T 0852/01 () of 23.3.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T085201.20040323
Datum der Entscheidung: 23 März 2004
Aktenzeichen: T 0852/01
Anmeldenummer: 95108297.3
IPC-Klasse: B65H 54/80
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Drehteller für Faserbandablageeinrichtungen
Name des Anmelders: Rieter Ingolstadt Spinnereimaschinenbau AG
Name des Einsprechenden: Trützschler GmbH & Co. KG
Zinser Textilmaschinen GmbH
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 10b(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Zulässigkeit eines verspätet eingereichten Hilfsantrags (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführer I und II (Einsprechende I und II) haben gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung die Einsprüche zurückzuweisen Beschwerde eingelegt.

Mit den Einsprüchen der Einsprechenden I und II war das Patent in vollem Umfang im Hinblick auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß der Anspruch 1 des Streitpatents neu ist und auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

Im Beschwerdeverfahren wurden die folgenden Entgegenhaltungen berücksichtigt:

D2: DE-A-3 524 601

D3: DE-C-1 115 623

D4: DE-C-1 510 310

D6: Schlauchrad gemäß Zeichnung Nr. 703 08 020-024 4 vom 24.04.1980.

D7: Rohr gemäß Zeichnung Nr. 703 08 036-4 vom 09.12.1983

D8: Teller gemäß Zeichnung Nr. 703 08 026-3 vom 21.04.1980.

D12: Prospekt "TEXTIMA-WALZENSTRECKE 1545 / WALZENREGULIERSTRECKE 1546" Ag 07/035/87 (1987),

D18: DE-C-2 514 072

sowie die im Beschwerdeverfahren anhand der, im folgenden als D23 bezeichneten Unterlagen

Prospekt "Holz Flyer-Flügel", 101 15 8 79

Prospekt "Holz Hochleistungs Flyer-Flügel / High Speed Special Alloy Flyer - UGD", mhe 10.85 / 4

Luntenführungsrohr gemäß Zeichnung Nr. 03.1.020-025 vom 27.05.1981.

Rechnung Nr. 5648/85 vom 26.06.1985

behauptete offenkundige Vorbenutzung der Firma Holz.

II. Am 23. März 2004 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

i) Die Beschwerdeführer I und II beantragten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

ii) Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, bzw. die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent mit den Ansprüchen der Hilfsanträge 1 bis 6 wie mit Schreiben vom 11. November 2003 eingereicht, bzw. mit den Ansprüchen des Hilfsantrags 7, wie in der mündlichen Verhandlung am 23. März 2004 überreicht, aufrechtzuerhalten.

III. Der Anspruch 1 des Streitpatents lautet wie folgt:

"Drehteller (1) für Faserbandablageeinrichtungen, insbesondere von Strecken und Karden, mit einem räumlich gekrümmten Bandkanal (2) mit einem Einlauf (5) und einem Auslauf (6) für Faserband, dadurch gekennzeichnet, daß der Bandkanal (2) und/oder eine Abdeckung (7) des Drehtellers (1) an dessen Unterseite aus Edelstahl gefertigt ist."

Die Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 - 7 lauten wie folgt

a) Hilfsantrag 1:

"Drehteller (1) für Faserbandablageeinrichtungen, insbesondere von Strecken und Karden, mit einem einteiligen, räumlich gekrümmten Bandkanal (2) mit einem Einlauf (5) und einem Auslauf (6) für Faserband, dadurch gekennzeichnet, daß der Bandkanal (2) und/oder eine Abdeckung (7) des Drehtellers (1) an dessen Unterseite aus Edelstahl gefertigt ist."

b) Hilfsantrag 2:

"Drehteller (1) für Faserbandablageeinrichtungen, insbesondere von Strecken und Karden, mit einem einteiligen, räumlich gekrümmten Bandkanal (2) mit einem Einlauf (5) und einem Auslauf (6) für Faserband, dadurch gekennzeichnet, daß der Bandkanal (2) aus Edelstahl gefertigt ist."

