European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2002:T026202.20021028 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 28 October 2002 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0262/02 | ||||||||
Anmeldenummer: | 97910232.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01B 11/24 G02B 21/00 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Oberflächenvermessung mittels Konfokalmikroskopie | ||||||||
Name des Anmelders: | Leica Microsystems Heidelberg GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Wiedereinsetzung - Sorgfaltspflicht - nein Zuverlässiges System zur Firstenüberwachung - nein Zulässigkeit der Beschwerde (nein) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen eine Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 97 910 232.4, die am 18. September 2001 zur Post gegeben wurde.
II. Die Beschwerde ist am 12. November 2001 unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr eingelegt worden. Mit Schreiben vom 14. März 2002 teilte die Geschäftsstelle der Beschwerdekammer der Beschwerdeführerin mit, die eingelegte Beschwerde sei nicht begründet worden und daher voraussichtlich als unzulässig zu verwerfen. Dabei wurde auch auf Artikel 122 EPÜ (Wiedereinsetzung) hingewiesen.
III. Am 8. Mai 2002 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist für die Einreichung der Beschwerdebegründung und zahlte die Wiedereinsetzungsgebühr. Gleichzeitig reichte sie die Begründung ihrer Beschwerde nach.
IV. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde wie folgt begründet: Die Entscheidung über die Zurückweisung der Anmeldung sei am 20. September 2001 bei der Konzernstelle Patent + Marken der Beschwerdeführerin eingegangen. Die Sekretärin, die die Eingangspost bearbeite, habe die Entscheidung mit einem Eingangsstempel versehen. In diesen Stempel werde einerseits das Datum des Fristablaufs und andererseits ein rechtzeitiges Datum für die Wiedervorlage der Akte eingetragen. Im vorliegenden Fall habe die Sekretärin in korrekter Weise das Datum des Fristablaufs für das Einlegen der Beschwerde (20.11.01) und ein dazu passendes Wiedervorlagedatum (20.10.01) eingetragen. Ebenso habe sie unter dem Stempel die Frist für die Einreichung der Beschwerdebegründung (20.01.02) korrekt notiert, jedoch aus Versehen zu dieser Frist dasselbe Wiedervorlagedatum eingetragen, wie für das Einlegen der Beschwerde.
Diese Fristeinträge seien vom zuständigen Vertreter überprüft worden. Offenbar habe aber auch er angesichts der an sich korrekt eingetragenen Fristen übersehen, daß die beiden Wiedervorlagefristen auf den gleichen Tag fielen. Durch die Beschwerdeeinlegung am 12. November 2001 seien deshalb im Rechnersystem beide Wiedervorlagefristen gelöscht worden. Danach sei die Akte im Aktensystem abgehängt worden im Vertrauen darauf, daß sie rechtzeitig zur Einreichung der Beschwerdebegründung wieder vorgelegt würde. Erst durch die Mitteilung vom 14. März 2002 sei man auf dieses Versehen aufmerksam geworden.
V. In einem Bescheid vom 12. Juli 2002 wies die Beschwerdekammer darauf hin, daß im Wiedereinsetzungsantrag offen geblieben sei:
- ob es sich bei der Sekretärin um eine für diese Tätigkeit qualifizierte Person gehandelt habe, die mit ihren Aufgaben vertraut gemacht und in vernünftigem Umfang überwacht worden sei;
- weshalb der verantwortliche Vertreter, der die Fristeneintragungen mit seinen Initialen genehmigt hatte, trotz der ihn treffenden Sorgfaltspflicht die Falscheintragung übersehen habe;
- wer zur Löschung der Fristen im Rechnersystem befugt gewesen sei und weshalb beide Wiedervorlagefristen gelöscht werden konnten, ohne daß der Fehler bemerkt worden sei;
- warum die in der Fristenkontrolle korrekt eingetragene Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung unabhängig von der nicht erfolgten Wiedervorlage ihre Funktion nicht erfüllt habe. Insofern blieben ernsthafte Zweifel an der Organisation und Anwendung der Fristenkontrolle.
