T 0911/02 () of 26.2.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T091102.20040226
Datum der Entscheidung: 26 Februar 2004
Aktenzeichen: T 0911/02
Anmeldenummer: 96937185.5
IPC-Klasse: F02B 75/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Antriebssystem mit Antriebsmotor, elektrischer Maschine und Batterie
Name des Anmelders: Continental ISAD Electronic Systems GmbH & Co. oHG
Name des Einsprechenden: Siemens AG
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - bejaht
Vertagung der mündlichen Verhandlung - abgelehnt
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die am 8. Juli 2002 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, in welcher festgestellt wurde, daß die geänderte Fassung des europäischen Patents Nr. 0 847 487 den Erfordernissen des EPÜ genügt, unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr, die am 23. August 2002 eingegangene Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 8. November 2002 eingegangen.

II. Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 52 (1), 54 und 56 EPÜ angegriffen worden.

Die Einspruchsabteilung war aber der Auffassung, daß die vorgebrachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß dem am 19. Juni 2002 gestellten Hilfsantrag 1 der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) nicht entgegenstünden.

III. Im Beschwerdeverfahren haben folgende Druckschriften eine Rolle gespielt:

D1: "Hybrid III: Concepts for the Electric System of a Hybrid Passenger Car", Küng et al, 1992

D3: US-A-5 359 308

D5: "Kraftfahrtechnisches Taschenbuch", Robert Bosch GmbH, 1991, ISBN 3-18-419114-1, Seiten 760, 761.

IV. Am 26. Februar 2004 wurde mündlich verhandelt.

Nach der Vorlage von neuen Patentansprüchen 1 bis 4 gemäß Hauptantrag durch die Beschwerdegegnerin beantragte die Beschwerdeführerin die Vertagung der mündlichen Verhandlung. Die Beschwerdegegnerin sprach sich dagegen aus.

Des weiteren beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents EP-B-0 847 487.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß der Aufrechterhaltung des Patents folgende Unterlagen zugrunde gelegt werden:

Patentansprüche: 1 bis 4 wie überreicht in der mündlichen Verhandlung;

5. bis 19 wie als Hauptantrag am 23. Januar 2004 eingegangen;

Beschreibung: Spalten 1 bis 15 wie überreicht in der mündlichen Verhandlung;

Zeichnungen: Figuren 1 bis 5c wie erteilt;

hilfsweise die Unterlagen gemäß einem der drei Hilfsanträge, alle eingegangen am 23. Januar 2004.

V. Der Anspruch 1 des Hauptantrags der Beschwerdegegnerin lautet wie folgt:

"Antriebssystem mit einem als Antriebsmotor eines Kraftfahrzeugs wirkenden Verbrennungsmotor (1), einer wechselrichtergesteuerten elektrischen Drehstrommaschine (4), die zusätzlich antreibend wirkt, einem Wechselrichter (14) mit einem Zwischenkreis auf einem gegenüber einem Niederspannungsnetz erhöhten Spannungsniveau, wenigstens einer Batterie (11), welche auf dem erhöhten Spannungsniveau des Zwischenkreises liegt und welche die bei antreibender Wirkung der elektrischen Maschine (4) benötigte Energie liefert, dadurch gekennzeichnet, daß die Drehstrommaschine den Verbrennungsmotor (1) zeitweise antreibend unterstützt, indem sie in Phasen hoher Anforderung an die Gesamtantriebsleistung, und zwar Phasen der Fahrzeugbeschleunigung, zusätzlich zum Verbrennungsmotor (1) antreibend wirkt, und daß die Batterie (11) eine Kurzzeitbatterie mit einer Entladedauer von weniger als 7 Minuten ist."

