European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T116001.20030115 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 Januar 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1160/01 | ||||||||
Anmeldenummer: | 96945356.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01F 1/704 C21C 5/46 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Bestimmung von Gasvolumenströmen in Prozessen der Flüssigphase in einem Elektroofen | ||||||||
Name des Anmelders: | Georgsmarienhütte GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ursprüngliche Offenbarung: ja (nach Streichung eines abhängigen Anspruchs) Erfinderische Tätigkeit: ja |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 96 945 356.2 (internationale Veröffentlichungsnummer WO 97/15000) wurde von der Prüfungsabteilung zurückgewiesen. Gegen diese am 14. Mai 2001 zur Post gegebene Entscheidung hat der Anmelder (Beschwerdeführer) am 12. Juli 2001 bei gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 24. September 2001 eingegangen.
II. Die Zurückweisung der Anmeldung wurde zum einen damit begründet, daß die Gegenstände der Ansprüche 1 und 3 entgegen Artikel 123 (2) EPÜ über der Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgingen, da dort nicht offenbart sei, daß nur die drei Gase Argon, Helium und Stickstoff zusammen simultan ausgewertet würden.
Zum anderen beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ. Die folgenden Dokumente wurden von der Prüfungsabteilung in das Verfahren eingeführt (D3 wurde von der Prüfungsabteilung mit "A1" bezeichnet und vom Beschwerdeführer als "D3" aufgegriffen):
D1: US-A-3 934 470
D2: S. Köhnle et al. in Stahl u. Eisen 113 (1993) Nr. 6, Seiten 55 bis 60
D3: J. Reichel et al. in Stahl u. Eisen 113 (1993) Nr. 9, Seiten 83 bis 89
Die Prüfungsabteilung hat dargelegt, daß sich der Gegenstand des Anspruchs 1 in naheliegender Weise insbesondere aus dem in D1 offenbarten Stand der Technik ergebe. In ihrer Argumentation könne aber D1 auch durch D2 oder D3 ersetzt werden.
III. Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerdebegründung wie folgt argumentiert.
Der Fachmann entnehme den ursprünglichen Unterlagen, daß eine Beschränkung auf zwei Bestimmungsgase nicht gewollt sei. Somit sei die Einfügung von "mindestens" in Anspruch 1 keine unzulässige Erweiterung. Die Kombination von drei Bestimmungsgasen gemäß Anspruch 3 sei ebenfalls aus den ursprünglichen Unterlagen herleitbar. Das Argument der Prüfungsabteilung, wonach gemäß Anspruch 3 nur die drei Gase Argon, Helium und Stickstoff zusammen simultan ausgewertet würden, sei erstmals in der Entscheidung über die Zurückweisung genannt worden, was eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstelle. Der Anspruch 3 sei nämlich nicht so zu interpretieren, daß zusätzlich kein weiteres Gas ausgewertet werden dürfe.
Gegenüber dem in dem Dokument D1 beschriebenen Verfahren weise das Verfahren gemäß Anspruch 1 folgende drei Unterschiede auf:
1) Der Schmelzprozeß findet in einem Elektroofen statt, bei dem Falschluft (ungleich wiedereintretende Luft) durch Undichtigkeiten aus der Umgebungsluft in den Elektroofen einströmt und damit dem Schmelzprozeß zuströmt und Abgas, einschließlich der Falschluft, durch einen Abgaskrümmer abströmt.
2) Der technische Sauerstoff wird mittels Vakuum-Adsorptionstechnik hergestellt, so daß er aufgrund seines Herstellungsverfahrens bereits einen Anteil an den Bestimmungsgasen Argon, Helium und Stickstoff aufweist.
3) Es werden die Gasvolumenströme im Ofen und nicht außerhalb (an der Konvertermündung und darüber) gemessen und bestimmt. Die Erfassung (Messung) erfolgt im Ofen.
Die Aufgabe, den Volumenstrom an in einen Elektroofen eingesaugter Falschluft zu bestimmen, sei nicht naheliegend, da keines der genannten Dokumente einen Hinweis gebe, Falschluft zu bestimmen, die vor der Verbindungsstelle zwischen Ofen und Abgasleitung eintrete. Der Fachmann wisse auch, daß sich bei Konvertern angewandte Methoden nicht unmittelbar auf Elektroöfen übertragen ließen. Würde man die in D1 für einen Konverter beschriebene Methode verwenden, so würde nicht im Elektroofen, insbesondere im Abagaskrümmer, unterhalb (vor) der Eintrittsstelle der wiedereintretenden Luft gemessen.
