T 0681/02 () of 5.6.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T068102.20030605
Datum der Entscheidung: 05 Juni 2003
Aktenzeichen: T 0681/02
Anmeldenummer: 96111581.3
IPC-Klasse: G01D 5/14
G01D 3/028
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: B
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Magnetische Positionsmesseinrichtung sowie Verfahren zu deren Betrieb
Name des Anmelders: Dr. Johannes Heidenhain GmbH
Name des Einsprechenden: Micronas GmbH
Max Stegmann GmbH Antriebstechnik - Elektronik
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 114(2)
European Patent Convention 1973 R 71a(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Zulässigkeit eines in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags (nein): Versäumung der im Ladungsbescheid gesetzten Frist, nicht durch Änderung des Sachverhalts bedingt, nicht recherchiert, nicht klar gewährbar, keine triftigen Gründe für späte Einreichung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0577/97
T 1105/98
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0913/03
T 0334/08
T 0919/18

Sachverhalt und Anträge

I. Das europäische Patent Nr. 0 766 066 (Anmeldenummer 96 111 581.3) wurde von der Einspruchsabteilung widerrufen, da die Gegenstände der Ansprüche 1 und 8 in der erteilten Fassung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Folgende Dokumente sind im Einspruchsverfahren genannt worden:

D1: EP-A-0 093 232; DR. JOHANNES HEIDENHAIN GMBH

D2: EP-A-0 548 391, DEUTSCHE ITT INDUSTRIES GMBH

D3: WO-A-94 05975; SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT

D4: GB-A-2 056 692 (= DE-A-29 33 557); ROBERT BOSCH GMBH

D5: DE-A-43 02 342; EL-MOS ELEKTRONIK IN MOS-TECHNOLOGIE GMBH

D6: Sensors and Actuators A (Physical), März 1990, Vol. A22, No. 1-3, S. 743 - 746; P.J.A. Munter: "A Low Offset Spinning-current Hall Plate"

D7: EP-A-0 381 963 (= DE-A-39 03 359) (BMW AG)

D8: Elektrotechnik, Heft Nr. 9, 27.9.1993; S. 39 - 41, H. Lemme: "Massenweise genau - In CMOS integrierte Hall-Sensoren"

D9: Elektronik, Nr. 17/1992, S. 59 - 62, H. Lemme, L. Blossfeldt: "Hall Sensoren in CMOS - billig und genau"

Mit zwei Einsprüchen war das gesamte Patent in Hinblick auf Artikel 100 (a), insbesondere i. V. m. Artikel 56 EPÜ angegriffen worden.

Die Einspruchsabteilung hat in der Begründung ihrer Entscheidung ausgeführt, daß Gegenstände nach den Oberbegriffen der Ansprüche 1 und 8 aus den Dokumenten D1, D4 oder D7 bekannt seien. Mit den gemäß den kennzeichnenden Teilen unterscheidenden Merkmalen werde die Aufgabe gelöst, bei der Verwendung von Hall-Sensoren auftretende Offset-Spannungen zu kompensieren. Hinweise auf die Lösung dieser Aufgabe seien den Dokumenten D2, D5, D6, D8 und D9 zu entnehmen, welche Offset-kompensierte Hall-Elemente zur Messung von Magnetfeldern beschrieben. Es sei insbesondere naheliegend, jedes der in D1 bei einer Positionsmeßeinrichtung beschriebenen Hall-Elemente nach dem Spinning-Current-Verfahren gemäß D8 zu betreiben und dabei alle Hall-Elemente gemeinsam über eine Schalteinheit mit einem gemeinsamen Takt einer Synchronisierungseinheit zu versorgen, wie es aus der Figur 4 von D8 hervorgehe.

