European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T104301.20030715 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 Juli 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1043/01 | ||||||||
Anmeldenummer: | 95108951.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16L 37/084 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Steckverbinder für Schlauch- und/oder Rohrleitungen | ||||||||
Name des Anmelders: | Voss Automotive GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | EMS-Chemie AG | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit, Hauptantrag (bejaht) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Der von der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) gegen das europäische Patent Nr. 691 501 eingelegte, auf einen Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ (fehlende erfinderische Tätigkeit) gestützte Einspruch führte zu der am 24. Juli 2001 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung, in der festgestellt wurde, daß das Patent unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen den Erfordernissen des Übereinkommens genügt.
II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 20. September 2001 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 27. November 2001 eingegangen.
Im Laufe des Beschwerdeverfahrens sind die folgenden, schon im Einspruchsverfahren zum Stand der Technik genannten Druckschriften angezogen worden:
D1: DE-A-4 214 105
D2: US-A-2 772 898
D4: EP-A-530 485
D5: DE-C-38 43 995
D6: Zeitschrift "Kunststoffe", 82. Jahrgang 1992/1, "Schnellanschluss für Kraftstoffsysteme" U. Gähwiler et al.
D7: DE-C-3 933 591
D8: Prospekt "Norma-Jet" der Firma Rasmussen GmbH, August 1991
D9: WO-A-87/04767
III. Am 15. Juli 2003 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.
IV. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent wie gegenwärtig aufrechtzuerhalten (Hauptantrag), hilfsweise die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent im Umfang des Hilfsantrages 1, 2 oder 3, wie eingereicht mit Schriftsatz vom 12. Juni 2003, aufrechtzuerhalten.
Der Anspruch 1 nach dem Hauptantrag lautet wie folgt:
"Steckverbinder für Schlauch- und/oder Rohrleitungen, bestehend aus einem Steckerteil (2) mit einem in eine Stecköffnung (8) eines Aufnahmeteils (4) einsteckbaren und über Verriegelungsmittel lösbar arretierbaren Steckerschaft (6), wobei das Steckerteil (2) als Verriegelungsmittel mindestens zwei federelastische Rastarme (20) aufweist, die sich parallel zur Steckachse (12) jeweils mit Abstand zum Steckerschaft (6) in Richtung dessen freien Endes erstrecken und im eingesteckten Zustand mit Rastnocken (22) eine Raststufe (24) des Aufnahmeteils (4) arretierend hintergreifen, wobei die Rastarme (20) zum Lösen des Steckerteils (2) mittels eines Löseelementes (30) spreizbar sind, welches in Richtung der Steckachse (12) verschiebbar gehaltert ist und mit den Rastarmen (20) derart zusammenwirkt, dass die Rastarme (20) durch ein Verschieben des Löseelementes (30) in Herausziehrichtung (32) des Steckerteils (2) gespreizt werden, wobei das Löseelement(30)am Steckerteil (2) axial verschiebbar angeordnet ist und mit jeweils einem Betätigungsabschnitt (36) zwischen den Steckerschaft (6) und jeden der Rastarme (20) in einem zwischen dem Rastnocken (22) und der mit dem Steckerteil (2) verbundenen Seite liegende Bereich eingreift, wobei jeder Betätigungsabschnitt (36) über Schrägflachen (38, 40) mit dem zugehörigen Rastarm (20) zusammenwirkt, und dass mit mindestens einem der Rastarme (20) im Bereich der Rastnocken (22) ein Schutzringelement (52) verbunden ist, welches sich mit radialem Abstand zum Steckerschaft (6) derart in Umfangsrichtung erstreckt, dass der Bereich der Rastnocken (22) in Querrichtung weitgehend abgedeckt ist."
V. Die Beschwerdeführerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:
Das Streitpatent betreffe Steckverbinder, die bei Kraftstoffleitungen für Verbrennungsmotoren zur Anwendung kämen und im wesentlichen aus den Druckschriften D1 und D4 bis D8 bekannt seien. Die D5 weise dabei die meisten Merkmale des Gegenstands nach dem Anspruch 1 (Hauptantrag) des Streitpatents auf und stelle daher den nächstkommenden Stand der Technik dar. Um ein ungewolltes Öffnen des Steckverbinders zu vermeiden, werde bei der D5 die Verriegelung mittels eines Löseelements geöffnet, das im Gegensatz zum Streitpatent zum Zwecke des Lösens nicht axial in Richtung der Steckachse sondern radial dazu verschiebbar angeordnet sei. Bei der D5 stehe der Sicherheitsgedanke im Vordergrund, so daß das Löseelement vom Steckverbinder entfernbar und als Schlüssel ausgebildet sei. Die zwei voneinander unabhängigen Bewegungsrichtungen für die Betätigung des Löseelements einerseits und das Trennen der beiden Teile des Steckverbinders andererseits seien beim Stand der Technik ebenfalls eine Folge von Sicherheitsüberlegungen. Beim Streitpatent seien die Bewegungen für den Löse- und den Trennvorgang axial verlaufend und somit gleichgerichtet, was das Öffnen des Steckverbinders vereinfache und den Zusammenbau, insbesondere bei einer Robotermontage erleichtere. Allein diese axiale Verschiebbarkeit des Löseelements unterscheide den beanspruchten Gegenstand von dem der D5. Falls jedoch eine leichte Montage gegenüber dem Sicherheitsaspekt den Vorrang haben solle, dann sei es für einen Fachmann naheliegend, anstelle des bei der D5 quer einschiebbaren Löseelements ein in Axialrichtung verschiebbares Löseelement anzuordnen, wobei der Wirkungspunkt zum Lösen der Sperrung unverändert an der gleichen Stelle bleiben könne. Ein über Schrägflächen axial verlagerbares Löselement sei zudem schon aus der D2 bekannt, die jedoch in Bezug auf die weiteren Merkmale der beanspruchten Sperrvorrichtung dem beanspruchten Steckverbinder ferner liege als die D5. Desweiteren sei, wenn man vom Wortlaut des geltenden Anspruchs 1 des Streitpatents ausgehe, bei der D5 der Betätigungsabschnitt des Löseelements ebenfalls in einem Bereich angeordnet, der zwischen dem radial innen angebrachten Steckerschaft und den radial außen angeordneten Rastarmen liege. Der diesbezüglich von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte Unterschied zwischen dem beanspruchten Steckverbinder und der D5 bestehe somit nicht. Im übrigen sei die Anordnung des Betätigungsabschnittes des Löseelements in unmittelbarer Nachbarschaft des Steckerschaftes und der Rastarme, wie dies im Ausführungsbeispiel des Streitpatents gezeigt sei, schon aus der D1 bekannt.
Die beanspruchte Sperrvorrichtung sei demnach für einen Fachmann unter Zugrundelegung des Standes der Technik naheliegend und daher nicht erfinderisch.
VI. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin läßt sich wie folgt zusammenfassen:
Der beanspruchte Steckverbinder unterscheide sich nicht nur durch die unterschiedliche Bewegungsrichtung des Lösegliedes vom Gegenstand nach der D5, sondern auch dadurch, daß beim Streitpatent das Löseglied mit seinem mit Schrägflächen versehenen Betätigungsabschnitt zwischen den Steckerschaft und jedem der federelastischen Rastarme eingreife und dabei seine vom Aufweiten der Rastarme herrührende Reaktionskraft gegen das Steckerteil selbst abstütze, während bei der D5 diese Reaktionskraft eine erhöhte Anpreßkraft auf den Aufnahmeteil des Steckverbinders ausübe und somit ein Trennen des Steckerteils vom Aufnahmeteil erschwere. Der mit dem beanspruchten Gegenstand baulich vergleichbare, weitere Stand der Technik zeige im übrigen ebenso wie die D5 ein radial verschiebbares Löseelement. Bei der D2 sei zwar ein in axialer Richtung verlagerbares Löseelement vorhanden, das jedoch abweichend vom Streitpatent ebenfalls auf dem Aufnahmeteil des Steckverbinders geführt sei. Folglich würde eine Kombination der Merkmale nach der D2 und der D5, soweit dies überhaupt möglich sei, nicht zum beanspruchten Gegenstand führen. Ohne Kenntnis der Erfindung könnte daher der Stand der Technik dem Fachmann keinen Anhaltspunkt geben, die beanspruchte Lösung zu finden. Diese beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ. Sie ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1. Der Steckverbinder nach dem Anspruch 1 des Streitpatents unterscheidet sich von dem Gegenstand der nächstkommenden D5 sowie von den vergleichbaren Steckverbindungen nach den weiteren Druckschriften D1, D4 und D6 bis D8 unbestritten dadurch, daß sein zum Spreizen der Rastarme und Entsperren des Steckverbinders vorgesehenes Löseelement axial, d. h. in Richtung der Steckachse verschiebbar gehaltert ist, während beim genannten Stand der Technik das Löseelement radial verschiebbar ist. Das beim Streitpatent im letzten Merkmal des Anspruchs 1 aufgeführte, den Bereich der Rastnocken in Querrichtung weitgehend abdeckende Schutzringelement ist allein aus der nächstkommenden D5 bekannt. Dieser bekannte Steckverbinder unterscheidet sich, abgesehen von der anderen Verschieberichtung seines Löseelements auch noch dadurch vom Streitpatent, daß sein Löseelement 408, 410, 412 (Figuren 23 bis 28) mit seinem Betätigungsabschnitt zwischen den Aufnahmeteil (Kernteil 152 in Figur 2 bzw. 394 in Figur 23) und den Rastarmen (Schenkel 172 in Figur 2 bzw. 405, 406 in Figur 23) eingreift, wobei sich die Reaktionskraft des Lösungselements gegen das Aufnahmeteil abstützt, während nach einem Teilmerkmal des beanspruchten Steckverbinders der Betätigungsabschnitt des Löseelements, in Radialrichtung betrachtet, zwischen den Steckerschaft und jeden der Rastarme und, in Axialrichtung gesehen, in einen zwischen dem Rastnocken und den mit dem Steckerteil verbundenen Seite liegenden Bereich eingreift. Hierdurch wird die Reaktionskraft des Betätigungsabschnittes am Steckerschaft (und nicht am Aufnahmeteil) abgestützt, so daß keine erhöhte Anpreßkraft zwischen dem am Steckerteil geführten Löseelement und dem Aufnahmeteil entsteht und keine erhöhte Reibung das Trennen des Steckerteils vom Aufnahmeteil behindert. Durch das vorstehend genannte Teilmerkmal des Anspruchs 1 des Streitpatents in Verbindung mit dem weiteren Teilmerkmal, daß "das Löseelement am Steckerteil axial verschiebbar angeordnet ist" kommt deutlich zum Ausdruck, daß das Löseelement unmittelbar zwischen dem Steckerschaft und jedem der Rastarme und ohne Zwischenschaltung des Aufnahmeteils, eingreift, wohingegen bei der D5 das Aufnahmeteil in den Ringraum zwischen dem Steckerschaft und den Rastarmen des Steckers soweit hineinragt, daß es den Betätigungsabschnitt des Löseelements untergreift.
Die Auffassung der Beschwerdeführerin, daß der Wortlaut des Anspruchs 1 des Streitpatents auch eine Anordnung von Aufnahmeteil und Steckerteil nach den Figuren 2 bis 8. und 23 bis 28 der D5 mit einschließe, trifft daher nicht zu.
Der beanspruchte Steckverbinder unterscheidet sich folglich nicht nur durch die andere Bewegungsrichtung seines Löseelements vom Steckverbinder nach der D5, sondern auch durch die andere Schiebeführung des Löseelements ausschließlich zwischen Teilbereichen des Steckerteils, was ein Auseinanderziehen der beiden Teile (Steckerteil, Aufnahmeteil) des Steckverbinders erleichtert.
Dem Stand der Technik ist kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die aus der D5 bekannte Lösung im Sinne des Streitpatents abzuändern. Selbst eine Verschwenkung des bei der D5 quer einschiebbaren Löseelements um 90 Grad, um dadurch eine axiale Verschiebbarkeit zu erreichen, würde aus dem vorgenannten Grunde nicht zum Streitpatent führen.
Die D2 offenbart zwar isoliert das bei der D5 gegenüber dem Streitpatent fehlende, axial verschiebbare Löseelement 22. Dieses Löseelement 22 ist bei der D2 auf einer Schrägfläche (Rampe 21'') des Aufnahmeteils 21' drehbar abgestützt und wird bei einer Drehung um seine Achse axial zum Entsperren des Steckverbinders verlagert. Sein Betätigungsabschnitt ist als Hohlkegel 31. ausgebildet, der zum Spreizen der Rastarme axial auf dem Schaft des Aufnahmeteils gleitet. Die ringförmig geschlossene Formgebung des Hohlkegels würde jedoch die Anwendung dieses bekannten Löseelements bei dem Steckerteil nach der D5 verhindern, da sie einer ovalen Aufweitung des dort in Übereinstimmung mit dem Streitpatent vorgesehenen Schutzringelements entgegenstehen würde.
Auch die D9 offenbart keinen Hinweis in Richtung des Streitpatents. Der in ihrer Figur 2 gezeigte Rastarm 9 ist einteilig in das Steckerteil 6 als elastisch aufweitbares Element integriert, wobei in der Beschreibung der D9 als Löseelement lediglich ein "geeignetes Werkzeug" erwähnt wird, das in Radialöffnungen 14 des Rastarms eingesetzt werden kann.
Es hätte demnach weiterer, dem Stand der Technik nicht zu entnehmender konstruktiver Abwandlungen bedurft, um von der Zusammenschau der Druckschriften D5 und D2 zum Streitpatent zu gelangen.
Aus diesen Gründen kommt die Beschwerdekammer zu dem Schluß, daß der Gegenstand nach dem Anspruch 1 (Hauptantrag) nicht nur neu ist, sondern auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Das Patent hat somit auf der Basis der in der Zwischenentscheidung aufrechterhaltenen Unterlagen (Ansprüche 1 bis 11 und Beschreibung Spalten 1, 2, eingegangen am 17. Mai 2001, weitere Beschreibung Spalten 3 bis 6 der Patentschrift, Zeichnungen der Patentschrift) Bestand.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.