T 1145/01 () of 3.3.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T114501.20040303
Datum der Entscheidung: 03 März 2004
Aktenzeichen: T 1145/01
Anmeldenummer: 93108402.4
IPC-Klasse: H01R 23/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Stecker für eine Steckverbindung für den elektrischen Anschluß von Kraftfahrzeuganhängern
Name des Anmelders: ERICH JAEGER GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Fahrzeugelektrik Pirna GmbH
MENBER's Spa
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
Schlagwörter: Doppelpatentierung (verneint)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0202/97
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, die festgestellt hat, daß unter Berücksichtigung der vom Patentinhaber im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das europäische Patent Nr. 0 562 645 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen.

II. Das europäische Patent Nr. 0 562 645 ist auf der Grundlage der Anmeldung Nr. 93 108 402.4 erteilt worden, die als Teilanmeldung der früheren Anmeldung Nr. 87 108 259.0 eingereicht worden ist. Auf der Grundlage der früheren Stammanmeldung Nr. 87 108 259.0 war das europäische Patent Nr. 0. 249 181 erteilt worden, das durch die Entscheidung T 0202/97 im Einspruchsbeschwerdeverfahren widerrufen worden ist.

III. Gegen das europäische Patent Nr. 0 562 645 ist nur im Umfang der erteilten Ansprüche 13 bis 15 eingesprochen worden und auch nur insoweit als Anspruch 13 eine unabhängige Alternative darstellt. Die Einspruchsabteilung hat die angefochtene Entscheidung auf der Grundlage der unveränderten Ansprüche 1 bis 12 des Streitpatents und der in einer mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2001 eingereichten Ansprüche 13. bis 16 getroffen. Mit Schreiben vom 3. Februar 2004 hat der Patentinhaber (Beschwerdegegner) Ansprüche 13 bis 16 gemäß einem Hilfsantrag eingereicht.

IV. Der Beschwerdeführer hat folgende Beweismaterial genannt, das für die vorliegende Entscheidung von Relevanz ist:

D6: FR-A-1 403 561,

D7: provisorische Tagesordnung für das erste Treffen der Arbeitsgruppe ISO/TC 22/SC 3/WG 9 am 19. und 20. September 1985 in Paris (datiert August 1985),

D8: kurzes Protokoll des ersten Treffens der Arbeitsgruppe ISO/TC 22/SC 3/WG 9 am 19. und 20. September 1985 in Paris (datiert September 1985)

D9: DE-U-84 24 654.5,

D10: Muster eines Steckers der Firma Amphenol-Tuchel Electronics GmbH, Serie C16-3,

D11: Datenblatt der Firma Amphenol-Tuchel Electronics GmbH zu den Steckern der Serie C16-3,

D12: Schreiben vom 30. April 1985 der Firma Amphenol- Tuchel Electronics GmbH an die KEMA,

D13: Schreiben vom 8. August 1985 der Firma Amphenol- Tuchel Electronics GmbH an die Firma Engelhardt GmbH,

D14: DE-U-85 02 107.5,

D16: FR-A-1 205 865,

D17: International Standard ISO 7638-1985 (E), und

D18: US-A-4 472 012.

V. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 3. März 2004 statt.

Der Beschwerdeführer (Einsprechender 01) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 562 645 im Umfang der Ansprüche 13 bis 16 vom 16. Mai 2001.

Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, oder hilfsweise das Patent auf der Grundlage der Ansprüche 13 bis 16 eingereicht mit Schreiben vom 3. Februar 2004 und der Ansprüche 1 bis 12 der Patentschrift aufrechtzuerhalten.

Während der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, nicht mehr zu bestreiten, daß alle Merkmale des unabhängigen Anspruchs 13 des Hauptantrags oder des Hilfsantrags in der Stammanmeldung und auch in der Teilanmeldung wie ursprünglich eingereicht offenbart waren, und ließ entsprechende Einwände fallen.

