T 0724/02 () of 10.1.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T072402.20030110
Datum der Entscheidung: 10 Januar 2003
Aktenzeichen: T 0724/02
Anmeldenummer: 99942907.9
IPC-Klasse: F02B 61/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Antriebsanordnung für ein Fahrzeug
Name des Anmelders: Volkswagen Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Neuheit - bejaht
Zurückweisung an die erste Instanz
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0464/94
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr am 29. Mai 2002 gegen die am 8. Mai 2002 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 99 942 907.9 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 21. Juni 2002 eingegangen.

II. Die Prüfungsabteilung war zur Auffassung gekommen, daß die Anmeldung unter Berücksichtigung der Entgegenhaltung

D1: US-A-5 339 918

den Erfordernissen des Artikels 52 (1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ nicht genüge.

III. Neben dieser Entgegenhaltung wurden im Beschwerdeverfahren noch folgende in der angefochtenen Entscheidung bzw. im Recherchenbericht genannte Druckschriften berücksichtigt:

D2: DE-A-3 920 638

D3: US-A-5 231 894

D4: GB-A-378 489

D5: US-A-3 489 237

D6: US-A-3 150 543.

IV. Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Patenterteilung der Erfindung festzustellen (siehe Schreiben vom 17. Juni 2002, Seite 6).

V. Der der Entscheidung der Prüfungsabteilung zugrundeliegende Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Antriebsanordnung für ein Fahrzeug, insbesondere für ein Kraftfahrzeug, mit einem Antriebsaggregat umfassend ein Kurbelgehäuse (10), welches einseitig von einer Ölwanne (12) abgeschlossen ist, wobei Ölwanne und Kurbelgehäuse eine gemeinsame Verbindungsebene aufweisen und die Ölwanne (12) einen in diese hinein ragenden Einzug (30) eines Abschnitts einer Seitenwandung (28), welcher zur Aufnahme eines Ausgleichsgetriebes ausgebildet ist, sowie eine Öffnung (32) für eine aus dem Ausgleichsgetriebe herausragende Achswelle aufweist, wobei eine Mittelachse (36) der Öffnung (32) durch die Verbindungsebene hindurch verläuft, dadurch gekennzeichnet, daß in einer Wandung (40) der Ölwanne (12) eine Öffnung (42) für eine Abtriebswelle eines Getriebes vorgesehen ist, wobei eine tunnelartige Einziehung (44) der Wandung der Ölwanne (12) vorgesehen ist, welche die Öffnung (42) mit dem Einzug (30) für das Ausgleichsgetriebe verbindet, wobei die tunnelartige Einziehung (44) derart ausgebildet ist, daß sie die Abtriebswelle gegen die Ölwanne kapselt."

VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes vorgetragen.

Die angefochtene Entscheidung beruhe auf einer fehlerhaften Beurteilung der Offenbarung der D1. Wie in der Entscheidung selbst zugegeben werde, seien nicht alle Merkmale von Anspruch 1 eindeutig in D1 gezeigt. Dennoch sei D1 als neuheitsschädliche Entgegenhaltung angesehen worden, weil D1 nach Auffassung der Prüfungsabteilung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine Antriebsanordnung betreffe, die sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 aufweise. Dies sei aber nicht der Fall. So fehle der Antriebsanordnung nach D1 bereits das Merkmal, wonach die Ölwanne eine Einziehung zur Aufnahme eines Ausgleichsgetriebes aufweise. Vielmehr sei das Ausgleichsgetriebe hier seitlich auf die Ölwanne aufgesetzt. Aufgrund dieser Anordnung sei es auch abwegig anzunehmen, daß die zum Ausgleichsgetriebe führende Abtriebswelle des Getriebes der Antriebsanordnung in mühsamer Weise durch die Ölwanne hindurch geführt werde, wie es die Prüfungsabteilung für wahrscheinlich gehalten habe. Folglich sei der Gegenstand nach Anspruch 1 neu.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

Die im vorliegenden Anspruch 1 beschriebene Antriebsanordnung ist in WO-A-00/14391 in den Ansprüchen 1. und 4 sowie in der Beschreibung auf Seite 5, Absatz 1 offenbart. Die Ansprüche 2 bis 6 entsprechen den in WO-A-00/14391 veröffentlichten Ansprüchen 2, 3 und 5 bis 7.

Somit werden die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ von den vorliegenden Ansprüchen erfüllt.