VI. Zur Stützung ihrer Anträge hat die Beschwerdeführerin folgendes ausgeführt:

Der dem Gegenstand des angefochtenen Patents am nächsten kommende Stand der Technik gehe aus der Entgegenhaltung D1 hervor, die ein Antriebssystem für ein Hybridfahrzeug mit einem Verbrennungsmotor und mit einer Drehstrommaschine offenbare, wie es im Oberbegriff von Anspruch 1 des vorliegenden Hauptantrags definiert sei. Hiervon ausgehend liege dem angefochtenen Patent die Aufgabe zugrunde, das bekannte Antriebssystem effizienter, kleiner und leichter zu machen. Zur Lösung dieser Aufgabe rege die Entgegenhaltung D3 dazu an, die Drehstrommaschine so einzusetzen, daß sie den Verbrennungsmotor zeitweise antreibend unterstütze, indem sie in Phasen hoher Anforderung an die Gesamtantriebsleistung, und zwar Phasen der Fahrzeugbeschleunigung, zusätzlich zum Verbrennungsmotor antreibend wirke. Nach D3 sei es zwar primär vorgesehen, die für den Antrieb der Drehstrommaschine benötigte Energie aus einer magnetischen Speichereinrichtung (SMES) zu entnehmen. Aus D3 sei jedoch auch zu entnehmen, daß diese Energie von einer Batterie geliefert werden könne. Da zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der D3 noch keine dafür geeignete Batterie existiert habe, zum Zeitpunkt der Anmeldung des angefochtenen Patents aber sehr wohl, sei es für den Fachmann zu diesem Zeitpunkt selbstverständlich gewesen, anstelle der aufwendigen Speichereinrichtung eine Batterie in dem aus D3 bekannten System vorzusehen. In Analogie hierzu sei es ebenso selbstverständlich gewesen, das zum Antriebssystem nach D1 gehörige Schwungrad durch eine geeignete Batterie zu ersetzen. Folglich käme der Fachmann bei der Verwendung der aus D3 zu entnehmenden technischen Lehre in einem Antriebssystem gemäß D1 zwangsläufig zu einem Antriebssystem, von dem sich das Antriebssystem nach Anspruch 1 des Hauptantrags seinem Wortlaut nach nur noch dadurch unterscheide, daß die Batterie eine Kurzzeitbatterie mit einer Entladedauer von weniger als 7. Minuten sei.

Da dieses Merkmal jedoch keine beschränkende Wirkung habe und auch keine bestimmte Batterie definiere, könne es auch keine erfinderische Tätigkeit begründen. Allein anhand der Entladedauer könne nämlich keine bestimmte Batterie definiert werden, weil diese Zeitspanne vom Entladestrom und von der Kapazität einer Batterie abhänge. Selbst wenn die Entladedauer einer Batterie bei dem Strom, der bei der höchsten zulässigen Dauerbelastung auftrete, weniger als 7 Minuten betragen solle, könne eine solche Batterie so eingesetzt werden, z. B. durch einen Betrieb bei einem geringeren Strom als dem Entladestrom, daß sie - wie die aus D1 bekannte Batterie - für einen Langzeitbetrieb geeignet sei. Ferner sei eine Entladedauer von 7 Minuten eine typische Entladezeit für eine Batterie eines Antriebssystems, wie es z. B. durch D5 dokumentiert werde.

Folglich sei die nach Anspruch 1 des Hauptantrags vorgesehene Ausgestaltung des Antriebssystems unter Berücksichtigung der Entgegenhaltungen D1 und D3 für den Fachmann naheliegend und der Gegenstand dieses Anspruchs beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die beantragte Vertagung der mündlichen Verhandlung sei gerechtfertigt, weil der während der laufenden mündlichen Verhandlung vorgelegte Anspruch 1 des Hauptantrags ein neues, aus der Beschreibung entnommenes Merkmal umfasse - wonach die Drehstrommaschine den Verbrennungsmotor zeitweise antreibend unterstütze -, zu dem von der Beschwerdeführerin noch keine Recherche durchgeführt worden sei und über dessen Bedeutung sich der Vertreter der Beschwerdeführerin erst von Experten beraten lassen müsse.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat diesen Ausführungen widersprochen und folgendes vorgebracht:

