T 0401/02 (Optisch variables Element/GIESECKE & DEVRIENT) of 15.1.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T040102.20040115
Datum der Entscheidung: 15 Januar 2004
Aktenzeichen: T 0401/02
Anmeldenummer: 90118621.3
IPC-Klasse: G06K 19/08
G06K 19/00
B42D 15/00
B44F 1/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Datenträger mit einem optisch variablen Element und Verfahren zu seiner Herstellung
Name des Anmelders: Giesecke & Devrient GmbH
Name des Einsprechenden: Leonhard Kurz GmbH & Co.
THOMSON-CSF
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 R 71a(2)
Schlagwörter: Unzulässige Erweiterung (ja)
Neuheit (nein)
Zulassung eines Antrags (nein)
Orientierungssatz:

Eine Beschwerdekammer hat in Bezug auf die Zulassung eines verspätet gestellten Antrags einen Ermessensspielraum. Bei der Ausübung des Ermessens wird sie verschiedene Faktoren, wie die Dauer des Verfahrens oder die Zumutbarkeit der zu erwartenden Verfahrensverzögerung, abwägen müssen. Sie wird insbesondere zu prüfen haben, ob der Antrag ausnahmsweise zuzulassen ist, weil er im Lichte einer Änderung des dem Verfahrens zugrunde liegenden Sachverhalts gerechtfertigt erscheint oder die verspätete Einreichung wegen besonderer Umstämde entschuldbar ist, die von dem Antragssteller der Kammer glaubhaft dargelegt worden sind. Die Zulassung des Antrags wird regelmäßig abzulehnen sein, wenn die Prüfung der geänderten Ansprüche ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung der Kammer oder einem am Beschwerdeverfahren Beteiligten nicht zuzumuten ist.

Angeführte Entscheidungen:
T 0633/97
T 1105/98
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0519/99
T 0334/08

Sachverhalt und Anträge

I. Das Europäische Patent Nr. 0 420 261, Anmeldenummer 90 118 621.3, ist mit Wirkung vom 24. März 1999 erteilt worden. Anspruch 1 des erteilten Patents lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung einer Serie von Datenträgern, insbesondere Ausweiskarten, Wertpapiere oder dergleichen, wobei jeder der Datenträger mit einem mehrschichtigen, optisch variablen Element, insbesondere Hologramm, versehen ist, welches Beugungsstrukturen aufweist, wobei die Beugungsstrukturen eine visuell erkennbare Information darstellen, dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren aus mehreren Einzelschritten besteht und dass es wenigstens einen vorbestimmten Verfahrensschritt zur Erzeugung einer irreversiblen Veränderung im Bereich des optisch variablen Elements aufweist, wodurch das Erscheinungsbild der durch die Beugungsstrukturen dargestellten Information irreversibel verändert wird, um damit eine Individualisierung eines einzelnen Datenträgers der Serie oder einer Untermenge der Serie zu bewirken."

II. Am 24. Dezember 1999 haben die Einsprechenden O1 und O2 gegen das Patent Einspruch eingelegt und den Widerruf des Patents in vollem Umfang beantragt. Als Einspruchsgrund wurde insbesondere mangelnde Neuheit in Bezug auf die im August 1989 veröffentlichte Druckschrift US-A-4 856 857 geltend gemacht.

Die Patentinhaberin beantragte im Laufe des Einspruchsverfahrens Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang. Diese Änderungen wurden von den Einsprechenden mit dem Einwand der unzulässigen Erweiterung im Sinne des Artikels 123 (2) EPÜ beanstandet.

Die Einspruchsabteilung hat schließlich die Anträge der Patentinhaberin auch aus den Gründen des Artikels 123 (2) bzw. 54 EPÜ zurückgewiesen und das Patent widerrufen; die Entscheidung wurde am 6. Februar 2002 zur Post gegeben und den Beteiligten ordnungsgemäß zugestellt.

III. Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) hat am 5. April 2002 gegen den Widerruf des Patents unter Zahlung einer Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Am 3. Juni 2002 wurden dann eine schriftliche Begründung der Beschwerde und erneut geänderte Patentansprüche eingereicht.

IV. Mit Wirkung vom 11. September 2003 wurde ein Rechtsübergang an dem Patent in das europäische Patentregister eingetragen. Die neue Inhaberin hat als Beschwerdeführerin das Verfahren fortgesetzt.

