T 0395/02 () of 11.5.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T039502.20040511
Datum der Entscheidung: 11 Mai 2004
Aktenzeichen: T 0395/02
Anmeldenummer: 95100073.6
IPC-Klasse: F28F 9/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Rohranschluß für einen Wasserkasten eines Kraftfahrzeugwärmetauschers
Name des Anmelders: Behr GmbH & Co.
Name des Einsprechenden: Modine Europe GmbH
VALEO CLIMATISATION
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - nach Änderung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde wurde von der Inhaberin des Europäischen Patents Nr. 0 666 461 (im folgenden: Beschwerdeführerin) am 17. April 2002 unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr eingelegt und richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 7. März 2002, zur Post gegeben am 3. April 2002, mit der dieses Patent widerrufen wurde. Die Beschwerdebegründung ist am 12. August 2002 eingegangen.

II. Gegen das Patent war von zwei Einsprechenden (im folgenden: Beschwerdegegnerinnen I und II) jeweils Einspruch eingelegt und mit mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit sowie unzulässiger Erweiterung begründet worden. Zum Stand der Technik wurde auf dreizehn Druckschriften D1 bis D13 verwiesen und eine offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht. Mit der Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde das Patent wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit im Hinblick auf den druckschriftlich belegten Stand der Technik widerrufen.

III. In Antwort auf die Beschwerdebegründung hat die Beschwerdegegnerin II weitere Druckschriften D14 und D15 zitiert. Nach einer Mitteilung der Beschwerdekammer gemäß Artikel 11 (1) VOBK vom 12. August 2003, zu der sich alle Parteien geäußert haben, hat die Beschwerdeführerin am 4. Mai 2004 jeweils einen Satz neuer Ansprüche für den Hauptantrag und sechs Hilfsanträge eingereicht. In der mündlichen Verhandlung, die am 11. Mai 2004 stattfand, hat sie den Hauptantrag als einzigen Antrag mit geänderten Ansprüchen 1 und 2 sowie neuen Beschreibungsseiten 2 bis 4 aufrechterhalten. Der Anspruch 1 hat den folgenden Wortlaut:

"1.Wasserkasten für einen Kraftfahrzeug-Wärmetauscher mit einem Anschlussstutzen (15,15b), mit dem ein Rohrende eines zur Führung von Wärmetauscherflüssigkeit dienenden Rohres dicht verbindbar ist, der einen Verbindungsbereich aufweist, der in eine mit einem nach innen abragenden, umlaufenden Rand versehene Öffnung des Wasserkastens eingesetzt ist, wobei der Wasserkasten (2,3,2a) aus einem Aluminiumwerkstoff hergestellt ist,

dadurch gekennzeichnet,

- dass der Wasserkasten (2,3,2a) im Tiefziehverfahren hergestellt ist,

- dass der Anschlussstutzen (15,15b) als getrenntes Anschlussbauteil ebenfalls im Tiefziehverfahren aus einem Aluminiumwerkstoff einstückig hergestellt ist,

- dass der Verbindungsbereich in den umlaufenden Rand axial eingeschoben ist,

- dass der Verbindungsbereich oder der umlaufende Rand lotbeschichtet sind, so dass eine umlaufende dichte Verbindung geschaffen wird."

IV. Im Beschwerdeverfahren wurde insbesondere der folgende Stand der Technik als relevant für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt:

D1: DE-A-2 019 743

D2: EP-A-0 351 606

D3: US-A-4 917 180

D4: DE-B-2 332 132

D8: "Kühler für Fahrzeuge", Firmenschrift der Firma Kühlerfabrik Längerer & Reich GmbH & Co KG, Seiten 18, 19 und 24

D9: DE-C-2 927 577

D11: JP-A-4 359 796 mit englischer Übersetzung

D14: GB-A-20 991

D15: US-A-3 223 154

Zum Nachweis der öffentlichen Zugänglichkeit der Druckschrift D8 hat die Beschwerdegegnerin I in der mündlichen Verhandlung eine eidesstattliche Erklärung von Herrn Rolf Bogner eingereicht. Die Beschwerdeführerin hat ferner eine Kopie der im Anspruch 1 der D4 genannten DE-A-2 059 122 vorgelegt.

V. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 1 und 2 sowie der ebenfalls überreichten angepaßten Beschreibung und der erteilten Figuren 1 bis 6 aufrechtzuerhalten. Die Beschwerdegegnerinnen I und II beantragen die Zurückweisung der Beschwerde.

VI. Die von den Parteien zur Stützung ihrer Anträge vorgebrachten Argumente können wie folgt zusammengefaßt werden:

Beschwerdeführerin:

Die geänderten Ansprüche nach dem neuen Antrag seien zuzulassen, da mit den Änderungen nur auf einen von den Beschwerdegegnerinnen nach der Mitteilung der Beschwerdekammer gerügten Mangel bzw. auf einen erst in der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwand unter Artikel 123 (2) reagiert worden sei. Weitere Beanstandungen hinsichtlich der Offenbarung seien nicht gerechtfertigt, da in den Anmeldungsunterlagen nicht nur der Rohranschluß selbst, sondern dieser auch in Verbindung mit dem Wasserkasten offenbart sei.

Mit der Erfindung solle erreicht werden, daß die für einen Wärmetauscher geltenden Sicherheitsanforderungen trotz der erheblichen Druck- und Vibrationsbelastungen, beispielsweise bei der Verwendung in Heizungskreisläufen von Kraftfahrzeugen, mit geringem Materialeinsatz und niedrigen Kosten erfüllt würden. Durch das Tiefziehen könnten Wasserkasten und Anschlußstutzen kostengünstig als dünnwandige und dennoch stabile Teile hergestellt werden, und die flächige Lötverbindung zwischen dem abgebogenen Rand des Wasserkastens und dem Verbindungsbereich des Anschlußstutzens ermögliche eine belastbare Verbindung beider Teile.

Bei der D4 handele es sich um einen Anschlußstutzen für eine Schlauchverbindung, an die wesentlich geringere Anforderungen hinsichtlich der Belastung der Lötverbindung zwischen Stutzen und Wasserkasten zu stellen seien. Deshalb komme es auch nicht auf eine Lötbeschichtung der zu verbindenden Teile an, wie es aus Spalte 3, Zeilen 11 bis 19 und 54 bis 58, und der im Anspruch 1 der D4 genannten Druckschrift ersichtlich sei. Zur Herstellung von Wasserkasten und Anschlußstutzen sei nichts gesagt, ein Tiefziehen könne jedoch wegen deren Gestaltung ausgeschlossen werden. Dies gelte auch für die D1, die im übrigen nicht über die D4 hinausgehe. So werde der Stutzen der D1 nicht eingeschoben und verlötet, sondern durch Umbördeln des inneren Endes im Wasserkasten befestigt, und das freie Ende des Stutzens sei erkennbar für den Anschluß eines Schlauches und nicht eines Rohres ausgebildet. Die D11 leite von der nach Figur 8 den Stand der Technik darstellenden Gestaltung weg, da diese als nachteilig beschrieben werde. Im übrigen sei auch dort über eine Lotbeschichtung und ein Tiefziehen des Wasserkastens und des Anschlußstutzens nichts gesagt.

Schließlich könnten auch die Befriedigung eines seit langem bestehenden Bedürfnisses nach Verbesserung und die erhaltene einfache Lösung als Indizien für das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit gesehen werden.

Beschwerdegegnerin I:

Die von der Beschwerdeführerin herangezogene DE-A-2 059 122 hätte früher genannt werden können und sei daher als verspätet nicht zu berücksichtigen.

Die auf einen Wasserkasten gerichteten Ansprüche seien deshalb unzulässig, weil in der ursprünglichen Anmeldung nur ein Rohranschluß beansprucht und daher die Erfindung geändert worden sei.