Ausgehend von dem aus D1 bekannten, gattungsgemäßen Antriebsystem liege dem angefochtenen Patent die Aufgabe zugrunde, ein einfaches Antriebssystem für ein Hybridfahrzeug bereitzustellen, das verbesserte Fahrleistungen, insbesondere eine dynamischere Fahrweise zulasse. Zur Lösung dieser Aufgabe werde gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags ein Antriebssystem vorgeschlagen, bei dem die Drehstrommaschine den Verbrennungsmotor nur zeitweise, nämlich in Phasen hoher Anforderung an die Gesamtantriebsleistung, antreibend unterstütze und bei dem die Batterie eine Kurzzeitbatterie mit einer Entladedauer von weniger als 7. Minuten sei. Aus D3 sei es zwar bereits grundsätzlich bekannt, in einem Antriebssystem für ein Hybridfahrzeug eine Drehstrommaschine zur zeitweisen Unterstützung des Verbrennungsmotors bei hoher Anforderung an die Gesamtantriebsleistung zu verwenden. Die dafür benötigte Energie werde aber nicht wie beim Gegenstand nach Anspruch 1 des Hauptantrags von einer Kurzzeitbatterie geliefert, sondern von einer magnetischen Speichereinrichtung (SMES), die den Kern der aus D3 zu entnehmenden Lehre bilde. Von der Verwendung einer Batterie werde in D3 sogar abgeraten, da sie die benötigte Energie nicht schnell genug bereitstellen könne und nur dann effizient arbeite, wenn sie langsam geladen und entladen werde. Folglich könne D3 allenfalls nahelegen, das aus D1 bekannte Antriebssystem zur Lösung der vorangehend genannten Aufgabe so zu modifizieren, daß die darin enthaltene Batterie durch eine magnetische Speichereinrichtung ersetzt werde. Dabei würde man aber nicht zum Gegenstand nach Anspruch 1 des Hauptantrags gelangen.

Selbst dann, wenn der Fachmann aus D3 wider Erwarten die allgemeine Anregung entnehmen sollte, die zum Betrieb der Drehstrommaschine benötigte Energie aus einem beliebigen Energie-Kurzzeitspeicher zu entnehmen, würde ihn die Anwendung dieser Anregung in dem aus D1 bekannten Antriebssystem nicht zum beanspruchten Gegenstand führen. In diesem Fall wäre es für den Fachmann nämlich selbstverständlich, den im Antriebssystem nach D1 bereits vorhandenen Energie- Kurzzeitspeicher in Form des Schwungrads F für den Betrieb der Drehstrommaschine zu verwenden. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach D1 und D3 nur deshalb keine Batterie als Kurzzeitspeicher vorgeschlagen hätten, weil zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Entgegenhaltungen noch keine für diesen Zweck geeignete Batterien auf dem Markt gewesen seien, sei eine reine Behauptung, für die kein Beweis erbracht worden sei.

Die im Anspruch 1 des Hauptantrags enthaltene Definition der Kurzzeitbatterie anhand der Entladedauer sei ausreichend, um anzugeben, daß die Batterie nur für einen kurzfristigen Betrieb geeignet sein solle. Der Fachmann würde nämlich eine Batterie zum Antrieb einer Drehstrommaschine vernünftigerweise so auslegen, daß sie bei der höchsten zulässigen Dauerbelastung betrieben werde, weil sie anderenfalls unnötig groß und teuer würde. Unter diesem Gesichtspunkt und unter Berücksichtigung der im angefochtenen Patent enthaltenen Definition des Begriffs Entladedauer, sei es für den Fachmann offensichtlich, daß die im Anspruch 1 des Hauptantrags beschriebene Batterie nur für einen Kurzzeitbetrieb von wenigen Minuten vorgesehen sei, während die Batterie des Antriebssystems nach D1 für einen Langzeitbetrieb von etwa 100 Minuten ausgelegt sei.

Nachdem durch den vorliegenden Stand der Technik weder ein Antrieb der Drehstrommaschine noch eine Kurzeitbatterie gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags nahegelegt seien, beruhe das darin beanspruchte Antriebssystem auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Für die von der Beschwerdeführerin beantragte Vertagung der mündlichen Verhandlung gebe es keinen Anlaß, da das neu in den Anspruch 1 des Hauptantrags aufgenommene Merkmal bereits implizit im vorher geltenden Anspruch 1 des Hauptantrags enthalten gewesen sei - wonach die Drehstrommaschine in Phasen hoher Anforderung an die Gesamtantriebsleistung zusätzlich antreibend wirke - und lediglich dazu diene, den Schwerpunkt des Anspruchsgegenstands klarzustellen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

