T 0277/02 () of 13.11.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T027702.20031113
Datum der Entscheidung: 13 November 2003
Aktenzeichen: T 0277/02
Anmeldenummer: 96931004.4
IPC-Klasse: B60D 1/52
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Anhängerkupplung für Kraftfahrzeuge
Name des Anmelders: Jaeger Cartronix GmbH
Name des Einsprechenden: ORIS Fahrzeugteile Hans Riehle GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Hauptantrag: erfinderische Tätigkeit (verneint)
Hilfsantrag: Zulässigkeit der Änderungen (bejaht) Neuheit und erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die am 7. Januar 2002 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung mit der das Patent EP 0 850 147 in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde, die am 7. März 2002 eingegangene Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdegebühr wurde gleichzeitig entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 19. April 2002 eingegangen.

II. Mit dem Einspruch war das Patent nach Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 52 (1) und 56 EPÜ sowie nach Artikel 100 c) EPÜ angegriffen worden.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß die vorgebrachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß dem während der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2001 eingereichten Hauptantrag nicht entgegenstünden.

Sie hat insbesondere folgende Entgegenhaltungen berücksichtigt:

E1: DE-A-34 42 514

E3: DE-U-1 665 838

E4: US-A-3 717 362

E5: US-A-4 570 966

E6: DE-U-91 09 699

III. Am 13. November 2003 wurde vor der Beschwerkammer mündlich verhandelt. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent in der von der Einspruchsabteilung gebilligten Fassung aufrechtzuerhalten, hilfsweise das Patent auf der Basis des am 8. Oktober 2003 eingereichten Hilfsantrags 2 aufrechtzuerhalten.

IV. Die von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltene Fassung der unabhängigen Ansprüche 1 und 7 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"1. Anhängerkupplung an einem Kraftfahrzeug, mit einer eine Kugel (3) tragenden Zugstange (2), die zwischen einer Ruhestellung und einer Betriebsstellung mittels eines Spindel-Mutter-Antriebes axial verstellbar ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Zugstange (2) selbst als Mutter des Spindel-Mutter- Antriebes ausgebildet, um ihre Achse drehbar ausgebildet und zum Verstellen in Axial- und Drehrichtung mit einem Motor verbunden ist."

"7. Anhängerkupplung an einem Kraftfahrzeug, mit einer eine Kugel tragenden Zugstange (2), die zwischen einer Ruhestellung und einer verriegelten Betriebsstellung schwenkbar ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Zugstange(2) für die Schwenk-, Ver- und Entriegelungsbewegung einen Antrieb, vorzugsweise einen elektrischen Antriebsmotor (5, 6, 7), für ein Schwenken um etwa 90° aufweist und sich bei dem Schwenken in ihre oder aus ihrer Betriebsstellung selbsttätig formschlüssig ver- und entriegelnd ausgebildet ist."

Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag entspricht dem unabhängigen Anspruch 1 gemäß Hauptantrag. Im unabhängigen Anspruch 7 gemäß Hilfsantrag wird der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 7 gemäß Hauptantrag durch folgendes Merkmal ergänzt:

", indem in der Zugstange (2) ein Sperrkonus (32) verschiebbar gelagert ist, der die Zugstange (2) in ihrer Betriebsstellung selbsttätig verriegelnd und in eine Verriegelungsöffnung (38) einfahrbar ausgebildet ist."

V. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, insofern es bei den vorliegenden Anträgen für diese Entscheidung relevant ist, läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Der Anspruch 1 sei unklar, weil das Merkmal "die Zugstange ... [ist] zum Verstellen in Axial- und Drehrichtung mit einem Motor verbunden" mit dem Ausführungsbeispiel nach den Figuren 1-6 des Patents nicht übereinstimme.

Die Einführung des Begriffs "Zugstange" anstelle des ursprünglichen Begriffs "Stange" in die Ansprüche stelle eine unzulässige Erweiterung dar und verstoße gegen die Bestimmungen des Artikels 123 (2) EPÜ.

Wenn der sehr breit auslegbare Begriff "Ruhestellung" dahingehend interpretiert werde als die Stellung, bei der die Gewindespindel in die Gewindebohrung der Zugstange einzugreifen beginne, seien sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 von der E1 neuheitsschädlich vorweggenommen.

