T 0863/02 () of 23.3.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T086302.20040323
Datum der Entscheidung: 23 März 2004
Aktenzeichen: T 0863/02
Anmeldenummer: 97917229.3
IPC-Klasse: B60R 25/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Diebstahlsicherungseinrichtung für Kraftfahrzeuge sowie Verfahren zur Diebstahlsicherung
Name des Anmelders: ADAM OPEL AG
Name des Einsprechenden: Robert Bosch GmbH Abtlg. ZGE3 Lachenmeir
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0012/11

Sachverhalt und Anträge

I. Der von der Einsprechenden gegen das europäische Patent Nr. 0 879 160 eingelegte Einspruch, der auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ im Hinblick auf die Schriften

D8: DE-A-43 20 776

D10: DE-C-43 31 664

D11: DE-A-43 33 474

D12: EP-A-0 683 293

gestützt wurde, führte zum Widerruf des Patents mangels erfinderischer Tätigkeit des Gegenstandes seines Anspruchs 1 durch die am 11. Juni 2002 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 9. August 2002 Beschwerde eingelegt. Gleichzeitig wurde die Beschwerdebegründung eingereicht und die Beschwerdegebühr entrichtet.

III. Am 23. März 2004 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des Patentanspruchs 1 eingereicht am 12. Dezember 2001 und der Patentansprüche 2. bis 11 in der erteilten Fassung.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

IV. Die unabhängigen Patentansprüche 1 und 6 lauten wie folgt:

"1. Diebstahlsicherungseinrichtung für ein Kraftfahrzeug, enthaltend:

- einen mit einem Zündschlüssel (1) kombinierten Transponder (2) mit Sende- und Empfangsantenne(7) sowie mit Recheneinheit (10) und Speichereinheit(9),

- einen Immobilisator (3) mit Sende- und Empfangsantenne(8), welche im Bereich eines Zündschlosses(4) angeordnet ist, und

- ein mit dem Immobilisator (3) elektrisch verbundenes Motorsteuergerät (5) zur Beeinflussung der Funktion eines Verbrennungsmotors des Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit vom Nachweis einer Zugriffsberechtigung des Transponder-Inhabers,

dadurch gekennzeichnet, daß das Motorsteuergerät(5) selbst zur Überprüfung der Zugriffsberechtigung des Transponder-Inhabers ausgelegt ist und der Immobilisator (3) dem diesbezüglichen Datenaustausch zwischen Transponder (2) und Motorsteuergerät(5) dient, jedoch weder eine Motorfreigabe- oder Sperrinformation generiert noch an das Motorsteuergerät überträgt."

"6. Verfahren zur Diebstahlsicherung eines Kraftfahrzeuges, bei dem in Abhängigkeit vom Nachweis einer Zugriffsberechtigung der Betrieb eines Verbrennungsmotors des Kraftfahrzeugs beeinflusst wird, wobei die Zugriffsberechtigung durch Informationsaustausch zwischen einem personengebundenen Transponder(2) und einem Motorsteuergerät (5) unter Zwischenschaltung eines kraftfahrzeugseitigen Immobilisators(3) festgestellt wird, dadurch gekennzeichnet, dass

- eine Information vom Motorsteuergerät (5) zum Transponder (2) übertragen wird,

- im Transponder (2) ein Code aus gespeicherten Informationen und der Information des Motorsteuergerätes(5) berechnet wird,

- der berechnete Code zum Motorsteuergerät (5)übertragen wird,

- im Motorsteuergerät (5) ein Referenzcode aus gespeicherten Informationen und einer Information des Transponders (2) berechnet wird,

- der Code mit dem Referenzcode im Motorsteuergerät(5) verglichen wird und

- der Motorbetrieb bei Übereinstimmung von Code und Referenzcode freigegeben und bei mangelnder Übereinstimmung gesperrt wird. "

V. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Die Einspruchsabteilung habe die D12 beim Vergleich mit Anspruch 1 völlig anders gewürdigt als beim Vergleich mit Anspruch 6. Die D12 sehe vor, daß die Überprüfung der Zugriffsberechtigung eines Transponder-Inhabers nach einem Datenaustausch zwischen einem dort als Lesegerät 2 bezeichneten Immobilisator und dem Transponder stattfindet. Das Motorsteuergerät sei an der Überprüfung der Zugriffsberechtigung gerade nicht beteiligt. Die Textstelle in der Spalte 3, Zeilen 49 bis 52 der D12 könne nicht bedeuten, daß das Lesegerät völlig entfalle und seine Funktion als Ganzes vom Motorsteuergerät übernommen werde. Nach der Lehre der D12 müsse das Lesegerät ein freischaltendes Ausgangssignal AS für die angeschlossenen Steuergeräte generieren (Spalte 5, Zeilen 40 bis 47). Diese Freigabeinformation AS könne abgehört und manipuliert werden.

Der von der Beschwerdegegnerin zitierte übrige Stand der Technik lege nicht die patentgemäße Umgehung dieses Nachteils nahe.

VI. Die Beschwerdegegnerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Sowohl der Gegenstand des Anspruchs 1 als auch das Verfahren nach dem Anspruch 6 beruhten nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus der D10 sei bereits bekannt, das Motorsteuergerät selbst zur Überprüfung der Zugriffsberechtigung eines Transponder-Inhabers auszulegen (Spalte 2, Zeile 27 bis 35; Spalte 4, Zeilen 37 bis 48). Als einziger Unterschied zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 und demjenigen der D10 verbleibe das Merkmal, daß es sich bei dem auf der Spalte 2, Zeile 18 der D10 erwähnten Codegeber 7 um einen Transponder mit Sende- und Empfangsantenne handele, der mit einem Zündschlüssel kombiniert sei, wobei das als Immobilisator im Sinne des Anspruchs zu betrachtende Empfangsgerät 3 ebenfalls eine Sende- und Empfangsantenne aufweisen müsse. Die D10 weise jedoch auf die Möglichkeit einer bidirektionalen Ausführung des Codegebers hin (Spalte 2, Zeile 21). Eine Codeübertragung mittels Sende- und Empfangsantenne in einem mit einem Zündschlüssel verbundenen Transponder sei bereits aus der Diebstahlsicherungseinrichtung nach der D11 bekannt (Spalte 2, Zeilen 18 bis 25). Durch die naheliegende Kombination der D10 mit der D11 gelange der Fachmann in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1.

Die D11 lege aber auch aus sich alleine heraus den Gegenstand des Anspruchs 1 nahe. Diese Schrift beschreibe eine Diebstahlsicherungseinrichtung mit einer Prüfeinheit P mit Sende- und Empfangsantenne E, welche im Bereich eines Zündschlosses angeordnet ist (Spalte 2, Zeilen 18 bis 28 und Figur 1). Diese kommuniziere mit einem mit dem Zündschlüssel verbundenen Transponder, der auch mit Sende- und Empfangsantenne sowie mit Recheneinheit und Speichereinheit ausgestattet werden könne (Spalte 5, Zeilen 40 bis 46). Darüber hinaus schlage die D11 vor, die Prüfeinheit P im Steuergerät unterzubringen und dazu sogar vorhandene Bauelemente des Motorsteuergerätes zu verwenden (Spalte 5, Zeilen 2 bis 8, Spalte 1, Zeilen 59 bis 62 und gestrichelte Linie in der Figur 2). Ein solches Steuergerät P/S1, zum Beispiel das Motorsteuergerät selbst, sei somit zur Überprüfung der Zugriffsberechtigung des Transponder-Inhabers ausgelegt. Die Sende- und Empfangseinheit E der Prüfeinheit P könne dann als "Immobilisator" im Sinne des Anspruchs 1 ausgelegt werden, denn sie diene nur dem Datenaustausch zwischen Transponder und Steuergerät.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ergebe sich auch in naheliegender Weise aus der Zusammenschau der D12 mit der D11 oder der D12 mit der D8. Unter Berücksichtigung des Hinweises in der Spalte 3, Zeilen 49 bis 52 der D12 bildeten Lesegerät und Motorsteuergerät eine gegenständliche Identität. Die Antennenanordnung des Lesegeräts, welche, wie bei der D11 oder der D8, in den Bereich des Zündschlosses zwischen Transponder und Motorgerät angeordnet werden könne, sei als Immobilisator im Sinne des Anspruchs auszulegen, wobei der Transponders, wie bei der D11 oder D8 mit dem Zündschüssel kombiniert werden könne.

