T 0020/02 () of 27.9.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T002002.20040927
Datum der Entscheidung: 27 September 2004
Aktenzeichen: T 0020/02
Anmeldenummer: 96103997.1
IPC-Klasse: B65H 45/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Betreiben eines Falzmaschinen-Verbundes
Name des Anmelders: Heidelberger Druckmaschinen Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: Maschinenbau Oppenweiler Binder GmbH & Co.
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Nächstkommender Stadt der Technik ; erfinderische Tätigkeit (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 0 732 292 in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten, Beschwerde eingelegt.

Mit dem Einspruch war das Patent in vollem Umfang im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden.

In der Entscheidung der Einspruchsabteilung wurden die Entgegenhaltungen

D1: DE-A-4 315 095 und

D3: Prospekt "multi effekt - Die neue LBW-Baureihe hochleistungsfähiger Falzautomaten" der Firma VEB POLYGRAPH LEIPZIG

berücksichtigt.

Die in Verbindung mit der Entgegenhaltung D3 über die eidesstattliche Versicherung

EV1: Eidesstattliche Versicherung des Herrn Dieter Lehmann vom 28. März 2000,

geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung ist in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt worden.

Nach der angefochtenen Entscheidung wird das Verfahren nach dem geänderten Anspruch 1 durch die Entgegenhaltung D1 als nächstkommenden Stand der Technik, unter Berücksichtigung der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung, nicht nahegelegt. Danach sei der Einrichtvorgang nach dieser offenkundigen Vorbenutzung ein rein manueller Vorgang, betreffend den keine Möglichkeit beschrieben werde, die Maschine in einen automatischen gesteuerten Einrichtbetrieb zu schalten.

Mit der Beschwerdebegründung wurde der Vortrag betreffend die offenkundige Vorbenutzung, deren Offenkundigkeit seitens der Beschwerdegegnerin im Einspruchsverfahren bestritten worden ist, durch Einreichung von zwei weiteren eidesstattlichen Versicherungen

EV2: Eidesstattliche Versicherung des Herrn Jürgen Stieghorst vom 5. Februar 2002

EV3: Eidesstattliche Versicherung der Frau Rosaline Heinrich vom 4. Februar 2002

ergänzt.

Die durch die Entgegenhaltung D3 und die eidesstattlichen Versicherungen EV1 bis EV3 geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung wurde im Beschwerdeverfahren seitens der Beschwerdegegnerin nicht mehr bestritten.

II. Am 27. September 2004 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

III. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

IV. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag), oder das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage des am 27. September 2004 eingereichten Hilfsantrags aufrecht zu erhalten.

V. Der Anspruch 1 des Streitpatents gemäß Hauptantrag lautet wie folgt: "Verfahren zum Betreiben eines Falzmaschinen- Verbundes aus mehreren Stationen, nämlich einen Bogenanleger (10), mehreren aufeinanderfolgenden Falzstationen (12, 14, 16, 18) und einer Bogenauslage (20), bei dem die Stationen des Verbundes mittels einer zentralen Steuerung gesteuert werden, der Verbund durch Betätigung eines zugeordneten Bedienelementes (29) in einen Einrichtbetrieb umgeschaltet wird, in welchem ein einzelner Bogen (22) am Bogenausleger (10) abgerufen wird, wobei im Einrichtbetrieb der einzelne Bogen (22) den Verbund nur teilweise durchläuft und in einer vorbestimmten Station automatisch angehalten wird,

dadurch gekennzeichnet,

daß im Einrichtbetrieb der Bogen (22), der in einer bestimmten Station angehalten wird, die vorausgehenden Stationen mit normaler Produktionsgeschwindigkeit durchläuft."

Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 weist gegenüber dem Anspruch 1 nach dem Hauptantrag zusätzlich die Merkmale auf "dass mehrere gleichartige Bedienelemente (29) an den Stationen des Verbundes verteilt angeordnet sind und bei Betätigung auf die zentrale Steuerung einwirken und dass der Verbund durch die Betätigung eines zugeordneten Bedienelements (29) an beliebigen Stationen in den Einrichtbetrieb umgeschaltet werden kann".