Hinsichtlich der Lötverbindung sei kein Unterschied zwischen der D4 und dem Patent erkennbar, da die Lotbeschichtung in Spalte 3, Zeilen 54 bis 56, in gleicher Weise wie im Patent in Spalte 4, Zeilen 43 bis 48. (entsprechend Spalte 5, Zeilen 7 bis 13 der A- Schrift) beschrieben sei und nach dem Einschieben des Rohrstutzens unabhängig von der Riffelung des Rohrstutzens ebenso zu einer stabilen Lötverbindung mit dem umgebogenen Rand am Wasserkasten führen müsse. Auch sei an die Rohrstutzen ebenfalls ein Rohr anschließbar. Damit könne nur die Herstellung von Wasserkasten und Rohrstutzen als nicht in D4 offenbart angesehen werden. Für die in den Figuren der D4 gezeigte Form des Wasserkastens biete sich aber das bekannte Tiefziehverfahren an, das auch zumindest für die geraden Rohrstutzen der Figuren 1 und 2 geeignet sei. Dies gelte ebenso für den Wasserkasten und den Anschlußstutzen der D1 und der D11. Aus dem ersten Absatz der Seite 4 von D1 ergebe sich eindeutig, daß der Rohrstutzen Teil des Kühlrohrbündels sei, das gemäß dem zweiten Absatz mit Lötmittel beschichtet und im Ofen verlötet werde. Diese Lötung sei unabhängig von der Umbördelung des inneren Endes des Rohrstutzens. Die D11 zeige zwar keine Lotbeschichtung, aber einen Rohrstutzen, der mit einem umgebogenen Rand einer Öffnung in einem Wasserkasten verlötet und mit einem Rohr dicht verbunden sei. Aus der D8, deren öffentliche Zugänglichkeit durch die eidesstattliche Erklärung nachgewiesen sei, sei ersichtlich, daß zumindest die Herstellung von Wasserkästen mittels Tiefziehen bekannt war.

Beschwerdegegnerin II:

Die geltenden Ansprüche basierten auf den am 4. Mai eingereichten Ansprüchen gemäß Hauptantrag. Da dieser durch Einwände beeinflußt war, die bereits in der Mitteilung der Kammer vom 12. August 2003 enthalten gewesen seien, hätte dieser Antrag früher eingereicht werden können, sodaß auch der geltende Antrag als verspätet abzulehnen sei. Dies sei auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit für Dritte geboten.

Da sich die ursprünglich offenbarte Erfindung nicht auf den Wasserkasten, sondern auf den Rohranschluß bezogen habe, würden die neuen Ansprüche auch gegen Artikel 123 (2) verstoßen.

Zur erfinderischen Tätigkeit könne von der D4 oder der D1 ausgegangen werden. Eine Lötverbindung zwischen Anschlußstutzen und Wasserkasten sei aus beiden Druckschriften bekannt und bei der D1 auch nicht durch das Umbördeln des inneren Stutzenendes ausgeschlossen, weil dieses nicht zu einer dichten Verbindung führen könne. Damit komme es nur noch auf die Herstellung beider Teile durch Tiefziehen an, was üblich und daher unter Berücksichtigung der Kenntnisse des Fachmanns naheliegend sei.

Bezüglich der Indizien, die nur als sekundäre Anhaltspunkte angesehen werden dürften, fehle jeder Nachweis.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Bestimmungen der Artikel 106 bis 108 EPÜ sowie der Regeln 1 (1) und 64 EPÜ und ist damit zulässig.

Die Beschwerdegegnerin II hat hiergegen eingewendet, daß die Beschwerdebegründung nach Ablauf der 4-Monats-Frist des Artikels 108 EPÜ eingegangen sei. Bei der Berechnung der Frist ist aber zu berücksichtigen, daß diese Frist erst mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, nach Regel 78 (2) also erst mit dem zehnten Tag nach der Abgabe zur Post. Im vorliegenden Fall ist das Postdatum der 3. April 2002, so daß die Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung am 13. April 2002 begann und am 13. August 2002 endete. Damit war der Eingang der Beschwerdebegründung am 12. August 2002 rechtzeitig.

