T 0665/02 () of 16.9.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T066502.20050916
Datum der Entscheidung: 16 September 2005
Aktenzeichen: T 0665/02
Anmeldenummer: 96117740.9
IPC-Klasse: B41F 21/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Bogenführsystem für eine Druckmaschine
Name des Anmelders: Heidelberger Druckmaschinen Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: Koenig & Bauer Aktiengesellschaft
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 778 131 widerrufen worden ist, Beschwerde eingelegt.

Im Einspruchsverfahren war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ, in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ, angegriffen worden. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der in Artikel 100 a) EPÜ genannte Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehe.

II. Die Beschwerdeführerin beantragte als Hauptantrag die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitpatents auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 4 und 17 bis 22, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vom 18. April 2002, und Patentansprüche 5 bis 16, eingereicht am 11. Juni 2001. Hilfsweise beantragt sie die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitpatents auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 20, eingereicht am 13. Juni 2002 als Hilfsantrag I, sowie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde. Sie hat keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.

III. Im Beschwerdeverfahren wurden insbesondere die folgenden Entgegenhaltungen erwähnt:

D1: DE-A-43 42 203

D3: Anlagen 1 bis 11 in Zusammenhang mit einer offenkundigen Vorbenutzung durch die Planeta Druckmaschine RA 142

D4: DE-B-1 102 767

D5: DE-A-36 02 084

IV. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"1. Bogenführsystem an einer Druckmaschine, mit einer Blaseinrichtung (6) und einer Überführtrommel (1), die sich zwischen einem vorgeordneten (2) und einem nachgeordneten bogenführenden Zylinder (3) befindet, wobei die Überführtrommel (1) zwischen ihren Greiferreihen (4) geschlossene oder im wesentlichen geschlossene Flächen (5) aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß oberhalb der Überführtrommel (1) mit geringem Abstand zur Bewegungsbahn (7) der Greiferreihen (4) ein Luftleitelement (8) angeordnet ist, welches einen sich vom vorgeordneten (2) zum nachgeordneten bogenführenden Zylinder (3) erstreckenden, mit Ausnahme einer Luftaustrittsöffnung (10) zwischen dem Luftleitelement (8) und dem vorgeordneten bogenführenden Zylinder (2) im wesentlichen abgedichteten Luftraum (9) nach oben hin begrenzt, und daß die Blaseinrichtung (6) den Luftraum (9) in Richtung des nachgeordneten bogenführenden Zylinders (3) mit Luft beaufschlagt."

V. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren hinsichtlich des Hauptantrags im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Das Merkmal des Anspruchs 1 wonach eine "Luftaustrittsöffnung (10) zwischen dem Luftleitelement (8) und dem vorgeordneten bogenführenden Zylinder (2)" vorgesehen ist, sei nicht in der Entgegenhaltung D1 offenbart. Durch die Öffnung zwischen dem Trittblech und dem vorgeordneten bogenführenden Zylinder trete Luft ein. Der in Spalte 2, Zeile 67 bis Spalte 3, Zeile 1 erwähnte Ersatz des Ventilators durch ein Blasrohr führe nicht zwangsläufig zu einer Umkehr der in den Figuren 1 und 2 gezeigten Luftströmungsrichtung.

Bei der Überführtrommel der offenkundig vorbenutzten Druckmaschine (Entgegenhaltung D3, Anlage 10, Seite 2, Zeilen 8 bis 10) handele es sich um eine Skelett-Trommel, welche nicht mit geschlossenen Trommelkappen ausgerüstet sei. Eine Skelett-Trommel könne keine Luft vor sich herschieben und könne daher nicht einem Kreiskolben ähnlich wirksam sein.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher neu gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltungen D1 und D3.

Das Wirkungsprinzip der Skelett-Trommel sei nicht pneumatischer Natur und deshalb ein ganz anderes als das Wirkungsprinzip der Überführtrommel gemäß Entgegenhaltung D1, die mit Führungsblechen ausgestattet ist, und der Überführtrommel gemäß dem Streitpatent. Aufgrund dieser gegensätzlichen Wirkungsprinzipien würde der Fachmann die Gegenstände der Entgegenhaltungen D1 und D3 nicht miteinander kombinieren.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VI. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren hinsichtlich des Hauptantrags der Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die Strömungsrichtung eines Luftstromes hänge von der Volumenstrombilanz ab und nicht, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, von den lokalen Druckgradienten innerhalb des Luftraumes. In dem aus der Entgegenhaltung D1 bekannten Bogenführsystem entstehe ein zumindest temporärer Luftüberschuss im Luftraum zwischen Trittblech und Überführtrommel, der zwangsläufig zu einem Luftaustritt durch den Luftkanal zwischen Trittblech und vorgeordnetem Druckzylinder führe.

