T 1275/01 () of 26.11.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T127501.20021126
Datum der Entscheidung: 26 November 2002
Aktenzeichen: T 1275/01
Anmeldenummer: 95810276.6
IPC-Klasse: B65D 90/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Behälter
Name des Anmelders: Cellpha-Plast AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Ansprüche wesentlich geändert - Zurückverweisung and die Prüfungsabteilung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0063/86
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Anmeldung Nr. 95 810 276.6 Beschwerde eingelegt.

Die Prüfungsabteilung war zur Auffassung gekommen, daß der Gegenstand des am 4. November 2000 eingereichten Anspruchs 1 im Hinblick auf die Entgegenhaltung

D1 = DE 3 902 317 A

nicht neu sei und daher den Erfordernissen des Artikels 54 EPÜ nicht genüge.

II. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Anmeldung an die Prüfungsabteilung zur Erteilung eines Patents zurückzuverweisen. Hilfsweise beantragte sie eine schriftlichen Mitteilung oder eine mündliche Verhandlung.

III. In der Anlage zur Ladung vom 14. Juni 2002 zu einer mündlichen Verhandlung für den 19. November 2002 teilte die Kammer der Beschwerdeführerin unter anderem ihre vorläufige Meinung mit, daß der Gegenstand des am 4. November 2000 eingereichten Anspruchs 1 nicht neu sei.

IV. Mit ihrem per Telefax am 11. November 2002 eingereichten Schreiben teilte die Beschwerdeführerin der Kammer mit, daß sie an der anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde. Gleichzeitig teilte die Beschwerdeführerin der Kammer mit, daß anstelle des am 4. November 2000 eingereichten Anspruchs 1 ein bereits mit Schreiben vom 26. Februar 2001 vor der Prüfungsabteilung eingereichter Anspruch 1 dem Beschwerdeverfahren zu Grunde zu legen sei.

V. Am 12. November 2002 reichte die Beschwerdeführerin per Telefax eine Kopie ihres Telefaxschreibens vom 26. Februar 2001 an das EPA ein, welches unter anderem den geltenden Anspruch 1 enthielt.

VI. Am 18. November 2002 wurde die Beschwerdeführerin per Telefax benachrichtigt, daß der für den 19. November 2002 anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben worden ist.

VII. Der am 12. November 2002 eingereichte, geltende Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Fabrikationsbehälter bestehend aus einem oben offenen Kessel mit einem Boden und einer aufgehenden Seitenwand, deren Oberkante den Rand der oberen Öffnung des Kessels bildet, gekennzeichnet durch einen annähernd an der gesamten Behälterinnenfläche anhaftenden Einlagesack (3), dessen offener Rand über die Öffnung des Behälters (1) stülpbar ist, und Mittel (2) zur Erzeugung von Unterdruck zwischen Einlagesack (3) und Behälterinnenfläche."

IV. Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die zusätzlich in den Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale "mit einem Boden und einer aufgehenden Seitenwand, deren Oberkante den Rand der oberen Öffnung des Kessels bildet" bildeten ein gegenüber dem Behälter gemäß der Entgegenhaltung D1 unterscheidendes Strukturmerkmal, welches darin bestehe, daß der Fabrikationsbehälter ein oben offener, keine Deckwandung und keinen Deckel aufweisender Kessel sei. Außerdem werde unter dem Begriff Kessel ein im wesentlichen rotationssymmetrischer, d. h. zylindrischer oder sphärischer Behälter verstanden.

Weiterhin sei gemäß dem gültigen Anspruch 1 der Anmeldungsgegenstand ein Fabrikationsbehälter.

In der Fachwelt werde ein Unterschied gemacht zwischen Fabrikationsbehältern einerseits und Behältern, die dem Sammeln, Lagern und/oder Transportieren von Schüttgütern oder Flüssigkeiten dienen, andererseits.

Im Gegensatz dazu beschreibe die Entgegenhaltung D1 einen Abfallsammelbehälter mit einer Deckwandung, deren Öffnung mit einem Verschlußdeckel versehen sei. Vor allem aber sei dieser Behälter quaderförmig und würde sich deshalb nicht als Fabrikationsbehälter eignen.

Der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 sei daher neu.

Entscheidungsgründe

Verfahrensfragen

1. Mündliche Verhandlung

Wie in Absatz II dargelegt, hatte die Beschwerdeführerin ursprünglich hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt. Die Kammer hat darauf hin eine mündliche Verhandlung anberaumt und gleichzeitig in einer Mitteilung nach Artikel 11 (2) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern vorab zu erkennen gegeben, daß sie der Meinung sei, daß der Anmeldungsgegenstand nicht patentfähig sei. Die Beschwerdeführerin erklärte dann unter anderem, daß sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde. Somit kommt diese Erklärung einer Rücknahme des früheren Hilfsantrags auf mündliche Verhandlung gleich.

2. Zurückverweisung an die erste Instanz

Die Beschwerdeführerin reichte mit dem Telefaxschreiben vom 12. November 2002 eine Kopie ihres Telefaxschreibens vom 26. Februar 2001 an das EPA ein, welches den geltenden Anspruch 1 der vorliegenden Anmeldung enthielt, zusammen mit einer Kopie des Faxjournals der Beschwerdeführerin.

Dadurch konnte die Beschwerdeführerin nach der Meinung der Kammer glaubhaft machen, daß der am 12. November 2002 eingereichte, geänderte Anspruch 1 der geltende zu prüfende Anspruch 1 ist.

Das Telefaxschreiben vom 26. Februar 2001 und die darin erwähnten Beilagen sind in der EPA-Prüfungsakte jedoch nicht zu finden. Weder der Korrespondenz zwischen der Beschwerdeführerin und der Prüfungsabteilung während des Prüfungsverfahrens noch der Zurückweisungsentscheidung der Prüfungsabteilung ist zu entnehmen, daß der mit dem Telefaxschreiben vom 26. Februar 2001 eingereichte Anspruch 1 von der Prüfungsabteilung in Betracht gezogen wurde.

Der geänderte Anspruch 1 enthält wesentliche Änderungen, welche eine Verschiebung des faktischen Rahmens, auf dessen Basis die Entscheidung der Prüfungsabteilung getroffen wurde, verursachen. Mit anderen Worten, der geänderte Anspruch 1 ist auf einen Gegenstand gerichtet, welcher von der Prüfungsabteilung noch nicht geprüft worden ist.

Es ist gängige Praxis der Beschwerdekammern (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 4. Auflage 2001, Kapitel VII.D.14.4), dann, wenn wie hier, wesentliche Änderungen vorgeschlagen werden, die eine weitere Sachprüfung im Hinblick auf die Erfordernisse des EPÜ hin notwendig machen, diese Prüfung von der Prüfungsabteilung in erster Instanz durchführen zu lassen, so daß der Anmelderin das Recht auf eine Beschwerde vor der zweiten Instanz erhalten bleibt.

Die Kammer macht unter diesen Umständen von ihrer Befugnis nach Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch und verweist die Sache an die Prüfungsabteilung zur weiteren Entscheidung auf der Grundlage der am 12. November 2002 eingereichten geänderten Ansprüche zurück.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.

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