II. Gegen diese Entscheidung ist vom Patentinhaber (Beschwerdeführer) Beschwerde eingelegt und beantragt worden, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent unbeschränkt aufrechtzuerhalten. Zur Begründung hat er folgendes ausgeführt:

Der auf dem Gebiet der Positionsmeßeinrichtungen tätige Fachmann werde vom nächstliegenden Stand der Technik, z. B. von Dokument D1 ausgehen, dem die Merkmale des Oberbegriffs von Anspruch 1 bzw. Anspruch 8 zu entnehmen seien. Nur das Dokument D9, das als Anwendung eine Positionsmeßeinrichtung mit phasenverschobenen Signalen nenne, gebe dem Fachmann ausreichend Anlaß, die dort beschriebenen Hall-Elemente zu verwenden, welche ein Offset-kompensiertes Signal durch periodisches Vertauschen von Versorgungs- und Meßspannung lieferten. D9 sei jedoch keine Synchronisierungseinheit für das periodische Vertauschen zu entnehmen, da hauptsächlich Sensoren beschrieben würden, die nur ein Hall-Element verwendeten, und mit dem differentiellen Hall-Sensor HAL300 nur die Differenz zweier Hall-Elemente ausgewertet werde. D8 hingegen enthalte keinerlei Hinweis auf den Einsatz der beschriebenen Offset-kompensierten Hall-Elemente bei einer Positionsmeßeinrichtung mit phasenverschobenen Signalen. Die Angaben auf Seite 40 in der rechten Spalte beträfen lediglich eine Positionsbestimmung mit einer "Ja/Nein-Information". Der in D8 erwähnte analoge Hall-Sensor HAL400 könnte zwar bei dem genannten Positionsmeßverfahren eingesetzt werden im Gegensatz zum Hall-Sensor HAL300, auf den sich die Figur 4 von D8 ausdrücklich beziehe, aber es seien als mögliche Anwendungen für den Sensor HAL400 lediglich Magnetfeldsensoren und Stromsensoren genannt, so daß der Fachmann diese analogen Sensoren nicht zur Lösung seiner Aufgabe bei einer Postionsmeßeinrichtung heranziehen würde. Der in Figur 4 von D8 gezeigte Hall-Sensor HAL300 diene nicht zur Erzeugung zweier phasenverschobener Signale, sondern zur Bildung eines Differenzsignals. Daher liege es nicht nahe, den in Figur 4 von D8, gezeigten gemeinsamen Takt der beiden Hall-Elemente in Form einer Synchronisationseinheit bei einer Positionsmeßeinrichtung einzusetzen, wie sie sich aus der Kombination von D1 und D9 ergebe.

III. Auf die Beschwerdebegründung hin waren keine Stellungnahmen der Beschwerdegegner I und II (Einsprechenden I bzw. II) eingereicht worden.

IV. Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung, die hilfsweise vom Beschwerdeführer beantragt worden war, hat die Beschwerdekammer eine nicht bindende Stellungnahme abgegeben, in der sie u. a. darauf hingewiesen hat, daß es in Hinblick auf die Anberaumung der mündlichen Verhandlung nicht notwendig erscheine, weitere schriftliche Stellungnahmen einzureichen. In jedem Falle sollten solche Stellungnahmen und ggf. geänderte Unterlagen unverzüglich, jedoch spätestens einen Monat vor dem Termin der mündlichen Verhandlung eingereicht werden. Vorbringen nach diesem Zeitpunkt, besonders wenn es aufgrund seiner Komplexität das Verfahren über Gebühr verzögern oder seinen Abschluß verhindern würde, könnte unter Umständen von der Beschwerdekammer nicht berücksichtigt werden.

V. Auf diese Stellungnahme der Beschwerdekammer hat der Beschwerdegegner und Einsprechende 01 im Schreiben vom 5. Mai 2003 noch eine Argumention vorgelegt, in der dem Streitgegenstand die erforderliche erfinderische Tätigkeit in Hinblick auf die genannten Dokumente abgesprochen wird.

VI. Die mündliche Verhandlung hat am 5. Juni 2003 stattgefunden. In dieser Verhandlung beantragte der Beschwerdeführer die Aufrechterhaltung des Patents und zum erstenmal hilfsweise die Aufrechterhaltung in geändertem Umfang auf der Grundlage der als Hilfsantrag in der Verhandlung eingereichten Ansprüche 1 bis 9.