2. Die geltenden Patentansprüche 1 und 2 sind durch Streichung der Alternative "oder nach aussen" im Oberbegriff von Anspruch 1 der am 4. Mai 2004 eingegangenen "Patentansprüche gemäß Hauptantrag" während der mündlichen Verhandlung entstanden. Diese Änderung war durch einen während der mündlichen Verhandlung erstmals erhobenen Einwand unter Artikel 123 (2) bedingt und kann damit nicht als verspätet angesehen werden.

Allerdings enthält der geltende Anspruch 1 damit noch diejenigen weiteren Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch 1, die bereits in den Ansprüchen vom 4. Mai 2004 enthalten waren. Diese Änderungen betreffen die Streichung des Worts "wenigstens" vor "einem Anschlussstutzen" im Oberbegriff des Anspruchs 1 und die Einfügung des Merkmals "mit dem ein Rohrende eines zur Führung von Wärmetauscherflüssigkeit dienenden Rohres dicht verbindbar ist" danach. Diese Änderungen stehen offensichtlich insofern in Bezug zu der Mitteilung der Kammer vom 12. August 2003, als damit die dort unter Punkt 3 angesprochenen Bedenken hinsichtlich der ursprünglichen Offenbarung des Gegenstands von Anspruch 1 ausgeräumt werden sollten. Entsprechende Bedenken sind von den Beschwerdegegnerinnen vorher nicht geäußert worden, sondern wurden erst in der Erwiderung der Beschwerdegegnerin II vom 9. April 2004 aufgegriffen und als Gründe gegen die Aufrechterhaltung des Patents formuliert. Die Einreichung der geänderten Ansprüche am 4. Mai 2004 steht aber offensichtlich in einem engen zeitlichen Verhältnis zu dieser Erwiderung, sodaß sich daraus keine unangemessene Verspätung ableiten läßt.

Da die Einwände unter Artikel 123 (2), die zu dem geänderten Anspruch 1 vom 4. Mai 2004 geführt haben, seit der Mitteilung der Kammer vom 12. August 2003 bekannt waren, können die Beschwerdegegnerinnen auch nicht von einer entsprechenden Änderung des Anspruchs 1 Aberrascht sein. Es handelte sich ja nicht um eine beliebige Änderung zur Behebung dieser Einwände, sondern um eine Beschränkung des Anspruchs 1 auf das ursprünglich Offenbarte. Da diese Änderung durch die ursprüngliche Offenbarung vorgezeichnet war, kann die Berücksichtigung dieser Änderung den Beschwerdegegnerinnen durchaus zugemutet werden.

3. Die im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Änderungen des Anspruchs 1 gegenüber dem erteilten Anspruch sind auch durch die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen gestützt. So ist die Streichung des Wortes "wenigstens" vor "einem Anschlussstutzen" in Ermangelung einer allgemeineren Offenbarung im Einklang mit dem Ausführungsbeispiel, bei dem der obere und untere Wasserkasten jeweils nur mit einem Rohranschlußstutzen versehen ist, und die Einschränkung auf einen Anschlußstutzen, "mit dem ein Rohrende eines zur Führung von Wärmetauscherflüssigkeit dienenden Rohres dicht verbindbar ist", war Gegenstand des ursprünglichen Anspruchs 1. Da aus der ursprünglichen Anmeldung nur eine Lotbeschichtung entweder des Verbindungsbereichs (Anspruch 1 und Spalte 1, Zeilen 53 bis 58 der A-Schrift) oder des umlaufenden, nach innen abragenden Randes (Spalte 5, Zeilen 7 bis 13) entnehmbar ist, geht eine Lotbeschichtung eines nach außen abragenden Randes, wie sie vom erteilten Anspruch 1 umfaßt war, über die ursprüngliche Offenbarung hinaus, was durch die Streichung der Alternative "oder nach aussen" im Oberbegriff des Anspruchs 1 behoben ist.

