T 0544/02 () of 20.1.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T054402.20040120
Datum der Entscheidung: 20 Januar 2004
Aktenzeichen: T 0544/02
Anmeldenummer: 94118332.9
IPC-Klasse: G02B 1/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Gleichmäßig ausgeleuchtete Lichtleiterplatten
Name des Anmelders: Röhm GmbH & Co. KG, et al
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 113(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit: verneint
Rechtliches Gehör
Entscheidung nach Aktenlage
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 94 118 332.9 (Veröffentlichungsnummer EP-A-0 656 548) wurde von der Prüfungsabteilung zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Anmelder (Beschwerdeführer) Beschwerde eingelegt.

II. Die Zurückweisung wurde von der Prüfungsabteilung damit begründet, daß der Gegenstand des gültigen Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Hierzu wurde auf die folgenden Dokumente verwiesen:

D8: EP-A-0 533 301

D9: EP-A-0 570 782

Der Anspruch 1 der vorliegenden Anmeldung betreffe ein Lichtleiterelement mit einer Lichtquelle an einer Stirnfläche, welches aus Kunststoff bestehe, der lichtstreuende Partikel in einem Matrixkunststoff aufweise.

D8 offenbare eine Hinweisleuchte mit einer streuenden Lichtleiterplatte, welche von einer Stirnfläche her mit einer Lichtquelle beleuchtet werde. Als streuende Struktur sei eine Beschichtung oder Aufrauhung der Oberfläche vorgesehen, welche die Totalreflexion unterbreche.

Im Gegensatz dazu würden beim Gegenstand des Anspruchs 1 als lichtstreuende Struktur im Kunststoff der Leiterplatte verteilte Streupartikel verwendet.

Der Kunststoff mit den Streupartikeln sei aus D9 bekannt, und dort werde auch seine Verwendung für Beleuchtungskörper angeregt.

Beschichtung, Aufrauhung und streuende Polymerartikel seien also dem Fachmann bekannte in ihrer Funktion äquivalente Alternativen für lichtstreuende Strukturen in Polymerplatten. Ein Austausch von funktionell Dquivalenten Alternativen werde jedoch als naheliegend angesehen (Richtlinien C-IV, Anlage 3.1 i)).

III. Der Beschwerdeführer hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der zuletzt gültigen Ansprüche zu erteilen. Der Anspruch 1 (siehe Schreiben vom 14.12.1999) lautet:

"1. Lichtleiterelemente, die mit einer Lichtquelle zum Zwecke der Beleuchtung an einer Kantenfläche versehen sind, bestehend aus einem Matrixkunststoff A und darin homogen verteilten Streupartikeln aus einem Polymerisat B, wobei der Matrixkunststoff A mit dem Polymerisat B unverträglich ist, daß der Matrixkunststoff A ein spektrales dekadisches Absorptionsmaß nach DIN 1349 von maximal 0,035 aufweist, daß der Anteil der Streupartikel bestehend aus Polymerisat B 0,01 bis 1 Gew.-% bezogen auf den Matrixkunststoff A beträgt, daß die Brechzahl nD(B) des Polymerisats B um mindestens 0,01 Einheiten über der Brechzahl nD(A) des Matrixkunststoffs A liegt und das Polymerisat B aufgebaut ist aus:

(b1) 0 bis 60 Gew.-Teilen eines Acryl- und/oder Methacrylsäureesters mit 1 bis 12 C-Atomen im aliphatischen Esterrest,

(b2) 25 bis 99 Gew.-Teilen von Comonomeren, die aromatische Substituenten aufweisen und die mit den Monomeren b1) copolymerisierbar sind, sowie

(b3) 1 bis 15 Gew.-Teilen von vernetzenden Comonomeren, die mindestens zwei ethylenisch ungesättigte, radikalisch mit b1) und b2) copolymerisierbare Gruppen aufweisen,

wobei die Summe der Comonomeren b1), b2) und b3) 100 Gew.-Teile ausmacht."

Der Anspruch 8 (siehe ebenfalls Schreiben vom 14.12.1999) bezieht sich auf eine entsprechende Verwendung.

Der Beschwerdeführer hat außerdem beantragt, wegen eines erheblichen Verfahrensmangels die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen. Seine Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen.

In den beiden der Zurückweisungsentscheidung vorausgehenden Prüfungsbescheiden seien Einwände aufgrund Artikel 84 EPÜ erhoben bzw. aufrechterhalten worden. Die Zurückweisung sei jedoch aufgrund Artikel 56 EPÜ erfolgt. Es erscheine widersprüchlich, Ansprüche, die nicht klar seien, nach Artikel 56 EPÜ zu beurteilen. Daher hätte dem Anmelder zuerst mitgeteilt werden müssen, ob die Einwände nach Artikel 84 EPÜ als behoben angesehen würden, bevor eine Zurückweisung nach Artikel 56 EPÜ erfolgte. Dies stelle eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar.