Die unabhängigen Ansprüche in der erteilten Fassung lauten:

"1. Magnetische Positionsmeßeinrichtung zur Bestimmung der Relativlage zweier zueinander beweglicher Objekte, bestehend aus einer magnetischen Meßteilung (10) und mindestens zwei Hall-Elementen (3.1, 3.2, 3.3, 3.4; 13; 43; 53.1, 53.2; 63.1, 63.2, 63.3, 63.4), mit denen die Meßteilung (10) zur Erzeugung mindestens zweier, phasenverschobener positionsabhängiger Ausgangssignale abgetastet wird, wobei die Hall-Elemente (3.1, 3.2, 3.3, 3.4; 13; 43; 53.1, 53.2; 63.1, 63.2, 63.3, 63.4) jeweils mindestens einen Versorgungsspannungs- und einen Meßspannungs-Anschluß (1, 2, 3, 4) aufweisen, gekennzeichnet durch

- mindestens eine Schalteinheit (26; 46; 56.1, 56.2; 66.1, 66.2), die die Versorgungsspannungs- und Meßspannungs-Anschlüsse (1, 2, 3, 4) jedes Hall-Elements (3.1, 3.2, 3.3, 3.4; 13; 43; 53.1, 53.2; 63.1, 63.2, 63.3, 63.4) periodisch miteinander vertauscht und

- mindestens eine Synchronisationseinheit (55; 65), die das periodische Vertauschen der Versorgungsspannungs- und Meßspannungs-Anschlüsse (1, 2, 3, 4) der verschiedenen Hall-Elemente (3.1, 3.2, 3.3, 3.4; 13; 43; 53.1, 53.2; 63.1, 63.2, 63.3, 63.4) miteinander synchronisiert und hierzu Synchronisationssignale (sync) an die Schalteinheiten (26; 46; 56.1, 56.2; 66.1, 66.2) weitergibt."

"8. Verfahren zum Betrieb einer magnetischen Positionsmeßeinrichtung zur Bestimmung der Relativlage zweier zueinander beweglicher Objekte, bei dem eine magnetische Meßteilung (10) mittels mindestens zweierHall-Elemente (3.1, 3.2, 3.3, 3.4; 13; 43; 53.1, 53.2; 63.1, 63.2, 63.3, 63.4) zur Erzeugung mindestens zweier, phasenverschobener positionsabhängiger Ausgangssignale abgetastet wird, dadurch gekennzeichnet, daß über mindestens eine Schalteinheit (26; 46; 56.1, 56.2; 66.1, 66.2) die Versorgungs- und Meßspannungen (Vs, UH) der Hall-Elemente (3.1, 3.2, 3.3, 3.4; 13; 43; 53.1, 53.2; 63.1, 63.2, 63.3, 63.4) periodisch miteinander vertauscht werden und eine Synchronisationseinheit (55; 65) das periodische Vertauschen der Versorgungs- und Meßspannungen (VS, UH) an den verschiedenen Hall-Elementen (3.1, 3.2, 3.3, 3.4; 13; 43; 53.1, 53.2; 63.1, 63.2, 63.3, 63.4) miteinander synchronisiert, wozu Synchronisationssignale (sync) an die Schalteinheit (26; 46; 56.1, 56.2; 66.1, 66.2) weitergegeben werden."

Die unabhängigen Ansprüche gemäß Hilfsantrag lauten:

"1. Magnetische Positionsmeßeinrichtung zur Bestimmung der Relativlage zweier zueinander beweglicher Objekte, bestehend aus einer magnetischen Meßteilung (10) und mindestens zwei Hall-Elementen (3.1, 3.2, 3.3, 3.4; 13; 43; 53.1, 53.2; 63.1, 63.2, 63.3, 63.4), mit denen die Meßteilung (10) zur Erzeugung mindestens zweier, phasenverschobener positionsabhängiger Ausgangssignale abgetastet wird, wobei die Hall-Elemente (3.1, 3.2, 3.3, 3.4; 13; 43; 53.1, 53.2; 63.1, 63.2, 63.3, 63.4) jeweils mindestens einen Versorgungsspannungs- und einen Meßspannungs-Anschluß (1, 2, 3, 4) aufweisen, gekennzeichnet durch

