T 0444/02 () of 3.4.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T044402.20030403
Datum der Entscheidung: 03 April 2003
Aktenzeichen: T 0444/02
Anmeldenummer: 95118171.8
IPC-Klasse: F16C 1/16
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Spannschloß für Kabelzug
Name des Anmelders: Schwarzbich, Jörg
Name des Einsprechenden: SCHUKRA Gerätebau AG
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdegegner ist Inhaber des europäischen Patents Nr. 0 774 590 (Anmeldenummer: 95 118 171.8).

Patentanspruch 1 wie erteilt lautet:

"1. Spannschloß für einen Kabelzug, mit einem Gehäuse (12) und zwei miteinander in Gewindeeingriff stehenden Gewindeteilen (22, 32), deren erstes ein drehfest und axial verschiebbar in dem Gehäuse geführter Gewindebolzen (32) mit einem Außengewinde (34) ist, der eine zur Stirnseite offene Ausnehmung (42) zum Einhaken des Kabelzuges aufweist, während das zweite Gewindeteil (22) axialfest und drehbar in dem Gehäuse gehalten ist und eine Drehhandhabe (28) aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß die Ausnehmung (42) für den Kabelzug in einem Abschnitt des Außengewindes (34) des Gewindebolzens (32) ausgebildet ist, wobei auch dieser Abschnitt bei eingehakten Kabelzug mit dem zweiten Gewindeteil verschraubbar ist."

II. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) legte gegen das erteilte Patent Einspruch ein und beantragte, das Patent u. a. wegen fehlender Patentfähigkeit zu widerrufen.

Sie berief sich dabei insbesondere auf:

D1: FR-A-850 578

D5: DE-C-43 21 985

III. Mit am 21. Februar 2002 zur Post gegebener Entscheidung wies die Einspruchsabteilung den Einspruch zurück.

IV. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) am 19. April 2002 unter Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung ist am gleichen Tag eingegangen.

V. Es wurde am 3. April 2003 vor der Kammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

Zur Stützung ihrer Anträge brachte sie im wesentlichen folgendes vor:

i) Ein gattungsgemäßes Spannschloß sei aus der in der Streitpatentschrift gewürdigten D5 bekannt. Wie in Spalte 1, Zeilen 37 bis 44 der Streitpatentschrift ausgeführt sei, zeigten die Figuren 1 und 2 von D5 eine Gewindespindel, bei der die Querbohrung zur Aufnahme des Seilzuges in einem Abschnitt der Gewindespindel ausgebildet sei, welcher kein Außengewinde aufweise.

Ausgehend von diesem Stand der Technik liege daher dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, die Baulänge der Verstellvorrichtung bzw. des Spannschlosses zu verringern (vgl. Spalte 1, Zeilen 45 und 46).

ii) Aus den Figuren 1 und 2 der D5 sei ersichtlich, daß die Länge der Gewindespindel maßgeblich für die Baulänge der Gesamtanordnung sei. Stelle sich nunmehr der Fachmann die Aufgabe, die Baulänge der Gesamtanordnung zu verringern, denke er selbstverständlich zuallererst an eine Verkürzung der Gewindespindel. Gleichzeitig würde der Fachmann ohne weiteres erkennen, daß er die Gewindespindel kürzer ausbilden könne, wenn der Abschnitt, in dem die Querbohrung zur Aufnahme des Kabelzuges ausgebildet sei, auch mit dem Außengewinde der Gewindespindel ausgestattet sei. Bereits aufgrund der in der Streitpatentschrift genannten Aufgabe allein gelange daher der Fachmann zur Erfindung.

Desweiteren bilde die behauptete Erfindung die einzige Lösung zur Verkürzung der Gewindespindel und somit des Spannschlosses. In der Ausbildung des Außengewindes über die gesamte Länge der Gewindespindel könne nichts anderes als eine rein handwerkliche, für jeden Fachmann auf der Hand liegende Maßnahme gesehen werden.

iii) D1 offenbare eine Verstellvorrichtung, die eine in einem Gehäuse geführte axial bewegliche Gewindespindel aufweise. In dem Außengewinde dieser Gewindespindel sei eine Bohrung für eine Madenschraube ausgebildet, mit deren Hilfe der Kabelzug in der Gewindespindel bzw. dem Gewindebolzen befestigt werde. Wie aus Figur 1 dieser Druckschrift hervorgehe, sei zwischen der Bohrung für die Madenschraube und dem restlichen Außengewinde der Gewindespindel keinerlei Zwischenraum vorhanden, so daß diese Bohrung sehr wohl im Außengewinde der Gewindespindel im Sinne des kennzeichnenden Teils des Patentanspruchs 1 angesehen werden könne.