VI. Der unabhängige Anspruch 13 in der Fassung gemäß dem Hauptantrag lautet:

"Stecker für eine Steckverbindung für den elektrischen Anschluss von Kraftfahrzeuganhängern, mit einem einen Kontakteinsatz (2) mit Kontaktstiften (3) aufnehmenden Gehäuse, welches einen aus einer Innenhülse (7) und einem auf dieser drehbar gelagerten Bajonettring (8) bestehenden Bejonettanschlussteil (5) für die Verbindung mit einer Steckdose aufweist, wobei an dem Bajonettring (8) eine Deckelauflageplattform (6) für die Auflage des Steckdosendeckels in dessen Öffnungsstellung befestigt und mit diesem verdrehbar ist, wobei das Gehäuse eine Kappe (4) aufweist, welche mit der Innenhülse (7) unter axialer Festlegung des Kontakteinsatzes (2) verschraubbar ist, wobei der Bejonettring (8) mit der Innenhülse (7) in Bajonettentriegelungsstellung in Drehrichtung lösbar verrastet ist, und wobei vorzugsweise zur Verrastung von Bajonettring (8) und Innenhülse (7) der Bajonettring (8) eine teilringförmige Rille (17) aufweist, in welcher ein radialer Vorsprung (18) der Innenhülse (7) geführt und in deren einen Endbereich ein Rastvorsprung (19) vorgesehen ist."

Der Anspruch 14 des Hauptantrags ist nur von den Ansprüchen 1 bis 12 abhängig. Der Anspruch 15 des Hauptantrags ist von Anspruch 13 oder 14 abhängig. Der Anspruch 16 des Hauptantrags ist von den Ansprüchen 1 bis 15 abhängig.

VII. Der Beschwerdeführer argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Grundsätzlich dürfe die gleiche Erfindung nicht in einer Teilanmeldung und der früheren Stammanmeldung beansprucht werden. Es sei sonst möglich, vor der Zurückweisung einer Anmeldung eine Teilanmeldung für den gleichen Gegenstand einzureichen, und somit im Effekt der Zurückweisung zu entgehen, was einen Mißbrauch darstelle. Der Patentinhaber habe im Beschwerdeverfahren T 0202/97 schon einen unabhängigen Anspruch eingereicht, der alle Merkmale des vorliegenden Anspruchs 13 nach dem Hauptantrag enthalte, insbesondere mit dem Merkmal, daß der Bajonettring mit der Innenhülse in Bajonettentriegelungsstellung in Drehrichtung lösbar verrastet sei. Somit habe der Patentinhaber zum Ausdruck gebracht, daß der Stecker nach Anspruch 13 der in der Stammanmeldung verbliebenen Erfindung angehöre. Dieser Stecker könne also nicht zur Erfindung des Streitpatents gemacht werden. Dies würde effektiv über den zur Teilanmeldung übertragbaren Inhalt hinausgehen (Artikel 123 (2) EPÜ). Anspruch 13 nach dem Hauptantrag oder dem Hilfsantrag sei daher nicht zulässig.