Selbst wenn sich der Gegenstand des Anspruchs 1 als neu herausstellen sollte, beruhe er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf eine Zusammenschau der E1 und E4. Da der Anspruch 1 in der vorliegenden Formulierung nicht die Gleichzeitigkeit der axialen Bewegung mit der Drehbewegung fordere, liege es auf der Hand ausgehend von der E1, wo bereits der Ansatz einer Kulissenführung vorhanden sei, den Schlitz der Kulissenführung nach Art der E4 oder E3 weiter zu ziehen und somit in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen.

Ausgehend vom Stand der Technik wie er im Ausführungsbeispiel Nr. 3 der E6 anzusehen ist, ergebe sich der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 7 gemäß Hauptantrag durch eine einfache Zusammenschau der E6 und der E5.

VI. Die Beschwerdegegnerin hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die von der Einsprechenden wegen fehlender Offenbarung in der ursprünglichen Anmeldung beanstandeten Merkmale (Artikel 123 (2) EPÜ) seien durch die ursprünglich eingereichten Unterlagen eindeutig und unmittelbar offenbart. Auch die Einwände bezüglich der mangelnden Klarheit der Ansprüche seien nicht gerechtfertigt.

Der Gegenstand des Anspruch 1 sei gegenüber der E1 neu und gegenüber der von der Beschwerdeführerin angeführten Kombination E4 oder der E3 mit der E1 erfinderisch.

Die von der Beschwerdeführerin zum Anspruch 7 gemäß Hauptantrag angeführte Kombination der E6 mit der E5 sei wegen der strukturellen Inkompatibilität dieser bekannten Anordnungen nicht naheliegend. Ein größerer Schwenkwinkel sei mit dem Antrieb gemäß der E5 nicht realisierbar und würde zu unakzeptablen Dimensionen des Antriebszylinders führen. Ausgehend von der Anhängerkupplung nach der E6 werde mit den Merkmalen des Anspruchs 7 gemäß Hauptantrag die Handhabung vereinfacht, indem die Schwenk-, Ver- und Entriegelungsbewegung in einem Antrieb zusammengefaßt werden.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag.

1.1. Unabhängiger Anspruch 7; erfinderische Tätigkeit.

Die Kammer ist der Auffassung, daß der zum unabhängigen Anspruch 7 gemäß Hauptantrag nächstliegende Stand der Technik in der E6 zu finden ist. Das Ausführungsbeispiel Nr. 3 der E6 zeigt eine Anhängerkupplung an einem Kraftfahrzeug, mit einer eine Kugel tragenden Zugstange, die zwischen einer Ruhestellung und einer verriegelten Betriebsstellung um etwa 90°schwenkbar ausgebildet ist. Die Zugstange ist in ihre Betriebsstellung selbsttätig formschlüssig verriegelnd ausgebildet.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von diesem Stand der Technik dadurch, daß die Zugstange für die Schwenkbewegung und für die selbsttätige Ver- und Entriegelungsbewegung einen Antrieb aufweist.

Daraus läßt sich in Übereinstimmung mit Absatz [0008] der Patentbeschreibung die technische Aufgabe herleiten, eine Anhängerkupplung der eingangs genannten Art dahingehend weiterzubilden, daß ihre Handhabung unter Vermeidung von körperlichen Anstrengungen erleichtert wird.

Angesichts des Trends zur Motorisierung der Verstellbewegungen zahlreicher Funktionselemente in der Personenkraftfahrzeugtechnik ist der Gedanke, den ganzen Bewegungsablauf beim Ausfahren bzw. Einfahren der Kupplungsstange samt selbsttätigem Ent- und Verriegeln zu motorisieren, mit der Absicht der Erleichterung der Handhabung und der Vermeidung von körperlichen Anstrengungen nach Ansicht der Kammer naheliegend, zumal dieser Gedanke aus der E5 bereits an sich bekannt war. Die E5 beschreibt nämlich eine gattungsgemäße Anhängerkupplung mit einer Zugstange, die zwischen einer Ruhestellung und einer verriegelten Betriebsstellung schwenkbar ausgebildet ist. Die Zugstange weist für die Schwenk-, Ver- und Entriegelungsbewegung einen Antrieb auf und ist bei dem Schwenken in ihre bzw. aus ihrer Betriebsstellung selbsttätig formschlüssig ver- und entriegelnd ausgebildet.