Auch der Gegenstand des unabhängigen Verfahrensanspruchs 6. ergebe sich in naheliegender Weise aus der D12 für sich alleine betrachtet oder aus der Kombination der D12 mit der D10 bzw. der D12 mit der D8. Mit der Ausnahme, daß die Zugriffsberechtigung unter Zwischenschaltung eines kraftfahrzeugseitigen Immobilisators im Motorsteuergerät statt im Lesegerät stattfinde, seien sämtliche Verfahrensschritte des Verfahrensanspruchs 6 aus der D12 bekannt. Der Fachmann erhalte jedoch aus dem Hinweis in der Spalte 3, Zeilen 49 bis 52 der D12 die Anregung, das Lesegerät und das Motorsteuergerät innerhalb eines einzigen Gehäuses und sogar auf derselben Platine aufzubauen. Infolgedessen fänden alle im Lesegerät der D12 erwähnten Verfahrensschritte im Motorsteuergerät statt. Die Antennenanordnung des im Motorsteuergerät integrierten Lesegeräts, welche zwangläufig zwischen Transponder und Motorgerät liegen müsse, könne als "Immobilisator" im Sinne des Anspruchs ausgelegt werden, was den Gegenstand des Anspruchs 6 ergebe. Zusätzlich dazu gehe die Zwischenschaltung eines Immobilisators zwischen Transponder und Motorsteuergerät auch aus der D10 (Spalte 2, Zeilen 21 bis 27) oder der D8 (Zusammenfassung) hervor.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Zulässigkeit der Änderungen

Der geänderte Anspruch 1 enthält sämtliche Merkmale des erteilten Anspruchs 1. Zum kennzeichnenden Teil des Anspruchs in der erteilten Fassung wonach der Immobilisator keine Motorfreigabe- oder Sperrinformation generiert, wurde die Angabe hinzugefügt, daß der Immobilisator auch keine Motorfreigabe- oder Sperrinformation an das Motorsteuergerät überträgt.

Die Grundlage für diese einschränkende Angabe bildet die Textstelle auf Seite 10, Zeilen 13 bis 14 der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen. Der Anspruch wurde durch diese Hinzufügung lediglich weiter eingeschränkt, so daß er die Anforderungen des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ erfüllt.

3. Auslegung der Ansprüche

3.1. Im Oberbegriff des Anspruchs 1 sind die drei Hauptkomponenten erwähnt, die die erfindungsgemäße Diebstahlsicherungseinrichtung bilden, nämlich Transponder, Immobilisator und Motorsteuergerät. Die Begriffe "Transponder" und "Motorsteuergerät" sind für den auf dem einschlägigen Gebiet tätigen Fachmann hinreichend technisch definiert. Mit der Ausnahme der D8 ist der Begriff "Immobilisator" in den von der Beschwerdegegnerin herangeführten Entgegenhaltungen nicht zu finden, obwohl im Laufe des Verfahrens vor der Kammer dieser Begriff in Verbindung mit unterschiedlichen Teilen der Diebstahlsicherungseinrichtungen dieser Entgegenhaltungen angewendet wurde. Es erweist sich daher als zweckdienlich, diesen nicht immer technisch eindeutig zugeordneten bzw. zuordenbaren Begriff auszulegen.