Dazu beruhe der Gegenstand des Anspruchs 13 nach dem Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Aus dem Dokument D6 sei eine Bajonettsteckerverbindung bekannt mit Mitteln, um am Ende des Entriegelungsvorganges den Bajonettring bezüglich der Lage der Kontakte in einer vorgegebenen Stellung zu halten. Dies werde dadurch erreicht, daß der Bajonettring 32 mit einer Innenhülse 25 in Entriegelungsstellung in Drehrichtung lösbar verrastet sei, wozu auf der Innenhülse ein Sprengring 44 aufgesetzt sei, der in axialer Richtung einen Vorsprung 50. aufweise. In der Entriegelungsstellung rücke dieser Vorsprung 50 in eine Vertiefung 51 eines Flansches 37 ein, der sich innen am Bajonettring 32 befinde. Sinn und Zweck dieser Maßnahme bestehe darin, den Stecker findungsfreundlich zu machen. Nach D6 sei das Ziel der darin beschriebenen Erfindung, einen Stecker gemäß dem Dokument D16 zu verbessern. Da die Aufgabenstellung von D6 sich ausdrücklich auf den Stecker nach D16 beziehe und D6 eine Weiterbildung dieses Steckers beschreibe, sei der Inhalt von D16 Teil des Offenbarungsgehaltes von D6. Insbesondere weise das Gehäuse des Steckers 11 nach D16 eine Kappe 17 auf, welche mit der Innenhülse verschraubbar sei. Der Kontakteinsatz 25 werde in dem Stecker nach D16 durch die Kappe 17 und eine Muffe 16 in der Innenhülse 24 axial festgelegt. Es sei für den Fachmann naheliegend, die aus D16 bekannte Kappe, wenn notwendig, an die Gegebenheiten des Steckers nach D6 anzupassen. Dem Fachmann sei dazu aufgrund der geltenden Norm D17 bekannt, daß Stecker für Kraftfahrzeuganhänger mit einer Deckelauflageplattform zu versehen seien. Dementsprechend werde ein Fachmann, der sich damit befasse, einen Stecker für den elektrischen Anschluß von Kraftfahrzeuganhängern zu schaffen, von vornherein für den Stecker eine Deckelauflageplattform vorsehen und zwar so, daß der Deckel in der Verriegelungsstellung des Steckers auf der Deckelauflageplattform flächig aufliegt. Wie aus Dokument D8 ersichtlich, habe ein nicht überschaubarer Personenkreis ohne Geheimhaltungsvorbehalte von dem Normentwurf D7 Kenntnis gehabt, der somit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden und demgemäß Stand der Technik sei. Aus D7, Zeichnungsblatt 2, sei bekannt, bei einem Kraftfahrzeugstecker mit Bajonettverschluß eine Deckelauflageplattform an dem Bajonettring anzubringen. Aus dem Zeichnungsblatt 4 dieser Schrift gehe hervor, daß in der Verriegelungsstellung die Deckelauflageplattform so ausgerichtet sei, daß der Verschlußdeckel der Steckdose auf ihr aufliege. Wenn der Fachmann von einem Stecker gemäß D6 ausgehe und sich Gedanken darüber mache, wie er einen Kraftfahrzeugstecker nach der kommenden Norm D7 ausgestalten solle, werde er ohne weiteres die Deckelauflageplattform an dem Bajonettring anbringen. Der Fachmann könne selbstverständlich auch von dem aus D7 bekannten Bajonettstecker ausgehen und darin die aus D6 und D16 bekannten Merkmale integrieren. Aus dem Dokument D14 sei weiter ein Stecker mit Schraubtrieb bekannt, der ein aus einem Rastvorsprung 12 und einem mit diesem zusammenwirkenden Vorsprung 23 gebildetes Reibgesperre aufweise. Dieses Reibgesperre verraste einen Kontakte aufnehmenden Teil 1 in einer bestimmten Entriegelungsstellung gegenüber einer auf dem Teil 1 drehbar gelagerten Hülse 19, die in der Wirkung einem Bajonettring entspreche. Das Reibgesperre könne durch Handkraft überwunden werden und mache den Stecker findungsfreundlich. Die Verrastung eines Bajonettringes in Entriegelungsstellung, um einen Stecker findungsfreundlich zu machen, sei also aus dem Stand der Technik hinlänglich bekannt und stelle keine Erfindung dar. Die Festlegung des Kontakteinsatzes habe für die beanspruchte Erfindung keinerlei Bedeutung, da die Positionierung des Bajonettringes unabhängig davon sei, ob der Kontakteinsatz in der Innenhülse durch entsprechende gegenseitige Verrastung oder durch Einschrauben der Kappe festgelegt werde. Die beanspruchte Erfindung löse also eine Ansammlung getrennter Probleme. Eine Diskussion über die axiale Festlegung des Kontakteinsatzes in der Innenhülse durch Einschrauben der Kappe liefe auf eine Neuauflage des Verfahrens zum widerrufenen Patent Nr. 0 249 181 hinaus. Dieser Widerruf sei aber res judicata und könne deshalb nicht neu aufgerollt werden. Überdies könne das, was in der früheren Anmeldung zum Zeitpunkt der Teilung verblieben sei, nicht Gegenstand der Teilanmeldung sein. Daher könne dieses Merkmal auch wegen Artikel 123 (2) EPÜ nicht patentbegründend sein. Auf jeden Fall sei die Festlegung eines Kontakteinsatzes durch Aufschrauben einer Kappe auf eine den Kontakteinsatz aufnehmende Hülse aus der Patentschrift D18, Figur 6, bekannt, die im Einspruchsverfahren zum europäischen Patent Nr. 0 249 181 ausführlich erörtert worden sei. Zudem zeige die Figur 7 von Dokument D9 das Gehäuse eines Steckers mit einer Innenhülse und einem darauf drehbar gelagerten Bajonettring. Das Gehäuse des Steckers nach D9 besitze ferner eine Kappe, welche mit der Innenhülse verschraubbar sei, wobei der Kontakteinsatz in die Innenhülse eingesetzt werde. Das Muster D10, das zum Stand der Technik gehöre, stelle einen Stecker des aus D9 bekannten Typs dar. Wie aus D11 ersichtlich, sei der Stecker D10 für Ströme bis zu 16 A ausgelegt und damit für den Einsatz in Kraftfahrzeugen geeignet. In diesem Stecker D10 greife die Kappe, wenn sie auf der Innenhülse verschraubt werde, über Zungen der Innenhülse, die den Kontakteinsatz in der Innenhülse halten, und drücke diese Zungen gegen den Kontakteinsatz, so daß er unverschieblich werde, also in axialer Richtung festgelegt werde. Weiterhin besitze der Bajonettring des Steckers D10, wenn der Bajonettring nach hinten in Richtung der Kappe geschoben werde, vier jeweils um 90° gegeneinander versetzte Raststellungen. In jeder dieser Raststellungen seien Öffnungen der beiden spiralförmigen Bajonettnuten auf eine nutenförmige Ausfräsung eines vorderen Ringwulstansatzes der Innenhülse ausgerichtet, durch die hindurch die Verriegelungszapfen der Dose in die Bajonettnuten eingeführt werden. Damit werde der Stecker D10 findungsfreundlich.

