T 0775/01 () of 31.1.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T077501.20020131
Datum der Entscheidung: 31 Januar 2002
Aktenzeichen: T 0775/01
Anmeldenummer: 97925862.1
IPC-Klasse: F21Q 3/00
F21K 7/00
E01F 9/06
H05B 37/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Leuchteinrichtung zur Signalabgabe, Kennzeichnung oder Markierung
Name des Anmelders: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - nach Änderung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die am 19. Januar 2001 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung, die am 23. Mai 1997 als internationale Anmeldung eingereichte Patentanmeldung Nr. 97 925 862.1 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückzuweisen.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 27. Februar 2001 Beschwerde eingelegt und die Beschwerdegebühr am gleichen Tag bezahlt. Die Beschwerdebegründung ist am 22. Mai 2001 eingegangen.

In Antwort auf einen Bescheid vom 2. Oktober 2001, in dem die Kammer ihre vorläufige Auffassung zur Patentfähigkeit dargelegt hatte, hat die Beschwerdeführerin am 13. Dezember 2001 überarbeitete Anmeldungsunterlagen mit einem Satz neuer Ansprüche 1 bis 45 eingereicht, von denen der einzige unabhängige Anspruch 1 folgenden Wortlaut hat:

"1. Unterflurfeuer zur Signalabgabe auf und zur Kennzeichnung von Verkehrsflächen, mit als Halbleiterelemente (1), z. B. als lichtabstrahlende Dioden (LED) oder als lichtabstrahlende Polymere, ausgebildeten Lichtquellen, wobei unterschiedliche Halbleiterelemente (1) in Form von Clustern, die jeweils Licht in unterschiedlichen Farben abstrahlen, vorgesehen sind, dadurch gekennzeichnet, daß das Unterflurfeuer als von Flugzeugen überrollbares Flughafen-Unterflurfeuer zur Befeuerung von Startbahnen, Landebahnen, Taxiways u. dgl. geeignet ausgebildet ist und eine Steuereinrichtung (22) mit einer Pulsweitenmodulationsvorrichtung (24) aufweist, mittels der die den Halbleiterelementen (1) zugeführte elektrische Energie regelbar und damit die Intensität der Lichtabstrahlung der Halbleiterelemente (1) gesteuert variierbar ist."

In einer Rücksprache mit der Kammer am 16. Januar 2002 hat die Beschwerdeführerin ferner zwei redaktionellen Änderungen auf der Seite 4 der Beschreibung und im Anspruch 19 zugestimmt.

III. Von den im Recherchebericht genannten Druckschriften wurden in der angegriffenen Entscheidung und im anschließenden Beschwerdeverfahren die folgenden Druckschriften als besonders relevant in Betracht gezogen:

D1: EP-A-0 390 479

D2: FR-A-2 697 617

D3: WO 96/02970

D4: FR-A-2 713 747.

IV. Mit dem Einreichen der neuen Anmeldungsunterlagen beantragt die Beschwerdeführerin sinngemäß, die angegriffene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage dieser am 13. Dezember 2001 eingereichten Anmeldungsunterlagen zu erteilen, wobei das Wort "dem" in Zeile 25 der Seite 4 der Beschreibung gestrichen und der Rückbezug des Anspruchs 19 von "1 bis 8" in "1 bis 18" abgeändert ist.

V. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen folgendes vor:

Die Druckschrift D1, die in der angegriffenen Entscheidung als nächstkommender Stand der Technik angesehen werde, betreffe ein Informationsdisplay für den Straßenverkehr und sei damit gattungsfremd. Eine Anwendung als Unterflurfeuer werde daher von Fachmann nicht in Betracht gezogen. Auch die weiteren, in der Entscheidung herangezogenen Druckschriften D2 und D4 beträfen nur einfache Markierunglichter und keine überrollfähigen Unterflurfeuer mit der notwendigen Festigkeit und flachen seitlichen Abstrahlung. Damit könne auch eine Kombination dieser Druckschriften nicht zu dem beanspruchten überrollfähigen Unterflurfeuer führen. Im übrigen sei bei der D1 die Steuereinrichtung zur variierbaren Steuerung der Intensität kein Bestandteil der Leuchteinrichtung, während sie beim Gegenstand des Anspruchs 1 im Unterflurfeuer integriert sei, so daß auch aus diesem Grund eine Kombination der Druckschriften nicht zum beanspruchten Gegenstand führen könne. Dieser Gegenstand erfordere vielmehr eine völlige Neukonstruktion, um die genau festgelegten Anforderungen an ein überrollfähiges Unterflurfeuer für Flughäfen zu erfüllen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse der Artikel 106 bis 108 EPÜ sowie der Regeln 1 (1) und 64 EPÜ und ist somit zulässig.

2. Änderungen

Der neue Anspruch 1 unterscheidet sich von der Fassung, die der angegriffenen Entscheidung zugrunde lag, in dreifacher Hinsicht:

a) das Unterflurfeuer ist als ein von Flugzeugen überrollbares Flughafen-Unterflurfeuer definiert;

b) das Unterflurfeuer weist unterschiedliche Halbleiterelemente in Form von Clustern auf, die jeweils Licht in unterschiedlichen Farben abstrahlen;

c) die Steuereinrichtung für die Lichtintensität weist eine Pulsweitenmodulationsvorrichtung auf, mittels der die den Halbleiterelementen zugeführte elektrische Energie regelbar ist.

Merkmal a) stützt sich auf die Beschreibung des Einsatzes und der Eignung als überrollbares Flughafen-Unterflurfeuer auf Seite 12, zweiter und dritter Absatz der Beschreibung. Auch die Figuren 8 bis 12. betreffen eindeutig derartige Unterflurfeuer. Eine Basis für das Merkmal b) findet sich in den ursprünglichen Ansprüchen 2 und 16 sowie der entsprechenden Beschreibung auf Seite 2, Zeilen 12 bis 17. und Seite 5, Zeilen 29 bis 32. Derartige Cluster sind ferner in den ursprünglichen Figuren 14 bis 17 dargestellt. Merkmal c) wird durch den ursprünglichen Anspruch 15 gestützt.

Der ursprünglich eingereichte Anspruch 1 war ferner auch nicht auf ein Unterflurfeuer für Verkehrsflächen auf Flughäfen beschränkt. Diese Einschränkung ist allerdings insbesondere durch die ursprünglichen Ansprüche 55 und 56. gestützt.

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 45 entsprechen inhaltlich den ursprünglichen Ansprüchen 3 bis 6, 8 bis 14, 17 bis 24, 26 bis 33, 37 bis 45, 48 bis 54 und 59 mit dem entsprechend geänderten Rückbezug.

Die Änderungen in der Beschreibung betreffen lediglich eine kurze Würdigung der Druckschriften D1 und D2 sowie die Anpassung an den neuen unabhängigen Anspruch, zu der auch die Streichung der ursprünglichen Figur 13 zusammen mit der entsprechenden Beschreibung sowie die Umnumerierung der nachfolgenden Figuren gehört.

Damit sieht die Kammer keine Einwände unter Artikel 123 (2) EPÜ gegen die vorliegenden Anmeldungsunterlagen.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. In der angegriffenen Entscheidung wurde von der Druckschrift D1 als nächstliegendem Stand der Technik ausgegangen. Diese Druckschrift betrifft allerdings nicht ein Unterflurfeuer, sondern eine Leuchteinrichtung zur Information von Verkehrsteilnehmern im Straßenverkehr. Die Leuchteinrichtung, die eine Anzeigevorrichtung in Form von LED-Clustern zur Darstellung von Leuchtzeichen und eine Abdeckhaube zum Schutz vor Staub, Schmutz und dgl. und zur Abschirmung einfallenden Lichts aufweist, wird oberirdisch wie ein Verkehrszeichen mit senkrechter Anzeigevorrichtung und horizontaler Abdeckhaube angeordnet. Zum im wesentlichen ebenerdigen Einbau in Verkehrsflächen in Form eines Unterflurfeuers ist diese Leuchteinrichtung weder gedacht noch geeignet. Die Kammer stimmt daher mit der Beschwerdeführerin überein, daß die D1 einen gattungsfremden Gegenstand betrifft und keinen sachgerechten Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bilden kann. Vielmehr sollte hierzu von einer ein für denselben Zweck der Befeuerung von Startbahnen etc. geeignetes Flughafen-Unterflurfeuer, zumindest aber einer überhaupt ein Unterflurfeuer betreffenden Druckschrift ausgegangen werden. Eine derartige Druckschrift ist die D2.

3.2. Das in der Druckschrift D2 beschriebene Unterflurfeuer ist besonders für die Kennzeichnung von Landeflächen auf dem Deck von Schiffen ausgebildet. Dieses Unterflurfeuer weist ein in das Deck einzubauendes Gehäuse auf, das auf der Oberseite mit einer ebenen transparenten Abdeckung mit dem Deck bündig abschließt. Als Lichtquellen sind im Gehäuse Gruppen oder "Cluster" von LED's angeordnet, die gemäß Seite 3, letzter Absatz bis Seite 4, erster Absatz, auch Licht unterschiedlicher Farbe abstrahlen können und damit den in den Figuren 14 bis 17 der Anmeldung dargestellten Clustern entsprechen. Damit offenbart die D2 ein Unterflurfeuer mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1.

Gemäß Seite 3, Zeilen 9 bis 12, hat die Abdeckung die doppelte Aufgabe, die Lichtquellen bzw. LED's gegenüber der Umgebung zu isolieren und ein optisches System zu halten oder zu integrieren. Über eine bestimmte Festigkeit, wie sie bei einem von Flugzeugen überrollbaren Unterflurfeuer erforderlich ist, ist nichts ausgesagt. Ferner kann gemäß Spalte 4, erster Absatz, die Lichtabstrahlung der Lichtquelle auch intermittierend gesteuert werden, jedoch nicht mit variierbarer Intensität.

3.3. Damit stellt sich zunächst die Frage, ob es für den Fachmann naheliegend war, das aus der D2 bekannte Unterflurfeuer als von Flugzeugen überrollbares Flughafen-Unterflurfeuer auszubilden, um es zur Befeuerung von Startbahnen, Landebahnen, Taxiways etc. einsetzen zu können. Da das zweite Unterschiedsmerkmal des Anspruchs 1, nämlich die gesteuerte Variation der Intensität der Lichtabstrahlung, beispielsweise zur Anpassung an unterschiedliche Lichtverhältnisse, mittels einer Pulsweitenmodulationsvorrichtung, mit dieser Maßnahme in keinem direkten Zusammenhang steht, muß die Frage, ob dieses naheliegend war, nur dann beantwortet werden, wenn die erstgenannte Frage zu bejahen wäre.

3.4. Die erste Frage wurde in der angegriffenen Entscheidung dahingehend beantwortet, daß bei der D2 wegen des beabsichtigten Einsatzes auf Flugzeugträgern die Überrollfähigkeit zwangsläufig ein Faktor sei, den der Fachmann hätte berücksichtigen müssen. Die Kammer kann sich diesem Argument aus den folgenden Gründen nicht anschließen. Auch auf den Decks von Flugzeugträgern sind unterschiedliche Markierungsleuchten im Einsatz, beispielsweise zur seitlichen Decksmarkierung oder zur Mittenmarkierung der Start- und Landebahn. Während letztere sicherlich überrollfähig sein müssen, gilt dies nicht für die erstgenannte Anwendung. Dafür, daß das Unterflurfeuer der D2 nur für diese erstgenannte Anwendung geeignet ist, gibt es nach Ansicht der Kammer mehrere deutliche Anzeichen. So wäre die großflächige transparente Abdeckung, wie sie insbesondere in Figur 1 gezeigt ist, nicht in der Lage, die beim Überrollen von Flugzeugen auftretenden Kräfte aufzunehmen. Wird ferner nach dem Ausführungsbeispiel der Figur 6 das aus Prisma und Linsen bestehende optische System auf die Oberfläche dieser Abdeckung aufgeklebt, wie es in den Zeilen 6 bis 12. der Seite 6 erläutert ist, so würde dies beim Überrollen zur Zerstörung dieses optischen Systems oder der Flugzeugreifen führen.

Auch eine Anpassung zur Schaffung eines überrollfähigen Unterflurfeuers zur Startbahnbefeuerung etc. scheint nicht ohne weiteres möglich. Derartige Unterflur-Richtfeuer müssen nicht nur die beim Überrollen auftretenden Lasten aufnehmen, sondern auch das Licht als gerichteten Lichtstrahl in einem flachen Winkel zur Horizontalen abstrahlen. Der Anspruch 1 ist daher nur auf Unterflurfeuer gerichtet, die diese mechanischen und optischen Anforderungen erfüllen. Das erstgenannte - mechanische - Erfordernis wäre beim Unterflurfeuer der D2 zwar damit zu erfüllen, daß bei der in Figur 7 gezeigten Ausführungsform mit glatter Oberfläche der transparenten Abdeckung diese beispielsweise durch entsprechende Wahl der Materialdicke oder durch zusätzliche Abstützungen so verstärkt wird, daß sie den mechanischen Beanspruchungen standhält. Allerdings wäre es dann wohl nicht möglich, die optischen Anforderungen hinsichtlich der gebündelten flachen Abstrahlung zu erfüllen. Dies wäre nur mit den auf die Abdeckung aufgebrachten optischen Elementen nach der Ausführungsform der Figur 6 möglich, die aber wegen der nach oben hervorstehenden optischen Elemente für das Überrollen ungeeignet ist.

3.5. Auch den übrigen Druckschriften ist kein entsprechender Hinweis zu entnehmen. Die in der D3 gezeigte Straßenmarkierungsleuchte strahlt zwar das von Leuchtdioden abgegebene Licht im wesentlichen horizontal ab, ist aber insofern inkompatibel mit der Leuchteinrichtung der D2, als sie mit ihrem flachen Boden auf die Straßenoberfläche aufgebracht wird und damit kein Unterflurfeuer darstellt. Aufgrund dieser Befestigungsmethode dürfte die Leuchte der D3 auch nicht zur Befeuerung von Startbahnen etc. auf Flughäfen in Betracht zu ziehen sein. Bei der D4 wird die für ein Überrollen erforderliche Festigkeit durch eine entsprechende Dicke einer transparenten Abdeckung geschaffen, was aber ebenso wie bei der oben angesprochenen Abwandlung der in Figur 7 der D2 gezeigten Ausführungsform dazu führt, daß eine gebündelte Abstrahlung des Lichts in dem erforderlichen flachen Winkel nicht möglich ist. Deshalb wird in der D4 auch nur die Anwendung zur als Markierungsleuchte im Straßenverkehr angesprochen. Weitere, für den Anspruch 1 relevante Druckschriften sind im Recherchebericht nicht aufgeführt.

3.6. Die Kammer stimmt damit der Beschwerdeführerin zu, daß der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 im Hinblick auf den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht naheliegend ist. Vielmehr muß der Fachmann auf Maßnahmen zurückgreifen, die in diesem Stand der Technik nicht aufgezeigt sind, oder ausgehend von diesem Stand der Technik in Richtung einer Neukonstruktion gehen, um die an ein überrollfähiges Flughafen-Unterflurfeuer zu stellenden mechanischen und optischen Anforderungen zu erfüllen.

3.7. Da die Kammer bereits das erste Unterschiedsmerkmal des Anspruchs 1 nicht für naheliegend hält, kommt es auf das Naheliegen des zweiten Unterschiedsmerkmals nicht an. Allerdings scheint hinsichtlich der Anpassung der Abstrahlintensität an unterschiedliche Lichtverhältnisse kein wesentlicher Unterschied zwischen einer Verkehrsanzeigeleuchte und einem Unterflurfeuer generell ebenso wie speziell einem Unterflur-Richtfeuer auf Flughäfen zu bestehen, so daß der Fachmann die in Spalte 4, Zeilen 40 bis 43 der D1 zu diesem Zweck beschriebene Variation der Abstrahlintensität mittels Pulsweitenmodulation auch bei einem Unterflurfeuer nach der D2 in Betracht ziehen dürfte.

4. Damit sind der neue Anspruch 1 und die von ihm abhängigen Ansprüche 2 bis 45 als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend anzusehen. Weitere Patentierungshindernisse sind nicht erkennbar.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent auf der Grundlage der am 13. Dezember 2001 eingereichten Anmeldungsunterlagen (Patentansprüche 1 bis 45, Beschreibungsseiten 1 bis 24 sowie Zeichnungen Blatt 1/12 bis 12/12) zu erteilen, wobei das Wort "dem" in Zeile 25 der Seite 4 der Beschreibung gestrichen und der Rückbezug des Anspruchs 19. von "1 bis 8" in "1 bis 18" abgeändert ist.

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