Soweit die Definition und Auslegung eines spezifischen technischen Begriffs für einen Fachmann auf dem einschlägigen Gebiet nicht eindeutig ist, soll nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern das Patent, das ein rechtbegründetes Dokument darstellt, bei der Definition und Auslegung dieses Begriffs als sein eigenes Wörterbuch betrachtet werden.

In der Spalte 1, Zeilen 15 bis 23 der Patentschrift wird auf die D8, eine Anmeldung der Patentinhaberin, hingewiesen und präzisiert, daß der aus dieser Schrift bekannte "Immobilisator" zuerst die Zugriffberechtigung des Transponder-Identifikationscodes überprüft, bevor er einen Frequenzcode an das Motorsteuergerät sendet. In der D8 wird dieser Begriff tatsächlich verwendet. Der darin beschriebene Immobilisator 14 ist ein Gerät, das als separates Gebilde dargestellt ist (D8: Spalte 2, Zeile 34, Figuren 1-2). Es führt auch die in der Patentschrift zuvor erwähnte Funktion durch.

Laut Absatz [0012] der Patentschrift ist "die Funktion des erfindungsgemäßen Immobilisators gegenüber bekannten Diebstahlsicherungseinrichtungen wesentlich verändert worden. Er hat ausschließlich die Aufgabe, die Verbindung zwischen Transponder und Motorsteuergerät in der Phase der Initialisierung herzustellen und damit den Datenaustausch zwischen diesen Geräten zu ermöglichen".

Zum Zwecke des Datenaustausches enthält der Immobilisator in Übereinstimmung mit den Angaben des Anspruchs 1 zumindest eine Sende- und Empfangsantenne, welche im Bereich des Zündschlosses angeordnet ist. Gemäß dem Ausführungsbeispiel der Patentschrift ist die Aufgabe gelöst, indem der Immobilisator 3 eine erste Überprüfung bzw. Identifikation durchführt, bevor er auf Durchgang schaltet und als bidirektionaler Datenträger fungiert. Auch hier ist der Immobilisator 3 als ein separates Gebilde dargestellt, das über eine Recheneinheit 12, einen Speicher 11 und einen Umschalter 15. verfügt, um die Verbindung bei der Initialisierung herzustellen (vgl. Figur, Spalte 3, Zeilen 35 bis 38; Spalte 4, Zeilen 39 bis 50 und Spalte 5, Zeilen 55 bis 56. der Patentschrift). Die "Herstellung der Verbindung zwischen Transponder und Motorsteuergerät in der Phase der Initialisierung" (durch Erkennung bzw. Identifikation eines zulässigen Transponders) ist daher auch implizit mit dem Begriff "Immobilisator" einzubeziehen.

3.2. Nach dem Wortlaut des Verfahrensanspruchs 6 werden bestimmte Verfahrensschritte des erfindungsgemäßen Verfahrens ("eine Information vom Motorsteuergerät ...wird zum Transponder übertragen"; "im Motorsteuergerät wird ein Referenzcode aus gespeicherten Informationen ... berechnet") in dem Motorsteuergerät durchgeführt. Auch nach den Angaben des Anspruchs 1 werden bestimmte Funktionen ("das Motorsteuergerät selbst zur Überprüfung ... und der Immobilisator dem diesbezüglichen Datenaustausch zwischen Transponder und Motorsteuergerät dient") vom Motorsteuergerät erfüllt.

Diese Angaben sind anhand der Patentbeschreibung auszulegen. Gemäß Spalte 5, Zeilen 18 bis 35 der Patentschrift arbeitet der Immobilisator nach der Initialisierung ausschließlich als Durchgangsstation. Die an den Transponder übertragenen Dateien (Zufallsinformation) werden im Prozessor vom Motorsteuergerät generiert und der Referenzcode wird aus im Speicher des Motorsteuergeräts gespeicherten Informationen berechnet. Dies bedeutet, daß übliche Komponenten des Motorsteuergeräts unmittelbar in die angegebenen Verfahrenschritte, bzw. in die Erfüllung der angegebenen Funktionen, involviert werden.