Die vorliegende Zurückweisung unter Artikel 56 EPÜ gründe sich auf die Kombination der Dokumente D8 und D9, die unter Bezug auf die Richtlinien C-IV, Anlage 3.1 i) im Sinne des Austauschs funktionell äquivalenter Alternativen in Verbindung gebracht worden seien. Dieses Beispiel treffe jedoch auf die vorliegende Situation nicht zu, da die Streuperlen nicht funktionell gleichwertig mit den Oberflächenstrukturierungen seien. Während letztere mit großem Aufwand nachträglich aufgebracht werden müßten, seien die Streuperlen des Standes der Technik mit Ausnahme der in D9 offenbarten für die Zwecke der Erfindung ungeeignet, da sie keine gleichmäßige Ausleuchtung ermöglichten.

Als Aufgabe der Erfindung könne formuliert werden, Lichtleiterelemente bereitzustellen, die mit einer Lichtquelle zum Zwecke der Beleuchtung an einer Kantenfläche versehen und sehr gleichmäßig ausleuchtbar seien, ohne daß aufwendige Nachbearbeitungsschritte notwendig seien.

Der für die Lichtleiterelemente verwendete Kunststoff sei zwar aus D9 bekannt, aber die in allgemeiner Form angegebene Verwendung auf Beleuchtungskörper beziehe sich in erster Linie auf flächig durchleuchtete Körper und nicht auf von der Kantenfläche her beleuchtete. Auch wenn der Fachmann unter den in D9 genannten Beleuchtungskörpern von der Kantenfläche her beleuchtete verstehen würde, erhielte er aus D9 jedoch keinen Hinweis, daß sich die Streuperlen bzw. der Kunststoff von D9 für eine Kantenbeleuchtung eignen würden im Gegensatz zu den in den Dokumenten EP-A-0 342 283 (D3) oder EP-A-0 269 324 (D6) beschriebenen Lichtstreuperlen.

Die Verwendung des Kunststoffs gemäß D9 für an den Kantenflächen beleuchtete Lichtleiterelemente könne als eine relativ enge Auswahl angesehen werden, welche als Indiz für eine erfinderische Tätigkeit zu werten sei.

D8 beschreibe eine Hinweisleuchte mit einer Strahlungsquelle und einem flachen Lichtverteilungskörper, der aus nichtstreuendem und klartransparentem Material bestehe. Die Abstrahlfläche weise eine die Totalreflexion unterbrechende Beschichtung oder Aufrauhung auf. Der Einsatz von lichstreuendem Kunststoff als Alternative werde in D8 nicht angeregt. Daher würde der Fachmann eine Kombination mit D9 nicht in Erwägung ziehen. In D9 wiederum fehle der Hinweis auf an den Kantenflächen beleuchtete Lichtleiterelemente. Es sei daher nicht vorhersehbar gewesen, daß eine besondere Eignung des in D9 beschriebenen Kunststoffs für diesen speziellen Zweck gegeben sein würde.

Der Gegenstand der vorliegenden Ansprüche sei daher neu und ergebe sich nicht in naheliegender Weise aus dem angezogenen Stand der Technik.

IV. Im Einklang mit Artikel 12 (2) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern hat die Kammer im Bescheid vom 18. September 2003 dem Beschwerdeführer folgendes mitgeteilt:

Rechtliches Gehör

Der zuletzt noch von der Prüfungsabteilung aufrechterhaltene Einwand unter Artikel 84 EPÜ bezog sich darauf, daß der Ausdruck "Kantenfläche" unklar sei. Die Prüfungsabteilung hatte angeregt, daß darunter eine Stirnfläche zu verstehen sei, eine Interpretation, der auch der Beschwerdeführer zugestimmt hat, siehe Schreiben vom 01. Februar 2001, zweite Seite, erster Absatz. Es konnte daher kein Zweifel bestehen, welcher Gegenstand von der Prüfungsabteilung als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend angesehen wurde. Dies war dem Anmelder auch mitgeteilt worden, der jedoch mit seiner letzten Eingabe vom 01. Februar 2001 keine neuen Ansprüche eingereicht hatte. Er mußte daher damit rechnen, daß seine zur Stützung der erfinderischen Tätigkeit vorgebrachten Argumente die Prüfungsabteilung möglicherweise nicht überzeugen würden und sie die Anmeldung zurückweisen würde. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im Sinne von Artikel 113 (1) EPÜ liegt somit nicht vor.

Ein wesentlicher Verfahrungsmangel, der nach Regel 67 EPÜ die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigen würde, war daher nicht erkennbar.