Insbesondere in der Phase, in der die Greiferbrücken der Überführtrommel waagerecht ständen, werde der Luftraum oberhalb des Übergabebereiches zwischen vorgeordnetem Druckzylinder und Überführtrommel von den Führungsblechen der Überführtrommel abgedichtet, so dass die Luft nicht nach unten abströmen könne und als einziger Abströmweg nur der Luftaustritt aus der Öffnung zwischen Trittblech und vorgeordnetem Zylinder verbleibe.

An keiner Stelle der Entgegenhaltung D1 sei gesagt, dass es sich bei dem Luftkanal zwischen dem Trittblech und dem vorgeordneten Zylinder um eine Lufteinrittsöffnung handele.

Die Rotation der Überführtrommel der Entgegenhaltung D1 bewirke analog zur Überführtrommel des Streitpatents einen stetigen Luftstrom in Richtung Austrittskanal. Blasluft werde aus drei Blasrohren 15,16,17 in den Luftraum eingeblasen. Darüber hinaus könne die Blaseinrichtung 13 als ein Blasrohr ausgebildet sein. Der Saugkasten 10 werde durch die zu führenden Bogen größtenteils abgedeckt. Somit stehe den bis zu vier in den Luftraum eintretenden Luftströmen nur ein einziger den Luftraum über den größtenteils abgedeckten Saugkasten verlassender Luftstrom gegenüber, und die Öffnung zwischen Trittblech und vorgeordnetem Druckzylinder sei unzweifelhaft eine Luftaustrittsöffnung.

Sowohl der Öffnung zwischen dem Luftleitelement 8 und dem vorgeordneten Zylinder 2 gemäß Streitpatent als auch der Öffnung gemäß Entgegenhaltung D1 könne nicht eindeutig die Funktion einer Luftaustrittsöffnung oder einer Lufteintrittsöffnung zugeordnet werden. Dieses Merkmal grenze daher den Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber der Entgegenhaltung D1 nicht ab.

Die Überführtrommel gemäß Entgegenhaltung D3 erziele eine Kreiskolbenwirkung. In Spalte 5, Zeilen 43 bis 45 der Entgegenhaltung D4 sei ausgeführt, dass die Greiferbrücke einer Skelett-Trommel wie ein Pumpenflügel wirke. In Spalte 4, Zeilen 3 bis 7 der Entgegenhaltung D5 werde ferner darauf hingewiesen, dass durch das Vorsehen von Luftdurchlässen in den Mantelflächen der Luftstaudruck unterschiedlichem Material angepasst werden könne, woraus folge, dass es für die erwünschte Kreiskolbenwirkung der Überführtrommel nicht vorteilhaft sei, wenn die Flächen zwischen den Greiferreihen vollkommen geschlossen seien. Daher grenze das Merkmal des Anspruchs 1, dass die Überführtrommel zwischen ihren Greiferreihen geschlossene oder im wesentlichen geschlossene Flächen aufweise, den Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber der Entgegenhaltung D3 nicht hinreichend ab.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher weder in Bezug auf die Entgegenhaltung D1 noch auf die Entgegenhaltung D3 neu.

Die Entgegenhaltung D3 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar.

Um die Stau- und Kreiskolbenwirkung der Überführtrommel gemäß Entgegenhaltung D3 zu erhöhen, hätte der Fachmann der Entgegenhaltung D5 die Anregung entnommen, das Bogenglättrohr auf den Tangentenpunktbereich zu richten und die Luftdurchlassfläche der Skelett-Trommel durch zusätzliche Leitflächen zu verringern.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruhe daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

1. Änderungen

Das dem Anspruch 1 in erteilter Fassung hinzugefügte Merkmal "mit Ausnahme einer Luftaustrittsöffnung (10) zwischen dem Luftleitelement (8) und dem vorgeordneten bogenführenden Zylinder (2) im wesentlichen abgedichteten Luftraum (9)" ist in Spalte 7, Zeilen 3 bis 7 der ursprünglich eingereichten Anmeldung (veröffentlichte Fassung) offenbart.

Aufgrund dieser Änderung erfährt der Schutzbereich des Anspruchs 1 eine Einschränkung.

