntes "Overspraypulver" aus Prozessen wie dem thermischen Spritzen und Sprühkompaktieren oder dgl., also extrem oxidbehaftet ist und daß der vorerwähnte hier zu berücksichtigende Stand der Technik, einschließlich des Fachaufsatzes zum Schäumen von Metallen (D4), keinerlei Anregung enthält, ein derartiges Pulver in Betracht zu nehmen, was für sich bereits das Verfahren gemäß Anspruch 1 erfinderisch macht, da zudem in wirtschaftlicher Weise ein problematisches Pulver ("Overspray") wiederverwendbar gemacht wird und überdies nicht vorhersehbare Effekte, wie erhöhte Korrosionsbeständigkeit, sowie besseres Verarbeitungs- und Aufschäumverhalten, erzielt werden. In diesem Zusammenhang ist anzufügen, daß auch die erste Instanz mit Blick auf die Zumischung von 2-80 Gew.-% Overspraypulver (gemäß damaligem Anspruch 3 vom 25. Mai 2001, eingegangen am 26. Mai 2001) ausgeführt hat, daß dies die erfinderische Tätigkeit des Beanspruchten begründen könne, vgl. "Internationaler vorläufiger Prüfungsbericht" - Beiblatt (Blatt 2) Abschnitt 2., vom 13. Juli 2001.

Mit Blick auf (D3) entfällt ein dem Kaltpressen nachfolgendes Strangpressen, welches beim Stand der Technik nötig war, indem durch die Reibung der Teilchen aneinander während des Vorprozesses die Oxidhäute zerstört und die Metallteilchen miteinander verbunden werden, dergestalt, daß ein besseres Fließverhalten der Pulvermischung zu homogeneren Schaumkörpern führt.

Der Entfall eines teuren Verfahrensschrittes beim Beanspruchten ist ein weiterer, eindeutiger Beleg dafür, daß es erfinderischen Zutuns bedurfte, von (D3) ausgehend das Verfahren nach Anspruch 1 zu erhalten.

5.6. Vorstehende Überlegungen zusammenfassend ergibt sich, daß das Verfahren gemäß Anspruch 1 vom bekannten Stand der Technik wegweist, neu und erfinderisch ist im Sinne von Artikel 54 und 56. EPÜ, so daß dieser Anspruch die Erteilung eines Patentes rechtfertigt.

5.7. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 betreffen vorteilhafte Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 1 und sind ebenfalls gewährbar.

5.8. Anspruch 6 ist auf die Verwendung einer gegenüber Anspruch 1 engeren Legierung abgestellt; da er darüberhinaus die wesentlichen Merkmale des Anspruches 1 enthält, ist auch dieser Anspruch gewährbar.

6. Die geltende Beschreibung, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 2003, erfüllt die wesentlichen Anforderungen des EPÜ und kann als Basis für die Patenterteilung dienen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent auf der Basis folgender Unterlagen zu erteilen:

- Patentansprüche 1 bis 6, eingreicht am 17. November 2003;

- Beschreibung, Seiten 1 bis 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung.

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