T 1154/01 () of 16.3.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T115401.20040316
Datum der Entscheidung: 16 März 2004
Aktenzeichen: T 1154/01
Anmeldenummer: 98105918.1
IPC-Klasse: B60K 23/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Synchronisation zweier sich drehender Teile
Name des Anmelders: WABCO GmbH & Co.
Name des Einsprechenden: Knorr-Bremse Systeme für Nutzfahrzeuge GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit, nach Änderung (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der von der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) gegen das europäische Patent Nr. 0 885 766 eingelegte, auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (fehlende Neuheit, fehlende erfinderische Tätigkeit) gestützte Einspruch, in dem zum Stand der Technik u. a. auf die Druckschriften

D2: DE-A-34 30 982,

D3: DE-A-44 09 585,

D13: Lehrbuch "Grundriß der praktischen Regelungstechnik", Bd. I, Erwin Samal, 10. Aufl. 1974, Seite 204, 205

D14-2: Lehrbuch "Taschenbuch für den Maschinenbau", Dubbel, 17. Aufl., 1990, Seite X7, X8

verwiesen wurde, führte zu der am 27. August 2001 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung, in der festgestellt wurde, daß das Patent unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen den Erfordernissen des Übereinkommens genügt.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 9. Oktober 2001 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 4. Januar 2002 eingegangen.

Im Beschwerdeverfahren sind von der Beschwerdeführerin noch die folgenden Druckschriften genannt worden:

D15: DE-C-4 418 773

D16-1: Dubbel, Taschenbuch für den Maschinenbau, 19. Aufl., Springer, Seite A 113

D16-2: Dubbel, Taschenbuch für den Maschinenbau, 17. Aufl., Springer, Seite A 113

D17: Brockhaus, Naturwissenschaften und Technik, Bd. 5, 1983, Seite 104.

III. Am 16. März 2004 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, das Patent auf der Basis der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüche 1 bis 6 aufrechtzuerhalten.

Der geltende Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Verfahren zur Synchronisation zweier sich drehender Teile (7, 8, 32, 42, 52, 62), insbesondere in einem Fahrzeug, wobei wenigstens ein erstes, den beiden drehenden Teilen (7, 8, 32, 42, 52, 62) zugeordnetes Synchronisiermittel (3', 4', 5') vorhanden ist, mit folgenden Merkmalen:

a) es werden die Drehzahlen (D3, D4, D5, D6) der drehenden Teile (7, 8, 32, 42, 52, 62) ermittelt,

b) die Drehzahlen (D3, D4, D5, D6) werden beobachtet, bis eine vorbestimmte Abweichung (DeltaDMAX) zwischen den Drehzahlen auftritt,

c) nach Erkennung der vorbestimmten Abweichung (DeltaDMAX) werden die Drehzahlen (D3, D4, D5, D6) beobachtet, bis eine vorbestimmte Annäherungstendenz (AMIN) der Drehzahlen aneinander vorliegt,

d) bei Erkennung der vorbestimmten Annäherungstendenz (AMIN) werden durch Betätigung des ersten Synchronisiermittels (3', 4', 5') die drehenden Teile (7, 8, 32, 42, 52, 62) synchronisiert,

e) es sind zweite, den drehenden Teilen (7, 8, 32, 42, 52, 62) mittelbar oder unmittelbar zugeordnete und jeweils einzeln betätigbare Synchronisiermittel (33, 34, 43, 44, 53, 54, 63, 64) vorhanden,

f) die Annäherung der Drehzahlen (D3, D4, D5, D6) aneinander zwecks Erzielung der vorbestimmten Annäherungstendenz (AMIN) wird durch Betätigung wenigstens eines der zweiten Synchronisiermittel (33, 34, 43, 44, 53, 54, 63, 64) bewirkt,

g) aus den Drehzahlen (D3, D4, D5, D6) wird ein Annäherungswert (A) bestimmt, der ein Maß für die Annäherungstendenz der Drehzahlen aneinander darstellt,

h) wenn der Annäherungswert (A) einen vorbestimmten Grenzwert (AMIN) erreicht, werden durch Betätigung des ersten Synchronisiermittels (3', 4', 5') die drehenden Teile (7, 8, 32, 42, 52, 62) synchronisiert,

i) der Annäherungswert (A) weist wenigstens einen Anteil auf, der von der Differenz (DeltaD) der Drehzahlen (D3, D4, D5, D6) abhängt,

dadurch gekennzeichnet, daß

der Annäherungswert (A) wenigstens einen Anteil aufweist, der von der Ableitung der Differenz (DeltaD) der Drehzahlen (D3, D4, D5, D6) nach der Zeit abhängt, und daß der Annäherungswert (A) berechnet wird nach der Formel

A= K1 · DeltaD + K2 · d/dt(DeltaD)

mit K1 = erste Konstante und K2 = zweite Konstante."