Es ergibt sich daher, dass der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 im Hinblick auf die Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ nicht zu beanstanden ist.

2. Neuheit

2.1 Entgegenhaltung D1

Hinsichtlich der Frage der Neuheit des Anspruchs 1 bezüglich der Entgegenhaltung D1 ist strittig, ob das aus dieser Entgegenhaltung bekannte Bogenführsystem eine wie in Anspruch 1 des Streitpatents definierte Luftaustrittsöffnung aufweist.

Gemäß Anspruch 1 ist die Luftaustrittsöffnung eine Öffnung zwischen dem Luftleitelement und dem vorgeordneten bogenführenden Zylinder. Die Kammer ist der Auffassung, dass der Begriff "Luftaustrittsöffnung" so zu verstehen ist, dass im normalen Betrieb Luft aus dem im wesentlichen abgedichteten Luftraum durch die Öffnung austritt.

In dem aus der Entgegenhaltung D1 bekannten Bogenführsystem wird Luft durch die Kreiskolbenwirkung des Führungsblechs 9 der Überführtrommel im Uhrzeigersinn gefördert. Dies bedeutet, dass unter dem horizontalen Teil des Trittblechs 7 Luft zwar in Richtung der Öffnung zwischen dem Trittblech 7 und dem vorgeordneten Zylinder 2 gefördert wird, jedoch nicht durch diese Öffnung austritt. Der zwischen dem Trittblech 7 und dem vorgeordneten Zylinder 2 angeordnete Ventilator bzw. Blaseinrichtung 13 wirkt nach unten, das heißt, in der Richtung weg von der Öffnung. Die Luft wird also zwischen dem vorgeordneten Zylinder 2 und der Überführtrommel gefördert, vgl. die Pfeile die die Luftströmungsrichtungen in den Figuren 1 und 2 angeben.

Auch in der Phase, in der die Greiferbrücken der Überführtrommel waagerecht stehen, wird Luft weg von der Öffnung zwischen dem Trittblech 7 und dem vorgeordneten Zylinder 2 durch den Ventilator oder Blaseinrichtung 14 gefördert (vgl. Figur 2 der Entgegenhaltung D1).

Laut der angefochtenen Entscheidung (Seite 6, Zeile 34 bis Seite 7, Zeile 4) war es dem Fachmann bekannt, dass der durch die Kreiskolbenwirkung der Überführtrommel hervorgerufene Druck auf die Öffnung größer ist als die durch Luftrakel 15 und Ventilator 13 hervorgerufene Saugwirkung. Es gibt jedoch keinen Nachweis, daß dies tatsächlich der Fall ist. Vielmehr ist davon auszugehen, daß der Ventilator eher in der Lage sein sollte, die beabsichtigte Wirkung zu erreichen, das heißt, einen Blasluftstrahl zwischen dem Führungsblech und dem Bogen zu blasen (Entgegenhaltung D1, Spalte 2, Zeilen 47 bis 49).

Es wird in der angefochtenen Entscheidung weiter argumentiert (Seite 7, Zeilen 9 bis 19), dass bei einem Ausfall des Ventilators die Luft durch die Öffnung zwischen dem Trittblech und dem vorgeordneten Zylinder entweiche. Es ist jedoch nicht relevant, was passieren könnte, wenn die Einrichtung nicht richtig funktioniert.

Es wird von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, dass im Luftraum ein Luftüberschuss entstehen muss, weil aus den Blasrohren 15, 16, 17 und gegebenenfalls aus einem Blasrohr 13, das den Ventilator 13 ersetzt, Luft in den Luftraum eingeblasen wird und weil die Öffnungen 11 in dem Saugkasten 10 durch die Bogen größtenteils abgedeckt werden. Dies führe zwangsläufig zum Luftaustritt zwischen dem Trittblech und dem vorgeordneten Zylinder. Es ist jedoch so, dass, wie in den Figuren 1 und 2 der Entgegenhaltung D1 gezeigt, die Luft unter dem Einfluss der Blaseinrichtung und eines am Stutzen 12 angeschlossenen Sauglüfters in die durch Pfeile angedeutete Richtung fließen wird, um die beabsichtigte Wirkung, das heißt, eine ordnungsgemäße Bogenförderung und Bogentrocknung, zu erzielen. Obwohl die Öffnungen 11 in dem Saugkasten 10 zeitweise von einem Bogen abgedeckt werden, gibt es keinen Nachweis, dass dies zu einem Luftaustritt durch den Luftraum zwischen dem Trittblech und dem vorgeordneten Zylinder führt. Es kann also nicht gefolgert werden, dass die Anwesenheit der Blaseinrichtungen in dem aus der Entgegenhaltung D1 bekannten Bogenführsystem zwangsläufig zur Folge hat, dass Luft auswärts zwischen dem Trittblech und dem vorgeordneten Zylinder fließt, und nicht, wie in den Zeichnungen der Entgegenhaltung D1 gedeutet, einwärts. Die Luftdurchflussmengen der Blaseinrichtungen werden nicht genannt.

Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem aus der Entgegenhaltung D1 bekannten Bogenführsystem und demjenigen des Streitpatents ist darin zu sehen, dass gemäß der Entgegenhaltung D1 eine Blaseinrichtung 13 (ob Ventilator oder Blasrohr) einen Luftstrahl zwischen dem Führungsblech 9 und dem Bogen 14 bläst, das heißt, weg von der Öffnung zwischen dem Trittblech und dem vorgeordneten Zylinder, und dass gemäß Streitpatent Luft in der entgegengesetzten Richtung gefördert wird.

Die Entgegenhaltung D1 offenbart daher kein Bogenführsystem mit einer Luftaustrittsöffnung zwischen dem Luftleitelement und dem vorgeordneten bogenführenden Zylinder.

2.2 Entgegenhaltung D3

Die Entgegenhaltung D3 zeigt ein Bogenführsystem an einer Druckmaschine, bei der oberhalb der Überführtrommel ein Luftleitelement (Quergalerie plus Abdeckung) angeordnet ist. Die Überführtrommel, die mit zwei gegenüberliegenden Greiferreihen ausgestattet ist, ist in ihrem Umfang nicht mit geschlossenen Trommelkappen ausgerüstet (siehe Anlage 4 und Anlage 10, Seite 2, erster vollständiger Absatz). Diese so genannte Skelett-Trommel weist keine "geschlossene oder im wesentlichen geschlossene Flächen" zwischen ihren Greiferreihen auf.

Zwischen Luftleitelement, Überführtrommel und vor- und nachgeordnetem Zylinder befindet sich ein Luftraum. Ob im normalen Betrieb Luft aus diesem Luftraum durch die Öffnung zwischen dem Luftleitelement und dem vorgeordneten bogenführenden Zylinder entweicht, ist der Entgegenhaltung D3 nicht expressis verbis zu entnehmen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit gegenüber der Entgegenhaltung D3 neu.

Die Beschwerdegegnerin hat vorgetragen, dass das Merkmal "im wesentlichen geschlossene Flächen" in Anspruch 1 des Streitpatents keine quantitativ abgrenzungsfähige Aussage liefere, da es darauf ankomme, ob eine Wirkung ähnlich der eines Kreiskolbens erzielt werde. Mit den Greiferreihen der aus der Entgegenhaltung D3 bekannten Skelett-Trommel lasse sich auch die gewünschte Kreiskolbenwirkung erzielen. Daraus folge, dass die Skelett-Trommel "im wesentlichen geschlossene Flächen" im Sinne der Erfindung aufweise.

Dem kann nicht gefolgt werden. Das Merkmal "wobei die Überführtrommel (1) zwischen ihren Greiferreihen (4) geschlossene oder im wesentlichen geschlossene Flächen (5) aufweist" ist ein rein konstruktives Merkmal. Bei der Neuheitsprüfung wird geprüft, ob dieses Merkmal aus der Entgegenhaltung D3 bekannt ist oder nicht. Es ist unerheblich, ob aus der Entgegenhaltung D3 ein äquivalentes Merkmal bekannt ist, das die gleiche oder eine ähnliche Funktion oder Wirkung hat.

Die Beschwerdegegnerin hat ferner vorgetragen, dass das Merkmal "mit Ausnahme einer Luftaustrittsöffnung (10) zwischen dem Luftleitelement (8) und dem vorgeordneten bogenführenden Zylinder (2)" ebenfalls aus dem Bogenführsystem nach der Entgegenhaltung D3 bekannt sei, da durch die Kreiskolbenwirkung der Greiferreihen Luft aus der entsprechende Öffnung entweichen würde.