2.1. Der Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von dem in WO-A-97/08439 veröffentlichten Anspruch 1 der Patentanmeldung durch folgende zusätzliche Merkmale:

a) die elektrische Maschine ist eine wechselrichtergesteuerte Drehstrommaschine;

b) das Antriebssystem umfaßt einen Wechselrichter mit einem Zwischenkreis auf einem gegenüber einem Niederspannungsnetz erhöhten Spannungsniveau;

c) die Kurzzeitbatterie liegt auf dem erhöhten Spannungsniveau des Zwischenkreises;

d) die Drehstrommaschine unterstützt den Verbrennungsmotor zeitweise antreibend, indem sie in Phasen hoher Anforderung an die Gesamtantriebsleistung, und zwar Phasen der Fahrzeugbeschleunigung, zusätzlich zum Verbrennungsmotor antreibend wirkt;

e) die Kurzzeitbatterie weist eine Entladedauer von weniger als 7. Minuten auf.

Außerdem wurde das fakultative Merkmal des veröffentlichten Anspruchs 1, wonach das Antriebssystem einen Antriebsmotor, insbesondere einen Verbrennungsmotor eines Kraftfahrzeugs umfaßt, so umgewandelt, daß das Antriebssystem nun zwingend einen als Antriebsmotor eines Kraftfahrzeugs wirkenden Verbrennungsmotor aufweist. Ferner wurde aus dem Merkmal des veröffentlichten Anspruchs 1, wonach die Kurzzeitbatterie die bei antreibender Wirkung der elektrischen Maschine benötigte Energie wenigstens teilweise liefert, die Wortfolge "wenigstens teilweise" gestrichen.

2.2. Vom erteilten Anspruch 1 unterscheidet sich der Anspruch 1 des Hauptantrags durch den Zusatz der vorangehend genannten Merkmale d) und e) sowie durch die vorangehend beschriebene Umwandlung des fakultativen Merkmals in ein definitives Merkmal und den Wegfall der Wortfolge "wenigstens teilweise".

2.3. Das Merkmal a) ist in WO-A-97/08439 auf Seite 16, Zeile 21 und Seite 17, Zeilen 5 bis 10 offenbart; das Merkmal b) auf Seite 17, Zeilen 12 bis 25 und das Merkmal d) in den Abschnitten auf Seite 1, Zeilen 32 bis 34; Seite 4, Zeilen 27 bis 29 sowie Seite 16, Zeilen 31 bis 33. Das Merkmal c) geht aus den Figuren 1 und 4 dieser Veröffentlichung hervor und das Merkmal e) aus dem darin enthaltenen Anspruch 3.

Durch die vorangehend beschriebene Umwandlung des fakultativen Merkmals in ein definitives Merkmal und den Wegfall der Wortfolge "wenigstens teilweise" wurden lediglich in dem in WO-A-97/08439 veröffentlichten Anspruch 1 enthaltene breite Merkmale auf bereits in diesem Anspruch offenbarte weniger breite Merkmale beschränkt.

2.4. Die Merkmale der abhängigen Ansprüche 2 bis 19 des Hauptantrags sind in den in WO-A-97/08439 veröffentlichten Ansprüchen 2 bis 13 und 15 bis 20 offenbart.

Die Beschreibung und die Zeichnungen des Hauptantrags wurden lediglich an den jeweiligen Wortlaut der Ansprüche dieses Antrags angepaßt.

2.5. Folglich erfüllen die vorliegenden Unterlagen sämtliche Erfordernisse des Artikels 123 EPÜ.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Der dem Gegenstand nach Anspruch 1 am nächsten kommende Stand der Technik geht unstrittig aus D1 hervor. Diese Entgegenhaltung offenbart (siehe insbesondere Bild 1 und Bild 7, Variante A) ein Antriebssystem mit einem als Antriebsmotor eines Kraftfahrzeugs wirkenden Verbrennungsmotor (CE), einer wechselrichtergesteuerten elektrischen Drehstrommaschine (E), die zusätzlich antreibend wirkt (siehe Seite 2, linker Teil der Tabelle 1: nur das Wort "together"), einem Wechselrichter mit einem Zwischenkreis auf einem gegenüber einem Niederspannungsnetz erhöhten Spannungsniveau, wenigstens einer Batterie (120 V-Batterie), welche auf dem erhöhten Spannungsniveau des Zwischenkreises liegt und welche die bei antreibender Wirkung der elektrischen Maschine benötigte Energie liefert.

