European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2004:T087102.20040629 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 29 Juni 2004 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0871/02 | ||||||||
Anmeldenummer: | 97113308.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | B07B 1/42 B06B 1/16 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Schwingungsantrieb für eine Siebmaschine | ||||||||
Name des Anmelders: | Svedala GfA Aufbereitungsmaschinen GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (bejaht) Erfinderische Tätigkeit - nach Änderung (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Mit Entscheidung vom 22. April 2002 hat die Prüfungsabteilung die europäische Patentanmeldung Nr. 97 113 308.7 zurückgewiesen. Der Zurückweisungsgrund war mangelnde Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 im Licht der
(D1) US-A-3 226 989.
Der weitere Stand der Technik des Prüfungsverfahrens ist mit
(D2) FR-A-2 355 576
(D3) WO-A-93/23 179 und
(D4) US-A-3 704 631
gegeben.
II. Gegen die Zurückweisungsentscheidung hat die Anmelderin - nachfolgend Beschwerdeführerin - am 9. August 2002 unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt und diese begründet. Gleichzeitig stellte sie einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist. Gemäß Entscheidung vom 9. Oktober 2003 hat die Kammer dem Wiedereinsetzungsbegehren stattgegeben.
III. Nach vorbereitender Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (1) VOBK, in der die Kammer ihre vorläufige Beurteilung der Sachlage kundtat, fand am 29. Juni 2004 eine mündliche Verhandlung statt, in der die Beschwerdeführerin neue Ansprüche 1 bis 6 vorlegte.
IV. Anspruch 1 hat nachfolgenden Wortlaut:
"1. Siebmaschine zum Entwässern und/oder Klassieren von körnigen Stoffen wie Kies, Kohle oder Erz, mit einem Siebrahmen (1), der an einem Maschinengestell gehalten ist, und mit einem elliptischen Schwingungsantrieb mit zwei Exzenterwellen (14, 15), die unterschiedliche Umwuchten (7, 8) aufweisen, und die synchron und gegenläufig mittels des Antriebs angetrieben werden,
dadurch gekennzeichnet, dass,
- die Exzenterwellen (14, 15) mittels Keil- oder Zahnriemen (12, 13) synchronisiert sind;
- die radiale Verbindungslinie (17) der Exzenterwellen (14, 15) mit der großen Achse (19) der Schwingungsellipse (21) einen fest einstellbaren Winkel Alpha von 60° bis 90° einschließt
- und die Resultierende der Massenkräfte der Unwuchten (7, 8) so nahe am Massenschwerpunkt (16) der Siebmaschine angreift, dass das durch die Abweichung hervorgerufene Wippen der Siebmaschine deren Eigendämpfung nicht übersteigt."
V. Die Beschwerdeführerin brachte in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgende Argumente vor:
- Anspruch 1 sei gegenüber (D1) als nächstkommender Stand der Technik abgegrenzt; die neu in Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale seien die mechanische Wellensynchronisation und das klarstellende Merkmal bezüglich der Neigung des Siebrahmens im Verhältnis zur Eigendämpfung der Siebmaschine, welche Merkmale eindeutig ursprungsgedeckt seien;
- (D1) stehe dem Beanspruchten weder aus der Sicht der Neuheit noch der erfinderischen Tätigkeit entgegen, weil deren Exzenterwellen bewußt weit beabstandet seien, um deren Synchronlauf sicherzustellen, wohingegen das Beanspruchte auf eine mechanische Kopplung und nahe beabstandete Exzenterwellen gerichtet sei;
- nicht zielführend für den Fachmann sei auch der weitere Stand der Technik, der allenfalls das Einzelmerkmal der Zwangskoppelung der Exzenterwellen und die Veränderbarkeit der Schwingungsellipse lehre, nicht aber das vorgenannte Merkmal "Wippen und Eigendämpfung" der Siebmaschine.
VI. Die Beschwerdeführerin beantragt die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung;
- angepaßte Beschreibung, ebenfalls überreicht in der mündlichen Verhandlung;
- Zeichnungen gemäß Offenlegungsschrift EP-A2-0 823 291.
Entscheidungsgründe
1. Gemäß Tenor der den Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdeführerin abschließenden Entscheidung der Kammer vom 9. Oktober 2003 ist die Beschwerde zulässig.
2. Neuheit
Nächstkommender Stand der Technik ist (D1), die dem Fachmann das erste Kennzeichenmerkmal des Anspruchs 1 nicht lehrt, nämlich die Synchronisation der Exzenterwellen mittels Keil- oder Zahnriemen, so daß der Gegenstand des Anspruchs 1 allein deshalb neu ist, Artikel 54 EPÜ.
(D2) bis (D4) liegen weiter ab vom Beanspruchten und vermögen dem Beanspruchten die Neuheit ebenfalls nicht zu nehmen.
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1. Aus (D1) als dem nächstkommenden Stand der Technik ist eine Siebmaschine bekannt, bei der gemäß ihrer Spalte 4, Zeilen 68 bis 71, das Problem der Antriebssynchronisation dadurch gelöst wird, daß der Wellenabstand groß gemacht wird ("... the greater the spacing between the shafts, the greater the tendency of the shafts to synchronize.") Wie Figuren 1 und 4 der (D1) verdeutlichen, führt diese Wellenanordnung notwendigerweise zu großer Bauhöhe der Siebeinrichtung.
Über die Wippneigung der Siebmaschine im Verhältnis zu ihrer inhärenten Eigendämpfung sagt (D1) nichts aus.