VI. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

i) Die Entgegenhaltung D3 offenbare einen Falzmaschinen- Verbund der die auf die Struktur eines Falzmaschinen-Verbundes gerichteten Merkmale des Anspruchs 1 aufweise. Dabei erfolge eine Steuerung der Stationen des Verbundes mittels einer Steuerung. Deren, in der Entgegenhaltung D3 beschriebene Wirkungsweise, entspräche derjenigen einer zentralen Steuerung. Der bekannte Verbund könne ferner durch Betätigung eines zugeordneten Bedienelementes in einen Einrichtbetrieb umgeschaltet werden.

ii) Die verfahrensseitigen Merkmale des Anspruchs 1 seien für den Einrichtbetrieb des Falzmaschinen- Verbundes nach der Entgegenhaltung D3 aus jeder der drei eidesstattlichen Versicherungen EV1 bis EV3 bekannt.

iii) Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ergebe sich somit in naheliegender Weise aus den offenkundigen Vorbenutzungen nach der Entgegenhaltung D3 in Verbindung mit den eidesstattlichen Versicherungen EV1 bis EV3, da der Fachmann es im Rahmen fachmännischen Handelns, einem allgemein bekannten Entwicklungstrend zur zentralen Steuerung eines derartigen Verbundes folgend, es in Betracht zöge, eine zentrale Steuerung für den Verbund, soweit dies nicht bereits der Fall sei, vorzusehen und mittels dieser den Verbund in den Einrichtbetrieb umzuschalten.

iv) Dies träfe in entsprechender Weise auch auf den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag zu. Nach der Entgegenhaltung D3 seien nämlich bereits mehrere gleichartige Bedienelemente an den Stationen des Verbundes verteilt angeordnet, wobei der Verbund durch die Betätigung eines zugeordneten Bedienelements an beliebigen Stationen in den Einrichtbetrieb umgeschaltet werden könne. Da die Art und Weise, in der die Bedienelemente auf die Steuerung einwirkten, von der Art der Steuerung abhingen, sei es selbstverständlich, daß die Bedienelemente in dem naheliegenden Fall des Einsatzes einer zentralen Steuerung auch auf diese einwirkten.

VII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

i) Die Entgegenhaltung D3 offenbare zwar einen Falzmaschinen-Verbund mit den auf die Struktur eines Falzmaschinen-Verbundes gerichteten Merkmalen des Anspruchs 1. Betreffend die Steuerung der Stationen des Verbundes sei der Entgegenhaltung D3 aber lediglich zu entnehmen, daß der Verbund von jeder Falzstation aus zu bedienen sei und die Falzstationen einzeln zuschaltbar seien. Daraus ergebe sich jedoch nicht, daß der Verbund von jeder dieser Falzstationen aus in einen Einrichtbetrieb umgeschaltet werden könne.

ii) Selbst wenn der Einsatz einer zentralen Steuerung bei dem Verbund nach der Entgegenhaltung D3 als innerhalb des allgemeinen Entwicklungstrends liegend angesehen werden könne, so basiere, unter Berücksichtigung eines derartigen Entwicklungstrends, das im Anspruch 1 definierte Umschalten des Betriebs in den Einrichtbetrieb, auf einer besonderen Funktion einer zentralen Steuerung, die durch die offenkundige Vorbenutzung nicht nahegelegt werde.

iii) Dies gelte umsomehr betreffend die im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag enthaltene weitergehende Definition hinsichtlich der Betätigung und der Wirkungsweise der zentralen Steuerung zum Umschalten in den Einrichtbetrieb.

iv) Betreffend den Einrichtbetrieb nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag wie auch gemäß Hilfsantrag sei auch zu berücksichtigen, daß den Angaben der drei eidesstattlichen Versicherungen EV1 bis EV3 betreffend den Einrichtbetrieb des Falzmaschinen- Verbundes nach der Entgegenhaltung D3 nicht zu entnehmen sei, daß der Verbund, unabhängig von dessen jeweiligem Betriebszustand, durch Betätigung eines zugeordneten Bedienelementes in einen Einrichtbetrieb umschaltbar sei. Vielmehr beschränke sich der Einrichtbetrieb nach den offenkundigen Vorbenutzungen auf das Abschalten einer vorbestimmten Station aus einem Betrieb des Verbundes mit normaler Produktionsgeschwindigkeit heraus. Ein Umschalten eines sich bspw. im Stillstand befindenden Verbundes in den Einrichtbetrieb werde nicht angesprochen.