V. Mit der Ladung zu einer mündlichen Verhandlung wurden die Parteien von der Kammer aufgefordert, neue Anträge bis spätestens einen Monat vor der mündlichen Verhandlung einzureichen.

VI. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2003 hat die Beschwerdeführerin zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erneut geänderte, als "Hauptantrag" und "Hilfsantrag" bezeichnete Anspruchssätze eingereicht. Anspruch 1 des Hauptantrags hat den folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zur Herstellung einer Serie von Datenträgern, insbesondere Ausweiskarten, Wertpapiere oder dergleichen, wobei jeder der Datenträger mit einem mehrschichtigen, optisch variablen Element, insbesondere Hologramm, versehen ist, welches Beugungsstrukturen aufweist, wobei die Beugungsstrukturen eine visuell erkennbare Standardinformation darstellen, dadurch gekennzeichnet, dass in einem ersten Verfahrensschritt ein Master mit den Beugungsstrukturen hergestellt wird und dass in einem vorbestimmten Folgeschritt des Verfahrens zur Herstellung der Elemente eine irreversible Veränderung im Bereich des optisch variablen Elements erfolgt, wodurch das Erscheinungsbild der durch die Beugungsstrukturen dargestellten Standardinformation derart geändert wird, dass damit einzelne Datenträger der Serie oder Untermengen der Serie individualisiert werden."

Anspruch 1 des Hilfsantrags hat den gleichen Wortlaut, mit Ausnahme des Wortes "Master", das durch "Hologramm- Master" ersetzt wurde.

VII. Am 15. Januar 2004 wurde die Sache vor der Kammer in Anwesenheit der Vertreter der Beschwerdeführerin und einer der beiden Beschwerdegegnerinnen, der Einsprechenden O1, mündlich verhandelt.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin einen weiteren Hilfsantrag ("Hilfsantrag 2") mit erneut geänderten Ansprüchen eingereicht. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag vom 15. Dezember 2003 dadurch, dass das Merkmal "insbesondere Hologramm" durch das Merkmal "in Form eines Reflexionshologramms mit einer Metallschicht" ersetzt ist und ein Merkmal mit dem Wortlaut "während der Herstellung des Transferbandes und/oder des Transfers auf den Datenträger" in den kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 anschließend an die Wörter "zur Herstellung der Elemente" eingefügt wurde.

VIII. Die Beschwerdeführerin hat die Auffassung vertreten, mit den beantragten Anspruchsfassungen die Erfordernisse des EPÜ erfüllt zu haben.

Die Anspruchsänderungen seien jedenfalls durch die ursprünglich eingereichte Anmeldung ausreichend gestützt. Das ergebe sich schon aus dem in der Anmeldeschrift offenbarten Kern der Erfindung, die Individualisierung der Datenträger in einer Kosten sparenden Weise vorzunehmen, nämlich im Anschluss an die übliche Herstellung von an sich bekannten optisch variablen Standardelementen. Das werde erfindungsgemäß durch Prägung mittels eines Standardmasters und erst anschließender irreversibler Veränderung der so hergestellten Standardelemente erreicht. Prägehologramme seien aber nur die bevorzugte Ausführungsform; der fachkundige Leser der Anmeldeschrift würde ohne weiteres die Anwendung der Erfindungsidee auch bei solchen Beugungsstrukturen in Betracht ziehen, bei deren Herstellung bekanntermaßen Master Verwendung fänden. Darauf weise schon der ursprüngliche Anspruch 1 direkt hin, da er nur auf Beugungsstrukturen allgemein Bezug nehme.

Die Patentfähigkeit der beanspruchten Erfindung und insbesondere deren Neuheit gegenüber der Entgegenhaltung US-A-4 856 857 seien auch gegeben. Der fachkundige Leser werde nämlich von der US-Patentschrift angeleitet, transparente Hologramme zu verwenden, die den Durchblick auf den Datenträger und damit dem Kartenbenutzer das visuelle Erkennen der direkt auf dem Kartenkörper durch Bedrucken, Prägen usw. aufgebrachten Informationen ermöglichten. Eine derartige Lösung mache aber eine irreversible Veränderung im Bereich der optisch variablen Elemente überflüssig und führe daher den Fachmann in eine gänzlich andere Richtung.