Die Beschwerdegegnerin I beanstandet, daß die geltenden und erteilten, auf einen Wasserkasten gerichteten Ansprüche deshalb unzulässig seien, weil in der ursprünglichen Anmeldung nur ein Rohranschluß beansprucht und daher die Erfindung geändert worden sei. Dieser Einwand kann aber nicht durchgreifen, da es bei der Zulässigkeit von Änderungen nach Artikel 123 (2) nur auf die ursprüngliche Offenbarung in der gesamten Anmeldung und nicht auf das ursprüngliche Beanspruchte ankommt. Eine Kombination von Wasserkasten und Anschlußstutzen für einen Rohranschluß ist aber sowohl in der ursprünglichen Beschreibung beschrieben als auch in den Figuren dargestellt, sodaß ein auf diese Kombination gerichteter Anspruch nicht allein aus diesem Grund über die ursprüngliche Offenbarung hinausgeht.

Da die Änderungen auch zu einer Einschränkung des Schutzumfangs führen, sind sie im Hinblick auf Artikel 123 (2) und (3) EPÜ zulässig.

4. Die Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 ist nach Auffassung der Kammer gegeben und wurde von den Beschwerdegegnerinnen auch nicht angezweifelt, so daß hierauf nicht im einzelnen eingegangen werden muß.

5. Zur erfinderischen Tätigkeit wurde im bisherigen Verfahren entweder die D4 oder die D1 als nächstkommender Stand der Technik angesehen. In beiden Fällen stellen sich, wie im folgenden dargelegt wird, im wesentlichen die gleichen Fragen, so daß auch das gleiche Ergebnis erhalten wird.

6. Die D4 zeigt eine Verbindung zwischen einer Platte (2) und einem Einlaßstutzen (1) jeweils aus Aluminium, wobei der Einlaßstutzen (1) einen Verbindungsbereich aufweist, der in eine mit einem nach innen abragenden, umlaufenden Rand versehene Öffnung der Platte (2) durch axiales Einschieben eingesetzt ist. Gemäß Spalte 3, Zeilen 50 bis 53 gehört die Platte (2) zu einem Wasserbehälter eines Wärmetauschers, stellt also einen Teil eines Wasserkastens dar. Bei dem Ausführungsbeispiel nach den Figuren 1 und 2 ist der Einlaßstutzen als von der Platte getrennt hergestelltes, einstückiges gerades Rohr dargestellt und sein freies Ende nicht gezeigt, während das gekrümmte Rohr der Figuren 9 bis 11 einen angeschrägten Wulst am freien Ende aufweist, der typischerweise dem Aufschieben und Befestigen eines Schlauches dient. Es ist damit der D4 nicht das Merkmal des Anspruchs 1 entnehmbar, daß mit dem Einlaß- oder Anschlußstutzen ein Rohrende eines zur Führung von Wärmetauscherflüssigkeit dienenden Rohres dicht verbindbar ist.

Strittig ist, ob bei der D4 der Verbindungsbereich des Stutzens oder der umlaufende Rand an der Wasserkastenplatte lotbeschichtet sind. Die Beschwerdeführerin bezieht sich hierzu auf den Anspruch 1 der D4, in dem die Verlötung zwischen Stutzen und Platte mittels Ansaugen des Lötmittels durch eine Riffelung gemäß der DE-A-2 059 122 beschrieben ist, bei der eine Riffelung auf der Außenseite eines Rohrs Lötmittel von der Oberfläche einer mit dem Rohr zu verlötenden Platte in den Verbindungsbereich einsaugt. Dies würde tatsächlich nicht einer Lotbeschichtung des Rohrs im Verbindungsbereich oder der Platte am umlaufenden Rand entsprechen. Andererseits verweisen die Beschwerdegegnerinnen auf die Beschreibung in Spalte 3, Zeilen 54 bis 58, der D4, wo ausgeführt ist, daß es keine Rolle spiele, ob das Rohr oder die Platte auf einer oder beiden Flächen mit einer Hartlotschicht über zogen ist oder ob das Hartlot beim Lötvorgang selbst in Form einer Aufschweißlegierung aufgebracht wird. Da mit den "Flächen" nur die aneinander anliegenden Flächen von Rohr und Platte gemeint sein können, entspricht die erste Alternative einer Lotbeschichtung des Verbindungsbereichs oder des umlaufenden Randes der Platte. Nach Auffassung der Kammer können beide Darstellungen insofern in Einklang gebracht werden, als es bei der D4 besonders auf die Führung des Lötmittels durch die Rillen ankommt und die Lotbeschichtung dafür nicht nötig, aber als mögliche Ausführungsform beschrieben ist.

