T 0485/02 () of 19.2.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T048502.20040219
Datum der Entscheidung: 19 Februar 2004
Aktenzeichen: T 0485/02
Anmeldenummer: 97916383.9
IPC-Klasse: B60D 1/40
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Anhängekupplung
Name des Anmelders: ORIS FAHRZEUGTEILE HANS RIEHLE GmbH
Name des Einsprechenden: Jaeger Cartronix GmbH
Westfalia-Automotive GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (gegenüber dem druckschriftlichen Stand der Technik bejaht)
Entscheidung über die Beschwerde - Zurückverweisung (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 97 916 383.9 wurde das europäische Patent Nr. 0 832 000 erteilt, dessen Anspruch 1 wie folgt lautet:

"Anhängekupplung für Kraftfahrzeuge (36), insbesondere Personenkraftfahrzeuge, mit einer Kupplungskugel (12), mit einem Kugelhals (14), dessen einer Endbereich (16) abgekröpft ist und die Kupplungskugel trägt, und mit einem einen Antriebsmotor umfassenden Antrieb (80) durch welchen der Kugelhals (14) mit der Kupplungskugel (12) von einer Arbeitsstellung (A) in eine Ruhestellung (R) und umgekehrt bewegbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß eine Steuerung (190) zum Betreiben des Antriebs (80) vorgesehen ist, welche entweder ein Bewegen des Kugelhalses (14) oder ein Fahren des Kraftfahrzeugs (36) zuläßt."

II. Von den Beschwerdeführerinnen I und II (Einsprechenden I und II) eingelegte Einsprüche, die auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (fehlende Neuheit, mangelnde erfinderische Tätigkeit) und 100 b) EPÜ (Ausführbarkeit) gestützt waren, wurden von der Einspruchsabteilung mit der am 19. März 2002 zur Post gegebenen Entscheidung zurückgewiesen.

III. Gegen diese Entscheidung haben die Beschwerdeführerinnen I und II am 15. bzw. 17. Mai 2002 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründungen sind am 26. bzw. 22. Juli 2002 eingegangen.

IV. Im Beschwerdeverfahren sind die folgenden schon im Einspruchsverfahren vorgelegten, zum Stand der Technik gehörenden Druckschriften von den Beschwerdeführerinnen wieder aufgegriffen bzw. von der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) diskutiert worden:

D1: DE 28 35 920 A

D5: US 4 744 583 A

D6: WO97/10111 A, (gleichlautend mit EP 850 147 A), veröffentlicht am 20. März 1997, Stand der Technik nach Artikel 54 (3) EPÜ

D7: US 3 891 239 A

In Verbindung mit einer behaupteten offenkundigen Vorbenutzung (D8) gelten weiter die folgenden, schon im Einspruchsverfahren vorgelegten Beweismittel:

D8a: Prüfantrag für Anhängerkupplung el 600 an RWTÜV

D8b1: Angebot einer Vorführung el 600 an Volvo

D8b2: Terminbestätigung für Vorführung el 600 an Volvo

D8c1: Kooperationsangebot hinsichtlich el 600 an Westfalia

D8c2: Anlage zum Kooperationsangebot an Westfalia

D8d1: Lieferschein Motorsteuerung für Anhängekupplung BV12818 von Reiner Hogenkamp

D8d2: Angebot Motorsteuerung für Anhängekupplung BV12818 von Reiner Hogenkamp

D8e: Unterlagen zu einem Förderantrag für eine Anhängekupplung.

Was die beiden im Einspruchsverfahren in Verbindung mit der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung (D8) angebotenen Zeugen Heinrich Heitmüller und Wolfgang J. F. Iffländer anbetrifft, so wurde im Beschwerdeverfahren das Zeugenangebot mit dem Zeugen Iffländer wiederholt, insbesondere in Hinblick auf die im Beschwerdeverfahren zur behaupteten offenkundigen Vorbenutzung (D8) vorgelegten, weiteren Beweismittel:

D8d3: Funktionsbeschreibung und Schaltplan der Motorsteuerung

D8d4: Layout der Schaltungsplatinen

D8d5: Schreiben der Firma Hogenkamp

D8d6: Kopie Briefumschlag.