Das Gehäuse des Spannschlosses gemäß D1 weise ein Außengewinde auf, das das Anschrauben einer Befestigungsmutter ermögliche. Dieses Außengewinde sei von einer Längsnut unterbrochen, wo das freie Ende der Madenschraube geführt werde. Es sei demnach dem Fachmann durchaus bekannt, daß ein Außengewinde nicht durchgehend ausgebildet sein muß, um seine technische Funktion auszuüben.

Werde nun der Fachmann vor die in der Streitpatentschrift genannte Aufgabe gestellt, müsse es für ihn als auf der Hand liegend angesehen werden, den Abschnitt der Gewindespindel, wo sich die Ausnehmung zum Einhaken des Kabelzuges befinde, auch mit dem Außengewinde der Gewindespindel auszustatten, wie es ihm durch D1 gelehrt werde.

Beim Gegenstand des Patentanspruchs 1 fehle daher die notwendige erfinderische Tätigkeit.

VI. Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) widersprach detailliert dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und vertrat die Auffassung, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 durch den Stand der Technik gemäß den Druckschriften D5 und D1 nicht nahegelegt werde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

Da die Neuheit im Beschwerdeverfahren nicht bestritten wurde, erübrigt sich ein näheres Eingehen hierauf.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Es besteht Einigkeit darüber, daß ein gattungsgemäßes Spannschloß aus der D5 bekannt ist. Dieses Spannschloß enthält eine in einem Gehäuse geführte axial bewegliche Gewindespindel, einen Gewindering und einen Verstellgriff. In der Seitenwand der Gewindespindel ist eine Querbohrung zur Aufnahme des verdickten Endes eines Seilzugs ausgebildet. Durch Drehen des Verstellgriffs kann die Gewindespindel innerhalb des Gehäuses axial bewegt werden, um somit eine Zugkraft auf den Seilzug der Bowdenzuganordnung auszuüben.

Als Nachteil dieses bekannten Spannschlosses ist in der Streitpatentschrift herausgestellt, daß die Querbohrung zur Aufnahme des verdickten Endes des Kabelzuges in einem Abschnitt der Gewindespindel ausgebildet sei, welcher kein Außengewinde aufweise. Hierdurch ergebe sich insgesamt eine relativ große axiale Baulänge.

Dementsprechend kann die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe - wie in der Streitpatentschrift angegeben - darin gesehen werden, die Baulänge der Verstellvorrichtung bzw. des Spannschlosses zu verringern (vgl. Spalte 1, Zeilen 45 und 46 der Streitpatentschrift).

3.2. Diese Aufgabe wird bei einem gattungsgemäßen Spannschloß durch die im Kennzeichen des Patentanspruchs 1 angegebene Ausbildung der Ausnehmung für den Kabelzug in einem Abschnitt des Außengewindes gelöst, wobei auch dieser Abschnitt bei eingehaktem Kabelzug mit dem zweiten Gewindeteil bzw. dem Gewindering verschraubbar ist.

3.3. Wie der Beschwerdegegner überzeugend ausgeführt hat, offenbart der nächstliegende Stand der Technik nach der D5 ein Spannschloß, bei dem die Gewindespindel zwei deutlich voneinander unterschiedliche Funktionen zu erfüllen hat:

a) Die Gewindespindel muß das Einhaken des verdickten Endes des Kabelzuges ermöglichen.

b) Die Gewindespindel muß mit dem Gewindering im Gewindeeingriff stehen, damit sie zu dem Gehäuse axial verstellt werden kann.

Zur Erfüllung dieser beiden Funktionen ist die in D5 offenbarte Gewindespindel in zwei Abschnitte gegliedert, die jeweils eine der beiden Funktionen übernehmen: ein gewindefreier Endabschnitt dient zum Einhaken des Kabelzuges, und ein sich axial daran anschließender Gewindeabschnitt steht im Gewindeeingriff mit dem Gewindering.

Die Beschwerdeführerin hat den Standpunkt vertreten, daß es für den Fachmann, der sich Gedanken über die Verkürzung der Baulänge mache, ohne weiteres naheliege, diese beiden Funktionen zu kombinieren, d. h. den Gewindeabschnitt auch zum Einhaken des Kabelzuges zu verwenden.

D5 lehrt gerade eben, diese beiden unterschiedlichen Aufgaben durch zwei verschiedene Teile oder Abschnitte getrennt zu lösen. Mithin, um zur Erfindung zu gelangen, müßte sich der Fachmann über diese Lehre hinwegsetzen.

3.4. Einen Hinweis, diese beiden Funktionen zu kombinieren, erhält der Fachmann aus der D1 auch nicht. Vielmehr wird auch bei dieser Druckschrift eine klare Funktionstrennung verwirklicht: Die Gewindespindel weist einen Außengewindeabschnitt auf, der mit dem Gewindering im Gewindeeingriff steht, und sie besitzt außerdem einen sich daran anschließenden gewindefreien Endabschnitt, der zur Befestigung des Endes des Kabelzuges mit Hilfe der Madenschraube dient. Wie in der Schnittdarstellung in Figur 1 deutlich zu erkennen ist, weist der Endabschnitt der Gewindespindel, in dem die Madenschraube eingeschraubt ist, kein Außengewinde auf.

3.5. Wie schon vorstehend ausgeführt, ist in D5 keine Anregung zu finden, das Außengewinde der Gewindespindel über den gewindefreien Endabschnitt, wo sich die Querbohrung zum Einhaken des Kabelzuges befindet, zu verlängern, um die Länge der Gewindespindel und somit des Spannschlosses zu verringern. Wäre der Fachmann aufgrund der vorstehend erwähnten Aufgabenstellung auf den Gedanken gekommen, die Länge der Gewindespindel von der D5 zu verringern, dann würde er feststellen, daß der gewindefreie Teil der Gewindespindel, der zwischen dem Außengewinde und der Querbohrung zum Einhaken des Kabelzuges vorhanden ist, keinerlei relevante technische Funktion zu haben scheint und mithin überflüssig ist. Das Weglassen dieses gewindefreien Abschnittes bietet sich daher als Möglichkeit zur Verkürzung der Gewindespindel an, ohne daß es zu der erfindungsgemäßen Ausgestaltung des Endabschnitts der Gewindespindel kommt. Die von der Beschwerdeführerin geschilderte "Einbahnstraße" die zwangsläufig zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen soll, besteht daher nicht.

3.6. Wie bereits ausgeführt, erhält der Fachmann aus der D1 keinerlei Hinweis, den Gewindeabschnitt auch zur Befestigung des Kabelzuges zu verwenden. Dies würde offensichtlich durch die seitlich vorstehende Madenschraube verhindert. Es ist in dieser Hinsicht zu bemerken, daß es bei diesem Stand der Technik auch funktionsnotwendig ist, daß die Madenschraube seitlich aus der Gewindespindel vorsteht und in dem Langloch des Gehäuses geführt wird, weil erst dadurch eine Verdrehsicherung geschaffen wird, die ein Mitdrehen der Gewindespindel mit dem Gewindering verhindert.

Es mag sein, daß in D1 das hülsenförmig ausgebildete Gehäuse ein Außengewinde aufweist, das das Anschrauben einer Mutter zur Befestigung des Gehäuses an einer Wand ermöglicht, wobei die Befestigungsmutter über das Langloch und die Madenschraube, welche in das Langloch geführt ist, hinweggeschraubt wird. Es geht aber aus der D1 nicht hervor, daß es der Zweck dieser Anordnung ist, die Baulänge des Gehäuses, geschweige denn die des Spannschlosses zu verringern. Der zuständige Fachmann, der sich mit einer Verringerung der Baulänge eines gattungsgemäßen Spannschlosses befaßt, würde eine solche Lehre daher nicht in Betracht ziehen.

3.7. Aus alledem folgt, daß sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 diesem Stand der Technik nicht in naheliegender Weise entnehmen läßt. Er beruht somit auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Die Patentansprüche 2 bis 7 betreffen besondere Ausführungsformen des Spannschlosses gemäß Patentanspruch 1 und werden von dessen Patentfähigkeit getragen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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