European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T086202.20031106 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 06 November 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0862/02 | ||||||||
Anmeldenummer: | 88101523.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | E06B 3/30 E06B 7/23 E06B 1/70 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Wetterschutzschiene | ||||||||
Name des Anmelders: | Hoogovens Aluminium Profiltechnik GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | I) Hermann Gutmann Werke GmbH III) Josef Wick & Söhne Wick Gesellschaft m.b.H. |
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Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (verneint) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. In der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2002 hat die Einspruchsabteilung das europäische Patent Nr. 0 280 081 widerrufen; die schriftliche Entscheidung erging am 14. Juni 2002.
II. Der vorgenannter Entscheidung gemäß Hauptantrag zugrundeliegende Anspruch 1 hat nachfolgenden Wortlaut (Bezugszeichen "30" richtiggestellt in "30'"):
"1. Tür- und Fensterrahmen (1) mit einer Wetterschutzschiene (11, 21), die auf einer am Fensterrahmen (1) oder am Türrahmen angearbeitete Auflage (5) aufgesetzt ist, und die einen im wesentlichen rechtwinklig zur Auflage (5) abstehenden Steg (19, 30') aufweist, an dem im geschlossenen Zustand des Fensterrahmens (1) eine an diesem angebrachte Dichtung (4) anliegt, dadurch gekennzeichnet, daß die Wetterschutzschiene (11, 21) aus zwei Profilteilen (12, 13, 22, 23) zusammengesetzt ist, die vertikal über der Auflage (5) auf dem Fenster- oder Türrahmen (1) miteinander verrastet und die im montierten Zustand fest miteinander verbunden sind, von denen das auf der Außenseite des Fensters bzw. der Tür angeordnete Profilteil (12; 22) aus einem metallischen Werkstoff und das auf der Innenseite angeordnete Profilteil (13; 23) aus einem Isolierwerkstoff hergestellt ist, daß das Profilteil (22) aus metallischem Werkstoff mit einem Auflageflansch (28) versehen ist und daß zur Arretierung der beiden Profilteile (12, 13, 22, 23) miteinander das Profilteil (12, 22) aus metallischem Werkstoff mit einer parallel zur Auflage (5) verlaufenden Aufnahmeöffnung (14, 24) und das andere Profilteil (13, 23) aus Isolierwerkstoff mit einem angeformten Ansatz (15, 25) versehen ist, der der Aufnahmeöffnung (14, 24) angepaßt und in dieser mittels Rastvorsprüngen (16), Hinterschneidungen (17) oder Verzahnungen (26, 27) arretiert ist."
Anspruch 1 des Hilfsantrages ist inhaltsgleich mit dem des Hauptantrages und lediglich einteilig abgefaßt.
III. Gegen vorgenannte Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Patentinhaberin - nachfolgend Beschwerdeführerin - am 9. August 2002 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 11. Oktober 2002 begründet.
IV. Nach vorbereitender Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) VOBK, in der diese vorläufig zu den Druckschriften
(D1) DE-U-8 000 834
(D2) DE-A-3 347 050
(D3) DE-U-7 804 195
(D4) DE-A-3 117 139 und
(D5) DE-A-1 509 442
Stellung nahm, fand am 6. November 2003 eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt und zwar auf der Basis des in Abschnitt II zitierten Anspruchs 1.
V. Die Beschwerdeführerin und die Einsprechende I - nachfolgend Beschwerdegegnerin I - brachten zur Frage des Vorliegens/Nichtvorliegens erfinderischer Tätigkeit im wesentlichen folgende Argumente vor:
a) Beschwerdeführerin
- (D5) als Ausgangspunkt der Erfindung zeige eine Wetterschutzschiene, die einteilig sei und darüberhinaus eine Ablaufleiste umfasse, die den Rahmen (Fenster/Tür) stirnseitig schütze;
- das Kunststoffprofil "2" der (D5) liege nur auf dem waagerecht dargestellten Rahmenteil "1" auf und umfasse nicht den rechts davon dargestellten abgestuften und schrägen Bereich des Rahmens, so daß bei (D5) die Verrastung von Kunststoffprofil und Ablaufleiste nicht über der Auflage vorgesehen sei;
- das Kunststoffprofil schlage zudem gemäß (D5) ohne Dichtung am Fenster/Türflügel an und eine thermische Trennung der verrasteten Teile liege nicht vor, wenn ja, dann aber außerhalb des Falzbereiches;
- (D5) zeige einen einseitig (nach rechts) offenen Falzbereich, so daß eine thermische Trennung, wenn überhaupt, viel zu weit außen liege und demzufolge nicht übermäßig wirksam sei; aus Herstellungsgründen erstrecke sich, im Gegensatz zum Dargestellten, in (D5) der Auflagebereich nicht über die gesamte Breite des Fenster/Türrahmens, sondern nur über einen Teilbereich des Rahmens;
- (D5) könne zusammenfassend den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht patenthindernd nahelegen.
b) Beschwerdegegnerin
- gemäß Anspruch 1 der (D5) sei der Wetterschenkel - wie beansprucht - zweiteilig ausgebildet, so daß insoweit kein Unterschied zum Gegenstand des angegriffenen Anspruchs 1 bestehe; bei Verwendung von Isolierwerkstoffen/Kunststoffen seien diese, wie allgemein bekannt, UV-beständig auszubilden;
- bei anerkannter Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 fehle es diesem an erfinderischer Tätigkeit, da die Unterschiedsmerkmale von Anspruch 1 und (D5) nur darin lägen, zwischen Flügel von Fenster/Tür und dem Kunststoffprofil eine Dichtung vorzusehen und die baulichen Elemente von Gabel und in sie eingreifender Zunge materialseitig zu vertauschen, dergestalt daß die aus (D5) bekannte Gabel aus Kunststoff aus Metall hergestellt werde und die Zunge aus dem jeweils anderen Material bestehe; diese Überschußmerkmale könnten den Gegenstand des Anspruchs 1 insgesamt nicht erfinderisch machen, zumal weitere Merkmale des Anspruchs 1 aus (D5) herleitbar wären, wie die Verrastung im Auflagebereich und der rechtwinklig zur Auflage abstehende Steg.
