T 0957/01 () of 18.12.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T095701.20031218
Datum der Entscheidung: 18 Dezember 2003
Aktenzeichen: T 0957/01
Anmeldenummer: 95102925.5
IPC-Klasse: G01B 7/312
G01B 7/12
G01B 7/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 41 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zur Messung der Lage eines Leiterstrangs eines Kabels
Name des Anmelders: SIKORA INDUSTRIEELEKTRONIK GMBH
Name des Einsprechenden: ZUMBACH Eectronic AG
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Nächstliegender Stand der Technik
Erfinderische Tätigkeit: bejaht
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer und Einsprechende hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das europäische Patent Nr. 0 679 863 (Anmeldenummer 95 102 925.5) Beschwerde eingelegt.

Mit dem Einspruch war das gesamte Patent in Hinblick auf Artikel 100 a) und c) EPÜ i. V. m. den Artikeln 52 bis 57. EPÜ angegriffen worden.

Die Einspruchsabteilung war insbesondere der Auffassung, daß der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ursprünglich offenbart ist und gegenüber dem im Einspruch genannten Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Sie hat die folgenden Dokumente berücksichtigt:

E1: EP-A-0 457 316

E2: GB-A-2 003 613

E3: US-A-3 812 424

E4: FR-A-2 166 199 (beansprucht Priorität von E10)

E5: GB-A-2 160 654

E6: US-A-4 780 662

E7: Firmenbroschüre "Kapazitätsmeßgerät CMC 2000" der SIKORA Industrieelektronik GmbH, Bremen, 1991

E8: DE 30 19 034 C3

E9: DD 158 431

E10: US-A-3 748 577 (Prioritätsanmeldung von E4)

E11: US-A-3 288 895

E12: US-A-3 433 858

E13: US-A-3 459 851

E14: Bierenfeld et al.: "Capacitance probe for use in capacitance monitoring system for controlling coaxial capacitance of insulated conductors" Technical Digest No. 44, October 1976

II. Der Beschwerdeführer hat beantragt, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent vollständig zu widerrufen. Er hat noch die folgenden Dokumente genannt:

E15: DE-C-960 647

E16: US-A-2 908 861

Die Argumente des Beschwerdeführers lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Es werde daran festgehalten, daß die vor der Erteilung vorgenommenen Änderungen gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstießen. Es sei zutreffend, daß die ursprüngliche Anmeldung zwei Möglichkeiten offenbare, mit einer Hochfrequenzspannungsquelle ein Wechselfeld zwischen dem Leiter und den Elektrodensegmenten zu erzeugen. Wenn es außerdem zutreffe, daß die im erteilten abhängigen Anspruch 3 beanspruchten Möglichkeiten für den Anschluß der Elektrodensegmente und des Leiters mit der Hochspannungsquelle bzw. der Erde die beiden einzig denkbaren Möglichkeiten seien, könne es sich dabei um keine bevorzugten Ausführungsformen handeln. Diese Merkmale seien dann vielmehr zwingend und müßten in den Anspruch 1 aufgenommen werden.

Es werde ferner daran festgehalten, daß die Vorrichtung des Streitpatents keine Erfindungsqualität besitze.

Zwar werde die Auffassung vertreten, daß E7 den nächstliegenden Stand der Technik darstelle, aber es bestünden keine Bedenken, wie in der angegriffenen Entscheidung von einer Vorrichtung zur kapazitiven Exzentrizitätsmessung als nächstliegendem Stand der Technik auszugehen, wie sie aus E10 bekannt sei. Einer der Hauptgründe, warum das Dokument E7 und nicht E10 als nächstliegender Stand der Technik anzusehen sei, sei die Tatsache, daß in E7 wie im Streitpatent die Kapazitätsmessung in Wasser durchgeführt werde. Die Messung in Wasser mit den darin verknüpften Vorteilen sei dem Fachmann seit langem bekannt. Wie aus E15 hervorgehe, werde bei dieser Art der Kapazitätsmessung nur die Kapazität der Ummantelung des Leiters bestimmt, während die durch den Raum zwischen Elektrode und Außenmantelfläche hervorgerufenen Störeinflüsse mehr oder weniger ausgeschaltet würden. Gemäß E16 sei gewöhnliches Leitungswasser für die Zwecke einer derartigen Kapazitätsmessung ausreichend. Im übrigen arbeiteten fast alle der in den genannten Dokumenten beschriebenen Kapazitätsmeßvorrichtungen mit Wasser, nämlich E2, E7, E8, E9 und E11 bis E14.