Es sei auch nicht naheliegend gewesen, zur Herstellung des technischen Sauerstoffs die beanspruchten Verfahren VSA oder VPSA zu verwenden, da diese, wie aus den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Ausdrucken (vier Seiten) aus dem Internet hervorgehe, einen Reinheitsgrad lieferten, der nach der üblichen Auffassung für die Stahlerzeugung nicht ausreichend sei und auch nicht bei dem in D1 beschriebenen Verfahren verwendet werde. Da der Falschluftanteil in einem Elektroofen relativ hoch sei, werde ein hoher Anteil an Bestimmungsgasen benötigt, die vorteilhafterweise mit den genannten Verfahren erzeugt würden.
Auch das Dokument D2 beziehe sich auf Konverter und nicht auf Elektroöfen. Falschluft werde nur beiläufig erwähnt und nicht definiert. D2 sei auch kein Hinweis auf das beanspruchte Verfahren zur Sauerstofferzeugung zu entnehmen. Aus Gleichung (4) von D2 gehe vielmehr hervor, daß das übliche kryogenische Verfahren der Luftzerlegung mit besonders niedrigem Stickstoffgehalt verwendet worden sei. Die Bestimmungsgase Argon und Helium würden gesondert zugeführt.
Das Dokument D3 enthalte nichts Zusätzliches gegenüber D2, obwohl in Bild 1 ein Elektroofen gezeigt sei. Das in D3 beschriebene Verfahren der Abgasmessung beziehe sich aber wiederum auf einen Konverter.
IV. In ihrer Stellungnahme zur Vorbereitung der vom Beschwerdeführer hilfsweise beantragten mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdekammer u. a. ausgeführt, daß eine Begründung zur fehlenden ursprünglichen Offenbarung der Gegenstände der Ansprüche 1 und 3 bereits in dem Internationalen Vorläufigen Prüfungsbericht (siehe I. Grundlage des Berichts, Punkt 3) enthalten gewesen sei, auf den der Bescheid der Prüfungsabteilung vom 7. Juli 2000 Bezug nehme. Der Anmelder habe auch in seiner Eingabe vom 21. Dezember 2000, siehe Seite 2, ersten Absatz bis Seite 3, zweiten Absatz, zur ursprünglichen Offenbarung Stellung genommen, aber die Ansprüche nicht geändert. Offenbar unter dem Eindruck der in dieser Eingabe vorgebrachten sich auf die ursprünglichen Ansprüche 7 und 8 beziehenden Argumente, habe die Prüfungsabteilung ihre Beurteilung in der Entscheidung über die Zurückweisung insofern modifiziert, als sie den Anspruch 3 in der Weise interpretiert habe, daß nur die Gase Argon, Helium und Stickstoff zusammen simultan ausgewertet würden, obwohl dies nach Meinung der Prüfungsabteilung gemäß dem ursprünglichen Anspruch 8 nur im Zusammenhang mit zugeführtem Kohlenstoff der Fall sei.
Nach Auffassung der Kammer führe eine solche Änderung der Begründung nicht dazu, daß die Entscheidung auf neue Gründe gestützt werde, denn der Mangel nach Artikel 123 (2) EPÜ ebenso wie die für die ursprüngliche Offenbarung relevanten Stellen in der Anmeldung und deren Auswertung seien dem Anmelder mitgeteilt worden. Das rechtliche Gehör verlange jedoch nicht, daß die Begründung vor einer Entscheidung über die Zurückweisung identisch und in allen Einzelheiten dem Anmelder bekannt gewesen sein müsse.