Die Verwendung von vorhandenen Bauelementen des Motorsteuergerätes führt zu einer besonders einfache Ausbildung der Diebstahlsicherungseinrichtung (Spalte 6, Zeilen 1 bis 3). Durch den direkten Datenaustausch zwischen Transponder und Motorsteuergerät wird erreicht, daß die Abhörsicherheit erhöht wird und daß Manipulationen und Eingriffsmöglichkeiten an der Einrichtung erschwert werden.

4. Neuheit und erfinderische Tätigkeit

4.1. Die D12 beschreibt eine Diebstahlsicherungseinrichtung für ein Kraftfahrzeug bestehend aus der Kombination eines elektronischen Schlüssel (Transponder 1) und einem elektronischen Schloß (Lesegerät 2). Der Transponder enthält eine Sende- und Empfangsantenne 11 sowie eine Recheneinheit 12 und eine Speichereinheit 13. Es hat zwischen den Parteien Einigkeit darüber bestanden, daß das Lesegerät mit Sende- und Empfangsantenne 21 mit dem Immobilisator im Sinne der Ansprüche zu vergleichen ist. Mit dem Lesegerät sind Steuergeräte elektrisch verbunden.

Die Überprüfung der Zugriffsberechtigung des Transponder- Inhabers erfolgt im Lesegerät nach einem Datenaustausch zwischen Transponder und Lesegerät. Nach der erfolgreichen Authentifizierung sendet das Lesegerät eine Freigabeinformation AS an die mit dem Lesegerät über Kommunikationsleitungen verbundenen Steuergeräte, damit sie freigeschaltet werden (D12: Oberbegriff des Anspruchs 1; Spalte 3, Zeilen 35 bis 40; Spalte 5, Zeilen 43 bis 47). Die vorliegenden Ansprüche 1 und 6 verlangen dagegen, daß der Datenaustausch zwischen Transponder und Motorsteuergerät unter Zwischenschaltung eines Immobilisators stattfindet.

Die Einrichtung nach der D12 zeichnet sich durch eine relativ große Reichweite aus (Spalte 4, Zeilen 5 bis 6). Die Aktivierung des Lesegeräts kann zum Beispiel durch Betätigung des Türgriffs erfolgen (Spalte 4, Zeilen 41 bis 43). Dadurch ist dem Fachmann eine große Freiheit bei der Anordnung des Lesegeräts im Fahrzeug gewährt. Für eine Anordnung des Lesegeräts im Bereich des Zündschlosses besteht überhaupt keine Veranlassung. Der Transponder braucht nicht mit einem Zündschlüssel kombiniert zu werden. Auf einen Zündschlüssel kann sogar verzichtet werden.

Der von der Beschwerdegegnerin herangezogene Hinweis auf Spalte 3, Zeilen 49 bis 52 der D12 impliziert nicht, daß das Lesegerät kein Freigabesignal AS mehr generiert. Käme es trotzdem, wie von der Beschwerdegegnerin unter Heranziehung der Spalte 5, Zeilen 2 bis 8 der D11 behauptet wurde, zu einem gemeinsamen Aufbau des Steuergerätes und des Lesegerätes auf derselben Platine innerhalb eines einzigen Gehäuses, dann würde eine solche Einrichtung aber keinen Immobilisator aufweisen. Wegen der vorteilhaften Abhörsicherheit und der großen Reichweite zwischen Transponder und dem vermeintlich gemeinsamen Gerät ist kein Anlaß, die Zwischenschaltung eines Immobilisators vorzunehmen. Die Sende- und Empfangsantenne 21 als separates Gebilde aus dem Lesegerät herauszunehmen und sie als Immobilisator im Sinne der Ansprüche zu betrachten, verkennt die Bedeutung des Immobilisators und entstammt einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise.