3. Neuheit

3.1. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist eine zum Stand der Technik gehörende Offenbarung für einen beanspruchten Gegenstand nur dann neuheitsschädlich, wenn dieser unmittelbar und eindeutig aus dieser Offenbarung hervorgeht, einschließlich der darin implizit offenbarten Merkmale, die zwar nicht ausdrücklich genannt sind, aber für den Fachmann vom Inhalt mit erfaßt sind. Es ist jedoch nicht gerechtfertigt, bei der Beurteilung der Neuheitsschädlichkeit einer Druckschrift Wahrscheinlichkeitsüberlegungen anzustellen (siehe T 464/94, Abschnitt 16).

3.2. Im vorliegenden Fall geht aus der Offenbarung der D1 unmittelbar und eindeutig eine Antriebsanordnung für ein Kraftfahrzeug (V) hervor, mit einem Antriebsaggregat umfassend ein Kurbelgehäuse (12a), welches einseitig von einer Ölwanne (25) abgeschlossen ist, wobei Ölwanne und Kurbelgehäuse eine gemeinsame Verbindungsebene aufweisen (welche sich über die Fläche 21 erstreckt) und die Ölwanne eine Öffnung für eine aus einem Ausgleichsgetriebe (60) herausragende Achswelle (72a) aufweist, wobei eine Mittelachse der Öffnung durch die Verbindungsebene hindurch verläuft (siehe Figur 4).

Die Ölwanne weist aber keinen in diese hinein ragenden Einzug eines Abschnitts einer Seitenwandung auf, welcher zur Aufnahme des Ausgleichsgetriebes ausgebildet ist. Vielmehr wird das Ausgleichsgetriebe von einem Gehäuse (60a) aufgenommen, das seitlich außerhalb von der Ölwanne angeordnet und mit dieser lediglich einstückig ausgebildet ist (siehe Spalte 7, Zeilen 20 bis 25).

Außerdem geht aus D1 weder explizit noch implizit hervor, daß in einer Wandung der Ölwanne eine Öffnung für eine Abtriebswelle eines Getriebes vorgesehen ist. D1 zeigt nämlich nur (siehe insbesondere Figur 5), daß die Abtriebswelle (34, 90) des Getriebes (30) in eine Öffnung des Gehäuses (60a) des Ausgleichsgetriebes (60) ragt. Dieses Gehäuse (60a) ist zwar einstückig mit der Ölwanne verbunden, dennoch kann es aufgrund seiner davon getrennten Anordnung und seiner davon unterschiedlichen Funktion, nämlich der Aufnahme des Ausgleichsgetriebes (60) nicht als Teil der Ölwanne aufgefaßt werden.

Ferner weist die Antriebsanordnung nach D1 auch keine tunnelartige Einziehung der Wandung der Ölwanne auf, welche die Öffnung des Gehäuses (60a) des Ausgleichsgetriebes (60) mit der Aufnahme für das Ausgleichsgetriebe verbindet und welche derart ausgebildet ist, daß sie die Abtriebswelle gegen die Ölwanne kapselt.

Vielmehr offenbart D1 einen tunnelartigen Abschnitt des Getriebegehäuses (60a) der die Öffnung für die Abtriebswelle (34, 90) in diesem Gehäuse mit der Aufnahme des Ausgleichsgetriebes (60) in diesem Gehäuse verbindet (siehe Figur 5). Da der Entgegenhaltung D1 nicht zu entnehmen ist, daß dieser tunnelartige Abschnitt innerhalb der Ölwanne (25) angeordnet ist, kann sie auch nicht offenbaren, daß dieser Abschnitt die Abtriebswelle gegen die Ölwanne kapselt.

Nachdem Wahrscheinlichkeitsüberlegungen bei der Beurteilung der Neuheit nicht zu beachten sind, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 somit gegenüber der in D1 offenbarten Antriebsanordnung neu.

3.3. Wie eine Überprüfung der Kammer ergeben hat, geht auch aus den übrigen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen D2 bis D6 keine Antriebsanordnung mit allen in Anspruch 1 genannten Merkmalen hervor, insbesondere keine Antriebsanordnung mit einer Ölwanne, die solche Einziehungen aufweist, wie sie im Anspruch 1 beschrieben sind.

4. Weiteres Verfahren

Wie aus der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen ist, hat sich die Prüfungsabteilung bisher ausschließlich mit der Frage der Neuheit des Anmeldungsgegenstands befaßt. Aus diesem Grund und zur Vermeidung eines Instanzenverlustes hält es die Beschwerdekammer für angemessen, die Angelegenheit gemäß Artikel 111 (1) EPÜ zur weiteren Prüfung der Anmeldung an die erste Instanz zurückzuverweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen, zur weiteren Prüfung der Erfordernisse des EPÜ auf der Grundlage der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Unterlagen.

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