D1 offenbart in dieser Hinsicht (separately or together) aber lediglich pauschal, daß der Verbrennungsmotor und die Drehstrommaschine separat oder zusammen zum Antrieb des Kraftfahrzeugs verwendet werden können, ohne anzugeben, wie und wann sie zusammenwirken sollen. Außerdem geht aus D1 nicht hervor, daß die dort (in Tabelle 1) gezeigte Batterie eine Entladedauer von weniger als 7 Minuten hat. Folglich ist aus D1 ein Antriebssystem bekannt, wie es im Oberbegriff von Anspruch 1 definiert ist.

3.2. Ausgehend von dem aus D1 bekannten Stand der Technik liegt dem angefochtenen Patent die Aufgabe zugrunde, ein einfach aufgebautes Hybridfahrzeug mit guten Fahrleistungen bereitzustellen (siehe vorliegende Beschreibung, Seite 1a, Absatz 2). Diese Aufgabe umfaßt die von der Beschwerdegegnerin genannte Aufgabe, wonach das bekannte Antriebssystem effizienter, kleiner und leichter gemacht werden soll.

Zur Lösung dieser Aufgabe ist das in Anspruch 1 definierte Antriebssystem vorgesehen, bei dem

A) die Drehstrommaschine den Verbrennungsmotor zeitweise antreibend unterstützt, indem sie in Phasen hoher Anforderung an die Gesamtantriebsleistung, und zwar Phasen der Fahrzeugbeschleunigung, zusätzlich zum Verbrennungsmotor antreibend wirkt, und

B) die Batterie eine Kurzzeitbatterie mit einer Entladedauer von weniger als 7 Minuten ist.

3.3. Aus D3 ist es zwar grundsätzlich bekannt, in einem hybriden Antriebssystem eine Drehstrommaschine (Motor/Generator 16) so zu nutzen, daß sie einen Verbrennungsmotor (10) entsprechend dem Merkmal A zeitweise antreibend unterstützt (siehe z. B. Spalte 6, Zeile 61 bis Spalte 7, Zeile 3). Die für diesen Betrieb benötigte Energie wird nach der grundlegenden Lehre der D3 aus einer magnetischen Speichereinrichtung (SMES) entnommen. Die Entnahme von Energie aus einer Batterie für Phasen der Fahrzeugbeschleunigung wird dagegen von D3, im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin, ausgeschlossen. Eine solche Energieentnahme wird lediglich im Zusammenhang mit einem früheren Stand der Technik erwähnt (siehe z. B. Spalte 2, Zeilen 21 bis 32), im folgenden aber als nachteilig dargestellt, weil Batterien nicht in der Lage sind, die Energie schnell genug zu liefern (siehe Spalte 2, Zeilen 41 bis 45) und bei schneller Entladung nicht effektiv arbeiten (siehe Spalte 2, Zeilen 60 bis 66). Daher dient die Batterie (22) nach D3 lediglich zum langsamen Energieaustausch mit der magnetischen Speichereinrichtung und zur Energieversorgung von zum Fahrzeug gehörigen Geräten, wie Radio, Lampen usw. (siehe z. B. Spalte 5, Zeilen 46 bis 53; und Spalte 9, Zeilen 1 bis 3).

Folglich würde der Fachmann, wenn er die Lehre der D3 zur Lösung der dem angefochtenen Patent zugrundeliegenden Aufgabe berücksichtigt, nicht nur die im Antriebssystem nach D1 enthaltene Drehstrommaschine derart verwenden, daß sie den Verbrennungsmotor (CE) zeitweise antreibend unterstützt, indem sie in Phasen der Fahrzeugbeschleunigung zusätzlich zum Verbrennungsmotor antreibend wirkt, sondern er würde für die dafür benötigte Energie auch noch eine magnetischen Speichereinrichtung vorsehen. Bestenfalls würde er die magnetische Speichereinrichtung durch eine alternative Kurzzeitspeichereinrichtung wie das in D1 gezeigte Schwungrad (F) ersetzen, zumal dieses in D1 bereits als Energielieferant für Beschleunigungsphasen beschrieben ist (siehe Seite 3, erster Absatz "Mode E"). Die Nutzung einer Batterie zum Antrieb der Drehstrommaschine während Beschleunigungsphasen ist dagegen durch die Lehre der D3 ausgeschlossen.