4.2. Die D11 beschreibt eine Diebstahlsicherungseinrichtung für ein Kraftfahrzeug bestehend aus der Kombination eines oder mehrerer Transponder G1-G3, einer Prüfeinheit P und mehrerer Steuergeräte Si,Fj. Die Transponder sind mit einem Zündschlüssel kombiniert und können eine Sende- und Empfangsantenne sowie eine Recheneinheit und eine Speichereinheit enthalten (Spalte 2, Zeile 66 bis Spalte 3, Zeile 9 und Anspruch 4). Es hat zwischen den Parteien Einigkeit darüber bestanden, daß die Prüfeinheit P mit ihrer Sende- und Empfangsantenne E mit dem Immobilisator im Sinne der Ansprüche zu vergleichen ist. Diese Prüfeinheit ist im Bereich des Zündschlosses angeordnet (Spalte 2, Zeilen 11 bis 17. und Figur 1). Mit der Prüfeinheit sind die Steuergeräte über eine BUS Datenleitung elektrisch verbunden.

Der D11 liegt die Aufgabe zugrunde, eine Wegfahrsperre zu schaffen, die höchste Sicherheit vor unbefugtem Benutzen eines Kraftfahrzeugs - selbst bei Austausch von Steuergeräten - bietet, wobei die Verfügbarkeit des Kraftfahrzeugs auch beim Ausfall eines nicht zum Betrieb notwendigen Steuergeräts gewährleistet sein soll (Spalte 1, Zeilen 21 bis 25).

Dieses Problem wird gelöst, indem die Steuergeräte jeweils einen Kennungscode aufweisen, der bei Aufforderung über die BUS Datenleitung an die Prüfeinheit P geschickt und dort mit einem Sollcode verglichen wird. Diese Codes können auch sogenannte Wechselcodes sein (Spalte 5, Zeilen 38 bis 52). Falls nicht mindestens eine vorgegebene Anzahl von Steuergeräten mit ihrem Kennungscode antwortet, werden die Steuergeräte von der Prüfeinheit nicht freigegeben und verbleiben in einem inaktiven Zustand, so daß das Kraftfahrzeug nicht gestartet oder gefahren werden kann (Anspruch 1; Spalte 3, Zeilen 19 bis 24)).

Die Überprüfung der Zugriffsberechtigung des Transponder- Inhabers erfolgt in der Prüfeinheit nach einem Datenaustausch zwischen Transponder G und Prüfeinheit P und nicht, wie bei den vorliegenden Ansprüchen 1 und 6, zwischen Transponder und Motorsteuergerät über einen Immobilisator.

Auf der Grundlage der Angaben in der D11 (Spalte 5, Zeilen 2 bis 8; Spalte 1, Zeile 46; gestrichelte Linie in der Figur 2), wonach die Prüfeinheit im Steuergerät untergebracht werden und sogar vorhandene Bauelemente des Motorsteuergerätes verwenden kann, hat die Beschwerdegegnerin die Behauptung aufgestellt, daß die Prüfeinheit P/S1 als "Motorsteuergerät" und die Sende- und Empfangseinheit E der Prüfeinheit als "Immobilisator" im Sinne der Ansprüche ausgelegt werden könnten.

Diese Auslegung verkennt, daß die Sende- und Empfangsantenne E nicht in der Lage ist, als unabhängige Einheit die Verbindung zwischen Transponder und Motorsteuergerät in der Phase der Initialisierung herzustellen. Diese Funktion wird bei der D11 von der Prüfeinheit P bzw. P/S1 übernommen. Nach wie vor muß als Immobilisator im Sinne des Anspruchs 1 das gemeinsame Lese- und Steuergerät angesehen werden.

Auch bei einer gemeinsamen Unterbringung der Prüf- und Steuergeräte besteht eine manipulierbare Schnittstelle zwischen einem solchen Gerät und den übrigen Steuergeräten, weil es gemäß Grundgedanken der D11 unerläßlich ist, daß die Prüfeinheit als getrennte Dateneinheit existiert, um das an die übrigen Steuergeräte zu übertragende Freigabesignal zu generieren, bzw. die jeweiligen Kennungscodes von diesen Steuergeräten zu empfangen.