V. Der Beschwerdeführer hat beantragt, ein Patent auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2003 vorgelegten Unterlagen zu erteilen. Der Anspruch 1 lautet:
"1. Verfahren zur Bestimmung von direkter Messung nicht, oder nicht leicht zugänglicher Gasvolumenströme zu und von stahlerzeugenden Schmelzprozessen in einem Elektroofen, der Undichtigkeiten aufweist, bei dem
a) technischer Sauerstoff mittels Vakuum-Adsorptionstechnik hergestellt wird, der aufgrund seines Herstellungsverfahrens bereits einen Anteil an den Bestimmungsgasen, sogenannten Tracern, Argon, Helium und Stickstoff aufweist,
b) im Elektroofen ein stahlerzeugender Schmelzprozeß durchgeführt wird und dem Schmelzprozeß einerseits dieser technische Sauerstoff mit einem quantitativ bekannten Gasvolumenstrom gewollt zugeführt wird und andererseits durch die Undichtigkeiten Umgebungsluft als sogenannte Falschluft mit quantitativ unbekanntem Gasvolumenstrom zuströmt,
c) von dem Elektroofen durch einen Abgaskrümmer ein Abgas mit einem quantitativ unbekannten Gasvolumenstrom abströmt und
d) mindestens zwei der drei Bestimmungsgase, die in bekannter Konzentration in dem technischen Sauerstoff und in der Falschluft vorhanden sind und selbst durch den im Elektroofen stattfindenden Schmelzprozess keiner Veränderung, insbesondere keiner Verminderung oder Erhöhung ihres Volumens oder ihrer Masse unterliegen, dazu verwendet werden, die unbekannten Gasvolumenströme der Falschluft und des Abgases mittels eines Gleichungssystems aufgestellt wie folgt:
Ktracerl,techn.Sauerstoff · Voltechn.Sauerstoff + ktracer1,Falschluft · VolFalschluft = ktracerl,Abgas · VolAbgas
Ktracer2,techn.Sauerstoff · Voltechn.Sauerstoff + ktracer2,Falschluft · VolFalschluft = ktracer2,Abgas · VolAbgas
mit den folgenden, bekannten Grössen:
ktracerl,techn.Sauerstoff := Konzentration (in %) des Tracers 1 in dem dem Prozeß zuströmenden technischen Sauerstoff,
ktracer2,techn.Sauerstoff := Konzentration (in %) des Tracers 2 in dem dem Prozeß zuströmenden technischen Sauerstoff,
ktracer1,Falschluft := Konzentration (in %) des Tracers 1 in der dem Prozeß zuströmenden Falschluft,
ktracer2,Falschluft := Konzentration (in %) des Tracers 2 in der dem Prozeß zuströmenden Falschluft,
Voltechn.Sauerstoff := Gasvolumenstrom des dem Prozeß zuströmenden technischen Sauerstoffs,
mit den folgenden, im Elektroofen zu bestimmenden Grössen:
ktracerl,Abgas := Konzentration (in %) des Tracers 1 im Abgas und
ktracer2,Abgas := Konzentration (in %) des Tracers 2 im Abgas,
VolFalschluft := Gasvolumenstrom der dem Prozeß zuströmenden Falschluft und
VolAbgas := Gasvolumenstrom des vom Prozeß abströmenden Abgases.
zu bestimmen, wobei das o.g. Gleichungssystem nach den gesuchten unbekannten Grössen, nämlich Gasvolumenstrom der Falschluft und dem Gasvolumenstrom des Abgases, aufgelöst wird."
An den Anspruch 1 schließen sich abhängige Ansprüche 2 bis 4 an, die den der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Ansprüchen 2, 4 bzw. 5 entsprechen. Der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Anspruch 3 wurde gestrichen.
V. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit
Die Beschwerde entspricht den in Regel 65 (1) EPÜ genannten Erfordernissen und ist daher zulässig.
2. Ursprüngliche Offenbarung
2.1. In dem Verfahren gemäß dem ursprünglichen Anspruch 1 kann eine beliebige Anzahl von Bestimmungsgasen, sogenannten Tracern, vorzugsweise Inertgasen wie Stickstoff oder Edelgasen wie Helium, ausgewertet werden, wobei aus dem ursprünglichen Anspruch 5 hervorgeht, daß dem stahlerzeugenden Schmelzprozeß (ursprünglicher Anspruch 3) im Elektroofen (ursprünglicher Anspruch 4) mindestens technischer Sauerstoff zugeführt wird. Im ursprünglichen Anspruch 9 ist angegeben, daß der verwendete technische Sauerstoff aufgrund seines Herstellungsverfahrens, nämlich Vakuum-Adsorptionstechnik, bereits einen bestimmten Anteil an den Gasen Argon, Helium und Stickstoff aufweist, die dann nicht mehr gesondert zugesetzt werden müssen. Der Anspruch 9 ist alternativ auf die ursprünglichen Ansprüche 6 und 7 zurückbezogen, die sich auf die Verwendung von Stickstoff und Argon bzw. Helium und Argon beziehen. Dem ist also zu entnehmen, daß mindestens zwei der drei Tracer Argon, Helium und Stickstoff zur Bestimmung der unbekannten Volumenströme verwendet werden.
2.2. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 ist somit in den ursprünglichen Ansprüchen 1, 3 bis 7 und 9 offenbart und erfüllt daher die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ.