VI. In ihrer Antwort vom 3. September 2002 nahm die Beschwerdeführerin zu diesen Fragen wie folgt Stellung:
- Die Sekretärin sei seit dem Jahr 1998 als Bürovorsteherin der Patentabteilung tätig. Sie habe entsprechende Schulungskurse belegt und sei während ihrer Tätigkeit immer auf die Neuerungen im EPÜ hingewiesen worden. Der Vertreter habe sich von ihrer Zuverlässigkeit und Sorgfalt überzeugen können. Dies sei im wesentlichen durch Überwachung und Überprüfung der von ihr ermittelten Fristeneinträge erfolgt, deren Richtigkeit jeweils durch das Kürzel des zugelassenen Vertreters bzw. verantwortlichen Patentsachbearbeiters auf dem entsprechenden Blatt bestätigt worden sei.
- Da die Fristen für die Einlegung und die Begründung der Beschwerde richtig ermittelt worden seien, habe der zugelassenen Vertreter hier keinen Fehleintrag feststellen können. Das einzige Versehen des zugelassenen Vertreters habe darin bestanden, daß bei Einlegung der Beschwerde übersehen wurde, die Wiedervorlagefrist für die Einreichung der Beschwerdebegründung zu überprüfen und zu verändern. Dieses Versehen sei auf eine zu diesem Zeitpunkt hohe Arbeitsbelastung des Vertreters zurückzuführen, da er neben dem Tagesgeschäft in die Vorbereitung einer Gerichtsverhandlung eingebunden gewesen sei.
- Zur Löschung der Fristen seien die Sekretärinnen auf ausdrückliche Anweisung des Vertreters befugt.
- Daß die Frist für die Begründung der Beschwerde versäumt worden sei, liege darin begründet, daß diese ohne eine Wiedervorlage erst wieder auf dem Bildschirm des elektronischen Systems oder dem Fristenausdruck auftauche, wenn sie bereits abgelaufen sei. Der Grund für das Fristversäumnis sei damit die nicht erfolgte Weitertragung der Wiedervorlage durch den Vertreter gewesen.
Entscheidungsgründe
1. Es wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten, daß die Viermonatsfrist nach Artikel 108 EPÜ, letzter Satz, für die Begründung der Beschwerde versäumt wurde. Nach Regel 65 (1) EPÜ ist die Beschwerde daher als unzulässig zu verwerfen, falls dem Antrag auf Wiedereinsetzung vom 8. Mai 2002 nicht stattgegeben werden kann.
2. Wie die Beschwerdeführerin glaubhaft gemacht hat, ist das Hindernis für die Einhaltung der versäumten Frist mit dem am 15. März erfolgten Empfang der amtlichen Mitteilung vom 14. März 2002 weggefallen. Dies steht in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Beschwerdeführerin über die Funktionsweise ihrer Fristenkontrolle, wonach die (korrekt eingetragene) Frist für die Beschwerdebegründung ohne eine Wiedervorlage erst wieder auf dem Bildschirm des elektronischen Systems oder dem Fristenausdruck auftaucht, wenn die Frist bereits abgelaufen ist.
3. Der Antrag auf Wiedereinsetzung vom 8. Mai 2002 ist demnach fristgerecht gestellt und begründet worden. Dasselbe gilt für das Nachholen der versäumten Handlung. Der Antrag erfüllt somit die Voraussetzungen von Artikel 122 (2) und (3) EPÜ für seine Zulässigkeit.
4. Dem Antrag kann gemäß Artikel 122 (1) EPÜ jedoch nur stattgegeben werden, wenn nachgewiesen ist, daß der Anmelder bzw. sein Vertreter trotz aller nach den gegebenen Umständen gebotenen Sorgfalt verhindert war, die genannte Frist einzuhalten.
4.1. Soweit die Versäumung der Frist auf ein Versehen einer für Routinearbeiten eingesetzten Hilfsperson, im vorliegenden Fall also der Bürovorsteherin zurückgeht, hat der Vertreter seiner Sorgfaltspflicht Genüge getan, indem er glaubhaft nachgewiesen hat, daß für diese Tätigkeit eine entsprechend qualifizierte Person ausgewählt, mit ihren Aufgaben vertraut gemacht und auch in vernünftigem Maß bei der Ausübung ihrer Arbeit überwacht worden ist (siehe dazu Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 4. Aufl. 2001, S. 359 ff.). Zu den Routinearbeiten, die der Hilfsperson übertragen werden dürften, gehörte insbesondere auch das Notieren und Überwachen von Fristen, sofern sich dabei, wie im vorliegenden Fall, keine besonderen rechtlichen Probleme ergeben (J 5/80, ABL. EPA 1981, 343, T 777/92 vom 5. Oktober 1992).