Über die Herstellung der Platte und des Einlaßstutzens ist in der D4 nicht ausgesagt. Damit liegt der Unterschied zwischen dem Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 des Patents und der D4 neben dem der Ausbildung des Anschlußstutzens zum Anschluß eines Rohrs anstelle eines Schlauches insbesondere in der Herstellung des Wasserkastens und des Anschlußstutzens im Tiefziehverfahren.

7. In den Figuren 1 bis 3 der D1 ist ein Wasserkasten für einen Kraftfahrzeug-Wärmetauscher mit einem separaten, einstückigen Anschlußstutzen (3) dargestellt, der mit einem Verbindungsbereich in eine mit einem nach innen abragenden, umlaufenden Rand versehene Öffnung des Wasserkastens (2) eingesetzt ist. Das dem Verbindungsbereich gegenüberliegende freie Ende des Stutzens ist zylinderförmig mit kreisförmigem Querschnitt ausgebildet und weist eine Nut auf, wie sie typischerweise zur Aufnahme einer O-Ring-Dichtung dient. Damit ist dieses freie Ende offensichtlich zum dichten Anschluß eines Rohres für die Wärmetauscherflüssigkeit ausgebildet. Wasserkasten und Anschlußstutzen bestehen jeweils aus Aluminium.

Strittig ist, ob der Verbindungsbereich in den umlaufenden Rand axial eingeschoben ist und ob der Verbindungsbereich oder der umlaufende Rand des Wasserkastens lotbeschichtet sind. Die Beschwerdeführerin argumentiert hierzu, daß die Umbördelung des inneren Stutzenendes ein axiales Einschieben verhindert und eine Verlötung unnötig macht, die sich auch nicht aus dem Text im ersten Absatz der Seite 4 ergebe, da der Stutzen kein notwendiges Teil des Kühlrohrbündels sei. Diese Argumente können aber nur teilweise überzeugen. Die Umbördelung kann nur nach dem Einsetzen des Stutzens in die Öffnung des Wasserkastens erfolgt sein und dieses Einsetzen kann bei der gezeigten Gestaltung nur durch axiales Einschieben vorgenommen werden. Die Umbördelung kann auch nicht die erforderliche dichte Verbindung zwischen dem Wasserkasten und dem Stutzen erzeugen, so daß eine anschließende Verlötung notwendig ist. Damit wird der Fachmann die Beschreibung in den ersten beiden Absätzen der Seite 4 von D1 so verstehen, daß der Stutzen mit seinem Verbindungsbereich in den umlaufenden Rand der Öffnung im Wasserkasten axial eingeschoben wird, anschließend das innere Ende zur Fixierung des Stutzens umgebördelt und danach mit dem Wasserkasten verlötet wird. Bei der im Absatz 2 der Seite 4 genannten Alternative des Einführens des zuvor mit Lötmittel bedeckten Rohrbündels in einen Lötofen erfolgt die Verlötung dann sinnvollerweise zwischen dem lotbeschichteten Wasserkasten bzw. dessen umlaufendem Rand als Teil des mit Lötmittel bedeckten Rohrbündels und dem Stutzen zusammen mit den Lötungen zwischen den übrigen Teilen des Kühlrohrbündels.

Über die Herstellung von Wasserkasten und Anschlußstutzen ist in der D1 ebenfalls nichts ausgesagt. Damit verbleibt wiederum als wesentlicher Unterschied zwischen dem Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 des Patents und der D1 die Herstellung des Wasserkastens und des Anschlußstutzens im Tiefziehverfahren.