3. Neuheit
3.1. Der Anspruch 1 ist auf ein Verfahren zur Bestimmung von direkter Messung nicht, oder nicht leicht zugänglicher Gasvolumenströme zu und von stahlerzeugenden Schmelzprozessen in einem Elektroofen gerichtet. Dieses Verfahren ist schon deswegen neu, weil sich keines der genannten Dokumente D1 bis D3 auf ein derartiges Verfahren in einem Elektroofen bezieht. D1 betrifft ein solches Verfahren in einem Konverter, siehe Spalte 1, Zeilen 42 bis 50. D2, siehe Zusammenfassung auf Seite 55, behandelt allgemein die Beschreibung der Entkohlung einer Stahlschmelze und im besonderen die Anwendung auf Konverter und verschiedene Verfahren zur Nachbehandlung. Die spezielle Anwendung auf einen Elektroofen ist D2 jedoch nicht entnehmbar. Ähnliches gilt für das Dokument D3, in dem zwar in Bild 1 ein Elektroofen (UHP-Ofen) gezeigt ist, sonst aber die Entkohlung nur für einen Konverterprozeß (siehe Bild 2) diskutiert wird.
3.2. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 ist daher neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1. Nachdem mit dem aus D1 bekannten Verfahren ebenfalls durch die Messung der Konzentrationen der Tracer Stickstoff und Argon sowie durch Auswerten eines Gleichungssystems analog zu dem im Anspruch 1 definierten der Gasvolumenstrom des Abgases unter Berücksichtigung des Gasvolumenstroms einer wiedereintretenden Luft ("re-entering" air) bestimmt wird, kann D1 als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden, gegenüber dem das Verfahren gemäß Anspruch 1 folgende Unterschiede aufweist:
i) Der Schmelzprozeß findet in einem Elektroofen statt, bei dem Umgebungsluft durch Undichtigkeiten als Falschluft dem Schmelzprozeß zuströmt und Abgas durch einen Abgaskrümmer abströmt.
ii) Der verwendete technische Sauerstoff wird mittels Vakuum-Adsorptionstechnik hergestellt, so daß er aufgrund seines Herstellungsverfahrens bereits einen Anteil an den Tracern Argon, Helium und Stickstoff aufweist.
4.2. Was das Merkmal i) anbelangt, so hat der Beschwerdeführer anhand der von ihm mit Schreiben vom 12. Dezember 2002 eingereichten Figur überzeugend dargelegt, daß ein realer Konverter, wie ihn der Fachmann auch unter dem in D1 beschriebenen verstehen wird, ein weitgehend dichtes Gefäß ist, das wegen der notwendigen Kippbarkeit am oberen Teil lösbar mit einer Abgasleitung verbunden ist. Diese lösbare Verbindung stellt eine Undichtigkeitsstelle dar, durch die die sogenannte wiedereintretende Luft in den abgesaugten Abgasvolumenstrom eintritt. Diese wiedereintretende Luft erreicht jedoch nicht den Schmelzprozeß im Gegensatz zu der im Anspruch 1 definierten Falschluft.
Da gemäß Anspruch 1 nur die dem Schmelzprozeß zuströmende Falschluft, nicht aber die wiedereintretende Luft in dem Gleichungssystem berücksichtigt wird, ist es für den Fachmann ersichtlich, daß die Konzentrationen der Tracer an einer Stelle im Abgas gemessen werden müssen, die in Strömungsrichtung vor einer lösbaren und damit eine gewisse Undichtigkeit aufweisenden Verbindung des Ofens mit einer Abgasleitung liegt, also noch im Ofen, z. B. im Abgaskrümmer, wie es der in Figur 1 gezeigten Ausführung entspricht. Sonst würde die wiedereintretende Luft das Meßergebnis verfälschen.
4.3. Die mit dem Merkmal i) gelöste Aufgabe bezieht sich darauf, das in D1 für einen Konverter beschriebene Verfahren zur Bestimmung von direkter Messung nicht, oder nicht leicht zugänglicher Gasvolumenströme zu und von stahlerzeugenden Schmelzprozessen auf einen Elektroofen zu übertragen. Die unterschiedlichen Verhältnisse hinsichtlich der Gasströmungen im relativ dichten Konverter und im Elektroofen mit einem relativ hohen Falschluftanteil mußten den Fachmann von einer solchen Übertragung abhalten, denn er konnte nicht ohne weiteres erkennen, daß im Elektroofen nicht die wiedereintretende Luft, sondern die dem Schmelzprozeß zuströmende Falschluft berücksichtigt werden mußte, was eine entsprechende Verlegung des Ortes der Messung, nämlich in den Ofenbereich, bedingte.