Der Gegenstand des Anspruchs 7 gemäß Hauptantrag ergibt sich somit durch eine einfache Zusammenschau der E6 und der E5.

Die von der Beschwerdegegnerin im Hinblick auf die Kombination der E6 mit der E5 vorgetragenen Ausführungen, daß ein größerer Schwenkwinkel mit dem Antrieb gemäß der E5 nicht realisierbar sei und daß wegen der strukturellen Inkompatibilität dieser bekannten Anordnungen diese Kombination unwahrscheinlich sei und zu unakzeptablen Dimensionen des Antriebszylinder führen würde, haben die Kammer nicht Aberzeugt.

Unter Berücksichtigung des Wortlauts des Anspruchs 7 ist zu bedenken, daß der hier verwendete Ausdruck "für ein Schwenken um etwa 90°" lediglich eine Zwecksangabe und keine konkrete Lehre zum technischen Handeln darstellt. Im Anspruch wird nämlich nicht vermittelt, wie mit einer besonders vorteilhaften Konstruktion des Antriebs ein Schwenkwinkel von 90° samt Ver- und Entriegelungsbewegung realisiert werden kann, sondern es geht bei dieser Formulierung in ersten Linie nur um den theoretischen Gedanke, ein Schwenken um etwa 90° der Zugstange mit einem selbsttätigen Ver- und Entriegeln derselben unter Einbeziehung eines Antriebs zu kombinieren. Die Kammer ist der Auffassung, daß der mit der Motorisierung von Funktionselementen in der Kraftfahrzeugtechnik (Türen, Kofferraum, Schiebedach, ...) vertraute Fachmann aufgrund seines handwerklichen Könnens keine Schwierigkeiten hätte, auf der Grundlage dieses durch die E5 nahegelegten Gedankens ein motorisches Schwenken sowie eine selbsttätige Ver- und Entriegelung bei der aus E6 bekannten, um etwa 90° klappbaren Schwenkstange zu bewerkstelligen.

Somit kommt die Kammer zu dem Schluß, daß der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 7 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Dem Hauptantrag kann daher aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit eines seiner unabhängigen Ansprüche nicht stattgegeben werden.

2. Hilfsantrag.

2.1. Zulässigkeit der Änderungen.

Der Ansicht der Beschwerdeführerin, daß die Einführung des Begriffs "Zugstange" anstelle des ursprünglichen Begriffs "Stange" in die Ansprüche eine unzulässige Erweiterung darstelle, kann die Kammer nicht folgen. Den ursprünglichen Unterlagen ist für den Fachmann eindeutig zu entnehmen, daß die eine Kugel tragende Stange 2 zum Ziehen des am Kraftfahrzeug über die Kugel gekoppelten Anhängers dient. Die Hinzufügung dieser Funktion zum ursprünglichen Begriff "Stange" stellt somit keine unzulässige Erweiterung dar und verstößt nicht gegen Artikel 123 (2) EPÜ.

Die im Einspruchsverfahren vorgenommene Einfügung der Worte, "für ein Schwenken um etwa 90°" im Anspruch 7 gemäß Hilfsantrag ist der Seite 4, Zeile 29 der ursprünglich eingereichten Unterlagen zu entnehmen.

Die im Beschwerdeverfahren vorgenommene Hinzufügung im Anspruch 7 gemäß Hilfsantrag präzisiert, wie die formschlüssige Verriegelung ausgebildet ist, nämlich in Form eines in die Zugstange verschiebbar gelagerten Sperrkonus, der die Zugstange in ihrer Betriebsstellung selbsttätig verriegelt, indem er in eine sich in einem feststehenden Teil befindende Verriegelungsöffnung einfahrbar ausgebildet ist. Dieses Merkmal ist insbesondere der Seite 6, Zeilen 3-5 und der Figur 8 der Anmeldung zu entnehmen.