V. Am 19. Februar 2004 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerinnen beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerden zurückzuweisen (Hauptantrag), hilfsweise das Patent in geändertem Umfang auf der Basis des jeweiligen Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag I bis XI, eingegangen mit Schreiben vom 16. Februar 2004 aufrechtzuerhalten.

Mit Einverständnis der Beteiligten wurde die Diskussion in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen auf die Fragen der Ausführbarkeit sowie der Neuheit bzw. erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem druckschriftlichen Stand der Technik beschränkt.

VI. Die von den Beschwerdeführerinnen vorgebrachten Argumente lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Nach dem Anspruch 1 des Streitpatents sei die Antriebssteuerung für die Betätigung der Anhängekupplung dafür vorgesehen, entweder ein Bewegen des Kugelhalses oder ein Fahren des Kraftfahrzeugs zuzulassen. Sie eigne sich jedoch offensichtlich nicht dazu, das Starten des Fahrzeugmotors zu verhindern, denn dies könne nur durch eine Steuerung des Kraftfahrzeugantriebsmotors erreicht werden. Eine solche sei jedoch im Streitpatent nicht einmal ansatzweise angegeben. Aber selbst dann, wenn man, wie dies die Einspruchsabteilung getan habe, das Vorhandensein einer Motorsteuerung in den Wortlaut des Anspruchs 1 mit hineingelesen würde, wäre die beim Streitpatent gestellte Aufgabe nicht gelöst, denn der Begriff "Fahren" umfasse auch eine Bewegung des Kraftfahrzeugs ohne laufenden Motor, wies z. B. bei abfallendem Gelände auftreten könne. Das Streitpatent gebe auch für die Verhinderung eines solchen Fahrzustandes keine Lösung an. Der aufgabenhaft formulierte Anspruch 1 verstoße daher mangels Ausführbarkeit gegen Artikel 100 b) EPÜ.

Bei einem gemäß D6 im Kofferraum eines Kraftfahrzeugs angeordneten Schalter zur Auslösung einer Bewegung der Anhängekupplung handle es sich um eine logische Anordnung, die aufgrund des Anbringungsortes eine Bewegung der Anhängekupplung während der Fahrt ausschließe. Um den Kofferraum zu öffnen und den Schalter zu betätigen sei es nämlich nötig, das Fahrzeug anzuhalten, wozu üblicherweise auch der Motor abgeschaltet werde. Es sei allerdings immer möglich, eine Sicherheitssteuerung durch unübliche Verfahrensweisen zu umgehen, was auch die äußerst allgemein formulierte Lehre nach dem Anspruch 1 des Streitpatents nicht ausschließe. Der beanspruchte Gegenstand sei daher durch den Stand der Technik nach Artikel 54 (3) EPÜ gemäß D6 neuheitsschädlich vorweggenommen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe außerdem auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wenn man den druckschriftlich belegten Stand der Technik nach Artikel 54 (2) EPÜ in Betracht ziehe. Aus der D5 sei eine Anhängekupplung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 bekannt, denn die in der D5 offenbarte Positionierungsstellung entspreche der Arbeitsstellung beim Streitpatent. Es sei für einen Fachmann offensichtlich, daß von der bekannten Anhängekupplung bei unsachgemäßer Handhabung eine Gefahr ausgehe. Es sei daher naheliegend, bei der bekannten Anhängekupplung entsprechende Vorkehrungen zu treffen und sich hierbei der Vorbilder aus dem Stand der Technik zu bedienen. So zeige beispielsweise die D12 eine Sicherheitsschaltung für elektrisch ansteuerbare Türantriebe in Fahrzeugen, die bei ausgelöster Öffnungsbewegung der Türe eine Anfahrsperre aktiviere und ein unkontrolliertes Öffnen der Türe verhindere. Die Anwendung dieser Sicherheitsschaltung bei einer Anhängekupplung der in Rede stehenden Art führe daher in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1.