- mindestens eine Schalteinheit (26; 46; 56.1, 56.2; 66.1, 66.2), die die Versorgungsspannungs- und Meßspannungs-Anschlüsse (1, 2, 3, 4) jedes Hall-Elements (3.1, 3.2, 3.3, 3.4; 13; 43; 53.1, 53.2; 63.1, 63.2, 63.3, 63.4) periodisch miteinander vertauscht und

- mindestens eine Synchronisationseinheit (55; 65), die das periodische Vertauschen der Versorgungsspannungs- und Meßspannungs-Anschlüsse (1, 2, 3, 4) der verschiedenen Hall-Elemente (3.1, 3.2, 3.3, 3.4; 13; 43; 53.1, 53.2; 63.1, 63.2, 63.3, 63.4) miteinander synchronisiert und hierzu Synchronisationssignale (sync) an die Schalteinheiten (26; 46; 56.1, 56.2; 66.1, 66.2) weitergibt,

- wobei durch die Synchronisationseinheit (55; 65) über ein Referenzsignal (ref) eine den Hall-Elementen (3.1, 3.2, 3.3, 3.4; 13; 43; 53.1, 53.2; 63.1, 63.2, 63.3, 63.4) zur Erzeugung von Zählimpulsen nachgeordnete Interpolations-Einheit (59; 69) taktbar ist."

"7. Verfahren zum Betrieb einer magnetischen Positionsmeßeinrichtung zur Bestimmung der Relativlage zweier zueinander beweglicher Objekte, bei dem eine magnetische Meßteilung (10) mittels mindestens zweier Hall-Elemente (3.1, 3.2, 3.3, 3.4; 13; 43; 53.1, 53.2; 63.1, 63.2, 63.3, 63.4) zur Erzeugung mindestens zweier, phasenverschobener positionsabhängiger Ausgangssignale abgetastet wird, dadurch gekennzeichnet, daß über mindestens eine Schalteinheit (26; 46; 56.1, 56.2; 66.1, 66.2) die Versorgungs- und Meßspannungen (Vs, UH) der Hall-Elemente (3.1, 3.2, 3.3, 3.4; 13; 43; 53.1, 53.2; 63.1, 63.2, 63.3, 63.4) periodisch miteinander vertauscht werden und eine Synchronisationseinheit (55; 65) das periodische Vertauschen der Versorgungs- und Meßspannungen (VS, UH) an den verschiedenen Hall-Elementen (3.1, 3.2, 3.3, 3.4; 13; 43; 53.1, 53.2; 63.1, 63.2, 63.3, 63.4) miteinander synchronisiert, wozu Synchronisationssignale (sync) an die Schalteinheit (26; 46; 56.1, 56.2; 66.1, 66.2) weitergegeben werden, und daß durch die Synchronisationseinheit (55; 65) über ein Referenz-Signal (ref) eine den Hall-Elementen (3.1, 3.2, 3.3, 3.4; 13; 43; 53.1, 53.2; 63.1, 63.2, 63.3, 63.4) zur Erzeugung von Zählimpulsen nachgeordnete Interpolations-Einheit (59; 69) getaktet wird."

Zur Stützung der Zulässigkeit des Hilfsantrags führte der Beschwerdeführer aus, daß die den erteilten unabhängigen Ansprüchen jeweils hinzugefügten Merkmale in allen Ausführungsbeispielen des Streitpatents vorhanden seien und daß Teile dieser Merkmale bereits Gegenstand von erteilten abhängigen Ansprüchen seien. Eine neue Recherche für die hinzugefügten Merkmale sei daher nicht erforderlich. Die Rechtsprechung zeige, daß das Ermessen, verspätetete Anträge nicht zu berücksichtigen, restriktiv auszuüben sei, solange kein Mißbrauch vorliege.