Die von der Beschwerdegegnerin zitierte Textstelle in Spalte 3, Zeilen 42 bis 63 der US-Patentschrift, könne nur bei vorheriger Kenntnis der Erfindung als Hinweis auf Veränderungen im Bereich der optisch variablen Elemente mißverstanden werden. Auch das zitierte Ausführungsbeispiel in den Figuren 14 und 15 mit den Textstellen Spalte 19, Zeile 59 bis Spalte 20, Zeile 20 gäben keinen Hinweis auf eine visuell erkennbare Veränderung der Beugungsstruktur zur Individualisierung des Datenträgers. Der in der Figur 14 gezeigte Namenszug des Kartenbenutzers sei vielmehr auf dem Kartenkörper selbst aufgebracht und werde daher nicht durch irgendwelche irreversiblen Veränderungen im Sinne der Erfindung erzeugt.

IX. Die Beschwerdeführerin hat daher die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrecherhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Basis des mit Schreiben vom 15. Dezember 2003 eingereichten Hauptantrags bzw. Hilfsantrags (Hilfsantrag 1) sowie des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 2 beantragt.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) O1 hat die Zurückweisung der Beschwerde und die Nichtzulassung des Hilfsantrags 2, hilfsweise die Zurückverweisung an die erste Instanz, beantragt.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) O2 hat im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt.

X. Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin O1 können die Anträge der Beschwerdeführerin keinen Erfolg haben. Der Hauptantrag erfülle nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ, während der Hilfsantrag 1 unter anderem wegen fehlender Neuheit des beanspruchten Herstellungsverfahrens nicht gewährbar sei. Der Hilfsantrag 2 sei verspätet gestellt worden und dürfe nicht zugelassen werden.

Die ursprünglichen Unterlagen offenbarten die Verwendung eines Masters zur Herstellung von Beugungsstrukturen nur in Zusammenhang mit einem Hologramm-Master. Über die Mittel und Verfahren zur Herstellung anderer Beugungsstrukturen als Hologramme sei in der Anmeldung aber nichts ausgesagt. Da dem Fachmann für die Herstellung von Beugungsstrukturen eine Vielzahl unterschiedlichster Techniken zur Verfügung stünden, habe er keinen Anlass das beschriebene Ausführungsbeispiel auf die Verwendung eines Masters bei der Herstellung anderer Beugungsstrukturen zu verallgemeinern.

Der Gegenstand des Hilfsantrags 1 werde durch den in den Figuren 1 bis 3, 14 und 15 der US-Patentschrift gezeigten Hologramm- und Kartenaufbau neuheitsschädlich vorweggenommen. Die irreversible Veränderung im Bereich eines Hologramms werde durch Aufprägung von graphischen Darstellungen bzw. durch deren Anordnung zwischen den Schichten des optisch variablen Elementes erzielt.

Der Hilfsantrag 2 sei von der Beschwerdeführerin ohne nachvollziehbaren Entschuldigungsgrund sehr spät, erst in der mündlichen Verhandlung, der Kammer und der Beschwerdegegnerin zur Kenntnis gebracht worden. Die Anspruchsänderungen seien wörtlich weder der ursprünglichen noch der erteilten Anspruchsfassung entnommen worden. Das mache eine neue, besonders sorgfältige und umfangreiche Prüfung der Anspruchsänderungen und gegebenenfalls auch eine zusätzliche Recherche erforderlich.

XI. Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung nach Beratung die Zulassung des Hilfsantrags 2 abgelehnt und nach Beendigung der sachlichen Debatte und Beratung die Entscheidung über die Beschwerde verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Beschwerde war aber zurückzuweisen, da die Beschwerdeführerin weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag 1 gewährbare Anspruchsfassungen vorgelegt hat und der Hilfsantrag 2 nicht zugelassen werden konnte.

Hauptantrag

3. Dem Hauptantrag liegen Änderungen des erteilten Anspruchs 1 zugrunde, die nicht den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ genügen.

Nach dieser Vorschrift darf ein europäisches Patent nicht in einer Weise geändert werden, daß sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Wenn die Änderung nicht wortwörtlich offenbart ist, kann diese Vorschrift nur erfüllt sein, wenn sich der Gegenstand des Patents in der geänderten Fassung für den fachkundigen Leser unmittelbar und unzweideutig aus dem Inhalt der ursprünglichen Anmeldung ergibt.