IV. Die Beschwerdeführerin argumentierte in der Verhandlung im wesentlichen wie folgt:

Die D2 offenbare ebenso wie die D3 alle Merkmale aus dem Oberbegriff des geltenden Anspruchs 1 des Streitpatents. In der D2 sei auf Seite 12, letzter Absatz bis Seite 13, erster Absatz angegeben, daß vor der Synchronisierung des Differentials und dem Einrücken der Kupplung die Drehzahl der beiden Räder auf einen annähernd gleichen Wert eingestellt werde. Es sei demnach ebenso wie beim Streitpatent ein Annäherungswert bezüglich der Drehzahlen vorhanden.

Des weiteren könne der D2, Seite 10, vorletzter Absatz bis Seite 11, erster Absatz entnommen werden, daß der Betätigungskolben für die Differentialsperre verschoben werde, sobald ein ausreichender Druck nach Umschalten des entsprechenden Ventils aufgebaut sei, woraus der Fachmann entnehme, daß zwischen der Einleitung der Schaltung und dem Einrücken der Differentialsperre eine sogenannte Totzeit auftrete. Auch aus der Druckschrift D3 sei in Spalte 3, Zeilen 26 bis 29 entnehmbar, daß hierfür ein Zeitraum von 2 Sekunden auf jeden Fall ausreichend sei. Für den Fachmann sei somit aus diesem Stand der Technik ersichtlich, daß der Schaltbefehl für das Einrücken der Differentialsperre vorzeitig eingegeben werden müsse, um einen Schaltvorgang zum richtigen Zeitpunkt zu ermöglichen. Infolge seines Bestrebens, die Schaltzeit zu optimieren, werde der Fachmann aus seinem Fachwissen heraus für die Festlegung eines optimierten Annäherungswertes das ihm aus der Taylorschen Reihe bekannte Optimierungsverfahren anwenden, das er spätestens im Grundstudium gelernt habe, wie die Fachbücher gemäß D16-1, D16-2 und D17 zeigten. Die Taylorsche Reihe diene nämlich in bekannter Weise dazu, sich einer beliebigen Funktion auf einfache Art und Weise anzunähern, und auf einer solchen auf zwei Glieder reduzierten Taylorschen Reihen bestehe die Formel, nach der gemäß dem Kennzeichen des Anspruchs 1 des Streitpatents der Annäherungswert bestimmt werde. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

V. Die Argumentation der Beschwerdegegnerin läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Weder aus der Druckschrift D2 noch der D3 gehe explizit hervor, daß bei der Bestimmung des Zeitpunktes für die Auslösung des Kupplungseinrückvorganges der Differentialsperre eine Totzeit bis zum Starten der Kupplungsbewegung auftrete. Der Fachmann erhalte somit aus diesem Stand der Technik keine Anregung dafür, zur Kompensation der Totzeit einen Annäherungswert für den Schaltzeitpunkt zu bestimmen. Auch der in der D3, Spalte 3, Zeilen 26 bis 29 erwähnte Zeitraum von 2. Sekunden beziehe sich auf die Dauer der Einlegungsbewegung der Kupplungsklauen während des eigentlichen Kupplungsvorganges. Ein unmittelbarer Hinweis auf die Berücksichtigung einer Totzeit zwischen dem Kupplungseinrückbefehl und dem tatsächlichen Start der Kupplungsbewegung sei auch hier nicht gegeben. Um zum Streitpatent zu gelangen, habe zunächst einmal die Verwendung eines Annäherungswertes in Betracht gezogen werden müssen und erst dann habe man sich Gedanken über die Bestimmung dieses Wertes machen können. Man habe daher beim Stand der Technik den Einschaltvorgang nach Erfahrungswerten innerhalb eines bestimmten Zeitraumes gestartet. Darüber hinaus hätten dem Fachmann mehrere Möglichkeiten zur Verfügung gestanden, die Schaltung der Differentialsperre zu optimieren, wie dies z. B. die bekannte Steuerung der Synchronisierbremse zeige. Selbst wenn man die Berücksichtigung eines Annäherungswertes, in Betracht gezogen hätte, dann hätte man für dessen Bestimmung nicht notwendigerweise ein Differentialglied berücksichtigen müssen. Man hätte auch ein Integralglied verwenden können, wie dies bei den bekannten PDI-Reglern der Fall sei. Die Argumentation der Beschwerdeführerin stütze sich im übrigen auch auf eine unzulässige ex-post- Betrachtung und sei daher nicht zulässig. Das beanspruchte Verfahren beruhe auf erfinderischer Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Der geltende Anspruch 1 enthält den vollständigen Text der mit der ursprünglichen Fassung erteilten Ansprüche 1 bis 4 ergänzt durch die Berechnungsformel für den Annäherungswert wie sie in der auf der Basis der ursprünglichen Unterlagen unverändert erteilten Beschreibung Spalte 7, Zeilen 11 bis 15 und Spalte 8, Zeilen 7,8 angegeben ist.