VII. Die Beschwerdegegner haben in der mündlichen Verhandlung die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

Der Beschwerdegegner und Einsprechende 01 hat darauf hingewiesen, daß Synchronisation Zwangssteuerung bedeute und daher unabhängige Systeme voraussetze, die es zu steuern gelte. Das Streitpatent offenbare aber gar keine unabhängigen Systeme. Vielmehr würden die in Figur 5 gezeigten Schalteinheiten 56.1 und 56.2 einfach von der Synchronisationseinheit 55 angesteuert. Daher sei diese ohne weiteres mit den in D2 und D8 beschriebenen Taktgeneratoren vergleichbar. D8 offenbare zwei unabhängige Hall-Elemente, von denen jedes an einer anderen Meßposition eingesetzt sei.

Der Beschwerdegegner und Einsprechende 02 hat ausgeführt, daß bei magnetischen Positionsmeßeinrichtungen die Signalgewinnung mittels Interpolation bereits bekannt sei. Das einzige noch offene Problem betreffe die Offsetkompensation. Hierzu sei es naheliegend, das bekannte Current-Spinning-Prinzip einzusetzen, wobei sich gemäß D2 und D8 ein gemeinsamer Taktgenerator anbiete. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Aufteilung in zwei Umschalteinheiten mit einer Synchronisation im Streitpatent sei inhaltlich identisch mit den in D2 und D8 offenbarten Takt-gesteuerten Schaltmatrizen.

Bezüglich des Hilfsantrags hat der Beschwerdegegner und Einsprechende 01 dargelegt, daß der Hilfsantrag einen neuen Gesichtspunkt betreffe, zu dem auf das bereits im Vorverfahren genannte Dokument "Winkel- und Wegmessung im Maschinenbau" von H. Walcher, VDI-Verlag, 1985, Seiten 33 bis 50, sowie auf D1, Seite 11, letzten Absatz hinzuweisen sei.

Der Beschwerdegegner und Einsprechende 02 hat darauf hingewiesen, daß der Hilfsantrag zu spät vorgelegt worden sei, nachdem er auf lediglich in der Beschreibung offenbarte Merkmale zurückgreife. Es bestehe keine Möglichkeit, den neuen Gegenstand zu überprüfen oder noch zu recherchieren. Unabhängig davon werde eine Interpolationseinheit im Streitpatent, siehe Spalte 7, Zeilen 9 bis 13, als bekannt vorausgesetzt, und die Verwendung eines Referenzsignals (Taktsignal t) für die verschiedenen Auswertungsstufen sei in D2, siehe Figur 3, beschrieben und daher naheliegend.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit

Die Beschwerde entspricht den in den Artikeln 106 bis 108 und den Regeln 1 (1) und 64 b) EPÜ genannten Erfordernissen und ist daher zulässig.

2. Hauptantrag

2.1. Erfinderische Tätigkeit

2.1.1. Eine magnetische Positionsmeßeinrichtung gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung und ein Verfahren zu ihrem Betrieb gemäß dem Oberbegriff des erteilten Anspruchs 8 sind bekannt, siehe die Dokumente D1, D4 und D7. Jedes dieser Dokumente, z. B. D1, kann daher als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden.

2.1.2. Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 entsprechend dem kennzeichnenden Teil durch

a) mindestens eine Schalteinheit, die die Versorgungs- und Meßspannungs-Anschlüsse der Hall-Elemente periodisch miteinander vertauscht und

b) mindestens eine Synchronisationseinheit, die das periodische Vertauschen der Versorgungs- und Meßspannungs-Anschlüsse der verschiedenen Hall-Elemente miteinander synchronisiert und hierzu Synchronisationssignale an die Schalteinheit weitergibt.

Das Verfahren gemäß dem Anspruch 8 weist den Merkmalen a) und b) entsprechende Verfahrensschritte auf.

2.1.3. Mit den gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik unterschiedlichen Merkmalen wird die objektive Aufgabe gelöst, Offset-Schwankungen, wie sie bei der Verwendung von Hall-Elementen auftreten, zu eliminieren.

