T 0230/02 () of 6.11.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T023002.20031106
Datum der Entscheidung: 06 November 2003
Aktenzeichen: T 0230/02
Anmeldenummer: 96932513.3
IPC-Klasse: B03B 5/62
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 30 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Schwertrübesortierer
Name des Anmelders: Bräuer Aufbereitungsmaschinen GmbH & Co. Förderanlagen KG
Name des Einsprechenden: Schauenburg Maschinen- und Anlagen-Bau GmbH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Aufgabe und Lösung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit Zwischenentscheidung vom 19. November 2001, zur Post gegeben am 20. Dezember 2001, hat die Einspruchsabteilung das europäische Patent Nr. 0 799 092 in geändertem Umfang auf der Basis der Ansprüche 1 bis 8 gemäß mündlicher Verhandlung vom 19. November 2001 (damaliger Hilfsantrag) aufrechterhalten.

II. Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"1. Schwertrübesortierer mit einem Behälter (1), der einen Boden (31) und daran seitlich angrenzende Seitenwände (32) und eine in einem Abstand von dem Boden (31) angeordnete Diffusorgrundplatte (2) mit einer Mehrzahl von Düsen (4) aufweist, einer Zufuhrleitung (6), die die dem Boden (31) zugewandte Seite der Diffusorgrundplatte (2) mit Wasser unter Druck beaufschlagt, und einer Auslaßleitung (5), wobei die Diffusorgrundplatte (2) eine Mehrzahl von Bohrungen (30) mit darin angeordneten einzelnen Düsen mit einem Düsenkanal (17) aufweist und die Düsen (4) jeweils mit einem in Richtung der Zufuhrleitung (6) sperrenden Rückschlagventil (16, 22; 38, 40) vorgesehen sind, das aus einem geschlitzten elastischen Material besteht, das elastische Material mittig über der Ausgangsseite des Düsenkanals (17) einen gekreuzten Schlitz (22, 40) aufweist, die Düsen (4) das Rückschlagventil (16, 22; 38, 40) jeweils als Bestandteil aufweisen und der gekreuzte Schlitz (22) um ein vielfaches größer ist als der Durchmesser der Austrittsöffnung des Düsenkanals (17)."

III. Gegen vorgenannte Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung hat die Einsprechende - nachfolgend Beschwerdeführerin - am 28. Februar 2002 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr und Einreichung der Begründung Beschwerde eingelegt, weil ihrer Meinung nach zwischen den bekannten und beanspruchten Düsen kein funktioneller Unterschied bestehe und eine patentfähige Erfindung nicht vorliege.

IV. Nach vorbereitender Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) VOBK, in der diese u. a. zu den Druckschriften

(D0) US-A-2 105 126 und

(D1) DE-C-3 013 668

Stellung nahm, fand am 29. Oktober 2003 eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, in der die Beschwerdeführerin und die Patentinhaberin - nachfolgend Beschwerdegegnerin - im Hinblick auf den vorstehend genannten Anspruch 1 im wesentlichen folgende Argumente vortrugen:

a)Beschwerdeführerin

- ein Kreuzschlitz in einem elastischen Material als Rückschlagsventil sei im Stand der Technik ebenso bekannt wie eine Düse zum Aufbau eines Aufstromes und zwar auch in Kombination;

- die beanspruchten Düsen führten in nachteiliger Weise zu seitlichen Sandablagerungen, da sie nicht in der Lage seien, eine V-Form der Wasserstrahlen zu erzwingen, so daß ein Homogenisieren des Sandes nicht erzielbar sei;

- Lochbleche, zwischen denen ein Düsenboden eingespannt sei, seien durch moderne Verfahren maßgenau herstellbar und gegenüber Einzeldüsen auch nicht unwirtschaftlicher oder unwirksamer;

- ein möglicher Versatz von Düsenboden und beidseitigen Lochblechen lasse sich durch vorheriges Ankleben des Düsenbodens an eines der Lochbleche ausschließen;

- zusammenfassend sei keine wirtschaftliche oder funktionelle Verbesserung der Aufstromausbildung nach den Prinzipien des angegriffenen Anspruchs 1 gegenüber dem Bekannten erkennbar und eine ein Patent begründende Erfindung nicht gegeben.

b) Beschwerdegegnerin

- unabhängig davon, von welchem Stand der Technik man bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Beanspruchten ausgehe, sei der Stand der Technik gemäß (D1) und (D0) einzeln oder in Kombination betrachtet nicht dazu angetan, den Fachmann auf den Gegenstand des Anspruchs 1 hinzulenken;

- von (D1) ausgehend gelte es die Herstellung des Düsenbodens wirtschaftlicher zu gestalten, was gemäß Anspruch 1 durch die Realisierung von Einzeldüsen und direkt zugeordneten Rückschlagventilen des Types "Kreuzschlitz" erreicht werde;