Der Anspruch 1 erfüllt unbestritten die Anforderungen gemäß Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.

2. Die durch das beanspruchte Verfahren zu synchronisierenden, sich drehenden Teile können nach der Beschreibung des Streitpatents Achswellen eines Differentialgetriebes von Ausgleichs- oder Verteilergetrieben in Kraftfahrzeugen sein. Dabei stellt das erste Synchronisiermittel z. B. die Schaltkupplung eines Sperrdifferential dar und die zweiten Synchronisiermittel können an den Wellen angeordnete Bremseinrichtungen sein, welche nach Erreichen einer vorbestimmten Drehzahlabweichung (DeltaDMAX) zwischen den beiden Wellen betätigt werden (gemäß Teilmerkmal c), f) des Anspruchs 1 des Streitpatents), um eine Annäherung der voneinander abweichenden Drehzahlen der Wellen zu bewirken. Von diesem Zeitpunkt an wird aus der Drehzahldifferenz (DeltaD) der Wellen gemäß dem Kennzeichen des Anspruchs 1) ein Annäherungswert (A) ermittelt, der gemäß dem Teilmerkmal h) bei Erreichen des hierfür festgelegten, vorbestimmten Grenzwertes (AMIN) ein Steuersignal zum Sperren des Differentials durch das erste Synchronisiermittel (Sperrkupplung) bewirkt. Hierdurch wird nach einer schaltorganspezifischen Verzögerungszeit (Totzeit) das Differentialgetriebe gesperrt und beide Wellen sind drehfest miteinander verbunden.

Mittels dieses sinngemäß durch den Anspruch 1 definierten Verfahrens wird bei beliebigem Drehzahlverhalten der drehenden Teile selbst bei größeren Änderungsraten der Drehzahlen innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne eine Synchronisation der drehenden Teile unter Vermeidung von Schäden an irgendwelchen Teilen ermöglicht. Hierbei ermöglicht die fortlaufende Ermittlung des Annäherungswertes (A), der aus die Drehzahldifferenz (DeltaD) und eine Ableitung dieser Differenz nach der Zeit (d/dt)(DeltaD) aufweisenden Anteilen besteht, eine Vorhersage über die jeweils bis zum Eintreten der Drehzahlgleichheit noch zu vergehende Zeitspanne. Hierdurch ist es möglich, die bei der Einleitung der Einrückbewegung des ersten Synchronisiermittels (Sperrkupplung) auftretenden Totzeiten zu berücksichtigen.

3. Was die beim beanspruchten Verfahren benutzte Vorrichtung anbetrifft, so stellt die Druckschrift D3 unbestritten den nächstkommenden Stand der Technik dar. In der D3 (vgl. insbesondere Spalte 1, den letzten Absatz und das Ausführungsbeispiel) ist ein automatisches Sperrdifferential innerhalb eines Antriebsschlupfregelsystems offenbart, wobei eine modifizierte ABS-ASR-Anlage vorgesehen ist, deren Logik die Verwendung des ASR-Ventils als Betätigungsventil für den Einrückvorgang der Differentialsperre vorsieht. Bei Auftreten eines Haftwertunterschieds zwischen dem rechten und linken Antriebsrad wird das mit zunehmender Drehzahl sensierte Antriebsrad solange abgebremst bis sich beide Antriebsräder näherungsweise gleich schnell drehen. Dann wird das ASR- Betätigungsventil, das das Einlegen der Differentialsperre einleitet, durchgesteuert und solange in diesem Zustand gehalten, bis die Kupplungsklauen des Sperrdifferentials eingerastet sind. Die Durchsteuerung des die Einrückbewegung auslösenden Betätigungsventils wird dabei über einen Zeitraum von 2 Sekunden aufrechterhalten, was von Erfahrungswerten ausgehend auf jeden Fall als ausreichend bezeichnet wird. Für den Auslösungszeitpunkt der Sperrung des Differentials ist abgesehen von einer Forderung für eine Mindestgeschwindigkeit des Fahrzeugs nur die Bedingung erwähnt, daß sich beide Antriebsräder "näherungsweise gleich schnell drehen". Es sind keine Angaben dazu gemacht, wie die Einrückzeitspanne für das Sperrdifferential optimiert werden kann. Auch ist nichts über eine Berücksichtigung einer eventuell zwischen dem Schaltbefehl für das Betätigungsventil und dem Beginn des Einrückvorganges liegenden Totzeit erwähnt. Die bekannte Steuerung empfiehlt vielmehr den Einrückvorgang über einen verhältnismäßig langen Zeitraum von 2 Sekunden andauern zu lassen. Sie ermöglicht offensichtlich aufgrund dieses relativ langen Zeitraumes auch bei einer zu frühen Auslösung der Kupplungsbetätigung ein sicheres Angleichen der Drehzahlen.