8. Zur Entscheidung über das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit kommt es also im wesentlichen darauf an, ob es naheliegend war, bei dem Wasserkasten der D4 oder der D1 den Kasten und den Anschlußstutzen im Tiefziehverfahren herzustellen.

In der angefochtenen Entscheidung wurde dies mit der Begründung bejaht, daß das Tiefziehverfahren für den Fachmann ein derart geläufiges Umformverfahren für die in Frage stehenden Bauteile darstelle, daß er es bei der Auswahl eines geeigneten Herstellungsverfahrens nicht außer Acht lassen wird. Auch die Beschwerdegegnerinnen argumentieren im wesentlichen mit den Kenntnissen des Fachmanns, zu denen das Tiefziehen gehöre.

Es ist unbestritten, daß das Tiefziehen als Verfahren zum Herstellen von Hohlkörpern durch Verformung eines Blechzuschnitts mittels eines auf den Blechzuschnitt von einer Seite her einwirkenden Ziehstempels bereits lange vor dem Prioritätstag des angefochtenen Patents allgemein bekannt und auch auf Aluminium als Werkstoff anwendbar war. Dies allein ist jedoch noch kein Grund, das Tiefziehen für die Wasserkästen und Anschlußstutzen der D1 und D4 in Betracht zu ziehen. Hierfür kommt es darauf an, ob die Gestalt dieser Bauteile derart ist, daß der Fachmann aufgrund seiner Kenntnisse des Tiefziehverfahrens eine Herstellung durch Tiefziehen auswählen würde. In dieser Hinsicht hat die Kammer zumindest beim Anschlußstutzen erhebliche Zweifel.

9. Im Ausführungsbeispiel der Figuren 1 bis 3 der D1 ist der Wasserkasten als dünnwandige Wanne ausgebildet, die mit der in Figur 3 gezeigten Querschnittsform problemlos durch Tiefziehen eines rechteckigen Zuschnitts aus Aluminiumblech herstellbar ist. Hier würde sich das Tiefziehen tatsächlich zur Herstellung anbieten. Dies trifft aber nicht auf den Anschlußstutzen zu, der, wie insbesondere aus Figur 1 und 2 ersichtlich ist, einen sich zum Wasserkasten hin in der Breite vergrößernden Querschnitt und zum freien Ende hin in der Höhe vergrößernden Querschnitt aufweist. Durch einen auf einen Blechzuschnitt von einer Seite her einwirkenden Ziehstempel kann diese Form nicht erzeugt werden. Der Fachmann wird daher hier zur Herstellung eher ein anderes geeignetes Verfahren, beispielsweise ein Preßverfahren, in Betracht ziehen. In der Figur 6 ist im Zusammenhang mit einer anderen Ausführungsform, bei der der Wasserkasten gegossen ist, ein rohrförmiger Anschlußstutzen gezeigt, der üblicherweise als Rohrabschnitt hergestellt wird.

Beim ersten Ausführungsbeispiel der D4 (Figuren 1 bis 6) ist weder der Wasserkasten noch der Anschlußstutzen vollständig dargestellt, so daß schon aus diesem Grund keine Aussage über die aufgrund der Gestaltung in Frage kommenden Herstellungsverfahren möglich ist. Die Platte (2) als Teil des Wasserkastens ist als flache Wanne mit einem nach oben gebogenen Außenrand ausgebildet, wofür aufgrund des geringen Umformgrades des Blechzuschnitts zwar ein Press- oder Ziehverfahren, aber nicht ein Tiefziehen in Frage kommt. Ferner wird der Fachmann durch den Umstand, daß der Anschlußstutzen beim zweiten Ausführungsbeispiel (Figuren 9 bis 11) gekrümmt und damit nicht durch Tiefziehen herstellbar ist, davon abgehalten, für die in den Figuren 1 und 2 dargestellte Ausführungsform des Anschlußstutzens mit einem geraden Rohrabschnitt ein Tiefziehen in Betracht zu ziehen.