Der Anspruch 1 des Hauptantrags definiert im kennzeichnenden Teil einen ersten Verfahrensschritt, in dem ein "Master mit den Beugungsstrukturen" hergestellt wird. Die Beugungsstrukturen sind gemäß Anspruchswortlaut Teil eines mehrschichtigen, optisch variablen Elements, das fakultativ ein Hologramm sein kann.

Ein solcher erster Verfahrensschritt läßt sich der ursprünglichen Anmeldung wörtlich nur für Hologrammstrukturen entnehmen. Die Anmeldung stellt in der Tat die Erfindung weitgehend im Rahmen der Hologrammtechnik dar und erwähnt andere Beugungsstrukturen, wie beispielsweise Kinegramme®, nur am Rande. Die Einschränkung auf Hologramme geht so weit, daß in den Spalten 5 und 6 der A-Schrift der "Kern der Erfindung" und das "erfindungsgemäße Grundprinzip" im Zusammenhang mit Hologrammen und Hologrammkarten offenbart wird.

In Spalte 6, Zeilen 16 ff. wird in einem Satz erwähnt, daß der Erfindungsgedanke auch bei "Kinegrammen® etc." sinngemäß anwendbar sei. Andere Herstellungstechniken werden zwar erwähnt, aber nicht in direktem Bezug auf die Erfindung, sondern nur im Rahmen der Würdigung des Standes der Technik (siehe insbesondere die Spalte 2).

Der Begriff "Master" ist im Anspruch selbst nicht näher definiert. Im allgemeinen Sprachgebrauch der Druck- und Vervielfältigungstechnik bezeichnet man damit Originale, oder Kopien von Originalen, mit denen Kopien der Originale hergestellt werden können. Die Verwendung dieses Begriffs in der Anmeldung entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch. Gemäß der bevorzugten Ausführungsform der offenbarten Erfindung werden "Präge- Transferhologramme" mittels eines "Prägemaster" und/oder einer "Prägematrix" auf so genannten Transferbändern vorgefertigt und im Transferverfahren auf die eigentlichen Datenträger übertragen. In Spalte 27 ff. werden noch Volumen-Film-Hologramme behandelt, bei denen ein "Primärhologramm" die Rolle des Prägemasters übernimmt (siehe Spalte 28, Zeile 16 f.). Für andere Beugungsstrukturen werden keine Herstellungshinweise gegeben.

Mehrschichtige, optisch variable Elemente, insbesondere mit einfacheren Beugungsstrukturen, können jedoch auch ohne Verwendung eines Originals der zu erzeugenden Beugungsstruktur, also ohne ein Master in diesem Sinne, hergestellt werden, beispielsweise durch direkte Gravur oder mittels der Verwendung eines Standardsatzes von Prägestempeln (siehe A-Schrift, Spalte 4, Zeilen 29 bis 44). Die Bezugnahme im Anspruch 1 auf die Verwendung eines Masters zur Herstellung von Beugungsstrukturen im allgemeinen gäbe daher dem fachkundigen Leser des Patents eine zusätzliche, technisch relevante Information, die er direkt und unzweideutig der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht entnehmen könnte. Anspruch 1 (Hauptantrag) enthält daher eine unzulässige Erweiterung und ist daher im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ nicht gewährbar.

Hilfsantrag 1

4. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist nicht gewährbar, weil sein Gegenstand nicht das Erfordernis der Neuheit nach Artikel 54 EPÜ erfüllt.

Es ist zwischen den Parteien zu Recht unstrittig, daß aus der Patentschrift US-A-4 856 857 ein Verfahren zur Herstellung einer Serie von Datenträgern bekannt ist (siehe beispielsweise die US-Patentschrift, Figuren 1 bis 3, "article" 40, Figur 12 "deposit card" 70, oder Figur 14 "magnetic card" 70), bei dem jeder der Datenträger mit einem mehrschichtigen, optisch variablen Element, insbesondere Hologramm 1, versehen wird. Das optisch variablen Element weist Beugungsstrukturen in Form eines Hologramms auf (siehe beispielsweise die mehrschichtigen Hologramm-Elemente 1 in den Figuren 2, 13. und 15), wobei das Hologramm ein für den Kartenbenutzer visuell erkennbares räumliches Objekt wiedergeben soll ("a three dimensional reproduced image of the hologram", siehe Spalte 26, Zeilen 30 bis 34). Da dieses Objekt für alle Datenträger einer Serie dupliziert wird ("a body of matter is recorded ... large amount of duplications", siehe Spalte 1, Zeilen 12 bis 18), kann die im Hologramm gespeicherte Information als eine "Standardinformation" im Sinne des Anspruchs 1 bezeichnet werden.