Entscheidungsgründe

1. Der geänderte Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet sich vom Anspruch 1 in der erteilten Fassung durch Aufnahme der zusätzlichen Merkmale des Anspruchs 2 in der erteilten Fassung. Zusätzlich dazu enthält der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag auch die zusätzlichen Merkmale des Anspruchs 3 in der erteilten Fassung. Die Ansprüche sind damit, was auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird, zulässig.

2. Gegenstand des Anspruchs 1

2.1. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Falzmaschinen-Verbundes.

Betreffend die Struktur des Verbundes ist definiert, daß er aus mehreren Stationen, nämlich einen Bogenanleger, mehreren aufeinanderfolgenden Falzstationen und einer Bogenauslage besteht, und daß die Stationen des Verbundes mittels einer zentralen Steuerung gesteuert werden. Weiter ist definiert, daß ein Bedienelement zugeordnet ist.

Betreffend das Umschalten in den Einrichtbetrieb ist definiert, daß der Verbund durch Betätigung eines zugeordneten Bedienelementes in einen Einrichtbetrieb umgeschaltet wird; auf einen bestimmten Betriebszustand des Verbundes, aus dem heraus das Umschalten erfolgt, wird dabei nicht bezug genommen.

Betreffend den Einrichtbetrieb ist definiert, daß in diesem ein einzelner Bogen am Bogenausleger abgerufen wird, der den Verbund nur teilweise durchläuft und in einer vorbestimmten Station automatisch - d. h. ohne weiteres Zutun - angehalten wird. Dieser Bogen durchläuft die vorausgehenden Stationen mit normaler Produktionsgeschwindigkeit.

2.2. Bei dem Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags ist hinsichtlich der Struktur des Verbundes weiter definiert, daß mehrere gleichartige Bedienelemente an den Stationen des Verbundes verteilt angeordnet sind und bei Betätigung auf die zentrale Steuerung einwirken.

Hinsichtlich des Umschaltens in den Einrichtbetrieb ist weiter definiert, daß der Verbund durch die Betätigung eines zugeordneten Bedienelements an beliebigen Stationen in den Einrichtbetrieb umgeschaltet werden kann.

3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist unstreitig neu (Artikel 54 EPÜ).

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Nächstkommender Stand der Technik

Die Entgegenhaltung D1, die nach der angefochtenen Entscheidung den nächstkommenden Stand der Technik bildet, betrifft einen Einrichtbetrieb, bei dem in den einzelnen Stationen Führungen für die Bögen bedarfsweise eingestellt werden (vgl. Entgegenhaltung D1, Anspruch 1). Ein derartiger Einrichtbetrieb ist im Streitpatent zwar auch beschrieben (Seite 4, Zeilen 1 - 11), er entspricht aber nicht dem im Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag angesprochenen Einrichtbetrieb.

Bei dem Einrichtbetrieb nach diesen Ansprüchen, der auch Gegenstand der offenkundigen Vorbenutzungen ist, wird keine Einstellung vorgenommen. Dieser Einrichtbetrieb beruht vielmehr darauf, daß ein Bogen, nach dem Durchlauf vorangehender Stationen, an einer vorgegebenen Station angehalten wird. Dadurch wird eine Kontrolle der in den jeweils vorangehenden Stationen erfolgten Falzung ermöglicht (Streitpatent, Seite 3, Zeilen 32 - 38; EV1, Seite 2, Absatz 1; EV2, Absätze 1 und 2 von unten).

Die eidesstattlichen Versicherungen EV1 bis EV3 sind auf offenkundige Vorbenutzungen betreffend das Umschalten und den Betrieb eines Falzmaschinen-Verbunds nach der Entgegenhaltung D3 im Einrichtbetrieb gerichtet. Es ist unstreitig, daß diesen eidesstattlichen Versicherungen widerspruchsfrei die Verfahrenschritte zu entnehmen sind, nach denen ein Falzmaschinen-Verbund nach der Entgegenhaltung D3 in einen Einrichtbetrieb umgeschaltet und darin betrieben worden sind. Es ist weiter unstreitig, daß, aufgrund der Art des im Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag angesprochenen Einrichtbetriebs, durch den eine Falzkontrolle ermöglicht wird, die offenkundigen Vorbenutzungen der nächstkommende Stand der Technik sind.