2.1.4. Zur Eliminierung von Offset-Schwankungen ist es eine Standardmethode, die Versorgungs- und Meßspannungen der Hall-Elemente periodisch miteinander zu vertauschen ("Spinning-Current-Prinzip"), siehe D2, D5, D6, D8 und D9. Dabei weist D9 direkt auf die Anwendung in einer Positionsmeßeinrichtung hin, nämlich auf einen analogen Absolut-Drehwinkelgeber, bei dem sich ein Magnet über einem Hall-Element dreht und der Winkel aus Sinus- und Cosinus-Funktion ermittelt wird, siehe Seite 62, linke Spalte, dritter Absatz.

2.1.5. Es war daher für den Fachmann naheliegend, dieses Prinzip zur Offset-Kompensation bei einer Positionsmeßeinrichtung mit phasenverschobenen Ausgangssignalen zweier Hall-Elemente zu verwenden, wodurch das Merkmal a) erhalten wurde.

2.1.6. Was das Merkmal b) anbelangt, so ist zu untersuchen, ob der Fachmann bei der Anwendung des Spinning-Current-Verfahrens bei zwei Hall-Elementen mit phasenverschobenen Signalen eine Synchronisationseinheit einsetzen würde, um das periodische Vertauschen der Versorgungsspannungs- und Meßspannungsanschlüsse in beiden Hall-Elementen zu synchronisieren.

2.1.7. Dabei ist zunächst festzustellen, daß der Fachmann bei der Realisierung des periodischen Vertauschens der Anschlüsse eines Hallelements oder mehrerer fest miteinander verschalteter Hallelemente schon nach dem Stand der Technik einen Taktgeber bereitstellen mußte. So wird in D2, siehe Figur 3, die dem Hallsensor hd zugeordnete Schalterstufe mx mit den Steuersignalen s1 der Steuereinrichtung st gesteuert, um das periodische Umschalten der Anschlüsse zu bewirken.

2.1.8. Weiter ist in D8, siehe Bild 4 auf Seite 40 und Text auf Seite 41, mittlere Spalte, eine Sensoranordnung beschrieben (HAL300), bei der zur Offsetkompensation mittels des Spinning-Current-Verfahrens zwei Hall-Elemente an einen gemeinsamen Taktgeber angeschlossen sind, was eine Synchronisation des Vertauschens der Versorgungsspannungs- und Meßspannungsanschlüsse in beiden Hall-Elementen bewirkt. Diese Sensoranordnung dient zur Unterdrückung von magnetischen Störfeldern, indem eines der beiden Hall-Elemente das von einem Störfeld überlagerte magnetische Nutzfeld aufnimmt, während das andere Hall-Element an einer räumlich getrennten Stelle nur das Störfeld aufnimmt. Beide Ausgangssignale werden voneinander subtrahiert.

2.1.9. Es war daher für den Fachmann naheliegend, bei mehreren Hallelementen, welche Magnetfelder an räumlich getrennten Orten aufnehmen und deren Ausgangssignale elektronisch miteinander verglichen werden, wie es bei einer Positionsmeßeinrichtung der aus D1, siehe Figur 8 und Seite 10, Zeilen 6 bis 20, bekannten Art der Fall ist, das periodische Umschalten aller Hallelemente zu synchronisieren und hierzu mittels einer Synchronisierungseinheit, z. B. einem gemeinsamen Taktgeber, Synchronisationssignale an die Schalteinheiten zu geben, wie es dem Merkmal b) entspricht.

2.1.10. Argumente des Beschwerdeführers

2.1.10.1. Der Beschwerdeführer hat darauf hingewiesen, daß es bei der Erzeugung der zwei phasenverschobenen Signale gemäß dem Streitpatent darauf ankomme, daß diese eine saubere Sinusform hätten, da sie nur dann fehlerfrei mittels des Interpolators in Zählerimpulse feiner unterteilt werden könnten. Daher sei es notwendig, eine Synchronisation beim Umschalten der Hall-Elemente vorzunehmen.

Die Kammer ist jedoch der Auffassung, daß es den Fachmann nicht überraschen konnte, daß eine Synchronisation das Ergebnis verbessert, wenn die zwei Signale, die jeweils aus einem Umschalten der Hall-Elemente gewonnen werden, elektronisch miteinander verglichen werden.