Im Hinblick auf den unabhängigen Anspruch 6 offenbart die D11 nicht das Konzept, die Berechnung der kryptologisch ermittelten Codes bzw. Referenzcodes jeweils im Transponder bzw. im Motorsteuergerät stattfinden zu lassen. Auch in Kombination mit der D12, kann sie somit nicht zum Gegenstand dieses Anspruchs führen, weil diese Schriften die Zwischenschaltung einer Prüfeinheit zur Generierung eines Freigabesignals an die Steuergeräte und zur Ermöglichung des Austausches der Kennungscode mit diesen, bzw. die Zwischenschaltung eines Lesegeräts für die Ausgabe des Freigabesignals verlangen. Die Zwischenschaltung eines Immobilisators im Sinne des Anspruchs 6 wird von keiner dieser Schriften nahegelegt.

Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 6 ergibt sich somit nicht in naheliegender Weise aus der Zusammenschau der D12 mit der D11.

4.3. Die D8 offenbart das Konzept eines Umschalters 15 in einem als sogenannten Immobilisator bezeichneten Steuergerät 14. Durch einen solchen Umschalter wird eine Schnittstelle zum Motorsteuergerät eingespart.

Bei fahrendem Fahrzeug ist das Motorsteuergerät 11 über den Umschalter mit einem Wegstreckensignalgeber 10 verbunden, der fahrspezifischen Daten für die Steuerung von wichtigen Motorfunktionen, wie z. B. Kraftstoffeinspritzung, zum Motorsteuergerät 11 überträgt (Spalte 2, Zeilen 25 bis 35).

Bei einem Startvorgang mit Einstecken und Betätigen des mit dem Transponder 21 bestückenden Zündschlüssels wird ein im Transponder abgelegter unveränderlicher Identifikationscode zum Steuergerät übermittelt und überprüft (Spalte 2, Zeilen 46 bis 55). Wird der Identifikationscode als richtig erkannt, so wird die Wegstreckenverbindung 12 durch den Umschalter 15 unterbrochen und der Immobilisator sendet einen im Steuergerät 14 eingespeicherten Frequenzcode 16 zum Motorsteuergerät. Der Frequenzcode wird vom Motorsteuergerät 11 über den vorher entsprechend durch den Umschalter 15 umgeschalteten Eingang 13 des Wegstreckensignals eingelesen und ausgewertet. Hierbei wird der im Motorsteuergerät 11 gespeicherte Code mit dem gesendeten Frequenzcode 16 verglichen. Wenn der Frequenzcode 16 als richtig erkannt wird, d. h. gesendeter Frequenzcode 16 und gespeicherter Code stimmen überein, gibt das Motorsteuergerät 11 die entsprechenden Motorfunktionen frei (Spalte 3, Zeilen 3 bis 17).

Es findet kein Datenaustausch zwischen Transponder und Motorsteuergerät statt. Der in dem Immobilisator 14 gespeicherte und von ihm zum Motorsteuergerät gesendete Frequenzcode 16 ist eine konstante abhörbare Datei. Sie wird mit einem Code verglichen, der ebenfalls zum Beispiel in einem Decoder des Motorsteuergeräts als konstante Datei gespeichert ist. Die D8 kann daher bei der Weiterentwicklung der Diebstahlsicherungseinrichtung nach der D12 oder der D11 und ihr diesbezügliches Verfahren nicht behilflich sein. Da der Immobilisator 14 nach der D8 es nicht erlaubt, Daten zwischen dem Transponder und dem Motorsteuergerät 11 auszutauschen, kann auch eine Kombination der D8 mit der D11 oder mit der D12 nicht zum Gegenstand der Ansprüche 1 bzw. 6 führen.

4.4. Die D10 beschreibt eine Diebstahlsicherungseinrichtung für ein Kraftfahrzeug bestehend aus der Kombination eines Codegebers 7, eines Empfangsteuergeräts 3 und mehrerer Steuergeräte 1,1'.