Erfinderische Tätigkeit

Die Kammer erachtete es als sachdienlich, noch das folgende Dokument in das Verfahren einzuführen (eine Kopie war dem Bescheid als Anlage beigefügt):

D10: JP-A-04 156 404 und Zusammenfassung in Englisch

In Übereinstimmung mit dem gültigen Anspruch 1 der vorliegenden Anmeldung offenbart das Dokument D8, siehe Figur 1 und Spalte 5, Zeilen 46 bis 57, Lichtleiterelemente (3), die mit einer Lichtquelle (2) zum Zwecke der Beleuchtung an einer Kantenfläche (4) versehen sind.

Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 dadurch, daß die Lichtleiterelemente aus einem bestimmten Matrixkunststoff A und bestimmten darin homogen verteilten Streupartikeln aus einem Polymerisat B bestehen. Damit wird die objektive Aufgabe gelöst, eine Lichtreuung zu erzeugen, bei der die in D8 erforderliche Oberflächenbehandlung der Lichtleiterelemente vermieden wird.

Der im Anspruch 1 definierte Matrixkunststoff A mit den homogen darin verteilten Streupartikeln aus dem Polymerisat B ist Gegenstand des Dokuments D9, was auch in der Beschwerdebegründung, siehe z. B. Seite 3, dritter Absatz, eingeräumt wird. Es ist in D9 außerdem angegeben, daß der lichtstreuende Kunststoff zur Herstellung von Beleuchtungskörpern dient, siehe Seite 5, Zeilen 28 bis 31.

Die Kammer äußerte die Meinung, daß dem Fachmann grundsätzlich die beiden Methoden zur Erzeugung von Lichtstreuung in Körpern bekannt waren, nämlich zum einen die Unterbrechung der Totalreflexion von in den Körper eingestrahlten Lichts durch Behandlung, z. B. Aufrauhung der Oberfläche und zum anderen die Streuung des Lichts an im transparenten Körper verteilten Streuperlen. Letztere Methode ist nicht nur für durchscheinende Körper bekannt, siehe die in der Anmeldung zitierten Dokumente D3 (Seite 2, Zeilen 1 bis 14) und D6 (Seite 2, Zeilen 1 bis 9), sondern auch für an einer Stirnfläche oder Kantenfläche im Sinne der vorliegenden Anmeldung beleuchtete Körper. So offenbart D10, siehe die Figur und die Zusammenfassung in Englisch, ein Lichtleiterelement (3), das mit jeweils einer Lichtquelle (4, 4') zum Zwecke der Beleuchtung an einer Kantenfläche versehen ist, bestehend aus einem Matrixkunststoff (elastomer 1) und darin homogen verteilten Streupartikeln aus einem Polymerisat (silicon polymer 5), das mit dem Matrixkunststoff (1) unverträglich ist und eine von diesem verschiedenen Brechungsindex aufweist.

Nach Ansicht der Kammer war es daher für den Fachmann naheliegend, den in D9 beschriebenen Matrixkunststoff A mit darin homogen verteilten Streupartikeln aus einem Polymerisat B zur Lösung der genannten objektiven Aufgabe für die aus D8 bekannten Lichtleiterelemente, die mit einer Lichtquelle zum Zwecke der Beleuchtung an einer Kantenfläche versehen sind, einzusetzen, wodurch er zu einem Gegenstand gelangte, der unter die Definition des vorliegenden Anspruchs 1 fällt. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

Die Kammer wies außerdem darauf hin, daß man auch von D10 als nächstliegendem Stand der Technik ausgehen könnte. Der Gegenstand des Anspruchs 1 würde sich davon durch das für das Lichtleiterelement gewählte lichtstreuende Material unterscheiden. Dieses Material ist aber in D9 zum Zwecke der Lichtstreuung in Beleuchtungskörpern beschrieben. Für den Fachmann wäre es naheliegend, aus für die Lichtstreuung geeigneten Materialien das für seine Zwecke geeignetste auszuwählen, siehe T21/81 zitiert in Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 4. Auflage, 2001, Seite 141, Abschnitt 6.7.

Aus den gleichen Gründen war die Kammer der Auffassung, daß die Verwendung gemäß Anspruch 8 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Dies gilt auch für die Gegenstände der abhängigen Ansprüche, siehe die angefochtene Entscheidung, Punkt 2.3, zweiter Absatz, und Punkt 2.5.

Schlußbemerkung

Die Kammer stellte fest, daß bei dieser Sachlage mit der Zurückweisung der Beschwerde zu rechnen sei.

V. Als Antwort auf den Bescheid vom 18. September 2003 hat der Beschwerdeführer Entscheidung nach Aktenlage beantragt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Kammer hält an der in dem Bescheid vom 18. September 2003 gegebenen Begründung fest, wonach keine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Prüfungsabteilung vorliegt und der Gegenstand der Ansprüche nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Dieser Begründung hat der Beschwerdeführer zuletzt nicht widersprochen, sondern Entscheidung nach Aktenlage beantragt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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