2.1.10.2. Der Beschwerdeführer hat weiter eingewandt, daß D9 zwar das Spinning-Current-Prinzip beschreibe, daß aber von den in der Tabelle angegebenen Hall-Sensoren nur der Typ HAL400 für eine Magnetfeldmessung geeignet sei, da er keine Schaltschwelle aufweise. Daher gehe aus D9 nur das Merkmal a) hervor, nicht aber das Merkmal b). Letzteres sei auch nicht in D2 offenbart, da dort die beiden Hall-Elemente keine separaten phasenverschobenen Signale lieferten, sondern fest miteinander verschaltet seien und gemeinsam von einer Schaltmatrix umgeschaltet würden, so daß sie zwangsläufig synchronisiert seien. In D2 sei also keine Synchronisationseinheit im Sinne des Streitpatents vorhanden.

Hierzu stellt die Kammer fest, daß der Fachmann bei der Verwendung mehrerer der in D2 und D9 beschriebenen Hall-Sensoren bzw. -Elemente in einem Positionsmeßsystem mit phasenverschobenen Signalen sich nicht darauf beschränken würde, die Schaltungen für die Sensoren bzw. Elemente mit jeweils einem eigenen Taktgenerator einfach frei laufend parallel anzuordnen, sondern daß er eine Synchronisation der Taktgeneratoren vornehmen würde.

2.1.10.3. Einem weiteren Argument des Beschwerdeführers zufolge ist der in D9 und D8 genannte Hallsensor HAL300 für ein Positionsmeßsystem mit phasenverschobenen Signalen nicht geeignet. Wie aus D8 hervorgehe, seien die in Bild 8 gezeigten Hall-Elemente für einen Differenzbetrieb fest miteinander verschaltet und würden deshalb zwangsläufig gleichzeitig umgeschaltet. In D8 seien zwar auch analoge Systeme genannt, vorwiegend seien aber digitale Anwendungen beschrieben, die Ja/Nein-Information von den Hall-Sensoren erforderten. Periodischen Signale von den Hall-Elementen seien jedenfalls nicht beschrieben.

Die Kammer ist jedoch der Meinung, daß die Angabe in D8, siehe Seite 41, mittlere Spalte, daß die Sensoren vom Typ HAL300 zwei Hall-Elemente enthält, deren Ausgangssignale voneinander subtrahiert werden, beinhaltet, daß die Ausgangssignale zunächst getrennt gewonnen werden. D. h. es wird jeweils ein Umschalten nach dem Spinning-Current-Verfahren für die beiden Hall-Elemente durchgeführt, wie es auf Seite 40, in dem die mittlere und die rechte Spalte überbrückenden Absatz, beschrieben wird. Dort wird auch auf das Bild 2 Bezug genommen, das den Typ HAL300 betrifft. Wie aus dem in Bild 4 gezeigten Blockschaltbild hervorgeht, erfolgt das Umschalten durch die von einem Taktgenerator gesteuerte Schaltmatrix. Der Fachmann entnahm daher D8 die Lehre, bei zwei Hall-Elementen, die Magnetfelder an räumlich getrennten Orten aufnehmen und deren Ausgangssignale elektronisch miteinander verglichen werden, das Umschalten zu synchronisieren. Dies gilt offensichtlich umso mehr, wenn die örtlich getrennten Felder durch die Relativbewegung in einem Positionsmeßsystem zeitlich variieren, wobei ihre Phasenverschiebung bestimmt werden soll.

2.1.11. Auch unter Berücksichtigung aller wesentlichen Argumente kommt die Kammer daher zu dem Schluß, daß die Gegenstände der Ansprüche 1 und 8 in der erteilten Fassung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruhen.

3. Hilfsantrag

3.1. Die Kammer macht sich den in der Beschwerdekammerentscheidung T 1105/98 vertretenen Standpunkt zu eigen, wonach es gemäß Regel 71a (2) EPÜ in ihrem Ermessen liegt, geänderte Patentansprüche, die vom Patentinhaber erst in der mündlichen Verhandlung überreicht werden, nicht zu berücksichtigen, insbesondere wenn sich der dem Verfahren zugrundeliegende Sachverhalt nicht verändert hat und wenn eine weitere Recherche für die Prüfung der als Einspruchsgrund vorgebrachten mangelnden Patentfähigkeit notwendig ist, siehe (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 4. Auflage 2001, Seite 321).