In D2 ist zwar der Eintrag von Sauerstoff durch Falschluft (QF) bei der Entkohlung berücksichtigt, siehe Gleichungen (3) und (4) auf Seite 55, aber nur in allgemeiner Form, so daß nicht klar ist, ob es sich dabei um Falschluft im Sinne von Anspruch 1 oder um wiedereintretende Luft wie bei einem Konverter handelt. Ähnliches gilt für D3, worin ausdrücklich ein Konverterverfahren diskutiert wird. Das deutet darauf hin, daß es sich bei der auf Seite 85, im dritten Absatz der linken Spalte genannten Falschluft um wiedereintretende Luft handelt.
4.4. Die mit dem Merkmal ii) gelöste Aufgabe bezieht sich auf die Verwendung eines kostengünstigen Verfahrens zur Bereitstellung von Sauerstoff mit einem geeigneten Gehalt an Tracern. Es war für den Fachmann jedoch nicht ohne weiteres ersichtlich, daß im Elektroofen aufgrund der gegenüber einem Konverter relativ hohen Falschluftzufuhr ein technischer Sauerstoff, der mit dem Vakuum-Adsorptionsverfahren hergestellt wurde, gerade wegen seines relativ geringen Reinheitsgrades ausreichend hohe Konzentrationen der jeweils benötigten Tracer Stickstoff, Argon und Helium aufweist. Den genannten Dokumenten war jedenfalls kein Hinweis in dieser Hinsicht zu entnehmen.
In D1 wird zwar als Alternative zu einem Sauerstoff, dem Argon als Tracer zugesetzt wird, die Verwendung eines Sauerstoffs beschrieben, der herstellungsbedingt bereits 1. % Argon enthält, siehe Spalte 6, Zeilen 59 bis 67. Auch wenn in anderem Zusammenhang, siehe Spalte 8, Zeilen 62 bis 68, von einer Argon-Konzentration "von 0.2. % bis zu 1 %, möglicherweise bis zu 5 %" die Rede ist, wird der Fachmann durch das Dokument aber nicht zwangsläufig auf das Vakuum-Adsorptionsverfahrens zur Herstellung des technischen Sauerstoffs für einen Elektroofen hingeführt.
In D2, siehe den die Seiten 55 und 56 überbrückenden Absatz sowie die Gleichungen (3) und (4) auf Seite 55, werden die Tracer Argon und Helium zugeführt, während Stickstoff (QN2B) als Anteil in dem geblasenen Sauerstoff (QO2B) vorhanden zu sein scheint. Angaben zu den Konzentrationen der Tracer finden sich nicht, geschweige denn Hinweise auf das Vakuum-Adsorptionsverfahren.
Gemäß D3, siehe Seite 85, linke Spalte, dritter Absatz, wird im Prozeßgas enthaltenes Argon oder zusätzlich zugesetztes Helium als Tracer verwendet. Es ist dort außerdem angegeben, daß die Zufuhr des Tracers ausreichend hoch sein muß, damit dessen Konzentration im Abgas groß genug ist, um zuverlässig analysiert zu werden und sich deutlich gegen den von der Falschluft herrührenden Grundpegel abzuheben. Ein Hinweis darauf, wie hoch die Konzentration der Tracer bei der Sauerstoffzufuhr in einem Elektroofen sein müßte und daß diese mit dem Vakuum-Adsorptionsverfahren herzustellen wäre, ist D3 jedoch nicht zu entnehmen.
4.5. Es folgt, daß es für den Fachmann nicht nahelag, das aus D1 bekannte Verfahren bei einem Elektroofen gemäß Merkmal i) mit durch Undichtigkeiten einströmender Falschluft anzuwenden und dabei den technischen Sauerstoff mit dem Verfahren gemäß Merkmal ii) herzustellen. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
5. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 betreffen besondere Ausführungsarten des Verfahrens gemäß Anspruch 1. Die Beschreibung wurde an die geänderten Ansprüche angepaßt.
6. Die Beschwerdekammer kommt daher entsprechend Artikel 97 (2) EPÜ zu dem Schluß, daß die europäische Patentanmeldung und die Erfindung, die sie zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen. Die Bezeichnung der Erfindung sollte zur Klarstellung, wie von der Prüfungsabteilung vorgeschlagen und vom Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung aufgegriffen, mit dem Zusatz "in einem Elektroofen" ergänzt werden.
7. Rechtliches Gehör
Der vom Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung erhobene Einwand, die Prüfungsabteilung habe das rechtliche Gehör verletzt, wurde in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom Beschwerdeführer nicht weiterverfolgt. Die Kammer sieht daher keine Veranlassung, sich dazu näher zu äußern.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:
- Beschreibung, Seiten 1 bis 12 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2003;
- Ansprüche 1, 2, 3 und 4 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2003;
- Figuren 1 bis 4 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2003.