E10 lehre nun, daß man mit einer Vorrichtung der in E7 beschriebenen Art nicht nur die längenbezogene Kapazität, sondern auch die exzentrische Verlagerung des Leiters in dem Kabel bestimmen könne. Dazu schlage E10 vor, ein Meßrohr gemäß E7 in vier gleiche Segmente zu unterteilen und dann die Kapazität zwischen gegenüberliegenden Segmenten zu vermessen. Der Fachmann brauche also nur das Meßrohr gemäß E7 durch ein Meßrohr gemäß E10 zu ersetzen. Das segmentierte Meßrohr müsse dabei für das eingesetzte Wasser auch nicht dicht sein und könne in einen Wassertrog oder ähnliches eingesetzt werden, wie es den genannten Dokumenten zu entnehmen sei.

E10 beschreibe auch Schutzelektroden in Form der koaxial vor und hinter dem Meßrohr angeordneten "gards" 23 und 24. Derartige Schutzelektroden seien auch in E8 (Abschirmelektroden 5) beschrieben. Insbesondere entsprächen aber die die Meßelektrode in E8 umgebenden Anschluß- und Zuführungsleiter 3a und 3b der im Anspruch 1 des Streitpatents definierten zylindrischen Elektrode (28). Das Vorsehen einer solchen Abschirmelektrode sei daher naheliegend.

Es sei auch nicht erfinderisch, den Elektrodensegmenten jeweils eine Strommeßvorrichtung zuzuordnen, die zur Messung des zu den einzelnen Elektrodensegmenten fließenden Stromes dienten. Aus der Tatsache, daß es bekannt sei, zur Messung der Gesamtkapazität den Strom zu einem ungeteilten Elektrode zu bestimmen, ergebe sich, daß bei Unterteilung in Elektrodensegmente separate Strommeßvorrichtungen vorgesehen werden müßten, um die Teilkapazitäten bzw. die Exzentrizität des Leiters zu messen. Es bestehe auch kein wesentlicher Unterschied zwischen der Meßmethode des Streitpatents (Strommessung) und der von E10 (Meßbrücke). Letztendlich gehe es dabei nur um schaltungstechnische Möglichkeiten der Messung von einer oder mehreren Kapazitäten bzw. deren Unterschiede. Beide Methoden basierten grundsätzlich auf der Bestimmung des Scheinwiderstands einer Kapazität bei bekannter Frequenz. Bei der Meßbrücke ergebe sich der Meßwert durch Vergleich mit bekannten Scheinwiderständen bei abgeglichener Brücke. Bei einer Strommessung bestehe Proportionalität zwischen Kapazität und Stromstärke. Die Auswahl der Meßmethode bleibe dem Fachmann überlassen.

III. Der Beschwerdegegner und Patentinhaber hat dem Vorbringen des Beschwerdeführers widersprochen. Seine Ausführungen können wie folgt zusammengefaßt werden.

Die Tatsache, daß der erteilte Anspruch 3 die beiden einzigen Anschlußmöglichkeiten der Spannungsquelle anspreche, bedeute nicht zwingend, daß der Anspruch 1 noch weitere Möglichkeiten umfasse und somit unzulässig erweitert sei. Allenfalls sei der Anspruch 3 im Sinne einer Überbestimmung überflüssig. Dies könne jedoch den Hinweis auf eine unzulässige Änderung in Anspruch 1 nicht stützen.

Was die vom Beschwerdeführer bestrittene erfinderische Tätigkeit anbelange, so beziehe sich die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe auf die Messung der Exzentrizität des Leiters eines Kabels. Von den die Messung der Exzentrizität betreffenden Dokumenten E1, E4, E5, E6 und E10 würden nur E4 bzw. E10 eine Messung auf kapazitiver Basis wie im Streitpatent offenbaren und daher den nächstliegenden Stand der Technik darstellen.