Es mag zwar zutreffen, dass die rotierende Skelett- Trommel, die zwei gegenüberliegende Greiferreihen aufweist, einen gewissen Luftstrom erzeugen kann. Eine gezielte Kreiskolbenwirkung, die gemäß Streitpatent durch die Anordnung des Luftleitelements sowie durch die Ausrüstung der Überführtrommel mit im wesentlichen geschlossenen Flächen, so dass Luft zwischen dem Luftleitelement und dem vorgeordneten bogenführenden Zylinder entweichen kann, erzielt wird, wird in dem Bogenführsystem nach der Entgegenhaltung D3 nicht angestrebt.

Nach Auffassung der Kammer offenbart die Entgegenhaltung D3 somit keine Luftaustrittsöffnung im Sinne der Erfindung.

2.3 Keine der übrigen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen zeigen alle Merkmale des Anspruchs 1.

2.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1 Die Entgegenhaltung D1 stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar. Die aus der Entgegenhaltung D1 bekannte Überführtrommel ist mit geschlossenen Flächen zwischen den Greiferreihen ausgestattet.

3.2 Bei dem aus der Entgegenhaltung D1 bekannten Bogenführsystem besteht die Gefahr, dass die Luftbeaufschlagung des Bogens in Verbindung mit der Schwerkraft dazu führt, dass der Bogen zusammengeschoben wird (Streitpatent, Spalte 1, Zeilen 24 bis 28).

3.3 Ausgehend von der Entgegenhaltung D1 kann die Aufgabe der Erfindung darin gesehen werden, die Bogenführung zu verbessern (Streitpatent, Spalte 2, Zeilen 2 bis 8).

3.4 Gemäß der Erfindung wird dies dadurch erreicht, dass eine Luftaustrittsöffnung zwischen dem Luftleitelement und dem vorgeordneten bogenführenden Zylinder in einem im wesentlichen abgedichteten Luftraum vorgesehen ist. Dadurch wird eine vorteilhafte Luftaufteilung bzw. Luftbeaufschlagung der Bogen erreicht (siehe Streitpatent, Spalte 2, Zeilen 11 bis 45).

Diese Lösung ist nicht aus dem Stand der Technik bekannt.

Weder Entgegenhaltung D1 (siehe Punkt 2.1, letzter Absatz) noch Entgegenhaltung D3 (siehe Punkt 2.2, letzter Absatz) offenbaren eine Luftaustrittsöffnung im Sinne des Anspruchs 1.

Die oben genannte Lösung ist auch nicht aus dem restlichen Stand der Technik bekannt. Weder Entgegenhaltung D4 noch Entgegenhaltung D5 enthalten eine Anregung, eine Luftaustrittsöffnung zwischen einem Luftleitelement und dem vorgeordneten bogenführenden Zylinder in einem im wesentlichen abgedichteten Luftraum vorzusehen.

3.5 Die Beschwerdegegnerin hat ausgeführt, dass der Fachmann, der sich die Aufgabe gestellt hätte, ausgehend von der Entgegenhaltung D3 den Luftstaudruck zu erhöhen, zwischen den Greiferreihen im wesentlichen geschlossene Flächen angeordnet hätte und so zum Gegenstand der Erfindung gelangt wäre.

Dem vermag die Kammer nicht zu folgen. Die Skelett- Trommel nach der Entgegenhaltung D3 weist zwischen ihren Greiferreihen keine Flächen auf. Nach Auffassung der Kammer hätte der Fachmann keinen Anlass gehabt, das Prinzip einer Skelett-Trommel aufzugeben und stattdessen geschlossene oder im wesentlichen geschlossene Flächen zwischen den Greiferreihen anzuordnen.

3.6 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die abhängige Ansprüche 2 bis 22 haben bevorzugte Ausführungsformen des Bogenführsystems gemäß Anspruch 1 zum Gegenstand. Die Gegenstände dieser Ansprüche beruhen daher ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit.

4. Das Streitpatent kann somit auf der Grundlage des Hauptantrags der Beschwerdeführerin aufrechterhalten werden. Der Hilfsantrag der Beschwerdeführerin ist somit gegenstandslos.

5. Die Beschwerdeführerin hat hilfsweise einen Antrag auf mündliche Verhandlung (Artikel 116 EPÜ) gestellt, falls dem Hauptantrag oder dem Hilfsantrag nicht stattgegeben werden könnte. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher verzichtet werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

a) Patentansprüche 1 bis 4 und 17 bis 22, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vom 18. April 2002, und Patentansprüche 5 bis 16, eingereicht am 11. Juni 2001;

b) Beschreibung, Seiten 2 bis 7, wie erteilt;

c) Zeichnungen, Seiten 13 bis 17, wie erteilt.

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