c) Hilfsantrag 3:

"Drehteller (1) für Faserbandablageeinrichtungen, insbesondere von Strecken und Karden, mit einem räumlich gekrümmten Bandkanal (2) mit einem Einlauf (5) und einem Auslauf (6) für Faserband, dadurch gekennzeichnet, daß der Bandkanal (2) mittels einer Gußmasse (8) mit dem Drehteller (1) verbunden ist, und daß der Bandkanal und/oder eine Abdeckung (7) des Drehtellers (1) an dessen Unterseite aus Edelstahl gefertigt ist."

d) Hilfsantrag 4:

"Drehteller (1) für Faserbandablageeinrichtungen, insbesondere von Strecken und Karden, mit einem räumlich gekrümmten Bandkanal (2) mit einem Einlauf (5) und einem Auslauf (6) für Faserband, dadurch gekennzeichnet, daß der Bandkanal (2) mittels einer Gußmasse (8) mit dem Drehteller (1) verbunden ist, und daß der Bandkanal (2) aus Edelstahl gefertigt ist."

e) Hilfsantrag 5:

"Drehteller (1) für Faserbandablageeinrichtungen, insbesondere von Strecken und Karden, mit einem räumlich gekrümmten Bandkanal (2) mit einem Einlauf (5) und einem Auslauf (6) für Faserband, dadurch gekennzeichnet, daß eine Abdeckung (7) des Drehtellers (1) an dessen Unterseite aus Edelstahl gefertigt ist."

f) Hilfsantrag 6:

"Drehteller (1) für Faserbandablageeinrichtungen, insbesondere von Strecken und Karden, mit einem räumlich gekrümmten Bandkanal (2) mit einem Einlauf (5) und einem Auslauf (6) für Faserband, dadurch gekennzeichnet, daß eine Abdeckung des Drehtellers (1) an dessen Unterseite aus Edelstahl gefertigt ist und daß der Bandkanal (2) mittels einer Gußmasse (8) mit dem Drehteller (1) verbunden ist."

g) Hilfsantrag 7

"Drehteller (1) für Faserbandablageeinrichtungen, insbesondere von Strecken und Karden, mit einem räumlich gekrümmten Bandkanal (2) mit einem Einlauf (5) und einem Auslauf (6) für Faserband, dadurch gekennzeichnet, daß am Boden des Drehtellers, der ein Aluminiumgußteil ist, eine Abdeckung angeordnet ist, die aus Edelstahl besteht."

IV. Die Argumente der Beschwerdeführer I und II lassen sich wie folgt zusammenfassen:

i) Der Drehteller nach dem Anspruch 1 des Streitpatents umfasse drei, jeweils auf die Verwendung von Edelstahl gerichtete, Möglichkeiten. Danach seien der Bandkanal, eine Abdeckung des Drehtellers an dessen Unterseite oder beide dieser Elemente aus Edelstahl gefertigt.

ii) Der Drehteller nach dem Anspruch 1 des Streitpatents unterscheide sich von dem durch die Entgegenhaltung D2 oder die Entgegenhaltung D3 gegebenen nächstkommenden Stand der Technik jeweils durch die die Fertigung aus Edelstahl betreffenden Merkmale.

Die Entgegenhaltung D2 enthalte keine Angabe über den Werkstoff bzw. die Werkstoffe, aus denen der Drehteller bzw. dessen Bauteile gefertigt seien. Nach der Entgegenhaltung D3 sei der Bandkanal aus Metallrohren, beispielsweise Messingrohren, gefertigt.

iii) Ausgehend von der Entgegenhaltung D2 oder der Entgegenhaltung D3 läge dem Streitpatent im Hinblick auf den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag die Aufgabe zugrunde, den jeweils bekannten Drehteller so auszubilden, daß sowohl der Verschleiß des Drehtellers wie auch die Beschädigung des Faserbandes reduziert werde.

iv) Diese Aufgabe liege im fachüblichen Streben nach einer Verschleißminderung des Drehtellers als Anlagenbauteil und einem möglichst beschädigungsfreien Zusammenwirken des Drehtellers mit dem Faserband.

v) Zur Lösung dieser Aufgabe sei es naheliegend, den Drehteller so auszubilden, daß die Reibung zwischen den mit dem Faserband zusammenwirkenden Flächen und dem Faserband gering ist, weil damit sowohl der drehtellerseitige Verschleiß wie auch faserbandseitige Beschädigungen vermieden werden.

vi) Soweit sich der Einsatz von Edelstahl zur Herabsetzung der Reibung zwischen dem Drehteller und dem Faserband nicht bereits aus dem Fachwissen ergebe, sei dies durch die Entgegenhaltung D12 nahegelegt, nach der Schlauchrohr und Schlauchradteller, also die mit dem Faserband zusammenwirkenden Elemente eines Drehtellers bzw. einer einen Drehteller umfassenden Einrichtung, aus poliertem Edelstahl gefertigt seien.

vii) Der Verwendung von Edelstahl als Material für einen räumlich gekrümmten Bandkanal sowie für eine Abdeckung eines Drehtellers stehe auch kein Vorurteil entgegen. Es sei zwar bekannt, daß die Fertigung eines derartigen Bandkanals und einer derartigen Abdeckung aufwendiger als eine Fertigung aus einem leichter bearbeitbaren Material sei. Daß dieser höhere Aufwand dem Einsatz von Edelstahl bei einem Drehteller oder bei, in einem unmittelbar benachbarten technischen Gebiet eingesetzten, Flyer-Flügeln nicht entgegenstehe, ergebe sich bspw. aus den Entgegenhaltungen D6-D8, sowie der Entgegenhaltung D23.

viii) Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach jedem der Hilfsanträge 1 bis 6 beruhe gleichfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 2, nach dem der räumlich gekrümmte Bandkanal einteilig ist, beträfe eine naheliegende Maßnahme, die bspw. aus der Entgegenhaltung D2 oder der Entgegenhaltung D4 bekannt sei.

ix) Der Einsatz einer Gußmasse nach den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 3, 4 und 6 betreffe eine fachübliche, bspw. aus den Entgegenhaltungen D3 oder D18 bekannte, Vorgehensweise zum Festlegen eines Bandkanals.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 betreffe eine der im Anspruch 1 nach dem Hauptantrag definierten Möglichkeiten, die, wie die beiden übrigen in diesem Anspruch definierten Möglichkeiten, auf einer naheliegenden Maßnahme beruhe.

x) Der Anspruch 1 des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 7 sei verspätet. Dadurch, daß in diesem Anspruch erstmals auf einen Drehteller, der ein Aluminiumgußteil ist, Bezug genommen werde, sei eine Erwiderung ohne eine diesbezügliche Recherche nicht möglich. Aufgrund der einzuhaltenden Verfahrensökonomie sei dieser Hilfsantrag zu diesem späten Zeitpunkt nicht zuzulassen.

V. Die Argumente des Beschwerdegegners lassen sich wie folgt zusammenfassen:

i) Der Drehteller nach dem Anspruch 1 des Streitpatents, bei dem ein räumlich gekrümmter Bandkanal und/oder eine Abdeckung des Drehtellers an dessen Unterseite aus Edelstahl gefertigt seien, werde durch den vorliegenden Stand der Technik nicht nahegelegt.

ii) Der Stand der Technik zeige zwar Drehteller mit einem räumlich gekrümmten Bandkanal, wie dies bspw. den Entgegenhaltungen D2, D3 und D4 zu entnehmen sei. Als Werkstoff zur Herstellung eines derartigen bekannten Drehtellers sei Edelstahl jedoch nicht erwähnt.

