European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2004:T043402.20041109 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 November 2004 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0434/02 | ||||||||
Anmeldenummer: | 95250281.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | G08G 1/0968 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und System zur Routenplanung | ||||||||
Name des Anmelders: | ATX Europe GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Klarheit - (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 95 250 281.3 durch die Prüfungsabteilung. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die nach Lage der Akte erfolgte, wurde unter anderem damit begründet, daß der Anspruch 1 nicht klar sei (Artikel 84 EPÜ).
II. Im Prüfungsverfahren wurde das folgende Dokument als Stand der Technik erwähnt, der relevant würde, falls es gelingen sollte, den Einwand der mangelnden Klarheit zu beseitigen:
D2: Proceedings of the vehicle navigation and information systems conference, Dearborn, October 20-23, 1991, P-253, Part 1, pages 427 to 439, Kan Chen et al; "Research on anticipatory route guidance".
III. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Anspruch 1 ein, um einen syntaktischen Fehler zu beheben. Anspruch 1 lautet jetzt:
"Verfahren zur Fahrtroutenplanung, insbesondere zur Zielführung von Fahrzeugen, bei dem an einzelnen Orten oder Streckenabschnitten eines Straßennetzes ermittelte Verkehrszustandsdaten, die Informationen über den Verkehrszustand in mindestens einer Fahrtrichtung enthalten, an einen Verkehrsrechner, der eine digitale Straßenkarte aufweist, übertragen und von dem Verkehrsrechner zur Ermittlung mindestens einer günstigen Fahrtroute herangezogen werden, wobei der Verkehrsrechner anhand von mittels einer Zuordnungseinrichtung erfaßten Verkehrszustandsdaten diese in Abhängigkeit von ermittelten und/oder vorgebbaren Eingangsparametern klassifiziert, parameterabhängige Verkehrszustandsmuster für mindestens einige der Orte oder Streckenabschnitte des Straßennetzes ableitet und speichert,der Verkehrsrechner ausgehend von den aktuell erfaßten Verkehrszuständen und den in der Vergangenheit abgeleiteten parameterabhängigen Verkehrszustandsmustern zukünftige Verkehrszustände prognostiziert und der Verkehrsrechner anhand der digitalen Straßenkarte unter Berücksichtigung der prognostizierten Verkehrszustände wenigstens eine günstige Fahrtroute von einer Start- zu einer Zielposition ermittelt, wobei der Verkehrsrechner jeweils einen typischen zeitlichen Übergang von jeweils einem der parameterabhängigen prognostizierten Verkehrszustände eines Orts oder Streckenabschnitts zu einem der parameterabhängigen prognostizierten Verkehrszustände des unmittelbar benachbarten Orts oder Streckenabschnitts bestimmt und zur Ermittlung einer günstigen Fahrtroute heranzieht."
IV. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Der in den Unterlagen zu der angefochtenen Entscheidung nach Lage der Akte bemängelte Begriff "typischer zeitlicher Übergang" im Anspruch 1 stamme aus dem ursprünglichen Anspruch 8, der als ganzes in den derzeit geltenden Anspruch 1 aufgenommen worden sei. Die Bedeutung dieses Begriffes lasse sich aus dem Absatz in Spalte 3, Zeilen 5 bis 15 der Beschreibung der veröffentlichten Anmeldung klar erkennen, insbesondere aus dem einleitenden Hinweis: "Um den zeitlichen Zusammenhang benachbarter typischer Verkehrszustände besser zu erfassen...". Gemeint sei damit der Einbezug der Erfahrung, daß ein großes Verkehrsaufkommen ausgehend von einem Ort, z. B. von München in Richtung Salzburg, erfahrungsgemäß innerhalb eines vorhersehbaren Zeitintervalls zu einem Stau an einem benachbarten Ort, z. B. bei Irschenberg, führen werde. Eine solche Überlegung entspreche nicht einfach dem Beispiel in D2, Seite 428, letzter Absatz, wonach der an einem Stoppschild anhaltende Autofahrer nicht weiterfahre, wenn er mit einem Zusammenstoß mit einem herannahenden Fahrzeug zu rechnen habe.
V. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent in folgender Fassung zu erteilen:
- Ansprüche 1 bis 13, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung und Zeichnungen gemäß der veröffentlichten Anmeldung.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Klarheit (Artikel 84 EPÜ)
2.1. Die Kammer vermag zwischen dem von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Beispiel von einem zeitlichen Übergang bzw. Zusammenhang zwischen einem Verkehrsaufkommen in München und einem Stau bei Irschenberg einerseits und der Überlegung in D2 betreffend das Durchfahren einer Kreuzung andererseits keinen grundsätzlichen Unterschied zu erkennen. Beide Beispiele zeigen das gleiche Prinzip, nämlich die Ausbreitung oder Fortpflanzung eines Verkehrszustands von einem Raum-Zeit Punkt zu einem anderen, die bei der Ermittlung einer Fahrtroute immer zu berücksichtigen ist. In dem Beispiel nach D2 ist es für den Autofahrer, der gerade am Stoppschild hält, nicht maßgeblich, daß die Kreuzung in dieser Sekunde frei ist, sondern daß sie in einigen Sekunden, wenn das von einer Querstraße kommende Auto die Kreuzung erreicht hat, nicht mehr frei sein wird. Eine Auslegung des genannten Anspruchsmerkmals im Sinne einer solchen Ausbreitung von Verkehrszuständen überzeugt nicht als Erklärung für den spezifischen Begriff "typischer zeitlicher Übergang", da eine solche Ausbreitung derart banal ist, daß sie in den "Verkehrszustandmustern" (Zeile 14 des Anspruchs, wie unter Ziffer III oben wiedergegeben) schon berücksichtigt sein muß in dem Sinne, das jedes Verkehrsmodell, das diesen Namen verdient, diesen Aspekt des Verkehrsflusses berücksichtigen muß.
2.2. Die Kammer sieht sich in ihrer Ansicht bestätigt durch die Stellen in der Beschreibung, die eine Stütze für den beanstandeten Begriff bereitstellen sollen. In der Beschreibung, Spalte 5, Zeilen 31 bis 43, ist von "Übergängen" die Rede, die mit der ersten Ableitung nach dem Ort gleichgesetzt werden, ohne daß eine ableitbare Funktion spezifiziert wird. In der mündlichen Verhandlung sah sich der Vertreter der Beschwerdeführerin nicht in der Lage, eine Erklärung zu diesem Punkt anzubieten, obwohl schon in der Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen wurde. Nach Auslegung der Kammer geht es hier um "örtliche Übergänge", die von den zeitlichen Übergängen zu unterscheiden sind. Trotz der spärlichen Angaben zu diesen offenbar örtlichen Übergängen in der Beschreibung gewinnt die Kammer den Eindruck, daß es bei den "typischen zeitlichen Übergängen" in der Tat um etwas anderes, ähnlich spezifisches, aber in der Beschreibung nicht spezifiziertes geht. Eine solche lückenhafte Beschreibung ist naturgemäß nicht geeignet, den beanstandeten Begriff im Anspruch im Sinne eines Wörterbuchs zu definieren und damit den Einwand der mangelnden Klarheit nach Artikel 84 zu beseitigen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.