Als Codegeber werden beispielsweise Magnetkarten oder IR- Sender zitiert (Spalte 2, Zeile 20). Derartige Codegeber besitzen keine Rechen- bzw. Speichereinheit. Das Empfangsteuergerät, das als Immobilisator im Sinne der Ansprüche ausgelegt werden könnte, dient nur zum Empfang und zur Übermittlung des Codes an die Steuergeräte (Spalte 2, Zeilen 21 bis 32). Es findet kein Datenaustausch zwischen Codegeber und Motorsteuergerät statt, wie von den vorliegenden Ansprüchen 1 und 6 verlangt.

Der D10 liegt die Aufgabe zugrunde, eine Substitution der Steuergeräte zum Zwecke einer Fehlersuche zu ermöglichen (Spalte 1 Zeilen 48 bis 51).

Diese Aufgabe wird gelöst, indem die Steuergeräte auch freigegeben werden, wenn wenigsten eine von mehreren hintereinander zurückliegenden Codeprüfungen als gültig festgestellt wird, obwohl zum Beispiel der aktuell übertragene Code nicht gültig ist. Die Codeüberprüfungen werden in einem Decoder 4 des Steuergeräts durch einen Vergleich des empfangenen Codes mit einem im Decoder abgespeicherten Festcode durchgeführt. Das Ergebnis der Codeüberprüfungen wird im einem als Schieberegister mit mehreren Speicherplätzen ausgebildeten Speicher des Steuergeräts festgehalten und die Inhalte der Speicherplätze werden einer Oder-Verknüpfung unterzogen (Anspruch 1; Spalte 2, Zeile 33 bis Spalte 3, Zeile 13). Die Elemente der Codeüberprüfung und Codeverarbeitung sind im Steuergerät untergebracht (Spalte 4, Zeilen 37 bis 48).

Eine Ausstattung des Empfangsteuergerätes mit einer Sende- und Empfangsantenne, um nach dem Vorbild der D11 mit einem ebenfalls mit Sende- und Empfangsantenne ausgestatteten und im Bereich des Zündschlosses angeordneten Transponder kommunizieren zu können, wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, würde auch nicht zu einer Diebstahlsicherungseinrichtung gemäß Anspruch 1 mit einem Datenaustausch zwischen Transponder und Motorsteuergerät führen. In beiden Schriften D10,D11 werden aus dortigen erfindungswesentlichen Gründen Daten zwischen den Steuergeräten über eine Busleitung ausgetauscht (D8: Übertragungsleitung 2, in den Ansprüchen 1 und 2 erwähnt; D10: bereits zuvor genannte BUS Leitung). Dies spricht für die Beibehaltung des Empfangsgerätes 3, bzw. der Prüfeinheit P, zur Überprüfung der Zugriffsberechtigung des Transponder- Inhabers. Als weitere Abweichung vom Patentgegenstand kann noch festgestellt werden, daß der konzeptionelle Aufbau der Decoder in den Steuergeräten 1,1' der Diebstahlsicherungseinrichtung nach der D10 auf einen einseitig gerichteten Datenfluß mit Festcodes abgestimmt ist.

Darüber hinaus beziehen sich beide Entgegenhaltungen auf eine aus Servicegründen begründete Verwässerung des Sicherheitskonzepts der Wegfahrsperre. Eine Kombination dieser Schriften würde die Sicherheit so weit abschwächen, daß sie für einen Fachmann nicht in Betracht käme.

4.5. Aus dem Vorstehenden folgt, daß das Konzept eines bidirektionalen Datenaustauschs zwischen Transponder und Motorsteuergerät unter Zwischenschaltung eines Immobilisators gemäß den Angaben des Anspruchs 1 oder des Anspruchs 6 aus keiner der erwähnten Entgegenhaltungen zu entnehmen ist (Artikel 54 EPÜ) oder nach dem Stand der Technik nahegelegt ist (Artikel 56 EPÜ).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Anspruch 1 eingereicht am 12. Dezember 2001

Ansprüche 2 bis 11 wie erteilt

Beschreibung und Zeichnung wie erteilt

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