3.2. Von (D1) ausgehend liegt der Erfindung die der EP-A2-0 823 291, Spalte 1, Zeile 54 bis Spalte 2, Zeile 2, entnehmbare Aufgabe zugrunde, einen Schwingungsantrieb (der eingangs genannten Art) so auszubilden, daß unter Einhaltung einer geringen Bauhöhe der Maschine verschiedene Schwingungsbilder eingestellt und die Schwingrichtung verändert werden kann, wobei insbesondere auch Betriebsgeräusche und Temperaturen vermindert werden.
3.3. Gelöst ist diese Aufgabe mit den Merkmalen des Anspruchs 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung, nämlich durch die Synchronisation der Exzenterwellen mittels Keil- oder Zahnriemen, ferner der Vorschrift des festen Winkels Alpha zwischen der radialen Verbindungslinie der Exzenterwellen mit der großen Achse der Schwingungsellipse von 60° bis 90° und schließlich durch das Merkmal, wonach die Resultierende der Massenkräfte der Unwuchten so nahe am Massenschwerpunkt der Siebmaschine angreift, daß das durch die Abweichung hervorgerufene Wippen der Siebmaschine deren Eigendämpfung nicht übersteigt.
3.4. Die Anspruchsmerkmale der mechanischen Synchronisation der Exzenterwellen und "Wippen/Eigendämpfung der Siebmaschine" sind dabei gegenüber der ursprünglichen Fassung des Anspruchs 1 hinzugekommen; sie stützen sich in nachvollziehbarer Weise auf den ursprünglichen Anspruch 3 (Synchronisation) und auf die Beschreibung Spalte 2, Zeilen 6 bis 11, so daß gegen vorliegende Anspruchsfassung in formaler Hinsicht nichts einzuwenden ist.
3.5. Mit der Merkmalskombination des Anspruchs 1 wird erreicht, daß die Exzenterwellen zwangssynchronisiert sind und sich im Zusammenspiel mit dem festen Winkel Alpha zwischen der Verbindungslinie "17" und der großen Achse "19" der Schwingungsellipse "21" und dem Angriffspunkt der Massenkräfte der Unwuchten "so nahe am Massenschwerpunkt (angreift), daß das Wippen der Siebmaschine deren Eigendämpfung nicht übersteigt" (Fettdruck zur Hervorhebung). Wie die EP-A2-0 823 291 in Spalte 2, Zeilen 35 bis 52, erhellt, entfällt damit ein Flattern des Antriebs, was gleichbedeutend ist mit den aufgabengemäßen Zielvorstellungen der Verminderung der "Betriebsgeräusche und Temperaturen".
3.6. Wie im obigen Abschnitt 3.1 bereits ausgeführt wurde, ist der bekannten Siebmaschine gemäß (D1) eine mechanische Synchronisation fremd, da dort das Problem der Wellensynchronisation anders gelöst wird, nämlich durch deutliche Beabstandung der Exzenterwellen, einer Maßnahme, die sich beim Anmeldungsgegenstand verbietet, da sie dem Aufgabenaspekt geringer Bauhöhe der Siebmaschine zuwiderläuft.
3.7. Der die beanspruchte Aufgabenlösung nicht kennende Fachmann, mußte sich zur Lösung der erfindungsgemäßen Aufgabe erst einmal von der der (D1) entnehmbaren Synchronisierungsmaßnahme lösen und eigene Wege gehen, nämlich auf die zwar aus (D2), vgl. Figur 2 Bezugszeichen "220", (D3), vgl. Figur 13 Bezugszeichen "49" und (D4), vgl. Figur 1 Zahnräder "57, 59" und Kupplungen "55", bekannte, mechanische Synchronisierung (mittels Keil- oder Zahnriemen) zurückgreifen, ohne daß sich die Lehre des Anspruchs 1 aber in dieser Maßnahme erschöpft, da neben dem "Winkelmerkmal" der Zuordnung der Ellipsenlage der Ortskurve, Überlegungen anzustellen waren, wo die Massenkräfte der Unwuchten angreifen.
3.8. Die beanspruchte Erfindung schreibt diesbezüglich vor, "so nahe am Massenschwerpunkt der Siebmaschine", daß das "Wippen der Siebmaschine deren Eigendämpfung nicht übersteigt".
Letztgenanntes Merkmal des Anspruchs 1 ist (D1) bis (D4) nicht entnehmbar oder von ihnen nahegelegt, es bedurfte nach Überzeugung der Kammer somit erfinderischen Zutuns, den Gegenstand des Anspruchs 1 zu schaffen, wobei es insgesamt irrelevant ist, daß das Synchronisieren von Exzenterwellen mittels Keil- oder Zahnriemen und das Verändern der Schwingungsellipse per se bekannt sind, weil Anspruch 1 ganz klar auf die Kombination seiner Merkmale abgestellt ist, die sich gegenseitig bedingen und wirkungsmäßig fördern, vgl. Orientierung der Schwingungsellipse und Kraftangriff der Massenkräfte der Unwuchten.
3.9. Obige Überlegungen zusammenfassend ergibt sich, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht und Anspruch 1 gewährbar ist.
3.10. Gleiches gilt für die abhängigen Ansprüche 2 bis 6, die auf vorteilhafte Weiterbildungen des Gegenstandes von Anspruch 1 gerichtet sind.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung;
- angepaßte Beschreibung Spalten 1 bis 4, ebenfalls überreicht in der mündlichen Verhandlung;
- Zeichnungen gemäß Offenlegungsschrift EP-A2-0 823 291.