iii) Die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe ergebe sich gegenüber dem Drehteller nach der Entgegenhaltung D2 oder der Entgegenhaltung D3 dahingehend, jeweils den bekannten Drehteller so auszubilden, daß sowohl der Verschleiß des Drehtellers wie auch die Beschädigung des Faserbandes reduziert werde.

iv) Ein Hinweis auf die Lösung nach dem Anspruch 1, gemäß der Bandkanal und/oder Abdeckung aus Edelstahl gefertigt seien, sei den vorliegenden Entgegenhaltungen nicht zu entnehmen.

v) Sofern darin Edelstahl als Werkstoff zur Herstellung eines Bandkanals genannt sei, sei dieser Bandkanal, wie sich dies bspw. aus den Entgegenhaltungen D6-D8 ergebe, nicht gekrümmt ausgebildet. Dies belege, daß, aufgrund der zu erwartenden Schwierigkeiten beim Biegen von Rohren aus Edelstahl, ein derartiger Versuch nicht unternommen worden sei. Dies ergebe sich auch aus den Erfahrungen der Patentinhaberin, gemäß denen, auf der Suche nach einem geeigneten Hersteller räumlich gekrümmter Edelstahlrohre zur Fertigung von Bandkanälen, sich nur wenige der angesprochenen Betriebe hierfür in der Lage sahen.

vi) Betreffend die im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen zu der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung nach der Entgegenhaltung D23 werde die offenkundige Vorbenutzung des Luntenführungsrohres gemäß Zeichnung Nr. 03.1.020-025 bestritten. Den übrigen Unterlagen dieser Entgegenhaltung sei nicht zu entnehmen, daß die Edelstahlrohre der angesprochenen Flyer-Flügel räumlich gekrümmt seien. Dazu enthielten diese Unterlagen keine Angabe; die Bezugnahme bspw. auf "Hochleistungs-Leichtmetall/Edelstahl-Flyerflügel UGD" lasse den Anteil und die Form, in denen Edelstahl eingesetzt sei, offen.

vii) Der allgemeine Hinweis der Entgegenhaltung D12, nachdem Schlauchrohr und Schlauchradteller aus poliertem Edelstahl bestünden, sei gleichfalls kein Hinweis auf die Ausbildung eines Drehtellers nach dem Anspruch 1 mit einem räumlich gekrümmten Bandkanal aus Edelstahl und/oder einer ebenso aus Edelstahl gefertigten Abdeckung des Drehtellers an dessen Unterseite.

viii) Aufgrund des allgemein bekannten Aufwandes bei der Bearbeitung von Edelstahl sei insbesondere im Hinblick auf die zur Fertigung des Bandkanals nach dem Anspruch 1 erforderliche räumlich gekrümmte Ausbildung eines Rohres aus Edelstahl davon auszugehen, daß ein Vorurteil gegenüber der im Anspruch 1 definierten Fertigung des Bandkanals und auch der Abdeckung aus Edelstahl bestand, über welches sich die Lehre nach dem Anspruch 1 hinwegsetze.

ix) Dies gelte um so mehr im Hinblick auf den Drehteller nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 und 2. Gemäß diesen Ansprüchen sei der räumlich gekrümmte Bandkanal nämlich einteilig ausgebildet, was einen entsprechenden Fertigungsaufwand voraussetze.

x) Der Einsatz einer Gußmasse nach den Hilfsanträgen 3, 4 und 6 führe in einer, auch unter Berücksichtigung der Entgegenhaltung D3, nicht nahegelegten Weise zu einer vorteilhaften Anordnung des Bandkanals. Soweit dabei eine Abdeckung des Drehtellers an dessen Unterseite vorgesehen sei, ergebe sich als weitere vorteilhafte Wirkung, daß weniger Sorgfalt beim Eingießen des Bandkanals mit der Gußmasse aufgewendet werden müsse.

xi) Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 betreffe eine der im Anspruch 1 nach dem Hauptantrag definierten Möglichkeiten, die, wie die beiden übrigen in diesem Anspruch definierten Möglichkeiten, nicht nahegelegt sei.

xii) Dies gelte um so mehr betreffend den Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7, mit dem der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 weiter präzisiert werde.

Entscheidungsgründe

1. Neuheit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung ist unstreitig neu (Artikel 54 EPÜ), da keine der Entgegenhaltungen einen Drehteller mit einem räumlich gekrümmten Bandkanal und/oder einer Abdeckung des Drehtellers aus Edelstahl offenbart.

2. Erfinderische Tätigkeit

2.1. Nächstkommender Stand der Technik

Die Entgegenhaltungen D2, D3 und D4 betreffen jeweils einen Drehteller nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1, und weisen damit jeweils einen räumlich gekrümmten Bandkanal auf (vgl. Bandkanal 10; 7, 8 und 4 nach der Entgegenhaltung D2, D3 oder D4).

Nach der Entgegenhaltung D3, von der aufgrund der enthaltenen Werkstoffangaben im folgenden als nächstkommenden Stand der Technik ausgegangen wird, soll die Herstellung des Drehtellers mit räumlich gekrümmten Bandkanal vereinfacht und verbilligt, sowie dessen Einsatzbereich bezüglich Kannen unterschiedlichen Durchmessers vergrößert werden. Zu diesem Zweck besteht der Bandkanal aus mindestens zwei kreisbogenförmig gebogenen und teleskopartig zusammengesetzten Rohrkrümmern (vgl. Anspruch 1; Spalte 2, Zeilen 24-42; Figuren 1, 2). Bezüglich des Werkstoffs ist angegeben, daß die den Bandkanal bildenden Rohrkrümmer zweckmäßig aus Metallrohren, bspw. aus Messingrohren hergestellt sind (Spalte 4, Zeilen 12-14).

Der Drehteller nach Anspruch 1 des Streitpatents unterscheidet sich von dem Drehteller nach der Entgegenhaltung D3 durch die Merkmale, nach denen der Bandkanal und/oder eine Abdeckung des Drehtellers an dessen Unterseite aus Edelstahl gefertigt ist und somit im wesentlichen hinsichtlich des zur Fertigung eingesetzten Werkstoffs.

2.2. Aufgabe

Die, ausgehend von dem Drehteller nach der Entgegenhaltung D3, dem Streitpatent zugrunde liegende und durch den Drehteller nach dem erteilten Anspruch 1 gelöste Aufgabe besteht darin, unter Berücksichtigung der in der Entgegenhaltung D3 enthaltenen allgemeinen Angabe betreffend des Werkstoffs, nach der es zweckmäßig ist Bandkanäle aus Metallrohren, beispielsweise Messingrohren, herzustellen, den für einen jeweiligen Drehteller geeignetsten Werkstoff auszuwählen.

2.3. Lösung

Diese Aufgabe wird durch den Drehteller nach dem Anspruch 1 dadurch gelöst, daß der Bandkanal und/oder eine Abdeckung des Drehtellers an dessen Unterseite aus Edelstahl gefertigt ist.

2.4. Die Lösung nach dem Anspruch 1 in der erteilten Fassung ist durch den Stand der Technik aus folgenden Gründen nahegelegt.

2.4.1. Es ist unbestritten, daß bei einer Auswahl des zu verwendenden Werkstoffs, die ausgehend von der Entgegenhaltung D3, aufgrund des lediglich allgemeinen Hinweises auf Metallrohre und der ebenfalls allgemeinen Bezugnahme auf das beispielhaft genannte Messingrohr, erforderlich ist, zwei Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Zum einen ist nämlich die durch den Werkstoff, bzw. dessen Eigenschaften, beeinflusste Funktionalität der betreffenden Bauteile, insbesonders im Zusammenwirken mit dem jeweils abzulegenden Faserband, zu berücksichtigen. Zum anderen sind auch die sich aufgrund einer Werkstoffauswahl ergebenden Werkstoff- und Fertigungskosten zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der Funktionalität ist weiter unbestritten, daß der ausgewählte Werkstoff Materialeigenschaften aufweisen soll, die in Bezug auf den Drehteller einen geringen Verschleiß zur Folge haben, und in Bezug auf das Zusammenwirken mit dem Faserband dieses möglichst wenig beschädigen.

2.4.2. Diese Kriterien erfüllt unstreitig der Werkstoff Edelstahl, wie dies dem Streitpatent (Spalte 2, Zeilen 21-28; Spalte 3, Zeilen 1-6) zu entnehmen ist, aufgrund seiner geringen Reibung.

2.4.3. Bezüglich dieser für den vorliegenden Anwendungsfall günstigen Materialeigenschaft der geringen Reibung ist es unstreitig aus den Entgegenhaltungen D6 bis D8 bekannt, diejenigen Teile eines Drehtellers, die mit dem Faserband in Berührung kommen, nämlich den Bandkanal und eine Platte, die nach unten, gegenüber einer zugeordneten Kanne, abschließend angeordnet ist aus Edelstahl zu fertigen (vgl. die Ausbildung des Bandkanals als "Rohr" nach der Entgegenhaltung D7 und die als "Teller" bezeichnete Platte nach der Entgegenhaltung D8).

Im Gegensatz zu dem räumlich gekrümmten Bandkanal nach dem Drehteller gemäß Anspruch 1 ist der Bandkanal nach den Entgegenhaltungen D6 bis D8 im wesentlichen als geradlinig verlaufendes Edelstahlrohr ausgebildet.

Unstreitig ist es auch auf dem eng benachbarten Gebiet der Flyerflügel bekannt (vgl. die behauptete offenkundige Vorbenutzung nach der Entgegenhaltung D23) polierten Edelstahl einzusetzen (vgl. den Abschnitt UGD- Hochleistungs Flyer-Flügel), wobei ein Nachweis dafür, daß das eingesetzte Edelstahlrohr räumlich gekrümmt ist, nicht erbracht ist, da dies zum einen den diesbezüglichen Unterlagen nicht eindeutig zu entnehmen ist, sich aus der Bezeichnung "Hochleistungs- Leichtmetall/Edelstahl-Flyerflügel UGD" die Verwendung zweier Werkstoffe ergibt, wobei nicht ersichtlich ist in welcher Form und in welchem Ausmaß Edelstahl eingesetzt wird und schließlich die von dem Beschwerdegegner bestrittene Offenkundigkeit des gekrümmten Luntenführungsrohres nach der Zeichnung Nr. 03.1.020-025 der Entgegenhaltung D23 nicht nachgewiesen ist.

Es ist somit unstreitig, daß, aufgrund der für Drehteller für Faserbandablageeinrichtungen angestrebten Werkstoffeigenschaft der geringen Reibung und Verschleißfestigkeit, eine Fertigung der mit dem Faserband in Berührung kommenden Teile des Drehtellers aus Edelstahl als dem geeignetstem Werkstoff in Betracht gezogen wird.

2.4.4. Die Parteien sind unterschiedlicher Auffassung darüber, ob dies auch dann noch zutrifft, wenn der Bandkanal nicht im wesentlichen aus einem geradlinig verlaufenden Rohr, sondern, entsprechend dem Anspruch 1, aus einem räumlich gekrümmten Rohr besteht.

Nach Auffassung des Beschwerdegegners geben die angesprochenen Entgegenhaltungen, aus denen sich ein Einsatz von im wesentlichen geradlinig verlaufenden Edelstahlrohren ergibt, keinen Hinweis darauf, den Bandkanal auch dann aus Edelstahl herzustellen, wenn dieser übereinstimmend mit dem Drehteller nach Anspruch 1 des Streitpatents, und bspw. ausgehend von der Entgegenhaltung D3, räumlich gekrümmt verläuft.

Vielmehr lasse der Umstand, daß, sofern Edelstahlrohre eingesetzt seien, diese gerade nicht räumlich gekrümmt sondern geradlinig ausgebildet wären, darauf schließen, daß die zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Herstellung räumlich gekrümmter Bandkanäle aus Edelstahl den Fachmann trotz der günstigen Materialeigenschaften davon abgehalten haben auch in diesen Fällen Edelstahl einzusetzen.

Übereinstimmend mit dem Beschwerdegegner ist die Kammer der Auffassung, daß die Herstellung räumlich gekrümmter Bandkanäle aus Edelstahl, aufgrund der dazu erforderlichen räumlichen Krümmung von Edelstahlrohren, eines höheren Fertigungsaufwands bedarf. Sie vermag sich aber der Argumentation des Beschwerdegegners nicht anzuschließen, nach der der erhöhte Fertigungsaufwand ein Vorurteil gegenüber der Verwendung räumlich gekrümmter Bandkanäle zur Folge hat. Nach Auffassung der Kammer vermag weder der Umstand, daß ein räumlich gekrümmter Bandkanal aus Edelstahl im Stand der Technik nicht bekannt ist, noch der Umstand, nach dem es schwierig war, einen geeigneten Betrieb für die Herstellung räumlich gekrümmter Bandkanäle zu finden, zu einem derartigen Vorurteil führen.

Nach Auffassung der Kammer enthält der eine Walzenstrecke bzw. eine Walzenregulierstrecke betreffende Firmenprospekt nach der Entgegenhaltung D12, in dem zur "Ablieferung" (Seite 4, erster Absatz)- und damit zum Einsatz eines Drehtellers mit einem Bandkanal - ausgeführt ist "Schlauchrohr und Schlauchradteller bestehen aus poliertem Edelstahl", den Hinweis die mit dem Faserband in Berührung stehenden Teile, unabhängig von deren jeweiliger Form, aus Edelstahl zu fertigen. Dieser Hinweis zeigt zum einen, daß eine zu einem Vorurteil führende einhellige Auffassung und Vorstellung der Fachwelt nicht bestand, und er gibt, ausgehend bspw. von dem Drehteller nach der Entgegenhaltung D3, die Anregung Edelstahl als Werkstoff auszuwählen, und zwar sowohl für den Bandkanal wie auch für den Bereich des Drehtellers, der nach unten zur Kanne hin mit dem Faserband in Berührung kommt.

Der Vollständigkeit wegen sei angemerkt, daß der Anspruch 1 des Streitpatents kein Merkmal aufweist, das zur Überwindung eines etwaigen Vorteils gegenüber einer Fertigung des Bandkanals aus Edelstahl hätte beitragen können.

Damit beruht die im Anspruch 1 definierte Möglichkeit, nach der der räumlich gekrümmte Bandkanal aus Edelstahl gefertigt ist, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Dies gilt auch für die weitere im Anspruch 1 definierte Möglichkeit, nach der eine Abdeckung des Drehtellers an dessen Unterseite aus Edelstahl gefertigt ist.

Ausgehend von dem Drehteller nach der Entgegenhaltung D3 und dem o. g. Hinweis der Entgegenhaltung D12 den Schlauchradteller aus Edelstahl herzustellen, ist die Anordnung einer Abdeckung des Drehtellers an dessen Unterseite aus Edelstahl eine im Rahmen handwerklicher Fertigkeiten liegende Maßnahme. Mittels dieser Maßnahme wird einerseits im Sinne der Entgegenhaltung D12 erreicht, daß Faserband nur mit Edelstahlflächen in Berührung kommt. Andererseits werden bauliche Gegebenheiten eines Drehtellers und ggfs. Wirtschaftlichkeitsaspekte berücksichtigt, in dem nicht die gesamte Unterseite eines Drehtellers, wie bspw. desjenigen nach der Entgegenhaltung D3, aus Edelstahl gefertigt wird sondern nur der Bereich, der mit dem Faserband in Berührung kommt bzw. mit diesem zusammenwirkt.

Damit beruht auch die im Anspruch 1 definierte Möglichkeit, nach der eine Abdeckung des Drehtellers an dessen Unterseite aus Edelstahl gefertigt ist, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Dies gilt, mangels einer kombinatorischen Wirkung auch für die weitere im Anspruch 1 definierte Möglichkeit, die aus der Kombination der beiden erstgenannten Möglichkeiten besteht, so daß alle drei der im Anspruch 1 definierten Möglichkeiten nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruhen.

3. Hilfsanträge

3.1. Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von demjenigen nach dem Streitpatent dadurch, daß der räumlich gekrümmte Bandkanal als "einteilig" definiert ist. Dieses Merkmal ist zwar im Hinblick auf den Bandkanal nach der Entgegenhaltung D3, von der aufgrund der Werkstoffangabe als nächstkommenden Stand der Technik ausgegangen worden ist, ein weiteres Unterscheidungsmerkmal. Nach der Entgegenhaltung D3 besteht der Bandkanal aus mindestens zwei teleskopartig zusammengesetzten Rohrkrümmern, um die Herstellung zu vereinfachen und zu verbilligen, in dem aufgrund der teleskopartigen Verbindung der Verlauf des Bandkanals an verschiedene Kannendurchmesser angepaßt werden kann (Spalte 2, Zeilen 24-42). Ist eine derartige Einstellbarkeit nicht erforderlich, dann liegt es im Rahmen fachüblichen Handelns den räumlich gekrümmten Bandkanal bedarfsweise, wie dies bspw. aus den Entgegenhaltungen D2 und D4 bekannt ist, einteilig auszubilden.

Der Drehteller nach dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Dies gilt in entsprechender Weise für den Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2, der auf die im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 definierte Möglichkeit beschränkt ist, nach der der einteilige, räumlich gekrümmt verlaufende Bandkanal aus Edelstahl gefertigt ist.

3.2. Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 3, 4 und 6 enthalten jeweils als zusätzliches Merkmal gegenüber dem Anspruch 1 gemäß Streitpatent, oder Ansprüchen, die jeweils nur eine der in diesem Anspruch 1 definierten Möglichkeiten umfassen, das Merkmal, gemäß dem der Bandkanal mittels einer Gußmasse mit dem Drehteller verbunden ist.

Nach der Entgegenhaltung D3 ist es üblich einen Bandkanal in den Drehteller einzugießen (Spalte 1, Zeilen 16-21). Da keiner dieser Ansprüche 1 bezüglich des Verbindens mit der Gußmasse ein Merkmal aufweist, das über die aus der Entgegenhaltung D3 bekannte Maßnahme hinausgeht, beruht keiner der Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 3, 4 und 6 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

3.3. Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 5 ist auf eine der im Anspruch 1 gemäß Streitpatent definierten Möglichkeiten beschränkt. Er beruht somit aus den hinsichtlich dieses Anspruchs genannten Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

3.4. Der Hilfsantrag 7 wurde in der mündlichen Verhandlung eingereicht. Dieser Anspruch unterscheidet sich von einer der in dem Anspruch 1 in der erteilten Fassung enthaltenen Möglichkeiten im wesentlichen dadurch, daß der Drehteller, an dem eine Abdeckung angeordnet ist, als Aluminiumgußteil definiert ist.

Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdeführer, daß die Gewährbarkeit dieses Anspruchs 1 nicht sofort erkennbar ist, und daß dessen Zulassung die zügige Verfahrensführung beeinträchtigen würde.

Die Kammer entscheidet deshalb, in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 10b (1) VOBK, den im Verlaufe der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrag 7 nicht zuzulassen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das europäische Patent Nr. 0 670 281 wird widerrufen.

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