Die US-Patentschrift offenbart jedoch nach Überzeugung der Kammer noch weitere Schritte des beanspruchten Herstellungsverfahrens. In einem ersten Verfahrensschritt wird ein Hologramm-Master mit den Beugungsstrukturen hergestellt ("hologram original plate", siehe US-Patentschrift, Spalte 6, Zeilen 53 bis 64). Es werden dann weitere, vorbestimmte Folgeschritte bei der Herstellung des Datenträgers erforderlich, bei denen ein Hologramm durch Prägung auf einer Kunstharzschicht ("resin layer" 2) erzeugt und in das mehrschichtige, optisch variable Element 1 eingearbeitet werden müssen, um dann beispielsweise mittels eines Transferbandes auf den Datenträger aufgebracht zu werden (siehe beispielsweise den Transferschritt in Figur 3).

Der fertige Datenträger weist im Bereich des optisch variablen Elements sichtbare graphische Darstellungen auf ("display portions" 5), die das Erscheinungsbild der durch das Hologramm dargestellten Standardinformation verändern. Diese graphische Darstellungen können individualisierende Information, wie beispielsweise den Namen des Karteninhabers, darstellen (siehe Spalte 3, Zeilen 50 bis 63, insbesondere Zeilen 57 ff. und Spalte 20, Zeilen 1 bis 4).

Die US-Patentschrift zählt zwar, wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht wurde, eine ganze Reihe unterschiedlichster graphische Darstellungen auf, was aber den fachkundigen Leser nicht hindert, die aufgezählten Beispiele als mögliche Alternativen aufzufassen, die er bei Bedarf als graphische Darstellungen in Betracht ziehen würde. Zum einen sind diese Alternativen konkret beschrieben und in ihrer Zahl überschaubar; zum anderen sind sie durch die Angabe der jeweiligen Funktion der darzustellenden Information, wie beispielsweise die Individualisierung des Datenträgers oder die rein dekorative Funktion, soweit qualifiziert, daß bei sorgfältigem Lesen der US-Patentschrift jede dieser Alternativen direkt und unzweideutig als mögliche Ausführungsform für die graphisch Darstellung 5 erkennbar ist. In dem Ausführungsbeispiel nach Figuren 14. und 15, wo es um eine Magnetkarte geht, wäre dies insbesondere der Name des Kartenbenutzers (siehe Spalte 20, Zeilen 1 bis 4).

Für die Anordnung der graphische Darstellungen in Bezug auf das optisch variable Element offenbart die US- Patentschrift gleichfalls mehrere Möglichkeiten. Hierzu gehört insbesondere die Anordnung der graphischen Darstellung innerhalb des optisch variablen Elementes (siehe Figur 2) und zwischen Kartenkörper und optisch variablem Element. Da das optisch variable Element aus mehreren Schichten besteht, die nicht zerstörungsfrei voneinander lösbar oder vom Kartenkörper entfernbar sind (siehe beispielsweise Spalte 4, Zeilen 14 bis 18 oder Spalte 13, Zeilen 23 bis 28), erfolgt bei diesen Ausführungsformen die Veränderung des Erscheinungsbildes des Hologramms durch die graphische Darstellung in irreversibler Weise. Schließlich kann das Erscheinungsbild des Hologramms auch durch das nachträgliche Einprägen von Mustern, wie z. B. Buchstaben, in irreversibler Weise individualisiert werden (siehe Spalte 20, Zeilen 5 bis 20).

Damit sind aber alle Schritte des beanspruchten Herstellungsverfahrens in der US-Patentschrift offenbart; dem Gegenstand des Anspruchs 1 fehlt daher die nach Artikel 52 (1) und 54 EPÜ erforderliche Neuheit.

Hilfsantrag 2

5. Die von der Beschwerdeführerin mit dem Hilfsantrag 2 erneut geänderten Patentansprüche können schließlich nicht zugelassen werden.

Die Zulassung neuer Anträge auf der Grundlage geänderter Patentansprüche, die trotz eines im Ladungsbescheid zur Einreichung solcher Anträge bestimmten Zeitpunktes vom Patentinhaber erst in der mündlichen Verhandlung eingereicht werden, erfährt im Beschwerdeeinspruchsverfahren durch Regel 71a (2) EPÜ und der hierzu entwickelten Rechtsprechung eine deutliche Einschränkung (siehe insbesondere Punkt 3 der Entscheidung T 1105/98 - Auslegung der Regel 71a (2) / KMK LIZENCE LTD, nicht im ABl. EPA veröffentlicht).

Eine Beschwerdekammer hat in Bezug auf die Zulassung eines solchen Antrags einen Ermessensspielraum. Bei der Ausübung des Ermessens wird sie verschiedene Faktoren, wie die Dauer des Verfahrens oder die Zumutbarkeit der zu erwartenden Verfahrensverzögerung, abwägen müssen. Sie wird insbesondere zu prüfen haben, ob der Antrag ausnahmsweise zuzulassen ist, weil er im Lichte einer Änderung des dem Verfahrens zugrunde liegenden Sachverhalts gerechtfertigt erscheint oder die verspätete Einreichung wegen besonderer Umstände entschuldbar ist, die von dem Antragsteller der Kammer glaubhaft dargelegt worden sind. Die Zulassung des Antrags wird regelmäßig abzulehnen sein, wenn die Prüfung der geänderten Ansprüche ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung der Kammer oder einem am Beschwerdeverfahren Beteiligten nicht zuzumuten ist (siehe den Punkt 2 der Entscheidung T 633/97 - Optical members/HERAEUS, nicht im ABl. EPA veröffentlicht).

6. Im vorliegenden Fall wurden die geänderten Ansprüche erstmals in der mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2004 der Kammer und der bei der mündlichen Verhandlung anwesenden Beschwerdegegnerin O1 zur Kenntnis gebracht, ohne daß eine Änderung der Sachlage vorausgegangen wäre. Die Beanstandung der unzulässigen Erweiterung war schon Grundlage der angegriffenen Entscheidung der Einspruchsabteilung und wurde im Beschwerdeverfahren von der Beschwerdegegnerin erneut aufgegriffen. Der in der mündlichen Verhandlung angezogene Stand der Technik hat sich schon im Verfahren befunden und war im wesentlichen auch Grundlage der angegriffenen Entscheidung. Die Beschwerdeführerin hatte daher ausreichend Zeit und Gelegenheit, die Sach- und Rechtslage zu prüfen und sachdienliche Anträge rechtzeitig einzureichen und den Beteiligten zur Kenntnis zu bringen.

Die Beschwerdegegnerin hat auch keine besonderen Umstände geltend gemacht, die die späte Stellung des Hilfsantrags 2 hätten rechtfertigen können. Die Kammer muss daher davon ausgehen, daß die Beschwerdegegnerin nicht gehindert gewesen war, ihren Antrag rechtzeitig, d. h. spätestens zu dem im Ladungsbescheid hierfür bestimmten Zeitpunkt einzureichen.

7. Es wäre weder der Kammer, noch der Beschwerdegegnerin O1, zuzumuten, sich mit dem Hilfsantrag 2 näher zu befassen. Zwar sind die vorgelegten Anspruchsänderungen nicht sehr umfangreich und finden auch eine gewisse Stütze in den abhängigen Ansprüchen 3 und 4 der erteilten Fassung; die Abweichungen im Wortlaut sind jedoch nicht unerheblich und verlangen eine genaue Prüfung im Hinblick auf die ursprüngliche Offenbarung des nun beanspruchten Herstellungsverfahrens sowie im Hinblick auf dessen Patentfähigkeit, insbesondere was das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit betrifft. Dies hätte gegebenenfalls eine Vertagung der mündlichen Verhandlung oder - wie von der Beschwerdegegnerin O1 hilfsweise beantragt - eine Zurückverweisung an die 1. Instanz erforderlich gemacht.

Die überraschende Einreichung im letzten Augenblick behindert daher eine ordentliche Prüfung der eingereichten Ansprüche und verzögert ungebührlich das Verfahren. Es erweist sich als ein Verhalten, das im Ergebnis die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens stört und die Verfahrensgegner in unfairer Weise benachteiligt.

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände war die Zulassung des Hilfsantrags 2 abzulehnen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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