VIII. Der Beschwerdegegner argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Der geltende Anspruch 13 gehe nicht über den Inhalt von der früheren Stammanmeldung oder der Teilanmeldung in der jeweils ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, so daß keine Verletzung von Artikel 76 EPÜ und Artikel 123 (2) EPÜ vorliege. Der geltende Anspruch 13 stelle auch keinen Verstoß gegen Artikel 123 (3) EPÜ dar, weil er nicht in der Weise gegenüber dem erteilten Anspruch 13 geändert wurde, daß der Schutzbereich erweitert werde. Ein Mangel an Rechtschutzbedürfnis könne nur im Fall von identischen Ansprüchen bestehen. In der Stammanmeldung und der Teilanmeldung seien aber niemals identische Ansprüche anhängig gewesen, auch nicht zum Zeitpunkt der Erteilung des Streitpatents und auch nicht bezüglich des erteilten und des geltenden Anspruchs 13. Die Erteilung des Streitpatents sei folglich ohne Verstoß gegen das Doppelpatentierungsverbot erfolgt. Mit der Entscheidung T 0202/97 sei das Stammpatent endgültig widerrufen worden. Der in der damaligen Verhandlung vom 10. Februar 1999 gestellte Hilfsantrag entsprach ebenfalls nicht dem geltenden Anspruch 13 des vorliegenden Streitpatents. Er sei nur wegen Verspätung und nicht etwa wegen Doppelpatentierung mit dem vorliegenden Streitpatent, welches damals bereits existierte, zurückgewiesen worden. Dazu komme, daß eine Teilanmeldung unabhängig von der früheren Stammanmeldung sei, aus der sie hervorgegangen sei (siehe Entscheidung T 0441/92). Nachdem das Stammpatent endgültig widerrufen worden sei, stelle sich die Frage der Doppelpatentierung ohnehin nicht mehr.