In der D3 fehlt allerdings jeglicher Hinweis dahingehend, daß der Sperrvorgang durch eine Vorhersage des voraussichtlichen Zeitpunkts der Drehzahlgleichheit optimiert werden kann. Das Inbetrachtziehen einer solchen Vorhersage des Schaltzeitpunktes stellt jedoch eine Vorbedingung für deren Optimierung dar. Es ist zwar in der Mathematik allgemein bekannt, wie die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die Fachbücher D16- 1, D16-2 und D17 argumentiert, daß mit Hilfe der Taylorschen Reihe, die aus der Summe eines Funktionswertes und dessen erster, zweiter, dritter, usw. Ableitung zusammengesetzt ist, eine gute Annäherung an den Verlauf einer x-beliebigen Funktion erzielt werden kann. Die beim Streitpatent beanspruchte Formel für die Bestimmung des Annäherungswertes läßt sich zwar aus der Taylorschen Reihe ableiten, wenn bei dieser mit Ausnahme der ersten Ableitung alle weiteren höheren Ableitungen weggelassen werden. Allerdings findet sich in der D3 ebenso wie im weiteren Stand der Technik kein Hinweis, der einen Fachmann hätte anregen können, für die Optimierung des Sperrkupplungs-Schaltvorganges einen fortlaufend bestimmten, sich ändernden Annäherungswert für jeden Zustandszeitpunkt vor dem Schaltvorgang zu berücksichtigen und für dessen Ermittlung eine geeignete Formel zu suchen. Die D3 führt insofern von diesem beim Streitpatent eingeschlagenen Weg weg, als sie auf eine auf Erfahrungswerten basierende, relativ lang andauernde Zeitspanne von 2 Sekunden verweist, in der die einzurückenden Hälften der Sperrkupplung gegeneinander gespannt werden. Im Gegensatz hierzu soll beim Streitpatent, unter Berücksichtigung der nach Einleitung des Schaltbefehls auftreten Totzeit, sichergestellt werden, daß die Kupplungshälften zum optimalen Zeitpunkt für das Einrücken aufeinandertreffen.

Um von dem Stand der Technik nach der D3 zum beanspruchten Verfahren zu gelangen, mußte der Fachmann den auf Erfahrungswerten basierenden Vorschlag nach der D3 zunächst verlassen und dann einen anderen Weg suchen. Das beanspruchte Verfahren beinhaltet somit nicht nur die Anwendung einer Annäherungsformel für einen Annäherungswert, wie sie von der bekannten Taylorschen Reihe abgeleitet werden kann (vgl. D16-1, D16-2, D17) und auch schon in Zusammenhang mit Reglern (vgl. D13 und D14-2) bekannt ist, sondern es mußte vorher als Ausgangspunkt für das beanspruchte Verfahren, ein Annäherungswert für die Berücksichtigung der Totzeit bei der Sperrschaltung in Betracht gezogen werden. Auch der Stand der Technik nach der D2 gibt dem Fachmann keinen Anlaß darüber nachzudenken, wie ein Annäherungswert im Sinne des Streitpatents zu bestimmen ist, da auch der Offenbarungsinhalt dieser Druckschrift bezüglich des Schaltzeitpunktes einer Sperrkupplung nicht über die Lehre der D3 hinausgeht, nämlich die Sperrkupplung erst dann einzurücken, wenn die Drehzahl der beiden Räder auf einen "annähernd gleichen Wert" eingestellt sind (vgl. Seite 12, letzter Absatz bis Seite 13, erster Absatz der D2). Auch in der weiteren von der Beschwerdeführerin genannten Textstelle der D2 (Seite 10, dritter Absatz bis Seite 11, erster Absatz) ist nichts über die Berücksichtigung einer sogenannten Totzeit in Zusammenhang mit der Schaltung der Sperrkupplung gesagt. Dies gilt auch für den weiteren druckschriftlichen Stand der Technik.

Aus dem Vorstehenden folgt, daß ein Fachmann nicht in naheliegender Weise zur Lehre nach dem Anspruch 1 des Streitpatents gelangen konnte.

Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 bis 6 sowie Beschreibung, eingereicht in der mündlichen Verhandlung;

- Zeichnung wie erteilt.

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