Gegenüber E7, das schon in der Streitpatentschrift erwähnt werde, bestehe die Erfindung darin, das bekannte Kapazitätsmeßgerät so zu modifizieren, daß es zur Exzentrizitätsmessung eingesetzt werden könne, und zwar mit Vorteilen gegenüber den aus E4/E10 bekannten Exzentrizitätsmeßgeräten. Die Verwendung von Wasser mache E7 nicht relevanter, da E4/E10 kein Wasser verwende, obwohl dort ebenfalls zusätzlich zur Exzentrizitätsmessung die Messung der spezifischen Kapazität vorgesehen sei.

Vom nächstliegenden Stand der Technik nach E4/E10 unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem kennzeichnenden Teil durch folgende Merkmale:

a) Die Elektrodensegmente sind Teil eines mit Wasser gefüllten zylindrischen Behälters, dessen Wandung von den Elektrodensegmenten gebildet ist.

b) Die Elektrodensegmente sind von einer zylindrischen Elektrode umgeben, die auf gleichem Potential liegt wie die Elektrodensegmente.

c) Den Elektrodensegmenten ist jeweils eine Strommeßvorrichtung zugeordnet zur Messung des zu den einzelnen Elektrodensegmenten fließenden Stroms.

Nach dem Merkmal a) werde die Kapazitätsmessung nicht einfach in Wasser durchgeführt, sondern die Elektrodensegmente bildeten die Wandung eines mit Wasser gefüllten Behälters. Ausgehend von E7 würde der dort verwendete Behälter in Längsrichtung in Elektrodensegmente aufgeteilt, die mit einem Dielektrikum miteinander verbunden würden. Diese Lehre sei aber weder E7 noch E15 oder E16 zu entnehmen. E15 sei um Jahrzehnte älter als E4/E10. Wenn es daher nahegelegen hätte, die Wandung des Behälters aus den Elektrodensegmenten zu bilden, so hätte bereits der Erfinder von E4/E10 diese Anregung aufgreifen müssen. Dieser habe aber nicht erkannt, daß es nötig gewesen wäre, das Kabel präzise entlang der Achse der Elektrodensegmente zu führen, um die Exzentrizität zu messen.

Was das Merkmal b) anbelange, so würden die in E10 in Figur 3 gezeigten Schutzelektroden 23 und 24 nicht wie im Streitpatent die Meßzone umgeben. Auch die in E8 beschriebene Zuführung 3a, die eine Abschirmung bewirke, gebe keinen Hinweis auf die zylindrische Elektrode gemäß Merkmal b), da weder beim Streitpatent noch bei E4/E10 eine solche Zuführung erforderlich sei.

Gemäß dem Merkmal c) werde beim Streitpatent jede einzelne Kapazität gemessen, und zwar zeitgleich. Bei der Vorrichtung nach E10, die nur eine Strommeßvorrichtung für vier Segmentelektoden offenbare, könne die Exzentrizitätsmessung nur in zeitlichen Abständen erfolgen, so daß nicht immer der gleiche Ort am Kabel erfaßt werde.

Da somit die Kombination der im Anspruch 1 angegebenen Merkmale durch die genannten Dokumente dem Fachmann nicht nahegelegt würde, liege dem Anspruchs 1 auch eine erfinderische Tätigkeit zugrunde.

IV. Die von beiden Parteien hilfsweise beantragte mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer hat am 18. Dezember 2003 stattgefunden. In der mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdegegner geänderte Ansprüche eingereicht und beantragt, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage dieser Ansprüche aufrechtzuerhalten. Der Anspruch 1 lautet:

"1. Vorrichtung zur Messung der exzentrischen Verlagerung des Leiters (22) eines Kabels (20) im Kabelmantel (24), mit mindestens drei am Umfang des Kabels (20) versetzt angeordneten kreisbogenförmigen, auf einem Kreis um das Kabel (20) angeordneten, gegeneinander isolierten, elektrisch leitenden Elektrodensegmenten (14), einer Hochfrequenzspannungsquelle (38) zur Erzeugung eines Wechselfeldes zwischen dem Leiter (22) und den Elektrodensegmenten (14) und einer Auswertevorrichtung, die aus der Höhe des Stroms zwischen dem Leiter (22) und den Elektrodensegmenten (14) die Größe der Verlagerung des Leiters (22) ermittelt, dadurch gekennzeichnet, daß ein mit Wasser gefüllter zylindrischer Behälter (12) vorhanden ist, dessen Wandung von den Elektrodensegmenten (14) gebildet ist, die Elektrodensegmente (14) von einer zylindrischen Elektrode (28) umgeben sind, die auf gleichem Potential wie die Elektrodensegmente (14) liegt und den Elektrodensegmenten (14) jeweils eine Strommeßvorrichtung (40, 42, 44) zugeordnet ist zur Messung des zu den einzelnen Elektrodensegmenten (14) fließenden Stroms, wobei die Hochfrequenzspannungsquelle (38) mit den Elektrodensegmenten (14) verbunden ist und der Leiter (22) an Erde liegt oder mit dem Leiter (22) verbunden ist und die Elektrodensegmente (14) an Erde liegen."