Die Beschreibung ist mit den Ansprüchen in Einklang gebracht worden.

Der Gegenstand des Patents mit den Unterlagen gemäß Hilfsantrag geht daher über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht hinaus (Artikel 123 (2) EPÜ).

2.2. Klarheit:

Der Einwand der Beschwerdeführerin, der Anspruch 1 und das Ausführungsbeispiel nach den Figuren 1-6 des Patents stünden zueinander nicht im Einklang, wurde mit dem Argument begründet, daß beim Ausführungsbeispiel nach den Figuren 1-6 des Patents die Zugstange selbst nicht durch den Motor angetrieben sei, wogegen Anspruch 1 verlange, daß die Zugstange "zum Verstellen in Axial- und Drehrichtung mit einem Motor verbunden ist".

Die Kammer sieht darin keine Unklarheit. Der Wortlaut des Anspruchs impliziert nicht, daß die Zugstange vom Motor unmittelbar angetrieben werden muß. Im Ausführungsbeispiel nach den Figuren 1-6 des Patents ist die Zugstange zum Verstellen in Axial- und Drehrichtung über ihre stiftförmige Kulisse 16 mit der Führungshülse 4. verbunden, welche wiederum über die seitlichen Platten 19,20 mit dem Motor 5 unter Aufnahme eines Reaktionsmoments verbunden ist. Der Motor dreht über ein Reduziergetriebe eine Verstellspindel 8, die in ein Innengewinde der Stange eingeschraubt ist. Somit ist die Zugstange zumindest in funktioneller Wirkverbindung mit dem Motor verbunden.

Der von der Beschwerdeführerin als unklar bemängelte Ausdruck "für ein Schwenken um etwa 90°", der im Einspruchsverfahren eingeführt wurde, ist nach Meinung der Kammer nicht zu beanstanden, denn für den Leser ist klar, daß es sich bei dem "Schwenken um etwa 90°" um die Schwenkbewegung der Zugstange beim Ausfahren zwischen der Ruhestellung und der Betriebstellung handelt.

2.3. Unabhängiger Anspruch 1.

2.3.1. Neuheit.

Die Einsprechende hat mangelnde Neuheit des Anspruchs 1 gegenüber E1 eingewandt. Diesbezüglich vermag die Kammer das von der Beschwerdeführerin bei der Würdigung der Entgegenhaltung E1 vorgetragene Argument, daß man als "Ruhestellung" die Stellung annehmen könnte, bei welcher die Gewindespindel 9 in die Gewindebohrung des Einsatzendes 5 der Zugstange einzugreifen beginnt, nicht nachzuvollziehen. In der E1 dienen die Gewindespindel 9 und das als Gewindemutter ausgebildete Einsatzende 5 der Zugstange nicht zum Ausfahren der Zugstange im Sinne des Oberbegriffs des Anspruchs 1, sondern sie sollen in Verbindung mit einem elastischen Element 15 und einer Verdrehsicherung 16 lediglich ein Montieren der ausbaubaren Zugstange am Fahrzeug gewährleisten, wenn diese benutzt werden soll (vgl. den ersten Absatz der Beschreibung auf Seite 7). Mittels des durch die Spindel und Gewinde verspannten elastischen Elements 15 soll eine spielfreie Befestigung erreicht werden, um axiale Stöße, z. B. bei einem ruckartigen Beschleunigen des Fahrzeuges, aufzufangen (Seite 9, Zeilen 7-14). Die E1 beschreibt, daß das Einsatzende "zunächst manuell an das Gewindeende 9 eingesetzt wird" (Seite 8, Zeilen 21-23). Dieses manuelle Halten kann nicht als "Ruhestellung" bezeichnet werden und unterscheidet sich klar von der im Oberbegriff des Anspruchs 1 geforderten Ausfahrbewegung der Zugstange, bei der sie mittels eines Spindel-Mutter-Antriebes zwischen der eingefahrenen Ruhestellung und der Betriebstellung an dem Kraftfahrzeug verstellt wird. Auch die ausgebaute Stellung der Zugstange nach der E1, bei der sie z. B. im Kofferraum des Fahrzeuges abgelegt wird, kann nicht als Ruhestellung im Sinne des Anspruchs bezeichnet werden, weil diese Stellung nicht mittels des Antriebs erreicht wurde.