VII. Die Beschwerdegegnerin argumentierte in etwa wie folgt:

Im Anspruch 1 des Streitpatents seien die wesentlichen Merkmale aufgeführt und der Fachmann könne anhand der Beschreibung der Ausführungsbeispiele die beanspruchte Lehre problemlos ausführen. Im übrigen sei es dem Fachmann am Prioritätstag des Streitpatents bekannt gewesen, daß über Ein- und Ausgangssignale einer Steuereinrichtung für Nebenaggregate der Antriebsmotor des Kraftfahrzeuges in bestimmten Situationen blockiert werden könne, wie dies z. B. im Falle eines eingelegten Ganges eines automatischen Getriebes der Fall sei.

Die Anordnung eines Schalters für die Anhängekupplungsbetätigung nach der D6 könne nicht verhindern, daß das Fahrzeug schon während der Bewegung des Kugelhalses der Anhängekupplung losfährt. Nach Auslösens des Schalters für die Kupplungsbewegung dauere die Schwenkzeit der Kupplung ca. 20 bis 30 Sekunden. Innerhalb dieser Zeit könne der Fahrer einsteigen und losfahren. Im übrigen sei die Formulierung im Anspruch 1, nach der "eine Steuerung zum Betreiben des Antriebs vorgesehen ist", zwangsläufig als eine durch die Steuerung selbst bedingte Verknüpfung zu verstehen. Die Anordnung des Betätigungsschalters im Kofferraum gemäß D6 sei jedoch etwas anderes als eine innerhalb einer Steuerung selbst vorhandene logische Verknüpfung. Im Gegensatz zur Anordnung des Schalters sei die Funktion einer Steuerung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents nicht ortsabhängig. Der Gegenstand nach dem Anspruch 1 sei daher gegenüber dem Stand der Technik nach der D6 neu.

Die D5 offenbare keine Anhängekupplung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1, denn die bekannte Kupplung habe keine Arbeitsstellung und keine Ruhestellung, wie sie aus dem Gesamtoffenbarungsinhalt des Streitpatents zu verstehen seien. Die labile Positionierungsstellung der Kupplung nach der D5 sei keine Arbeitsstellung im Zugbetrieb und eine Ruhestellung der Kupplung im Sinne des Streitpatents sei bei der D5 überhaupt nicht vorhanden. Die Sicherheitsvorrichtung nach der D5 offenbare somit eine andere Sicherheitsphilosophie als das Streitpatent. Daher könne auch der Offenbarungsinhalt des gesamten weiteren druckschriftlichen Standes der Technik in Verbindung mit der D5 den beanspruchten Gegenstand nicht naheliegen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Der Wortlaut des Anspruchs 1 des Streitpatents, nach dessen Anspruchskennzeichen eine Steuerung zum Betreiben des Anhängekupplungs-Antriebs vorgesehen ist, welche entweder ein Bewegen des Kugelhalses oder ein Fahren des Kraftfahrzeugs zuläßt, kann von einem fachmännischen Leser nur so verstanden werden, wie dies im Ausführungsbeispiel des Streitpatents erläutert ist, nämlich daß die Kupplungssteuerung über Signalleitungen auf die Motorsteuerung im beanspruchten Sinne einwirkt. Im Streitpatent ist somit zumindest eine Ausführungsmöglichkeit der beanspruchten Lehre offenbart. Der Gegenstand nach dem Anspruch 1 des Streitpatents ist daher durch einen Fachmann ausführbar und entspricht den Anforderungen von Artikel 100 b) EPÜ.

3. Die Druckschrift D6 stellt einen Stand der Technik gemäß Artikel 54 (3) EPÜ in Hinblick auf die im Streitpatent wirksam benannten Vertragsstaaten ES, FR, GB, NL und SE dar. Im Rahmen des EPÜ ist für die vorstehend genannten Vertragsstaaten die europäische Phase mit Zahlung der entsprechenden Benennungsgebühren eingeleitet worden (Artikel 158 (1), 2. Satz, 158 (2) EPÜ).