Der Beschwerdeführer hat beantragt, das Patent zu widerrufen.

Am Ende der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdekammer die Entscheidung verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit

Die Beschwerde ist zulässig, was vom Beschwerdegegner nicht bestritten wurde.

2. Änderungen

Der neue Anspruch 1 ist inhaltlich eine Zusammenfassung der erteilten Ansprüche 1 und 3. Die beiden Anschlußmöglichkeiten der Hochfrequenzspannungsquelle, wie sie vom Anspruch 3 in den Anspruch 1 aufgenommen wurden, sind auch in den ursprünglichen Unterlagen offenbart, nämlich in dem ursprünglichen Anspruch 1 i. V. m. der ursprünglichen Beschreibung, siehe ASchrift, Spalte 2, Zeilen 4 bis 18, und alternativ im ursprünglichen Anspruch 3. Die Beschreibung wurde an den geänderten Wortlaut des Anspruchs 1 angepaßt, siehe die in der mündlichen Verhandlung eingereichte Seite 2.

Die Änderungen stehen daher im Einklang mit den Erfordernissen von Artikel 123 (2) und (3) EPÜ, was vom Beschwerdeführer nicht mehr bestritten wurde. Damit ist auch dem Einspruchsgrund unter Artikel 100 c) EPÜ Rechnung getragen.

3. Verspätetes Vorbringen

Die Dokumente E15 und E16 sind vom Beschwerdeführer erst mit der Beschwerdebegründung, d. h. nach Ablauf der Einspruchsfrist genannt worden. Diese Dokumente betreffen die Messung der Kapazität von Kabeln unter Verwendung von Wasser. Ihre Nennung dient der Stützung eines Arguments des Beschwerdeführers, das die Einspruchsabteilung nicht überzeugen konnte, wonach die Verwendung von Wasser bei der Messung von Kabelkapazitäten für den Fachmann selbstverständlich sei. Daher macht die Beschwerdekammer von ihrem Ermessen nach Artikel 114 (1) EPÜ Gebrauch und führt die Dokumente E15 und E16 in das Verfahren ein.

4. Neuheit

Von den im Verfahren befindlichen Dokumenten betreffen nur E1, E5, E6 und E4/E10 Vorrichtungen zur Messung der exzentrischen Verlagerung des Leiters eines Kabels im Kabelmantel. Aber nur in dem Dokument E4/E10 werden wie bei dem Streitgegenstand gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 am Umfang des Kabels versetzt angeordnete kreisbogenförmige, gegeneinander isolierte, elektrisch leitende Elektrodensegmente verwendet, siehe E10, Spalte 2, Zeilen 44 bis 67, wobei zwischen dem Leiter und den Elektrodensegmenten eine Hochfrequenzspannungsquelle liegt und eine Auswertevorrichtung zur Ermittelung der Verlagerung vorhanden ist, siehe E10, Spalte 3, Zeilen 10 bis 29.

Von dem Stand der Technik gemäß E4/E10 unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem kennzeichnenden Teil durch folgende Merkmale:

a) Die Elektrodensegmente sind Teil eines mit Wasser gefüllten zylindrischen Behälters, dessen Wandung von den Elektrodensegmenten gebildet ist.

b) Die Elektrodensegmente sind von einer zylindrischen Elektrode umgeben, die auf gleichem Potential liegt wie die Elektrodensegmente.

c) Den Elektrodensegmenten ist jeweils eine Strommeßvorrichtung zugeordnet zur Messung des zu den einzelnen Elektrodensegmenten fließenden Stroms.