VI. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag oder Hilfsantrag.
VII. Die Beschwerdegegnerin I beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
VIII. Von der Einsprechenden III (Beschwerdegegnerin II), die im Beschwerdeverfahren inaktiv war, liegt kein Antrag vor.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Neuheit
2.1. Wie schon in der Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) VOBK den Parteien mitgeteilt und in der mündlichen Verhandlung von beiden Parteien bestätigt, ist die Neuheit des Gegenstandes von Anspruch 1 nach Haupt- wie nach Hilfsantrag gegeben und bedarf damit keiner ins Detail gehenden Erörterung. Da der Anspruch 1 gemäß Haupt/Hilfsantrag sich sachlich nicht unterscheidet - zweiteilige bzw. einteilige Anspruchsfassung - können beide Anträge nachfolgend gemeinsam behandelt werden.
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1. Nächstkommender Stand der Technik ist in Übereinstimmung mit den Parteien (D5). Zunächst ist dabei darauf einzugehen, ob deren Wetterschutzschiene einteilig (gemäß Beschwerdeführerin) oder zweiteilig ausgebildet ist (gemäß Beschwerdegegnerin).
Anspruch 1 von (D5) muß mit seinem wörtlichen Verweis auf "unterteilt ist" (vgl. Zeilen 5/6) vom Fachmann und der Kammer so interpretiert werden, daß ein "Wetterschenkel" (das ist für den Fachmann ein eindeutiges Synonym zu der beanspruchten "Wetterschutzschiene") zweiteilig ausgebildet ist, dergestalt, daß die eine Schiene Bezugszeichen "2" in (D5), aus Isolierstoff/Kunststoff und daß die andere z. B. aus Metall ausgebildet ist, Bezugszeichen "4" in (D5).
3.2. Von wesentlicher Bedeutung für die Beurteilung des Gegenstandes von Anspruch 1 ist die Klärung der Frage, was gemäß (D5) als Auflage zu verstehen ist. Die Kammer sieht in Übereinstimmung mit der Beschwerdegegnerin gemäß (D5) die Auflage nicht nur durch den waagerecht dargestellten Bereich des Rahmens "1" gegeben, sondern wie textlich (D5) belegt - vgl. Seite 4, Zeilen 6/5 v. u. - liegt eine Auflage auch im gemäß Figur 1 rechten Bereich des Rahmens "1" vor, nämlich im Bereich der Bezugszeichen "6" und "16", so daß das gegenteilige, auf Herstellungstoleranzen basierende Argument der Beschwerdeführerin nicht zu überzeugen vermag.
3.3. Nach Definition der "Mehrteiligkeit" und der "Auflage" beim Gegenstand der (D5) ergibt sich, daß es vorbekannt ist, zwei Profile aus unterschiedlichen Materialien - also thermische Trennung - im Auflagebereich zu verrasten und weiterhin senkrecht zur Auflage einen Steg am Kunststoffprofil "2" vorzusehen, vgl. Figur 1 der (D5) und deren Schraube bzw. Gabel/Zungenverrastung zwischen den Bauteilen "2,4" bzw. die drei senkrecht von der Auflage abstehenden Stege des Profils "2".
3.4. Was demnach bei (D5) nicht verwirklicht ist, ist eine Dichtung zwischen dem Flügel "14" und einem der drei abstehenden, vorstehend erwähnten Stege, sowie die Zuordnung der Funktion der Gabel zum Metallprofil und der Funktion der Zunge zum Isolierstoffprofil, was erkennbar nur eine Vertauschung der vorbekannten Zuordnung ist, an der Verrastung selbst aber nichts ändert.
3.5. Die Einschaltung einer Dichtung ist erkennbar eine Frage des Einzelfalles und aus vielerlei Stand der Technik bekannt und zugestandenermaßen in keiner Weise patentbegründend, vgl. (D1) und ihre Dichtung "9" zwischen dem Flügel "3" und dem Metallprofil "11" oder (D2), Bezugszeichen "11", oder (D3), Bezugszeichen "11", oder (D4), Bezugszeichen "22".
3.6. Die Verrastung eines Flansches mittels einer Aufnahmeöffnung gemäß Anspruch 1 ist in funktionell gleicher Weise ausführbar, wenn sie mit anderen Materialien als beansprucht ausgeführt ist, nämlich gemäß (D5), so daß es sich um einen bloßen Austausch von Bauelementen handelt und der Verweis der Beschwerdegegnerin auf eine bloße "kinematische Umkehr" nicht von der Hand zu weisen ist. Mithin sind beide Unterschiedsmerkmale der Gegenstände gemäß Anspruch 1 und gemäß (D5) weder allein noch in Kombination als patentbegründend anzusehen und nicht dazu angetan, den Erfordernissen der Artikel 56 und 100 a) EPÜ gerecht zu werden.
3.7. Der Beschwerdeführerin ist damit nicht beizupflichten, wenn sie geltend macht, daß bei (D5) eine thermische Trennung von Profilen nicht wie beansprucht vorliege, da sich bei fachmännischer Auslegung der (D5) und ohne Kenntnis der Erfindung - wie vorstehende Ausführungen belegen - ein anderes Ergebnis aufdrängt.
3.8. Zusammenfassend kann der Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag somit den Rechtsbestand des europäischen Patents Nr. 0 280 081 nicht rechtfertigen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.