- von (D0) ausgehend sei die Aufgabe darin zu sehen, das Öffnen der Ventile bei geringerem Wasserdruck zu ermöglichen, wobei wiederum das mit einem Kreuzschlitz versehene Ventil betriebliche Vorteile eröffne, indem die Wandstärken des Rückschlagsventils herabsetzbar und dadurch mit erniedrigtem Betriebsdruck zu arbeiten sei; ein Längsschlitz sei dabei nicht gleichsetzbar mit einem Kreuzschlitz, da nur letzterer ein definierteres Öffnen/Schließen des Ventils ermögliche;

- gemäß Anspruch 1 sei im Gegensatz zu (D0) auch eine klare Trennung von Düsenkanal und Ventil gegeben;

- bei fehlenden Angaben zu den jeweils zu lösenden Aufgaben im Stand der Technik sei dieser insgesamt nicht dazu angetan, das Beanspruchte nahezulegen.

V. Für die Vertreter der Beschwerdeführerin, die durch zwei ihrer Angestellten in der mündlichen Verhandlung vertreten war, lag eine per Telefax übermittelte Vollmacht vor. Zum Einreichen des Originals wurde eine Frist von einem Monat gesetzt.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 799 092.

VII. Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise mit der Maßgabe, daß das Patent gemäß Patentanspruch 1 nach einem der Hilfsanträge I bis IV aufrechterhalten wird.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig

Die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ausstehende Originalvollmacht wurde innerhalb der von der Kammer gesetzten Einmonatsfrist, und zwar am 6. November 2003 nachgereicht, so daß das Verfahren in formaler Hinsicht nicht zu beanstanden ist.

Hauptantrag

2. Der Antrag der Beschwerdegegnerin, die Beschwerde zurückzuweisen, bedeutet, daß die Kammer über den Hilfsantrag gemäß angefochtener Entscheidung - jetzt Hauptantrag der Beschwerdegegnerin - zu befinden hatte.

Neuheit

3. Die Frage der Neuheit des Gegenstandes gemäß Anspruch 1 war zwischen den Parteien und auch seitens der Kammer nicht strittig, so daß sich ins Detail gehende Erörterungen dieser Frage erübrigen.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Es ist im gegebenen Fall nicht eindeutig feststellbar, ob (D1) oder eher (D0) als nächstliegender Stand der Technik anzusehen ist, so daß in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beide Wege untersucht werden:

4.2. (D1) als nächstkommender Stand der Technik bietet sich an, weil sie Düsen "8b" und zugehörige Rückschlagventile "12" - nämlich Kreuzschlitze in einem elastischen Material "11" - als bekannt ausweist. Das elastische Material ist bei (D1) plattenförmig ausgebildet und zwischen einer oberen und einer unteren Lochplatte "7a/7b" eingespannt. In Übereinstimmung mit der Beschwerdegegnerin bildet der Schwertrübesortierer einen Teil der aus (D1) bekannten Schwingsiebmaschine.

4.3. Die Aufgabenstellung der beanspruchten Erfindung setzt an dem plattenförmigen Düsenboden gemäß (D1) an, wobei es gilt, diesen wirtschaftlicher herstellen zu können.

4.4. Die Lösung vorgenannter Aufgabenstellung ist im Anspruch 1 des Hauptantrages niedergelegt und zwar durch Auflösung des vorbekannten Düsenbodens in eine Anzahl von Einzeldüsen, denen jeweils ein einzelnes Rückschlagventil zugeordnet ist.

4.5. Damit wird erreicht, daß die Anforderungen an die Positionsgenauigkeit der vorbekannten Düsen "8b, 8a" und Rückschlagventile "12" wesentlich verminderbar sind, weil keine Kettenmaße von Bohrungen und Schlitzen zu beachten sind und sich weiterhin Möglichkeiten eröffnen, das elastische Material der Kreuzschlitze zu optimieren, dergestalt, daß über eine geringere Wandstärke problemlos das Öffnungs/Schließverhalten des Ventils beeinflußbar ist. Nach Wegfall der oberen Lochplatte ist auch die Strahlbeeinflussung/Strahlrichtung verbessert, weil eine obere Bohrung, die der Strahl passieren muß, fehlt.

4.6. Zunächst ist im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage des Vorliegens/Nichtvorliegens erfinderischer Tätigkeit festzustellen, daß weder (D1) noch (D0) die in vorstehendem Abschnitt 4.3 aufgeführte Aufgabenstellung entnehmbar ist, so daß für den Fachmann bereits deshalb keine Veranlassung besteht, sich aus diesem Stand der Technik Anregungen für die Aufgabenlösung zu holen.

4.7. Mit Blick auf (D1) ist weiterhin zu beachten, daß es einer Neugestaltung von deren Düsenplatte/Lochblechen bedarf, um den Gegenstand des Anspruchs 1 zu erhalten und daß (D1) keine Anregung entnehmbar ist - wie beansprucht - Einzeldüsen vorzusehen und jeder dieser Einzeldüsen ein separates Rückschlagventil (Kreuzschlitzprinzip) zuzuordnen. Es kommt hinzu, daß darüberhinaus auch anstelle einer Öffnung "8b", vgl. Figur 3 von (D1), ein Düsenkanal "17" gemäß Anspruch 1 vorzusehen ist, um den Gegenstand des Anspruchs 1 zu erhalten - was wiederum von (D1) nicht nahegelegt ist.