Das Dokument D7 betreffe einen Stecker für den elektrischen Anschluß von Kraftfahrzeuganhängern; der Stecker nach D7 weise aber keine Innenhülse zwischen Bajonettring und Kontakteinsatz auf, sodaß die Kappe auch gar nicht auf eine solche Innenhülse aufgeschraubt werden könne. Wie der Kontakteinsatz axial relativ zu dem Bajonettring gehalten werde, ergebe sich aus D7 auch nicht. Beim Dokument D6 handele es um einen Stecker ganz anderer Gattung, der wegen der dort herrschenden Dichtheitsprobleme nicht für den Einsatz bei Kraftfahrzeuganhängern geeignet sei. Zur Verrastung des Bajonettrings bedürfe es bei D6 eines besonderen Sprengringes, welcher gegenüber der Erfindung den Fertigungsaufwand erhöhe und leicht verformbar sei, so daß eine dauerhafte Funktionsfähigkeit in Frage stehe. D6 beziehe sich zwar auf die Patentschrift D16. Diese sei aber genauso gattungsfremd wie D6. In D16 werde der Kontakteinsatz nicht durch die Kappe festgehalten, sondern durch an der Innenhülse angebrachte Vorsprünge, wobei die Kappe dafür vorgesehen sei, um durch Druck auf eine Muffe eine Zugentlastung zu bewirken. Es sei nicht zulässig, wie dies der Beschwerdeführer tue, sämtliche Merkmale, die in den unterschiedlichen Ausführungsformen der Dokumente D6 und D16 vorhanden seien, zusammen zu kombinieren. Bei einer solchen Kombination würde jedenfalls die Kappe nach Figur 4 von D16 eine Verrastung des Bajonettringes durch den Sprengring nach Figur 1 von D6 verhindern. Das Dokument D9 offenbare keine Verrastung des Bajonettringes und gebe auch nicht an, wie ein Kontakteinsatz gehalten werde könne. Die offenkundige Benutzung des Steckers D10 sei durch die Dokumente D11 bis D13 nicht bewiesen. Unabhängig davon sei D10 ohne Relevanz, da es sich um einen grundsätzlich anderen Steckertyp handele. Bei diesem Stecker sei der Kontakteinsatz durch Zungen der Innenhülse gehalten und nicht durch die Kappe axial festgelegt. Derartige Zungen würden eine umständliche Montage und Demontage des Kontakteinsatzes erfordern, die keinem Laien zumutbar sei. Dazu seien in D10 vier Rastpositionen für den Bajonettring vorhanden. Eine eindeutige Entriegelungsstellung sei daher bei D10 nicht gegeben. Das Dokument D14 betreffe einen Stecker mit Schraubtrieb, der mit einem Bajonettverschluß nicht vergleichbar sei. Die Hülse des Steckers nach Figur 6 von Dokument D18 trage keinen Bajonettring. Der Fachmann würde daher die Dokumente D14 und D18 für die Lösung von den Bajonettverschluß eines Steckers betreffenden Problemen nicht in Betracht ziehen. Der Gegenstand des Anspruchs 13 nach dem Hauptantrag löse gleichzeitig und mit einfachen Mitteln die Probleme der Verrastung eines Bajonettringes in Entriegelungsstellung und der einfachen Montage und Demontage eines Kontakteinsatzes, womit dieser Gegenstand einen synergistischen Effekt aufweise. Um zur beanspruchten Lösung zu gelangen, müsse der Einsprechende mindestens drei Dokumente kombinieren, was auf eine rückschauende Betrachtungsweise hindeute.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Ansprüche 13 bis 16 des vorliegenden Streitpatents sind nicht identisch mit den Ansprüchen des Stammpatents Nr. 0 249 181, sodaß nicht davon gesprochen werden kann, das Streitpatent umgehe den Widerruf des Stammpatents. Da das Stammpatent durch die Entscheidung T 0202/97 endgültig widerrufen wurde, kann auch keine doppelte Patentierung des gleichen Gegenstandes wie im Stammpatent vorliegen. Im Übrigen ist es normal, daß die Ansprüche einer Teilanmeldung und die einer früheren Stammanmeldung ähnliche oder zum Teil sogar identische Merkmale beinhalten. Dies ist nicht verboten unter Artikel 123 (2) EPÜ, da durch diesen Artikel nur bestimmt wird, wie eine europäische Patentanmeldung oder ein europäisches Patent gegenüber der ursprünglich eingereichten Fassung geändert werden darf.

3. Die vorliegende Beschwerde betrifft ein anderes Patent mit anderen Ansprüchen als die Beschwerde T 0202/97 und ist selbständig zu prüfen. Der res judicata Effekt der Entscheidung in dem Fall T 0202/97 kann sich daher nicht auf den vorliegenden Fall erstrecken.

4. Die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 13 nach dem Hauptantrag ist nicht bestritten.

5. Es ist auch nicht bestritten, daß Dokument D7 Teil des Standes der Technik nach Artikel 54 (2) EPÜ ist. Nach Auffassung der Kammer stellt dieses Dokument den zum Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 13 nach dem Hauptantrag nächstliegenden Stand der Technik dar, da es als einziges einen gattungsgemäßen Stecker mit Bajonettanschlußteil für eine Steckverbindung für den elektrischen Anschluß von Kraftfahrzeuganhängern, d. h. mit einer Deckelauflageplattform für die Auflage des Steckdosendeckels in dessen Öffnungsstellung zeigt. Der Stecker nach D7 (siehe insbesondere Blatt 2 der Zeichnungen) hat ein Gehäuse, welches einen Bajonettanschlußteil mit einem drehbar gelagerten Bajonettring für die Verbindung mit einer Steckdose aufweist, wobei an dem Bajonettring eine Deckelauflageplattform für die Auflage des Steckdosendeckels in dessen Öffnungsstellung befestigt und mit diesem verdrehbar ist. Ein Kontakteinsatz mit Kontaktstiften wird von dem Gehäuse des Steckers aufgenommen.

6. Wenn man das fakultative Merkmal am Ende des vorliegenden Anspruchs 13 nach dem Hauptantrag außer Acht läßt, unterscheidet sich der Gegenstand dieses Anspruchs vom Stecker nach D7 noch dadurch, daß der Bajonettanschlußteil eine Innenhülse aufweist, auf der der Bajonettring gelagert ist, der Bajonettring mit der Innenhülse in Bajonettentriegelungsstellung in Drehrichtung lösbar verrastet ist, und das Gehäuse eine Kappe aufweist, die mit der Innenhülse unter axialer Festlegung des Kontakteinsatzes verschraubbar ist.

7. Die Innenhülse, auf der der Bajonettring gelagert ist, erfüllt gleichzeitig mehrere Funktionen. Insbesondere wird durch die Verrastung des Bajonettrings mit der Innenhülse in der Bajonettentriegelungsstellung der Bajonettring in einer definierten Ausgangsdrehstellung gegenüber der Innenhülse und somit gegenüber dem Kontakteinsatz gehalten, wodurch der Stecker findungsfreundlich wird (siehe Spalte 3, Zeilen 30 bis 48. des Streitpatents). Zudem wird nach dem Streitpatent (siehe Spalte 2, Zeilen 50 bis 53) dadurch, daß in dem Bajonettanschlußteil eine Innenhülse vorgesehen ist, mit der eine Kappe unter axialer Festlegung des Kontakteinsatzes verschraubbar ist, eine einfache Montage und Demontage des Kontakteinsatzes gewährleistet.

Der Gegenstand des Anspruchs 13 löst also gleichzeitig verschiedene Probleme mit Hilfe der Innenhülse. Es wurde glaubhaft dargelegt, daß der beanspruchte Stecker bei leichter Herstellbarkeit (nur eine Innenhülse ist dafür notwendig) gut zu handhaben, sicher im Gebrauch und dauerhaft in der Funktion ist (siehe Spalte 1, Zeilen 10 bis 13 des Streitpatents). Er ist insbesondere findungsfreundlich und einfach in der Montage und Demontage.

8. Die entgegengehaltene Dokument D6 beschreibt einen Stecker mit einem Bajonettring 32, der mit einer einen Kontakteinsatz 26. mit Kontaktstiften 29 aufnehmenden Innenhülse 25 in Bajonettentriegelungsstellung in Drehrichtung lösbar verrastet ist. D6 offenbart aber keine auf der Innenhülse 25 verschraubbare Kappe.