10. Aus dem übrigen Stand der Technik ist zwar das Tiefziehen für bestimmte Teile eines Wärmetauschers bekannt. Dies läßt sich aber wegen der unterschiedlichen Gestaltung der Teile nicht sowohl auf den Wasserkasten als auch auf den Anschlußstutzen der D1 oder D4 übertragen.

So entspricht die nur einzelne Rohre eines Wärmetauschers verbindende haubenförmige Endplatte bei der D2 nicht dem Wasserkasten der D1 oder D4, und der Anschlußstutzen ist als nach außen abragender Rand einer Öffnung der Endplatte und nicht als separates, in die Öffnung eingeschobenes Teil ausgebildet. Der Umformgrad der Endplatte ist zudem so gering, daß zur Herstellung nur ein "Ziehen", aber kein Tiefziehen beschrieben ist. Dies gilt auch für die flachen Sammlerwände in D3, in die die Anschlußrohre direkt eingelötet sind.

Die D8, die nach Vorlage der eidesstattlichen Erklärung als Stand der Technik angesehen werden kann, erwähnt auf Seite 18 tiefgezogene Wasserkästen aus Messingblech, sagt aber nichts zur Herstellung der Anschlußstutzen. Entsprechendes gilt für die D14 und D15, aus denen für Wasserkästen bzw. Endkappen von Wärmetauschern eine Herstellung durch Ziehen bzw. Pressen ("stamped") von Metallblech, aber keine Anschlußstutzen entnehmbar sind.

Aus der D9 ist ein "aus Metallblech gezogener und gepreßter" Füllansatz bekannt, dessen Form im Gegensatz zu den Anschlußstutzen der D1 und der D4 zur Aufnahme eines Deckels ausgebildet und für das Tiefziehen geeignet ist.

Die D11 beschreibt in Verbindung mit Figur 8 einen Stand der Technik mit einem in einen umlaufenden Rand an einem Wasserkasten eingelöteten Rohranschlußstutzen, sagt aber nichts über die Herstellung des Wasserkastens und des Rohranschlußstutzens. Dieser ist als kurzes, stufenweise aufgeweitetes Rohrstück ausgebildet und weist damit eine von den Anschlußstutzen der D1 und der D4 verschiedene Gestalt auf, für die eine Herstellung durch Tiefziehen in Frage käme. Insgesamt führt die D11 aber auch von diesem Stand der Technik weg, indem sie den Rohranschlußstutzen überhaupt als nachteilig darstellt und eine andere Konstruktion ohne einen solchen Stutzen vorschlägt.

11. Auch die von der Beschwerdeführerin angeführten und von der Beschwerdegegnerin II bezweifelten Indizien deuten eher darauf hin, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht naheliegend war. Zwar kann in einer Herstellung von Wasserkasten und Anschlußstutzen durch Tiefziehen keine besonders einfache Lösung gesehen werden; dieses Verfahren ermöglicht aber die Herstellung stabiler und damit druckfester Bauteile mit geringer Wandstärke und damit niedrigem Materialeinsatz. Da dies zumindest seit Veröffentlichung der D1 und der D4 in den Jahren 1970 bzw. 1978 bekannt war und in der Zwischenzeit bekanntermaßen ein erheblicher Entwicklungsaufwand für die Verbesserung von Kraftfahrzeug-Wärmetauschern betrieben wurde, kann der Umstand, daß entsprechende Maßnahmen nicht bekannt geworden sind, als Anzeichen für das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit gewertet werden.

12. Im Ergebnis sieht die Kammer keine Anhaltspunkte dafür, daß der Fachmann bei der gegebenen Gestaltung der Anschlußstutzen der D1 und der D4 eine Herstellung durch Tiefziehen in Betracht ziehen würde. Der Gegenstand des Anspruchs 1 und damit auch des vom Anspruch 1 abhängigen, eine vorteilhafte Weiterbildung betreffenden Anspruchs 2 erfüllt daher die Erfordernisse der erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 56 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 1 und 2 sowie der ebenfalls in der mündlichen Verhandlung überreichten angepaßten Beschreibung und der Figuren 1 bis 6 aufrechtzuerhalten.

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