Somit kommt die Kammer zum Ergebnis, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber der E1 neu ist (Artikel 54 EPÜ).

2.3.2. Erfinderische Tätigkeit.

Die Auffassung der Beschwerdeführerin, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 sich durch Zusammenschau der E1 und E4 in naheliegender Weise ergibt, wird von der Kammer nicht geteilt.

Wie bereits vorstehend ausgeführt, ist die Anhängerkupplung nach der E1 kein gattungsgemäßer Stand der Technik, weil sie keine verstellbare Zugstange gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 aufweist. Wenn die Beschwerdeführerin bei der Frage der erfinderischen Tätigkeit von der Anhängerkupplung nach der E1 ausgeht und behauptet, die schlitzförmige Verdrehsicherung sei bereits der Ansatz einer Kulissenführung, greift sie diese Frage von einem Ansatzpunkt an, der offensichtlich von einer rückschauenden Betrachtungsweise geprägt ist.

Der Stand der Technik nach der E4 (oder E3) kommt dem Gegenstand des Anspruchs 1 schon näher. Diese Schriften beschreiben eine Anhängerkupplung an einem Kraftfahrzeug, mit einer Zugstange, die zwischen einer Ruhestellung und einer Betriebsstellung teleskopisch verstellbar ist. Es wurde von der Beschwerdeführerin behauptet, daß die Motorisierung der Verstellbewegungen der Zugstange nach der E4 (oder E3) mit dem im der E1 angegebenen Spindel-Mutter-Antrieb naheliegend war.

Nach Auffassung der Kammer lag eine solche Motorisierung nicht auf der Hand. Keine dieser Entgegenhaltungen vermittelt dem Fachmann, wie die hakeligen und zueinander orthogonalen Ver- und Entriegelungsbewegungen der ausfahrbaren Zugstange nach der E4 (oder E3) motorisch zu bewerkstelligen wären. Der Wortlaut des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 verlangt, daß die Verstellung der Zugstange in Axial- und Drehrichtung mittels eines Motors erfolgt. In der E1 wird dagegen mehrmals betont, daß eine Verdrehung der Zugstange und der Gewindespindel zueinander unmöglich gemacht werden soll (Seite 8, Zeilen 34-35; Seite 9, Zeilen 17-22). Angesichts der unterschiedlichen Aufgabe, spielfreies Montieren der Zugstange bei der E1, Verriegeln der teleskopisch ausfahrbaren Zugstange in der jeweiligen Ruhe- bzw. Betriebstellung bei der E4 bzw. E3, ist auf der Grundlage dieser Entgegenhaltungen nicht ersichtlich, wie die beanspruchte Motorisierung der Verstellbewegung der Zugstange nahegelegt werden könnte.

Somit kann die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Kombination der E1 mit der E4 (oder E3) nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen. Dieser Anspruch beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

2.4. Unabhängiger Anspruch 7.

Wie selbst von der Beschwerdeführerin eingeräumt, ist die verschiebbare Lagerung eines Sperrkonus in der Zugstange zur selbsttätigen Verriegelung derselben in ihrer Betriebsstellung im gesamten vorliegenden Stand der Technik ohne Vorbild. Aus dem Wortlauf des Anspruchs ist implizit, daß die Verriegelungsöffnung, in die der Sperrkonus einfahrbar ist, sich in einem feststehenden Teil befinden soll. Es war bisher üblich, die Verriegelung manuell durchzuführen, indem ein Sperrstift in eine Verriegelungsöffnung der Stange eingeführt wurde (vgl. E4). Ein von der Stange heraus selbsttätiges Verriegeln ergibt sich auf keinen Fall in naheliegender Weise.

Daraus folgt, daß der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 7 gemäß Hilfsantrag neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückgewiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag 2, eingereicht mit Schreiben vom 8. Oktober 2003,

- Beschreibung Spalten 1 bis 6 gemäß Hilfsantrag 2, wie eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2003,

- Zeichnungen wie erteilt.

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