9. Die Patentschrift D16, auf die D6 sich bezieht, zeigt eine Kappe 17, die auf dem äußeren Umfang einer einen Bajonettring 15. tragenden Innenhülse 24 verschraubt ist. Der Fachmann würde aber eine solche Kappe auf der Innenhülse des Steckers nach D6 nicht verschrauben, weil die Verschraubung dann im Bereich des Sprengringes 44 zu liegen käme, der auf dem äußeren Umfang der Innenhülse 25 nach D6 gelagert ist und die Verrastung des Bajonettringes in Bajonettentriegelungsstellung ermöglicht.

10. Das Dokument D9 zeigt in Figur 7 einen Stecker mit einem Bajonettring, der auf einer Innenhülse drehbar gelagert ist. Ein Kontakteinsatz ist in der Innenhülse gehalten, wobei eine Kappe auf der Innenhülse verschraubt ist. Das Muster D10 ist ein Stecker mit den aus D9 bekannten Merkmalen. Ohne auf die Frage einzugehen, ob der Stecker D10 vorveröffentlicht ist oder nicht, bemerkt die Kammer, daß der Bajonettring dieses Steckers frei drehbar ist und nur dann, wenn er nach hinten verschoben ist, in einer von mehreren Drehstellungen mit der Innenhülse lösbar verrastet werden kann, was keine eindeutige Positionierung des Bajonettringes gegenüber der Innenhülse und dem Kontakteinsatz gewährleistet. Dazu wird in dem Stecker D10 der Kontakteinsatz durch Zungen der Innenhülse gehalten und nicht durch die Kappe axial festgelegt. D9 und D10 offenbaren also nicht die im Absatz 6 oben angegebenen neuen Merkmale des vorliegenden Anspruchs 13 nach dem Hauptantrag.

11. Das Dokument D14 zeigt keine vom Kontakteinsatz getrennte Innenhülse, auf der der Bajonettring gelagert werden könnte, und offenbart daher ebenfalls nicht die neuen Merkmale des vorliegenden Anspruchs 13 nach dem Hauptantrag.

12. Die Patentschrift D18 zeigt in der Figur 6 einen Stecker mit einer Hülse 22, die einen Kontakteinsatz 36 (36A, 36B) enthält und auf der eine Kappe 24, 26 verschraubt ist. Diese Hülse 22 trägt aber keinen Bajonettring. Der Fachmann hatte daher keinen Grund, die Figur 6 von D18 mit einem Problem in Verbindung zu bringen, das ein Bajonettanschlußteil betrifft.

13. Das Dokument D17 betrifft einen Stecker, welcher kein Bajonettanschlußteil für die Verbindung mit einer Steckdose aufweist, sondern einen Bügel. D17 offenbart somit ebenfalls nicht die neuen Merkmale des Anspruchs 13 nach dem Hauptantrag.

14. Die Kammer kommt daher zu dem Schluß, daß es sich aus dem Stand der Technik für den Fachmann nicht in naheliegender Weise ergibt, eine Innenhülse vorzusehen, auf der ein Bajonettring drehbar gelagert und in Bajonettentriegelungsstellung in Drehrichtung lösbar verrastet ist, und mit der eine Kappe verschraubbar ist, die mit der Innenhülse einen Kontakteinsatz axial festlegt. Dies trifft auch zu, wenn man von D6 anstatt von D7 als nächstliegendem Stand der Technik ausgeht. Der Gegenstand des Anspruchs 13 nach dem Hauptantrag gilt also als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend (Artikel 56 EPÜ).

15. Der Anspruch 14 des Hauptantrags entspricht der von den Ansprüchen 1 bis 12 abhängigen Alternative des erteilten Anspruchs 13, gegen die gar nicht eingesprochen worden ist. Die Kammer ist daher nicht befugt, den Anspruch 14 zu prüfen.

16. Die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 15 und 16 gelten über den Anspruch 13 auch als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

17. Dem Hauptantrag des Beschwerdegegners kann somit stattgegeben werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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