3.2. Der vorliegende Hilfsantrag ist vom Beschwerdeführer ebenfalls erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegt worden. Wenn er als Reaktion auf die zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung abgegebene vorläufige Stellungnahme der Kammer gedacht war, so hätte er vor der in dieser Stellungnahme genannten Frist bis einen Monat vor der mündlichen Verhandlung eingereicht werden können, wozu der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall über drei Monate Zeit hatte.

3.3. Auch die vom Beschwerdegegner und Einsprechenden 01 kurz vor Ablauf dieser Frist eingereichte Eingabe, die sich auf die im Verfahren befindlichen Dokumente D1 bis D9 bezieht, würde den verspäteten Hilfsantrag nicht rechfertigen, da sich dadurch der dem Verfahren zugrundeliegende Sachverhalt nicht geändert hat. Der Beschwerdeführer hat im übrigen auch keine triftigen Gründe für die späte Vorlage des Hilfsantrags genannt (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 4. Auflage 2001, Seite 618, drittletzter Absatz).

3.4. Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 durch das zusätzlich aufgenommene Merkmal, daß durch die Synchronisationseinheit über ein Referenz-Signal eine den Hall-Elementen zur Erzeugung von Zählimpulsen nachgeordnete Interpolations-Einheit taktbar ist. Dieses Merkmal geht nur bezüglich des Vorhandenseins eines Interpolators auf den erteilten abhängigen Anspruch 5 zurück. Die Taktung des Interpolators durch die Synchronisationseinheit über ein Referenzsignal ist der Beschreibung entnommen. Daher ist prinzipiell davon auszugehen, das dieses Merkmal bisher nicht recherchiert wurde. Der Beschwerdeführer hat zwar argumentiert, daß dieses Merkmal Bestandteil aller Ausführungsbeispiele sei und wenn überhaupt dann in den recherchierten Dokumente offenbart sein müßte. Die Kammer ist jedoch der Auffassung, daß nicht auszuschließen ist, daß in einer Recherche noch relevanter Stand der Technik bezüglich des neuen Merkmals ermittelt werden könnte, worauf die in diesem Zusammenhang von den Beschwerdegegnern schon genannten Fundstellen in dem bisher ermittelten Stand der Technik hindeuten.

3.5. Das vom Beschwerdeführer vorgebrachte Argument, wonach das Ermessen, Hilfsanträge nicht zuzulassen, restriktiv auszuüben sei und nur auf Mißbrauchsfälle beschränkt werden sollte, findet offenbar seine Stütze in der Entscheidung T 577/97 (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 4. Auflage 2001, Seite 617). In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden konkreten Fall betraf der Hilfsantrag als einzige Änderung einen neuen Anspruch, der einem erteilten Anspruch entsprach mit der weiteren Einschränkung, daß eine von ursprünglich drei genannten Stoff-Kategorien gestrichen wurde, siehe Gründe, Punkt 3, zweiter Absatz. Es ist daher davon auszugehen, daß der Gegenstand dieses Hilfsantrags recherchiert wurde, so daß im Unterschied zum vorliegenden Fall eine abschließende Prüfung in der mündlichen Verhandlung möglich war. Im übrigen haben die Beschwerdekammern häufig verspätet eingereichte Ansprüche nicht berücksichtigt, wenn diese nicht klar gewährbar waren, siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 4. Auflage 2001, Seite 619, letzter Absatz bis Seite 620, erster (vollständiger) Absatz. Angesichts der erforderlichen Recherche ist der vorliegende Hilfsantrag ebenfalls nicht klar gewährbar.

3.6. Bei dieser Sachlage macht die Kammer im Einklang mit den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen von ihrem Ermessen nach Artikel 114 (2) EPÜ Gebrauch, den Hilfsantrag nicht zuzulassen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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