Was das Merkmal a) anbelangt, so geht aus E10, Spalte 3, Zeilen 2 bis 6 hervor, daß auf den Extrudiervorgang des isolierten Kabels u. a. ein Kühlvorgang mittels eines Kühlbades folgt, der nicht gezeigt ist. Der Beschwerdeführer leitet daraus ab, daß damit für den Fachmann implizit offenbart sei, daß bei der Vorrichtung nach E10 die Messung mit Hilfe der Elektrodensegmente in diesem Kühlbad, d. h. in einem Wasserbad erfolge. Der Fachmann wisse nämlich, daß Wasser für die Messung notwendig sei, wie durch die Dokumente E15 und E16 belegt werde. So werde auch in das in E7 beschriebene Meßrohr Druckwasser eingeleitet, das vorteilhafterweise blasenfrei sei.

Die Kammer stimmt dem Beschwerdeführer zu, daß der im Streitpatent, siehe Spalte 2, Zeilen 41 bis 55, genutzte Effekt des Wassers zwischen Kabelmantel und der Meßelektrode, nämlich eine im Vergleich zum Kabelmantel hohe Kapazität zu besitzen, die in einer Reihenschaltung vernachlässigt werden kann, insbesondere aus E15, siehe Seite 4, Zeilen 118 bis 124, bei einer Vorrichtung zur Messung der Kabelkapazität bekannt ist. Wäre dieser Effekt auch in E10 angestrebt worden, so wäre dies nach Meinung der Kammer auch in E10 erwähnt worden, da dies entscheidend die elektrischen Verhältnisse im Meßbereich beeinflußt hätte. Die Erwähnung eines allgemeinen Kühlbades in E10 deutet jedoch darauf hin, daß die elektrischen Eigenschaften des Kühlmediums, das auch nicht zwingend Wasser sein muß, ohne Bedeutung sind, so daß dieses Bad auch nicht im Meßbereich angeordnet ist. Damit bilden die Elektodensegmente auch nicht die Wandung eines mit Wasser gefüllten Behälters. Die Kammer kommt daher zu dem Schluß, daß E10 weder explizit noch implizit das Merkmal a) offenbart.

Auch das Merkmal b) geht aus E10 nicht hervor, da keine die Elektodensegmente umgebende Elektrode vorhanden ist. In Figur 3 sind im Unterschied dazu in Flußrichtung vor und hinter den Elektrodensegmenten (Anschlüsse A bis D) und koaxial zu diesen angeordnete Abschirmelektroden 23 und 24 gezeigt.

Zum Merkmal c) ist festzustellen, daß in E10 keine Strommeßvorrichtungen im eigentlichen Sinne vorgesehen sind, da die Auswertung mittels einer Brückenschaltung erfolgt, siehe Figur 2 und Spalte 3, Zeilen 19 bis 44.

Da E4/E10 die Merkmale a) bis c) nicht offenbart, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu im Sinne von Artikel 54. (1) EPÜ.

5. Erfinderische Tätigkeit

5.1. Nächstliegenden Stand der Technik

Nach den von den Beschwerdekammern entwickelten Grundsätzen ist nächstliegender Stand der Technik ein Gegenstand, der zum gleichen Zweck oder mit demselben Ziel entwickelt wurde wie die beanspruchte Erfindung, oder eine Lösung, die auf den gleichen Zweck bzw. dieselbe Wirkung gerichtet ist wie die Erfindung, siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 4. Auflage 2001, Seite 118, erster Absatz, zweiter Satz, und zweiter Absatz, erster Satz. Dies trifft im vorliegenden Fall für das Dokument E4 bzw. E10 zu, worin es wie beim Streitpatent um eine Vorrichtung zur Messung der exzentrischen Verlagerung des Leiters eines Kabels im Kabelmantel mit Hilfe der dadurch bewirkten Kapazitätsänderung (kapazitive Exzentrizitätsmessung) geht.

5.2. Aufgabe und Lösung

Wie im Abschnitt "4. Neuheit" ausgeführt wurde, unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von dem Stand der Technik gemäß E4/E10 durch die Merkmale a) bis c). Die diesen Merkmalen objektiv zugrundeliegende Aufgabe betrifft die Angabe einer alternativen Lösung für die Messung der exzentrischen Verlagerung des Leiters eines Kabels im Kabelmantel mit Hilfe der dadurch bewirkten Kapazitätsänderung.