Was das Versehen der Hilfsperson anbelangt, werden an sie gemäß der genannten Praxis nicht die gleichen strengen Anforderungen gestellt, wie an den Vertreter selbst. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, daß sie die beiden in Frage stehenden Fristen richtig festgestellt und notiert hat. Ihr Versehen bezog sich nur darauf, daß sie in offenbar unüblicher Weise nur einen Wiedervorlagetermin vermerkte, was aber noch nicht notwendigerweise zu der Fristversäumung hätte führen müssen. Insgesamt würde dieses Versehen für sich allein einer Wiedereinsetzung nicht im Wege stehen.
4.2. In ihrem Zwischenbescheid hat die Kammer jedoch ernsthafte Zweifel daran geäußert, ob im Hinblick auf die Organisation und Anwendung der Fristenüberwachung alle nach den gegebenen Umständen gebotene Sorgfalt eingehalten wurde.
Nach den Angaben der Beschwerdeführerin reagiert ihr System zur Fristenüberwachung ausschließlich auf die notierten Wiedervorlagefristen, sodaß ohne Wiedervorlage eine Frist erst wieder auftaucht, wenn sie bereits abgelaufen ist (siehe oben Ziff. 2). Auch wenn ein solches System für Einzelfristen zufriedenstellend funktioniert haben mag, ergibt sich bei Doppelfristen, wie sie im Zusammenhang mit der Einlegung und Begründung einer Beschwerde auftreten, die Problematik, ob für beide Fristen eine einzige gemeinsame oder für jede Frist eine eigene Wiedervorlagefrist notiert werden soll. Nach den Angaben der Beschwerdeführerin war die erstgenannte Vorgehensweise, die die Sekretärin im vorliegenden Fall gewählt hat, "vollkommen unüblich". Trotzdem hat sie der Vertreter "angesichts der korrekt eingetragenen Fristen" mit seinem Kürzel gebilligt. Seine Kontrolle hat sich dabei in erster Linie auf die korrekte Berechnung und Eintragung der eigentlichen Fristen gerichtet, obwohl diesen im Fristenüberwachungssystem keine selbständige Warnfunktion zukommt (siehe oben Ziff. 2). Darin offenbart sich nach Ansicht der Kammer insofern ein Mangel des Überwachungssystems, als darin bei Doppelfristen das Zusammenspiel der eigentlichen Fristen und der Wiedervorlagefrist(en) offenbar nicht ausreichend geklärt war.
4.3. Was die Sorgfaltspflicht des Vertreters selbst anbelangt, hätte erwartet werden können, daß er sein Augenmerk besonders auf die Wiedervorlagefristen richtet, von deren Bedeutung für das Fristenüberwachungssystem er wissen musste. Statt dessen hat er die entsprechende Fehleintragung mehrfach übersehen, weil er sich auf die richtige Berechnung der eigentlichen Fristen verlassen hat, denen aber systemgemäß keine Warnfunktion zukam. Daß der Vertreter zu dieser Zeit einer hohen Arbeitsbelastung unterlag, ist keine ausreichende Rechtfertigung für die Fristversäumung, da ein zuverlässiges System zur Fristenüberwachung gerade dann unterstützend eingreifen sollte (T 1070/97 vom 4. März 1999, Erwägung 4.2).
5. Die Kammer kommt demnach zu dem Ergebnis, daß das Fristenüberwachungssystem der Beschwerdeführerin Mängel zumindest bezüglich der Überwachung von Doppelfristen, wie der Beschwerde- und der Beschwerdebegründungsfrist, aufwies. Ferner hat der Vertreter bei der Handhabung dieses Systems nicht die gebotene Sorgfalt walten lassen. Insgesamt waren damit die Sorgfaltsanforderungen, wie sie nach der ständigen Praxis der Beschwerdekammern an die Fristenüberwachung gestellt werden, nicht erfüllt (siehe dazu Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 4. Aufl. 2001, S. 348 ff.).
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung ist daher zurückzuweisen mit der Folge, daß die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen ist.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.