Aus der D6 ist unbestritten eine Anhängekupplung für Kraftfahrzeuge mit den im Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents aufgeführten Merkmalen bekannt. Gemäß D6 sind weiter eine den Antrieb der Anhängekupplung bei Lastüberschreitung abschaltende Steuerung und ein außerhalb der Fahrgastzelle, z. B. im Kofferraum des Fahrzeugs angeordneter Betätigungsschalter für die Anhängekupplung vorgesehen. Hierdurch sollen einerseits etwaige durch Behinderung der Stangenbewegung auftretende Schäden vermieden werden und andererseits gewährleistet sein, daß die Verstellung nicht während der Fahrt des Fahrzeuges eingeleitet werden kann (vgl. Seite 7, Zeilen 7 bis 18 und Anspruch 7 der D6). Aus dem Vorstehenden folgt, daß bei der bekannten Anhängekupplung die Einleitung der Fahrt des Fahrzeuges nicht durch die Kupplungssteuerung selbst, sondern durch die besondere Anordnung ihres Betätigungsschalters verhindert werden soll. Durch die Formulierung des im Kennzeichen des Anspruchs 1 des Streitpatents enthaltenen Textes, "daß eine Steuerung (190) zum Betrieben des Antriebs (80) vorgesehen ist, welche entweder ein Bewegen des Kugelhalses (14) oder ein Fahren des Kraftfahrzeugs (36) zuläßt" wird in Verbindung mit dem weiteren Inhalt des Streitpatents zum Ausdruck gebracht, daß die Steuerung zum Betreiben des Kupplungsantriebs selbst Mittel aufweisen muß, welche entweder die Bewegung des Kugelhalses oder ein Fahren des Fahrzeugs zuläßt. Die Argumentation der Beschwerdeführerinnen, daß eine solche logische Steuerung erst im abhängigen Anspruch 2 des Streitpatents in Form einer Verknüpfung der Steuerung der Anhängekupplung mit dem Motorlauf des Kraftfahrzeugs angegeben sei und somit die im Anspruch 1 genannte Steuerung auch auf die Steuerung durch den Betätigungsschalter der Anhängekupplung gelesen werden könne, ist nicht schlüssig, da der Anspruch 2 lediglich eine einzige Ausführungsart einer möglichen logischen Abhängigkeit der Kupplungsbewegung von dem Fahrzustand benennt. Bei Sicherheitsschaltungen in Zusammenhang mit Anhängekupplungen ist es nämlich auch schon bekannt, bei sicherheitsrelevanten Funktionen der Kupplung durch Aktivierung der Bremse das Fahrzeug am Wegfahren zu hindern (vgl. z. B. D9).

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents ist daher im Vergleich zum Stand der Technik nach der D6 neu, was auch unbestritten für den weiteren druckschriftlich belegten Stand der Technik gilt.

4. Die Prüfung des Gegenstandes des Anspruchs 1 auf erfinderische Tätigkeit wird nachfolgend nur auf der Basis des druckschriftlich belegten Standes der Technik gemäß Artikel 54. (2) EPÜ durchgeführt.

Die in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents als gattungsbildender Stand der Technik bezeichnete D5 offenbart, wie auch von der Beschwerdegegnerin bestätigt wird, keine Anhängekupplung mit allen Merkmalen aus dem Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents. Der Kugelhals dieser bekannten Anhängekupplung weist eine mittels eines Bolzens 84 verankerte Arbeitsstellung für den Zugbetrieb auf (trailering mode), von der aus er nach Entfernen des Verankerungsbolzens durch einen motorischen Antrieb in eine labile Positionierungsstellung (wide range operating mode) ausfahrbar ist (Figur 3 und 4 der D5). In der Positionierungsstellung kann der Kugelhals der Kupplung in Grenzen frei beweglich an das Kupplungsgegenstück des Anhängers herangeführt werden. Nach dem Ankuppeln wird die Anhängekupplung (mit dem angekuppelten Anhänger) motorisch in ihre Arbeitsstellung gefahren und mittels des Verankerungsbolzens fixiert.