Wie schon oben ausgeführt wurde, ist in E10 die Verwendung von Wasser im Bereich der Elektrodensegmente entsprechend dem Merkmal a) nicht vorgesehen, obwohl der damit verbundene Effekt, die Gesamtkapazität nicht zu beeinflussen, aus E15 bekannt war. Bei der in E10 beschriebenen Methode zur Bestimmung der Exzentrizität werden allerdings die Paare gegenüberliegender Elektroden 11, 13 und 12, 14 sequentiell an die Hochfrequenzquelle und an die Abschirmung gelegt, siehe Figuren 1 und 4 mit Spalte 3, Zeilen 45 bis 50. Befände sich Wasser im Bereich zwischen Kabelmantel und den Elektroden, so würde ein relativ hoher Strom von den Meßelektroden zu den auf Abschirmungspotential liegenden Elektroden fließen, was die Messung stören würde. Es lag daher auch nicht nahe, für die in E10 beschriebene Meßmethode Wasser als dielektrisches Medium einzusetzen und folglich auch nicht, die Elektrodensegmente als Behälter dafür auszubilden.

Was das Merkmal c) anbelangt, so ist in E7 ein Kapazitätsmeßgerät beschrieben, das aus einem zylindrischen mit Wasser gefüllten Behälter besteht, wobei die Kapazität zwischen der Wandung des Behälters und dem Leiterstrang gemessen wird durch Erfassung des Stroms, der von einer an die Behälterwandung angelegten Hochfrequenzspannungsquelle erzeugt wird, siehe Abschnitte "Konstruktion" und "Messprinzip". Es gab keinen Hinweis im Stand der Technik, diese zur Bestimmung der Kabelkapazität dienende Strommessung zur Bestimmung der Exzentrizität mit Hilfe segmentierter Elektroden, wie sie in E10 beschrieben sind, einzusetzen. In E10 wird jedenfalls, wie oben ausgeführt wurde, eine andere Meßmethode, nämlich Brückenschaltung verwendet.

Die Anpassung der Strommessung an segmentierte Elektroden war auch nicht trivial, sondern erforderte die im Merkmal b) angegebenen Maßnahmen, wonach eine zylindrische Elektrode die Elektrodensegmente umgibt und auf gleichem Potential liegt wie letztere. Aus E7 ist jedenfalls keine weitere die Wandung umgebende Elektrode ersichtlich. Die in E10, siehe Figur 3, angegebenen Abschirmelektroden 23 und 24 umgeben nicht die Elektrodensegmente 11 bis 14, sondern sind in Längsrichtung vor und hinter diesen angeordnet. Außerdem liegen diese Elektroden nicht auf dem gleichen Potential wie das jeweils zur Kapazitätsmessung herangezogene Elektrodenpaar, sondern auf dem Referenzpotential, siehe Spalte 4, Zeilen 40 bis 51 und Spalte 3, Zeilen 10 bis 18.

In der Anordnung von E15, siehe Figuren 2 bis 4 und Seite 3, Zeilen 26 bis 76, ist zwar eine als Schutzrinne 29. bezeichnete Elektrode zwischen der Messelektrode 27 und der Abschirmung 37 angeordnet. Die Schutzrinne liegt auf "annähernd" dem gleichen Potential wie die Meßelektrode, damit zwischen der Meßelektrode und der Abschirmung praktisch keine kapazitive Kopplung vorhanden ist, siehe Seite 4, Zeilen 109 bis 114. Auch wenn dieser Effekt ähnlich zu sein scheint wie der im Streitpatent durch die zylindrische Elektrode bewirkte und nicht näher erläuterte, lag es nicht nahe, diese bei einem unterschiedlichen Meßprinzip (Brückenschaltung, siehe Figur 5) und einer unterschiedlichen Meßanordnung (V-förmige Anordnung) verwendete Schutzrinne bei einer konzentrischen Anordnung der Elektroden wie sie aus E7 oder E10 hervorgeht und bei Strommessung gemäß E7 einzusetzen.

In der in E8, siehe insbesondere die Figuren 1 und 2 sowie Spalte 2, Zeilen 50 bis 62, beschriebenen Kapazitätsmeßvorrichtung wird ein als Abschirmung wirkender Anschluß- und Zuführungsleiter für die Hochfrequenz verwendet, der einen die Meßelektrode 6 umgebenden zylindrischen Teil 3a aufweist. Die Gewinnung der Meßsignale erfolgt mittels spezieller Ringkernwandler 9, an die die Meßelektrode 6 angeschlossen ist. Die Hochfrequenzeinspeisung, die über das Teil 3a erfolgt, ist daher in E8 impedanzmäßig speziell auf die Ringkernwandler zugeschnitten, so daß es für den Fachmann nicht nahelag, in jedem Fall, also auch bei der Anordnung mit Strommessung von E7 oder der mit Meßbrücke von E10, eine zylindrische Elektrode nach der Art des Teils 3a zur Abschirmung zu verwenden.

5.3. Argumente des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer hält E7 für den nächstliegenden Stand der Technik, nachdem auch in den ursprünglichen Unterlagen zum Streitpatent, siehe A-Schrift, Spalte 3, Zeilen 1 bis 6 angegeben sei, daß die Erfindung von der Erkenntnis ausgehe, daß es möglich sei, durch "relativ geringfügige Abwandlungen" des aus E7 bekannten Gerätes nicht nur die Kapazität, sondern auch die Exzentrizität zu bestimmen. Er argumentiert, daß es nahelag, segmentierte Elektroden gemäß dem Merkmal a), wie sie in E10 beschrieben seien und bereits dort einen Behälter bildeten, zu verwenden. Die Messung in Wasser durchzuführen werde durch E15 nahegelegt ebenso wie die Verwendung einer die Elektrodensegmente umgebenden zylindrischen Elektrode gemäß dem Merkmal b). Eine Strommeßvorrichtung sei aus E7 bekannt. Es sei trivial, gemäß dem Merkmal c) jeweils eine Strommeßvorrichtung für jedes Elektrodensegment vorzusehen.

Abgesehen davon, daß die Kammer aus den oben genannten Gründen zu dem Schluß kommt, daß E10 den nächstliegenden Stand der Technik darstellt, vermag sie die vom Beschwerdeführer angebotene Argumentationslinie auch nicht zu überzeugen. Ausgehend von E7 müßte die Aufgabe darin gesehen werden, das bekannte Kapazitätsmeßgerät eines Kabels so zu modifiziern, daß es zur Messung der Exzentrizität des Leiters im Kabelmantel verwendet werden kann. Die Kammer ist jedoch der Meinung, daß für den Fachmann zunächst keine Veranlassung bestand, das aus E7 bekannte Gerät zur Exzentrizitätsmessung heranzuziehen. Dies steht auch nicht im Widerspruch zu der oben erwähnten Aussage in den ursprünglichen Unterlagen, wonach die Erfindung von der Erkenntnis ausgeht, daß das aus E7 bekannte Gerät nur relativ geringfügig abgewandelt zu werden braucht. Wäre der Fachmann dennoch von E7 ausgegangen und hätte E10 in Betracht gezogen, worin Elektrodensegmente offenbart sind, so hätte er erkennen müssen, daß die sequentielle Auswertung gegenüberliegender Elektrodensegmente in einer Brückenschaltung durch eine Strommessung mittels einer jedem Elektrodensegment zugeordneten Strommeßvorrichtung gemäß dem Merkmal c) zu ersetzen war. Zusätzlich hätte er erkennen müssen, daß eine die Elektrodensegmente umgebende zylindrische Elektrode gemäß dem Merkmal b) nötig war, worauf die Dokumente E15 und E8 nur unzureichende Hinweise geben, wie oben ausgeführt wurde. Es wird deutlich, daß diese Argumentationslinie nur in rückschauender Betrachtungsweise zum Gegenstand des Anspruchs 1 führt.

Auch unter Berücksichtigung der wesentlichen Argumente des Beschwerdeführers ergibt sich daher, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.

Die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 4 beziehen sich auf besondere Ausführungsarten der Vorrichtung nach Anspruch 1. Die Beschreibung ist an die geänderten Ansprüche angepaßt worden. Die Beschwerdekammer ist daher der Auffassung, daß unter der Berücksichtigung der vom Beschwerdegegner vorgenommenen Änderungen das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen (Artikel 102 (3) EPÜ).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 bis 4 eingereicht in der mündlichen Verhandlung.

- Beschreibung, Seite 2 eingereicht in der mündlichen Verhandlung.

- Beschreibung, Seite 3 und Zeichnung wie erteilt.

Quick Navigation