4.2. Gegenstand der offenkundigen Vorbenutzungen

Durch diese offenkundigen Vorbenutzungen ist vorrichtungsseitig ein Falzmaschinen-Verbund aus mehreren Stationen bekannt, bei dem die Stationen des Verbundes in nicht näher beschriebener Weise gesteuert werden. Nach der Entgegenhaltung D3 ist "Die elektrische Einrichtung ... so gestaltet, daß die Maschinen von jedem Falzwerk und von den Anlegern aus zu bedienen sind, die Falzwerke einzeln zuschaltbar ... sind" (Abschnitt 8, Absatz 2).

Das Umschalten des Verbundes in den Einrichtbetrieb erfolgt durch Betätigung eines zugeordneten Bedienelementes. Als derartiges Bedienelement ist dabei jeder Station ein Ein- und Ausschalter zugeordnet. Die eidesstattlichen Versicherungen lassen darauf schließen, daß das Umschalten aus einem Betrieb des Verbundes mit normaler Produktionsgeschwindigkeit erfolgt, in dem durch Betätigung eines, jeweils einer Station zugeordneten, Bedienelementes eine vorgegebene Falzstation abgeschaltet wird (vgl. bspw. EV1, Seite 1, letzter Absatz; Seite 2, Absatz 1).

In dem Einrichtbetrieb wird in nicht näher beschriebener Weise ein einzelner Bogen am Bogenausleger abgerufen, der den Verbund nur teilweise durchläuft und in einer vorbestimmten Station, nämlich der abgeschalteten Station, automatisch, d. h. ohne weiteres Zutun, angehalten wird. Dieser Bogen durchläuft die vorausgehenden Stationen mit normaler Produktionsgeschwindigkeit.

4.3. Aufgabe

Das Verfahren nach dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet sich folglich von demjenigen nach den offenkundigen Vorbenutzungen durch das die Struktur des Falzmaschinen-Verbundes betreffende Merkmal, nach dem

a) die Stationen des Verbundes mittels einer zentralen Steuerung gesteuert werden.

Nach den offenkundigen Vorbenutzungen ist der Verbund von jeder Station aus zu bedienen (Entgegenhaltung D3, Abschnitt 8, Absatz 3), so daß der Beschwerdeführerin darin zuzustimmen ist, daß dies auf eine Funktionsweise der Steuerung nach der Art einer zentralen Steuerung schließen läßt. Übereinstimmend mit der von der Beschwerdegegnerin vertretenen Auffassung ist über die Angabe in der Entgegenhaltung D3 (Abschnitt 8, Absatz 3), nach der die Stationen einzeln zuschaltbar sind, jedoch nicht offenbart, daß dies über eine zentrale Steuerung erfolgt.

Das Verfahren nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet sich von demjenigen nach den offenkundigen Vorbenutzungen betreffend das Umschalten in den Einrichtbetrieb durch das Merkmal, nach dem

b) der Verbund durch Betätigung eines zugeordneten Bedienelementes in den Einrichtbetrieb umgeschaltet wird.

Merkmal b) ist im Hinblick auf die oben genannten Unterscheidungsmerkmale gegenüber dem Verfahren nach der offenkundigen Vorbenutzung so zu verstehen, daß das dort definierte Umschalten unabhängig von dem jeweiligen Betriebszustand des Verbundes erfolgen kann.

Bei dem Verfahren nach den offenkundigen Vorbenutzungen ist das Umschalten nach dem Merkmal b) lediglich in dem Fall möglich, in dem dieses Umschalten in den Einrichtbetrieb von einem Betrieb des Verbundes heraus erfolgt, bei dem dieser mit normaler Produktionsgeschwindigkeit läuft. Das Umschalten erfolgt dann durch Betätigung eines zugeordneten Bedienelementes, nämlich des Ein- und Ausschalters der vorgegebenen Station. Dadurch wird diese Station abgeschaltet, um den Bogen dort anzuhalten.