Für die Behauptung der Beschwerdeführerin, daß dem Fachmann zum Zeitpunkt der Anmeldung des angefochtenen Patents Batterien zur Verfügung gestanden hätten, die im Gegensatz zu den zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der D3 vorliegenden Batterien ohne weiteres für eine rasche Be- und Entladung geeignet gewesen seien, wurde kein Nachweis erbracht. Daher könnte es an sich dahingestellt bleiben, ob es für den Fachmann naheliegend gewesen ist, die magnetische Speichereinrichtung (SMES) im Antriebssystem nach D3 und das Schwungrad (F) im Antriebssystem nach D1 durch schnell zu be- und entladende Batterien zu ersetzen. Dennoch möchte die Kammer darauf hinweisen, daß ein solcher Ersatz in beiden Fällen gegen die Lehre der D3 bzw. der D1 gerichtet wäre, die jeweils bewußt eine magnetische Speichereinrichtung bzw. ein Schwungrad vorgesehen haben. Ein Ersatz der magnetischen Speichereinrichtung bzw. des Schwungrads durch Batterien kann somit nicht als naheliegend angesehen werden.

3.4. Es kann der Beschwerdeführerin auch nicht zugestimmt werden, daß das Merkmal B keine beschränkende Wirkung habe und keine bestimmte Batterie definiere. Es ist zwar richtig, daß die Entladedauer einer Batterie nicht nur vom Entladestrom, sondern auch von der Kapazität einer Batterie abhängt. Bei einer festgelegten maximalen Entladedauer (7 Minuten) und einem festgelegten Entladestrom, nämlich dem höchsten zulässigen Dauerbelastungsstrom (siehe die Definition des Begriffs "Entladedauer" in der Beschreibung: Spalte 5, Zeilen 31. bis 33 des angefochtenen Patents) ist aber auch die Kapazität einer Batterie festgelegt. Eine solche Auslegung der patentgemäßen Batterie, daß sie während ihres Normalbetriebs mit einem geringeren Strom arbeiten soll als mit dem höchstzulässigen bei der Entladung auftretenden Dauerbelastungsstrom erscheint abwegig, da dies zu einer unnötig großen und somit unnötig teuren Batterie führen würde. Folglich ist die Batterie in Anspruch 1 des Hauptantrags in ausreichendem Maß definiert.

3.5. Des weiteren gibt der vorliegende Stand der Technik keine Anregung dazu, in einem gattungsgemäßen Antriebssystem eine Batterie mit einer Entladedauer, im Sinne des angefochtenen Patents, von weniger als 7 Minuten zu verwenden. Aus D5 ist zwar eine Batterie mit einer Entladedauer von weniger als 7. Minuten bekannt (siehe Seite 761, rechte Spalte obere Abbildung, Entladezeit bei I = 4 A/Ah). Diese Batterie ist aber eine übliche herkömmliche Kraftfahrzeugbatterie, die nicht für den Antrieb oder die Unterstützung des Antriebs des Fahrzeugs vorgesehen ist. Wie der D1 aus den Ausführungen auf Seite 4, vorletzter Absatz und der Tabelle 3 entnommen werden kann, ist für das aus D1 bekannte Antriebssystem eine 10 kWh Batterie vorgesehen, die bei einer Belastung von 6 kW alleine einen Fahrbetrieb von etwa 100 Minuten ermöglicht. Nachdem davon auszugehen ist, daß die Belastung während des Fahrbetriebs mit der Belastung bei der Entladung übereinstimmt, liegt die Entladedauer der Batterie gemäß D1 ein Vielfaches über der nach D5, bzw. könnte die Batterie nach D5 nur für einen Bruchteil der Fahrzeit genutzt werden, die mit der Batterie nach D1 erreichbar sein soll. Folglich würde der Fachmann es nicht in Erwägung ziehen, die Batterie des Antriebssystems nach D1 durch die aus D5 bekannte Batterie zu ersetzen.

3.6. Das Vorsehen der Merkmale A und B in dem aus D1 bekannten Antriebssystem kann daher nicht als naheliegend angesehen werden, und der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

4. Aufgrund der vorangehenden Betrachtungen ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, daß der Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sowie die darauf rückbezogenen Ansprüche 2 bis 19 die Erfordernisse von Artikel 54 und 56 EPÜ erfüllen und diese Ansprüche zusammen mit den vorliegenden Beschreibungsunterlagen und Zeichnungen eine geeignete Grundlage für die Aufrechterhaltung des Patents im geänderten Umfang bilden.

Eine Behandlung der Hilfsanträge der Beschwerdegegnerin war daher nicht notwendig.

5. Dem Antrag der Beschwerdeführerin, die mündliche Verhandlung zu vertagen wurde aus folgenden Gründen nicht stattgegeben.

Bereits in dem in WO-A-97/08439 veröffentlichten Anspruch 1 sowie im erteilten Anspruch 1 war das Merkmal enthalten, wonach die Drehstrommaschine zusätzlich antreibend wirkt. Der vor dem vorliegenden Anspruch 1 geltende Anspruch 1 des Hauptantrags (eingereicht zum Beginn der mündlichen Verhandlung am 26. Februar 2004) enthielt darüber hinaus das zusätzliche Merkmal (Merkmal d'), wonach die Drehstrommaschine in Phasen hoher Anforderung an die Gesamtantriebsleistung, und zwar in Phasen der Fahrzeugbeschleunigung, zusätzlich zum Verbrennungsmotor antreibend wirkt. Im Hinblick auf die Hinzufügung dieses Merkmals hatte die Beschwerdeführerin keine Vertagung der mündlichen Verhandlung beantragt.

Aus der Beschreibung des angefochtenen Patents ist eindeutig zu entnehmen (siehe insbesondere Spalte 2, Zeile 20 bis Spalte 3, Zeile 37), daß die dem Patentgegenstand zugrundeliegende Idee schwerpunktmäßig darin besteht, einen Hybridantrieb so auszugestalten, daß in den lang andauernden Phasen geringer Anforderung an die Antriebsleistung der Verbrennungsmotor für den Antrieb sorgt und in den relativ kurzen Phasen höherer Leistungsanforderung, wie sie beim Beschleunigen auftreten, die Drehstrommaschine für den zusätzlichen Antrieb sorgt und somit als "Booster" wirkt (siehe Spalte 3, Zeilen 1 bis 3). Unter der Berücksichtigung dieser Ausführungen können bereits die vorangehend genannten Merkmale, wonach die Drehstrommaschine zusätzlich antreibend wirkt und das Merkmal d', nur so verstanden werden, daß die Drehstrommaschine den Verbrennungsmotor nicht dauernd, sondern nur zeitweise (in Phasen höherer Leistungsanforderung) antreibend unterstützen soll. Das Hinzufügen der expliziten Angabe, daß die Drehstrommaschine den Verbrennungsmotor zeitweise antreibend unterstützt, hat die technische Lehre des Anspruchs 1 des Hauptantrags somit nicht verändert, sondern lediglich das klarer herausgestellt, was die vorangegangenen Ansprüche sowieso schon beinhaltet haben.

Folglich gab es keinen Grund der eine Vertagung der mündlichen Verhandlung für eine neuerliche Recherche der Beschwerdeführerin gerechtfertigt hätte.

Darüber hinaus konnte sich die Beschwerdekammer auch nicht der Auffassung der Beschwerdeführerin anschließen, daß sie sich im Hinblick auf die Bedeutung des neuen Merkmals erst von ihren Experten beraten lassen müsse. Zum einen hat dieses Merkmal, wie vorangehend dargelegt wurde, dem beanspruchten Antriebssystem nämlich keine neue Lehre hinzugefügt, die eine neuerliche Beratung erfordern würde, und zum anderen kann es von einem für eine Partei in einer mündlichen Verhandlung erschienenen Vertreter erwartet werden, daß er mit dem zu behandelnden Fall vertraut ist und die Bedeutung eines Merkmals auch ohne Beratung durch einen Experten erkennt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche: 1 bis 4 wie überreicht in der mündlichen Verhandlung; 5. bis 19 wie als Hauptantrag am 23. Januar 2004 eingegangen;

Beschreibung: Spalten 1 bis 15 wie überreicht in der mündlichen Verhandlung;

Zeichnungen: Figuren 1 bis 5c wie erteilt.

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