Die Positionierungsstellung der bekannten Kupplung stellt weder eine Arbeitsstellung (Zugbetriebsstellung) im Sinne des Streitpatents noch eine Ruhestellung im Sinne des Streitpatents dar, in der in einer Außerbetrieblage der Kupplungshals für eine außenstehende Person möglichst nicht sichtbar ist. Der Kupplungshals nach der D5 läßt sich lediglich manuell durch Entfernen eines weiteren Sicherungsbolzens 80 von der übrigen Kupplungsvorrichtung entfernen und wird dann durch einen Deckel 102 (Figur 7 der D5) ersetzt.

Die Anhängekupplung nach der D5 ist demnach gegenüber der beanspruchten Anhängekupplung gattungsfremd und kann folglich keine Basis für die Weiterentwicklung einer Kupplung im Sinne des Streitpatents dienen. Es ist daher für einen Fachmann nicht möglich, durch Zusammenschau der Druckschrift D5 und einer oder mehrerer der weiteren zum Stand der Technik genannten Druckschriften zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents zu gelangen, unabhängig davon, ob diese weiteren Druckschriften eine Sicherheitssteuerung nach dem im Kennzeichen des Anspruchs 1 des Streitpatents definierten Prinzip offenbaren oder nicht.

5. In der angefochtenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung nichts über das Ergebnis einer Prüfung dahingehend gesagt, ob es sich bei dem Gegenstand, wie er durch die im Einspruchsverfahren zu D8 vorgelegten Beweismittel definiert wird, um eine offenkundige Vorbenutzung handelt und ob er den Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich vorwegzunehmen und ggf. bei einer Zusammenschau mit dem weiteren (druckschriftlichen) Stand der Technik nahezulegen vermag. In der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 19. März 2002 hat sie allerdings festgestellt, daß der Gegenstand der "offenkundigen Vorbenutzung" gemäß D8 zum Stand der Technik zählt und vom technischen Inhalt her mit dem Inhalt der D6 vergleichbar sei, was von der Beschwerdeführerin I in der Beschwerdebegründung auch als zutreffend bezeichnet wird, wonach für den Gegenstand der im Einspruchsverfahren vorgetragenen "offenkundigen Vorbenutzung" ggf. das vorstehend unter Punkt 2.2 festgestellte Ergebnis der Neuheitsprüfung für die D6 geltend müßte.

Die Beschwerdeführerin I hat jedoch im Laufe des Beschwerdeverfahrens zur Belegung der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung D8 weitere Beweismittel D8d3 bis D8d6 vorgelegt und hierfür einen der beiden schon im Einspruchsverfahren angebotenen Zeugen benannt (Wolfgang J. F. Iffländer).

Die Kammer hält es derzeit nicht für angezeigt, die behauptete offenkundige Vorbenutzung gemäß D8 auf die für ihre Anerkennung relevanten Kriterien zu überprüfen und ihren Gegenstand bei der Prüfung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit mit dem beim Streitpatent beanspruchten Gegenstand zu vergleichen. Im vorliegenden Falle hat die Beschwerdekammer es zwar im Interesse eines insgesamt zügigen Verfahrens als sachdienlich angesehen, über die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes nach dem erteilten Anspruch 1 auf der Basis des druckschriftlichen Standes der Technik gemäß Artikel 54 (2) und (3) EPÜ zu entscheiden. Was jedoch die Prüfung der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung, insbesondere unter Einschluß der im Beschwerdeverfahren eingereichten weiteren Beweismittel D8d3 bis D8d6 und des wiederholten Zeugenangebots anbetrifft, wäre es nach Überzeugung der Beschwerdekammer mit dem Rechtsanspruch der Beschwerdegegnerin auf zwei Instanzen nicht vereinbar, insbesondere auch in Hinblick auf die von ihr in der mündlichen Verhandlung hilfsweise angeregte Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz, beim derzeitigen Verfahrensstand schon über die Neuheit und erfinderische Tätigkeit der Gegenstände nach dem Hauptantrag bzw. nach den Hilfsanträgen I bis XI unter Einbeziehung der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung abschließend zu entscheiden.

Die Kammer macht daher von der ihr in Artikel 111 EPÜ eingeräumten Befugnis Gebrauch, die Angelegenheit zur weiteren Prüfung des Streitpatents auf der Basis des Hauptantrags und der Hilfsanträge I - XI an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Prüfung zurückverwiesen.

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