4.8. (D0) als weiter zu berücksichtigender Stand der Technik offenbart zwar ein Einzeldüsenprinzip, vgl. ihre Figuren 3 bis 5, aber nicht Rückschlagventile vom Typ "Kreuzschlitzprinzip", da wie Figur 5 erhellt, nur ein Schlitz in der Kappe "22" vorgesehen ist. Der Fachmann erkennt unschwer, daß bei (D0) keine klare Trennung von Düse und Rückschlagventil vorliegt, da die Düse auch den Kanal der Kappe "22" mit umfaßt, was nachteilig für die Strahlausbildung und - richtung ist.

Unter diesen Umständen könnte auch eine Zusammenschau von (D1) und (D0) den Fachmann, der die beanpruchte Erfindung nicht kennt, nicht in naheliegender Weise auf den Gegenstand des Anspruchs 1 hinlenken. Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob oder ob nicht ein Vorurteil gegen die Verwendung von Einzeldüsen bei Schwertrübesortierern bestand und ob oder ob nicht Einzeldüsen/Rückschlagventile des beanspruchten Typs kostengünstiger herzustellen sind - die Parteien widersprachen sich im Punkte Herstellungskosten in der mündlichen Verhandlung - weil die Zusammenfassung obiger Überlegungen in der Feststellung mündet, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 im Sinne vom Artikel 56 und 100 a) EPÜ auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

4.9. An diesem Ergebnis ändert auch die Bestimmung der (D0) als gattungsnächster Stand der Technik nichts, da dann die zu lösende objektiv verbleibende Aufgabe wohl umzuformulieren und darin zu sehen wäre, das Öffnungsverhalten der Ventile bei reduziertem Wasserdruck zu verbessern, ansonsten aber ein Fachmann ohne Kenntnis der Erfindung nicht auf einen Schwertrübesortierer (anstelle eines Klassifizierers gemäß (D0)) hingelenkt würde, da gemäß Anspruch 1 nicht nur Kreuzschlitz-Rückschlagventile vorgesehen sind, sondern auch noch die Randbedingung, daß der Kreuzschlitz ein Vielfaches des Durchmessers der Austrittsöffnung des Düsenkanals beträgt, eingehalten werden muß - wozu (D0) jede Anregung schuldig bleibt. Damit ist in (D0) auch nicht die Aufgabenstellung der Erfindung (Verbesserung des Ventil-Öffnungsverhaltens) angesprochen, geschweige im Sinne des Anspruchs 1 gelöst.

4.10. Da (D1) als weiter zu berücksichtigender Stand der Technik auf ein "Plattenprinzip" abgestellt ist, liegt schon deshalb eine Unvereinbarkeit mit dem Gegenstand des Anspruchs 1 vor, da dieser dem Einzeldüsenprinzip treu ist. Somit stellt sich die Frage der Zusammenschau von zweierlei Stand der Technik erst gar nicht, woraus folgt, daß insgesamt weder (D0) noch (D1) noch ihre Kombination das Beanspruchte nahezulegen vermögen und auch aus diesem Grunde Anspruch 1 Rechtsbestand haben kann.

4.11. Die in der Streitpatentschrift diskutierte US-A-4 539 103 fand in der mündlichen Verhandlung nur streifende Erwähnung und ist somit als weiterer Vertreter des Düsenplatten-Typs anzusehen, ohne einen Einfluß auf die Frage der erfinderischen Tätigkeit ausüben zu können.

4.12. Die Vorteile der beanspruchten Aufgabenlösung wurden in vorstehendem Abschnitt 4.5 herausgestellt. Die Beschwerdeführerin brachte demgegenüber in der mündlichen Verhandlung noch zum Ausdruck, daß die beanspruchten Düsen und ihre Anordnung zu seitlichen Sandablagerungen führten. Hierzu ist seitens der Kammer festzustellen, daß dies nicht notwendigerweise der Fall sein muß, da der Fachmann durch Variation der geometrischen Bedingungen von Düsen und Kreuzschlitzen durchaus in der Lage ist, eine V-Form der Wasserstrahlen zu erzwingen und dadurch eine genügende Homogenisierwirkung sicherzustellen.

Zum weiteren Argument der Beschwerdeführerin, wonach ein möglicher Versatz von Düsenboden und den beidseitigen Lochblechen des Vorbekannten durch vorheriges Ankleben des Düsenbodens beherrschbar sei, ist zu bemerken, daß dem so sein mag, daß dem Gegenstand des Anspruchs 1 das Ankleben des Düsenbodens aber fremd ist und dieses Argument somit ebenfalls nicht durchgreifen kann.

Hilfsanträge I bis IV

5. Bei gewährbarem Hauptantrag erübrigt sich ein Eingehen auf die Hilfsanträge I bis IV.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation