T 0640/01 () of 24.2.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T064001.20030224
Datum der Entscheidung: 24 Februar 2003
Aktenzeichen: T 0640/01
Anmeldenummer: 94105645.9
IPC-Klasse: F02B 3/12
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 35 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Luftverdichtende Einspritzbrennkraftmaschine mit einer Abgasnachbehandlungseinrichtung zur Reduzierung von Stickoxiden
Name des Anmelders: DaimlerChrysler AG
Name des Einsprechenden: MAN Nutzfahrzeuge Aktiengesellschaft
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
Schlagwörter: Erweiterung (Hauptantrag, Hilfsanträge 1-3) - bejaht
Erfinderische Tätigkeit (Hilfsantrag 4) - bejaht
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die am 18. April 2001 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das Europäische Patent EP-B-0 621 400, unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr und Vorlage der Beschwerdebegründung, die am 7. Juni 2001 eingegangene Beschwerde eingelegt.

II. Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) in Verbindung mit den Artikeln 52 (1) und 56. EPÜ angegriffen worden.

Die Einspruchsabteilung war aber der Auffassung, daß der vorgebrachte Einspruchsgrund der Aufrechterhaltung des Patents im erteilten Umfang nicht entgegenstünde.

III. Zur Stützung ihres Vorbringens hat die Beschwerdeführerin auf folgende Druckschriften verwiesen:

D1: DE-A-3 936 619

D2: DE-A-3 925 251

D3: EP-A-0 488 386

D4: DE-A-2 742 609.

IV. Am 24. Februar 2003 wurde mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent gemäß Hauptantrag, bzw. eines der Hilfsanträge 1 bis 4, wie mit Schreiben vom 23. Januar 2003 eingereicht, aufrecht zu erhalten.

V. Der Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:

"Luftverdichtende Einspritzbrennkraftmaschine (1) mit - einer Abgasnachbehandlungseinrichtung (10), der Reduktionsmittel zur Reduzierung von Stickoxiden zuführbar sind,

- einem die Temperatur im Bereich der Abgasnachbehandlungseinrichtung (10) erfassenden Sensor (11, 12) und

- einer Kraftstoffeinspritzanlage, bestehend aus einer Hochdruckpumpe (3) und mindestens einer Einspritzdüse (4) mit

- für die Verbrennung vorgesehener Kraftstoffeinspritzung als Primäreinspritzung in den Brennraum der Brennkraftmaschine (1), sowie mit

- mindestens einer auf die Wirksamkeit der Abgasnachbehandlungseinrichtung (10) Einfluß nehmenden Sekundäreinspritzung, wobei

- beide Einspritzungen mit demselben Kraftstoff innerhalb eines Arbeitsspiels mit zeitlichem Abstand voneinander erfolgen,

dadurch gekennzeichnet, dass

- die für die Primäreinspritzung vorgesehene Kraftstoffeinspritzdüse (4) zugleich für die Sekundäreinspritzung vorgesehen ist, die als Nachspritzer frühestens im Bereich der Endphase der Verbrennung nach dem Zünd-OT erfolgt, wobei die Sekundäreinspritzung ein Nachspritzer für die Abgastemperaturerhöhung der Abgasnachbehandlungseinrichtung (10) und/oder ein Nachspritzer für die Stickoxidreduzierung der Abgasnachbehandlungseinrichtung (10) ist, wobei

- bei einer Kraftstoffeinspritzanlage mit einem Common-Rail-System (2) oder elektronisch angesteuerter Steckpumpe die Sekundäreinspritzung als Nachspritzer frühestens im Bereich der Endphase der Verbrennung nach dem Zünd-OT erfolgt, derart, dass der Nachspritzer ein unmittelbar nach dem Start der Einspritzbrennkraftmaschine (1) einsetzender früher Nachspritzer für die Abgastemperaturerhöhung der Abgasnachbehandlungseinrichtung (10) und/oder daß der Nachspritzer ein später Nachspritzer für die Stickoxidreduzierung der Abgasnachbehandlungseinrichtung (10) ist."