Bei dem Verbund nach der Entgegenhaltung D3 kann zwar auch aus einem anderen Betriebszustand des Verbundes heraus, nämlich denjenigen in dem sich dessen Stationen im Stillstand befinden, in den Einrichtbetrieb umgeschaltet werden. Dazu reicht, im Unterschied zu dem Umschalten gemäß Merkmal b), die Betätigung eines zugeordneten Bedienelementes nicht aus. Es bedarf vielmehr der Betätigung der Ein- und Ausschalter sämtlicher der bestimmten Station vorangehenden Stationen, damit ein Bogen diese mit normaler Betriebsgeschwindigkeit durchläuft.

Ausgehend von diesen Unterscheidungsmerkmalen ist die gegenüber den offenkundigen Vorbenutzungen zu lösende Aufgabe darin zu sehen, das Verfahren zum Betreiben eines Falzmaschinen-Verbundes so zu verbessern, daß, unabhängig von dem jeweiligen Betriebszustand des Verbundes, das Umschalten in den Einrichtbetrieb erleichtert wird (vgl. Streitpatent, Seite 2, Zeile 19).

4.4. Lösung

Diese Aufgabe wird bei dem Verfahren nach Anspruch 1 dadurch gelöst, daß entsprechend dem Merkmal a) die Stationen des Verbundes mittels einer zentralen Steuerung gesteuert werden, und daß entsprechend dem Merkmal b) der Verbund durch Betätigung eines zugeordneten Bedienelementes in den Einrichtbetrieb umgeschaltet wird.

4.5. Erfinderische Tätigkeit

Es ist unstreitig, daß sich die genannte Aufgabe dem Fachmann aufgrund der allgemeinen Weiterentwicklung von Steuerungen für derartige Falzmaschinen-Verbunde stellt, um deren Bedienung zu vereinfachen und letztendlich deren Leistung zu steigern.

Betreffend die Lösung dieser Aufgabe gesteht die Beschwerdegegnerin zwar zu, daß allgemein die Weiterentwicklung von Steuerungen, insbesonders auch im Hinblick auf die Einführung einer zentralen Steuerung, als im Rahmen fachüblichen Handelns liegend angesehen werden kann. Ihrer Auffassung nach ist die zentrale Steuerung des Falzmaschinen-Verbundes nach dem Anspruch 1 sowie deren Funktionsweise jedoch besonderer Art, so daß das Verfahren nach Anspruch 1 ausgehend von den Verfahren nach den offenkundigen Vorbenutzungen, auch unter Berücksichtigung der allgemeinen Weiterentwicklung von Steuerungen, nicht nahegelegt werde.

Die besondere Art der zentralen Steuerung nach dem Anspruch 1 beruht nach Auffassung der Beschwerdegegnerin darauf, daß, unabhängig von dem jeweiligen Betriebszustand des Verbundes, also bspw. auch aus einem Stillstand des Verbundes heraus, durch Betätigung eines Bedienelementes in den Einrichtbetrieb umgeschaltet werden kann.

Wie oben ausgeführt (vgl. Abschnitte 4.2 und 4.3) ist dies bei dem Verbund nach den offenkundigen Vorbenutzungen nicht möglich. Umschalten in den Einrichtbetrieb durch Betätigung eines Bedienelementes ist lediglich durch Abschalten einer vorgegebenen Station, und damit aus dem Betriebszustand des Verbundes, in dem dieser mit normaler Produktionsgeschwindigkeit läuft, möglich.

Da die Funktionsweise der Steuerung des Verbundes nach der Entgegenhaltung D3 im wesentlichen der Funktionsweise einer zentralen Steuerung entspricht (vgl. Abschnitt 4.3), geht die Kammer davon aus, daß, falls die Steuerung nicht als zentrale Steuerung angesehen werden kann, es der Fachmann in Betracht gezogen hätte, für diese Funktionsweise, der allgemeinen Entwicklung folgend, eine zentrale Steuerung entsprechend dem Merkmal a) vorzusehen. Die Kammer erachtet diesbezüglich die Auffassung der Beschwerdeführerin als zutreffend, nach der sich der Aufbau einer derartigen zentralen Steuerung, zu dem auch das Streitpatent keine weitere Angabe enthält, aus dem allgemeinen Fachwissen ergibt.

Es wird weiterhin als naheliegend erachtet, die Möglichkeit eines Umschaltens in den Einrichtbetrieb, entsprechend dem Merkmal b), unabhängig von dem vorausgehenden Betriebszustand des Verbundes durch Betätigung eines zugeordneten Bedienelementes vorzusehen.

Nach den offenkundigen Vorbenutzungen erfolgt ein Umschalten in den Einrichtbetrieb zwar jeweils durch Abschalten der betreffenden Station und damit aus dem Betriebszustand des Verbundes heraus, bei dem die Stationen mit normaler Produktionsgeschwindigkeit laufen.

Die Steuerung des Verbundes nach den offenkundigen Vorbenutzungen, bei denen jede Station einen Schalter zum Ein- und Ausschalten dieser Station aufweist, ermöglicht es jedoch ohne weiteres, einen Verbund aus dessen Stillstand heraus in den Einrichtbetrieb umzuschalten. Dazu sind, über den jeweiligen Ein- und Ausschalter, alle einer vorgegebenen Station vorangehenden Stationen einzuschalten, während diese vorgegebene Station ausgeschaltet bleibt.

Da das Umschalten nach dem Merkmal b) somit auch bei dem Verbund nach den offenkundigen Vorbenutzungen, durch Betätigung einer entsprechenden Anzahl von Bedienelementen, möglich ist, die Steuerung des Verbundes somit hinsichtlich des Umschaltens nach dem Merkmal b)um keine neue Funktionsweise zu erweitern ist, liegt es im Rahmen bedarfsweisen fachüblichen Handelns, die Möglichkeit des Umschaltens vorzusehen, wenn dies für die Praxis als bedeutend erachtet werden sollte.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht folglich auf bedarfsweise im Rahmen fachüblichen Handelns durchführbaren Maßnahmen, die nicht zu einem auf erfinderischer Tätigkeit beruhenden Gegenstand führen (Artikel 56 EPÜ).

5. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag weist gegenüber demjenigen gemäß Hauptantrag die zusätzlichen Merkmale auf, nach denen

c) mehrere gleichartige Bedienelemente an den Stationen des Verbundes verteilt angeordnet sind und bei Betätigung auf die zentrale Steuerung einwirken und

d) der Verbund durch die Betätigung eines zugeordneten Bedienelements an beliebigen Stationen in den Einrichtbetrieb umgeschaltet werden kann.

Diese Merkmale beziehen sich zum einen auf Bedienelemente, die auf die zentrale Steuerung einwirken, und damit die Struktur und Funktionsweise der Steuerung, und zum andern auf die Betätigung dieser Bedienelemente zum Umschalten in den Einrichtbetrieb.

Die Anordnung mehrer gleichartiger Bedienelemente nach dem Merkmal c) ist aus den offenkundigen Vorbenutzungen bekannt (vgl. Abschnitt 4.2).

Das Verfahren nach dem Anspruch 1 unterscheidet sich von demjenigen nach den offenkundigen Vorbenutzungen somit durch die Möglichkeit des Umschaltens in den Einrichtbetrieb entsprechend dem Merkmal d).

Wie betreffend Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ausgeführt, beruht das Umschalten in einen Einrichtbetrieb durch Betätigung eines zugeordneten Bedienelementes entsprechend dem Merkmal b) nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Dies gilt entsprechend für die Möglichkeit des Umschaltens in den Einrichtbetrieb nach dem Merkmal d), weil der Verbund nach den offenkundigen Vorbenutzungen die hierfür erforderlichen Bedienelemente aufweist und es im Rahmen fachüblichen Handelns liegt, diesen Bedienelementen bedarfsweise dann die Steuerfunktion des Umschaltens in den Einrichtbetrieb zuzuordnen, wenn diese Möglichkeit als zweckmäßig erachtet wird.

Das Verfahren nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag beruht somit ausgehend von demjenigen nach den offenkundigen Vorbenutzungen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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