Die Ansprüche 1 gemäß der Hilfsanträge 1 bis 4 unterscheiden sich hiervon durch ihre, im folgenden angegebenen kennzeichnenden Teile.

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1:

"... dadurch gekennzeichnet, dass

- die für die Primäreinspritzung vorgesehene Kraftstoffeinspritzdüse (4) zugleich Einspritzdüse für die Sekundäreinspritzung ist, die als Nachspritzer frühestens im Bereich der Endphase der Verbrennung nach dem Zünd-OT erfolgt, derart, dass der Nachspritzer ein früher Nachspritzer für die Abgastemperaturerhöhung der Abgasnachbehandlungseinrichtung (10) und/oder dass der Nachspritzer ein später Nachspritzer für die Stickoxidreduzierung der Abgasnachbehandlungseinrichtung (10) ist, wobei

- bei einer Kraftstoffeinspritzanlage mit einem Common-Rail-System (2) oder elektronisch angesteuerter Steckpumpe der frühe Nachspritzer ein unmittelbar nach dem Start der Brennkraftmaschine (1) einsetzender Nachspritzer ist."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2:

"... dadurch gekennzeichnet, dass

- die für die Primäreinspritzung vorgesehene Kraftstoffeinspritzdüse (4) zugleich Einspritzdüse für die Sekundäreinspritzung ist, die als Nachspritzer frühestens im Bereich der Endphase der Verbrennung nach dem Zünd-OT erfolgt, derart, dass der Nachspritzer ein unmittelbar nach dem Start der Brennkraftmaschine (1) einsetzender früher Nachspritzer für die Abgastemperaturerhöhung der Abgasnachbehandlungseinrichtung (10) und/oder dass der Nachspritzer ein später Nachspritzer für die Stickoxidreduzierung der Abgasnachbehandlungseinrichtung (10) ist."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3:

"... dadurch gekennzeichnet, dass

- die für die Primäreinspritzung vorgesehene Kraftstoffeinspritzdüse (4) zugleich Einspritzdüse für die Sekundäreinspritzung ist, die als Nachspritzer frühestens im Bereich der Endphase der Verbrennung nach dem Zünd-OT erfolgt, derart, dass

- der Nachspritzer ein unmittelbar nach dem Start der Einspritzbrennkraftmaschine (1) einsetzender früher Nachspritzer für die Abgastemperaturerhöhung der Abgasnachbehandlungseinrichtung (10) und/oder dass

- der Nachspritzer ein später Nachspritzer für die Stickoxidreduzierung der Abgasnachbehandlungseinrichtung (10) ist und

bei einer Kraftstoffeinspritzanlage mit einem Common-Rail-System (2) oder elektronisch angesteuerter Steckpumpe

- die für die Primäreinspritzung vorgesehene Kraftstoffeinspritzdüse (4) zugleich Einspritzdüse für die Sekundäreinspritzung ist, die als Nachspritzer frühestens im Bereich der Endphase der Verbrennung nach dem Zünd-OT erfolgt, derart, dass

- der Nachspritzer ein unmittelbar nach dem Start der Brennkraftmaschine (1) einsetzender früher Nachspritzer für die Abgastemperaturerhöhung der Abgasnachbehandlungseinrichtung (10) und/oder dass

- der Nachspritzer ein später Nachspritzer für die Stickoxidreduzierung der Abgasnachbehandlungseinrichtung (10) ist."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4:

"... dadurch gekennzeichnet, dass

bei einer Kraftstoffeinspritzanlage mit einem Common-Rail-System (2) oder elektronisch angesteuerter Steckpumpe die für die Primäreinspritzung vorgesehene Kraftstoffeinspritzdüse (4) zugleich Einspritzdüse für die Sekundäreinspritzung ist, die als Nachspritzer frühestens im Bereich der Endphase der Verbrennung nach dem Zünd-OT erfolgt, derart, dass der Nachspritzer ein unmittelbar nach dem Start der Einspritzbrennkraftmaschine (1) einsetzender früher Nachspritzer für die Abgastemperaturerhöhung der Abgasnachbehandlungseinrichtung (10) und/oder dass der Nachspritzer ein später Nachspritzer für die Stickoxidreduzierung der Abgasnachbehandlungseinrichtung (10) ist."

VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin folgendes vorgetragen:

Der Gegenstand der Ansprüche 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 sei gegenüber dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 erweitert worden. Der erteilte Anspruch 1 sei so abgefaßt gewesen, daß dessen kennzeichnende Merkmale nur für eine zur beanspruchten Brennkraftmaschine gehörige Kraftstoffeinspritzanlage mit einem Common-Rail-System oder elektronisch angesteuerter Steckpumpe gelten würden. Die Beschränkung auf derartige Kraftstoffeinspritzanlagen sei während des Prüfungsverfahrens bewußt mit der Absicht vorgenommen worden, um den beanspruchten Gegenstand von der aus D4 bekannten Einspritzeinrichtung abzuheben, die bereits eine Primäreinspritzung und eine als Nachspritzer erfolgende Sekundäreinspritzung ausführe. Mit den vorliegenden Ansprüchen 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 sei diese Beschränkung wieder aufgehoben worden, da die kennzeichnenden Merkmale dieser Ansprüche zumindest teilweise für beliebige Kraftstoffeinspritzanlagen gelten würden. Folglich verstießen die Ansprüche 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 gegen die Vorschriften des Artikels 123 (3) EPÜ.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem verbleibenden Hilfsantrag 4 sei zwar neu, er beruhe aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der diesem Gegenstand am nächsten kommende Stand der Technik gehe aus D3 hervor. Diese Entgegenhaltung offenbare bereits eine Einspritzbrennkraftmaschine wie sie im Oberbegriff von Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 als bekannt vorausgesetzt sei. Im Zusammenhang mit dem in den Figuren 9 und 10 gezeigten Ausführungsbeispiel könne der Fachmann den Ausführungen in Spalte 10, Zeilen 15 bis 34 der D3 darüber hinaus entnehmen, daß die Sekundäreinspritzung zur Zuführung von Kohlenwasserstoffen zur Abgasnachbehandlungseinrichtung nicht nur vor, sondern auch nach der Verbrennung des mit der Primäreinspritzung zugeführten Kraftstoffs erfolgen könne. Ausgehend von dem aus D3 bekannten Stand der Technik sei die dem angefochtenen Patent zugrunde liegende Aufgabe daher noch darin zu sehen, die Zuführung von Kohlenwasserstoffen zur Abgasnachbehandlungseinrichtung bei verbesserter Wirksamkeit dieser Einrichtung zu vereinfachen. Zur Vereinfachung des aus D3 bekannten Einspritzsystems rege D1 dazu an, für die Primär- und Sekundäreinspritzung ein Common-Rail-System mit nur einer einzigen Einspritzdüse pro Zylinder vorzusehen, und D2 lege nahe, zur Stickoxidreduzierung diese Einspritzungen nach spät zu verstellen. Daher könne der Fachmann, unter Berücksichtigung der aus D1 und D2 zu entnehmenden Anregungen zur Lösung der vorangehend genannten Aufgabe, von der aus D3 bekannten Einspritzbrennkraftmaschine ausgehend ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 gelangen.

Ferner sei dieser Gegenstand auch durch eine Kombination der aus D3 und D4 zu entnehmenden technischen Lehren nahegelegt. Aus D4 sei nämlich die Anregung zu entnehmen, zur Reduzierung des NOx-Gehalts den Einspritzvorgang in den Brennraum in eine Primäreinspritzung und eine als Nachspritzer vorgesehenen Sekundäreinspritzung aufzuteilen. Nachdem es dem Fachmann bekannt sei, daß eine Mehrfacheinspritzung am besten mit einem Common-Rail-System oder einer Steckpumpe realisiert werden könne, hätte er zur Nutzung der Lehre nach D4 in naheliegender Weise ein solches Einspritzsystem ausgewählt. Die Anwendung der Lehre nach D4 in einer Einspritzbrennkraftmaschine nach D3 hätte daher ebenfalls unmittelbar zum Gegenstand des Hilfsantrags 4 geführt.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat diesen Ausführungen widersprochen und hat folgendes vorgebracht:

Der kennzeichnende Teil des erteilten Anspruchs 1 sei so abgefaßt worden, daß die beanspruchte Einspritzbrennkraftmaschine nur fakultativ eine Kraftstoffeinspritzanlage mit einem Common-Rail-System oder elektronisch angesteuerter Steckpumpe umfasse und die kennzeichnenden Merkmale nur dann vorgesehen seien, wenn die Kraftstoffeinspritzanlage tatsächlich mit einem Common-Rail-System oder elektronisch angesteuerter Steckpumpe ausgestattet sei. Die Ansprüche 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 würden dagegen eine Einspritzbrennkraftmaschine betreffen, bei der zumindest ein Teil der kennzeichnenden Merkmale des erteilten Anspruchs 1 nicht mehr fakultativ vorgesehen seien, sondern für jede Art der zur Brennkraftmaschine gehörigen Kraftstoffeinspritzanlage zwingend zum beanspruchten Gegenstand gehörten. Daher sei der Gegenstand der Ansprüche 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 nicht erweitert, sondern eingeschränkt worden, so daß die Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ für die Ansprüche 1 aller vorliegenden Anträge erfüllt seien.

Außerdem beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 auf einer erfinderischen Tätigkeit. D1 und D2 seien nicht dazu geeignet irgendeine Anregung dazu geben, eine in eine Primär- und eine Sekundäreinspritzung unterteilte Einspritzung gemäß dem kennzeichnenden Teil dieses Anspruchs vorzusehen, da sowohl D1, als auch D2 jeweils nur eine einzige Einspritzung pro Arbeitsspiel offenbarten. Auch D4 könne keinen Hinweis in Richtung auf die beanspruchte Einspritzbrennkraftmaschine geben. Diese Druckschrift betreffe eine Einspritzung mit einem Nachspritzer in den Brennherd vor der Endphase der Verbrennung, um den Brennverlauf so zu beeinflussen, daß die innermotorische NOx-Bildung reduziert werde. Eine Beeinflussung einer Abgasnachbehandlungseinrichtung durch den Nachspritzer sei dagegen nach D4 nicht vorgesehen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

2.1. Der kennzeichnende Teil des erteilten Anspruchs 1 kann aufgrund seines einleitenden Wortlauts ("bei einer Kraftstoffeinspritzanlage mit einem Common-Rail-System oder elektronisch angesteuerter Steckpumpe...") entsprechend den Ausführungen beider Parteien in der Tat sowohl so aufgefaßt werden,

- daß die beanspruchte Einspritzbrennkraftmaschine zwingend eine Kraftstoffeinspritzanlage mit einem Common-Rail-System oder elektronisch angesteuerter Steckpumpe gemäß den kennzeichnenden Merkmalen umfaßt,

als auch so,

- daß die beanspruchte Einspritzbrennkraftmaschine nur fakultativ eine Kraftstoffeinspritzanlage mit einem Common-Rail-System oder elektronisch angesteuerter Steckpumpe umfaßt und die kennzeichnenden Merkmale nur dann vorgesehen sind, wenn die Kraftstoffeinspritzanlage tatsächlich mit einem Common-Rail-System oder elektronisch angesteuerter Steckpumpe ausgestattet ist.

2.2. Wie aus den Unterlagen des Prüfungsverfahrens hervorgeht (siehe insbesondere Schreiben vom 16. Oktober 1996, Seite 1, vorletzter Absatz) hat die damalige Anmelderin und jetzige Beschwerdegegnerin die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 1, 2, 3, 4 und 9 zusammengefaßt, um zu einem gegenüber dem nachgewiesenen Stand der Technik ausreichend abgegrenzten und gewährbaren Anspruch 1 zu gelangen.

Da nach dem ursprünglichen Anspruch 9 die Zusatzeinspritzung ausdrücklich für eine nach dem Common-Rail-System arbeitende Kraftstoffeinspritzanlage oder elektronisch angesteuerte Steckpumpe vorgesehen war, ist davon auszugehen, daß es beabsichtigt war, den Gegenstand des Anspruchs 1 so zu beschränken, daß er zwingend und nicht nur fakultativ mit einer Kraftstoffeinspritzanlage mit einem Common-Rail-System oder elektronisch angesteuerter Steckpumpe ausgestattet ist. Diese Interpretation wurde offensichtlich auch von der Beschwerdegegnerin zumindest nicht ausgeschlossen, da sie mit Schreiben vom 23. Januar 2003 selbst darauf hingewiesen hat, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 (der dem erteilten Anspruch 1 entspricht) neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, wenn dessen kennzeichnende Merkmale nicht als fakultative Merkmale angesehen würden.

Nachdem der erteilte Anspruch 1 somit so zu verstehen ist, daß die darin beanspruchte Einspritzbrennkraftmaschine eine Kraftstoffeinspritzanlage mit einem Common-Rail-System oder elektronisch angesteuerter Steckpumpe hat und die kennzeichnenden Merkmale dieses Anspruchs auf eine derartige Kraftstoffeinspritzanlage beschränkt sind, die kennzeichnenden Merkmale der Ansprüche 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 jedoch zumindest teilweise für beliebige Kraftstoffeinspritzanlagen gelten, wurde der Gegenstand der vorliegenden Ansprüche 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 gegenüber dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 erweitert.

Folglich werden die Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ von diesen Ansprüchen nicht erfüllt.

2.3. Die Kammer möchte auch noch darauf hinweisen, daß in dieser Hinsicht dasjenige Vorbringen der Beschwerdegegnerin bedeutungslos ist, wonach die Beschränkung während des Prüfungsverfahrens (d. h. das Zusammenfassen der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1. bis 4 und 9) angesichts des Beitrags, den die vorliegende Erfindung zum Stand der Technik geleistet habe, zu weit gegangen wäre. Nach Prüfung der Akte war es für die Kammer nämlich eindeutig, daß die Beschränkung bewußt vorgenommen worden ist.

2.4. Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 entspricht seinem Wortlaut nach dem erteilten Anspruch 1 und er setzt sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 4 und 9 zusammen, so daß er zwangsläufig die Erfordernisse der Artikel 123 (2) und (3) EPÜ erfüllt. Dies wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Im Hinblick auf die vorangehenden Feststellungen wurde für die Überprüfung der erfinderischen Tätigkeit nur noch der Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 berücksichtigt.

Der dem Gegenstand dieses Anspruchs am nächsten kommende Stand der Technik geht unstrittig aus D3 hervor. Diese Entgegenhaltung offenbart (siehe insbesondere Figur 7) eine luftverdichtende Einspritzbrennkraftmaschine (1) mit einer Abgasnachbehandlungseinrichtung (18), der Reduktionsmittel zur Reduzierung von Stickoxiden zuführbar sind (siehe z. B. Spalte 7, Zeilen 41 bis 47), einem die Temperatur im Bereich der Abgasnachbehandlungseinrichtung erfassenden Sensor (25) und einer Kraftstoffeinspritzanlage, bestehend aus einer Hochdruckpumpe (21) und mindestens einer Einspritzdüse (20, 6) mit für die Verbrennung vorgesehener Kraftstoffeinspritzung als Primäreinspritzung (mittels der Düse 20) in den Brennraum der Einspritzbrennkraftmaschine, sowie mit mindestens einer auf die Wirksamkeit der Abgasnachbehandlungseinrichtung Einfluß nehmenden Sekundäreinspritzung (mittels der Düse 6), wobei beide Einspritzungen mit demselben Kraftstoff innerhalb eines Arbeitsspiels mit zeitlichem Abstand voneinander erfolgen (siehe Spalte 7, Zeilen 23 bis 29).

3.2. Ausgehend von dem aus D3 bekannten Stand der Technik liegt dem Gegenstand des angefochtenen Patents die Aufgabe zugrunde, die Primäreinspritzung in den Brennraum und die Sekundäreinspritzung zur Abgasnachbehandlung mit einfacheren Mitteln zu realisieren, bei verbesserter katalytischer Aktivität bzw. Wirksamkeit der Abgasnachbehandlungseinrichtung (siehe Beschreibung des angefochtenen Patents, Spalte 1, Zeilen 40 bis 45).

3.3. Zur Lösung dieser Aufgabe ist es nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 vorgesehen, daß bei einer Kraftstoffeinspritzanlage mit einem Common-Rail-System oder elektronisch angesteuerter Steckpumpe die für die Primäreinspritzung vorgesehene Kraftstoffeinspritzdüse zugleich Einspritzdüse für die Sekundäreinspritzung ist, die als Nachspritzer frühestens im Bereich der Endphase der Verbrennung nach dem Zünd-OT erfolgt, derart, daß der Nachspritzer ein unmittelbar nach dem Start der Brennkraftmaschine einsetzender früher Nachspritzer für die Abgastemperaturerhöhung der Abgasnachbehandlungseinrichtung und/oder daß der Nachspritzer ein später Nachspritzer für die Stickoxidreduzierung der Abgasnachbehandlungseinrichtung ist.

3.4. Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin gibt es im nachgewiesenen Stand der Technik für diese Maßnahmen bei der aus D3 bekannten Einspritzbrennkraftmaschine kein Vorbild.

3.4.1. D3 lehrt ausschließlich, vor der für den Antrieb der Einspritzbrennkraftmaschine vorgesehenen Primäreinspritzung über eine separate, im Ansaugbereich angeordnete Einspritzdüse eine, die Wirksamkeit der Abgasnachbehandlungseinrichtung fördernde Sekundäreinspritzung vorzunehmen. Aus den Ausführungen zum Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 9 und 10 geht hervor, daß die Sekundäreinspritzung beginnen soll, nachdem das Einlaßventil geöffnet und bevor das Auslaßventil geschlossen hat, wobei die Einspritzung über den Schließzeitpunkt des Auslaßventils hinaus fortgesetzt wird (siehe Spalte 9, Zeile 57 bis Spalte 10, Zeile 9). Während dieser Zeit ist das vorangegangenen Arbeitsspiel abgeschlossen und das neue Arbeitsspiel hat bereits begonnen. Anderenfalls könnte der mit der Sekundäreinspritzung in den Ansaugbereich eingespritzte Kohlenwasserstoff nämlich nicht wie beabsichtigt (siehe Spalte 10, Zeilen 15 bis 17) in die Brennkammer hinein strömen. Folglich wird auch in Zusammenhang mit den Figuren 9 und 10 in D3 nichts anderes angeregt, als die Sekundäreinspritzung innerhalb eines Arbeitsspiels vor der Primäreinspritzung vorzunehmen. Die von der Beschwerdeführerin zum Nachweis des Gegenteils zitierte Textstelle zeigt lediglich, daß ein Teil des eingespritzten Kohlenwasserstoffs durch das noch offene Auslaßventil zur Abgasnachbehandlungseinrichtung gelangt. Daraus kann aber nicht ohne weiteres abgeleitet werden, daß die Sekundäreinspritzung auch nach der Primäreinspritzung erfolgen kann. Dies wäre bei der Brennkraftmaschine nach D3 ohne erhebliche konstruktive Änderungen auch gar nicht möglich, weil mit einer Sekundäreinspritzung in den Ansaugbereich innerhalb eines Arbeitstaktes nach der Primäreinspritzung keine Durchführung des eingespritzten Kohlenwasserstoffs durch die Brennkammer mehr realisierbar wäre. D3 kann daher keinen Hinweis in Richtung auf eine als Nachspritzer vorgesehene Sekundäreinspritzung geben.

3.4.2. D1 lehrt, zur Reduzierung von Verbrennungsgeräuschen und von NOx-Emissionen die Einspritzung in den Brennraum einer Brennkraftmaschine mit einem Common-Rail-System zu takten, d. h. die Einspritzung in Einzelabschnitte aufzuteilen (siehe z. B. Kurzfassung auf der Titelseite der D1). Es ist aber weder eine Sekundäreinspritzung vorgesehen, noch eine Abgasnachbehandlungseinrichtung, auf die eine Sekundäreinspritzung Einfluß nehmen könnte. Folglich kann D1 im Hinblick auf die aus D3 bekannte Einspritzung allenfalls anregen, die dort vorgeschlagene Primäreinspritzung in den Brennraum in mehrere Einspritzungen zu unterteilen, um auf diese Weise einen Beitrag zur Reduzierung von NOx-Emissionen zu leisten. Die Verwendung einer einzigen Einspritzdüse für eine Primär- und eine Sekundäreinspritzung ist durch D1 aufgrund der fehlenden Sekundäreinspritzung aber nicht nahegelegt.

3.4.3. D2 regt dazu an, bei Temperaturen oberhalb der Anspringtemperatur eines Katalysators den Einspritzbeginn in Richtung spät zu verstellen (siehe z. B. Anspruch 1), um auf diese Weise sowohl die im Abgas enthaltenen Kohlenwasserstoffanteile, als auch die darin enthaltenen NOx-Anteile gering zu halten (siehe Spalte 1, Zeilen 33 bis 38). Nachdem aber auch gemäß D2 keine Sekundäreinspritzung vorgesehen ist, würde der Fachmann diese Anregung bei der aus D3 bekannten Brennkraftmaschine lediglich dazu nutzen, den Einspritzbeginn der Primäreinspritzung nach dem Aufheizen der Abgasnachbehandlungseinrichtung auf die Anspringtemperatur in Richtung spät zu verschieben, um damit die innermotorische Bildung von NOx gering zu halten. Einen Hinweis darauf, in der Brennkraftmaschine nach D3 auch die vor der Primäreinspritzung stattfindende Sekundäreinspritzung in Richtung spät zu verschieben, um so die NOx-Reduzierung in der Abgasnachbehandlungseinrichtung zu beeinflussen, kann er aus D2 dagegen nicht entnehmen.

3.4.4. D4 schlägt vor, zur Vermeidung einer zu hohen NOx-Bildung beim Brennvorgang im Brennraum einer Brennkraftmaschine nach der Primäreinspritzung eine Sekundäreinspritzung vorzusehen (siehe z. B. Ansprüche 1 bis 3), wobei für beide Einspritzungen eine einzige Einspritzdüse verwendet wird (siehe z. B. Ansprüche 4 bis 7). Der Nachspritzer soll nach D4 zu einem Zeitpunkt erfolgen, an dem die Höchstwerte von Druck und Temperatur im Zylinder erreicht sind (siehe Seite 2, letzter Satz - Seite 3, erster Satz) und er soll in das Zentrum der höchsten Verbrennungstemperatur gerichtet sein (siehe Anspruch 3), um den dort vorhandenen freien Sauerstoff zu binden (siehe Anspruch 1). Demzufolge ist der Beschwerdeführerin zuzustimmen, daß D4 dazu anregen kann, zur Reduzierung des NOx-Gehalts im Abgas mit einer einzigen Einspritzdüse eine Primäreinspritzung und eine sich daran anschließende Sekundäreinspritzung vorzunehmen. D4 kann jedoch nicht nahelegen, die Sekundäreinspritzung frühestens im Bereich der Endphase der Verbrennung vorzusehen, da sie nach D4 genau während der Hauptphase der Verbrennung erfolgen soll. Außerdem kann D4 auch nicht nahelegen, die Sekundäreinspritzung zur Beeinflussung einer Abgasnachbehandlungseinrichtung vorzusehen, sondern lediglich dazu, die innermotorische Bildung von NOx während des Verbrennungsprozesses zu verringern.

3.4.5. Aufgrund der vorangehenden Feststellungen ist die Kammer zur Auffassung gelangt, daß weder die aus D1 und D2, noch die aus D4 zu entnehmenden Anregungen nahelegen können, die aus D3 bekannte, gattungsgemäße Einspritzbrennkraftmaschine entsprechend den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 auszugestalten, und daß dieser Anspruch daher auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

4. Da der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 dem erteilten Anspruch 1 entspricht und die übrigen Unterlagen des erteilten Patents unverändert sind, kann das angefochtene Patent im erteilten Umfang bestehen bleiben.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Der Hauptantrag sowie die Hilfsanträge 1 bis 3, die mit dem Schreiben vom 23. Januar 2003 von der Beschwerdegegnerin eingereicht wurden, werden zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation