European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T050201.20031014 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 14 October 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0502/01 | ||||||||
Anmeldenummer: | 95109864.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | G07B 17/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zum Abstimmen des Datenbestandes zwischen einer elektronischen Frankiermaschine und einem Datenzentrum | ||||||||
Name des Anmelders: | Francotyp-Postalia AG & Co. KG. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (bejaht) Klarheit der Ansprüche (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 95 109 864.9 durch die Prüfungsabteilung.
II. Die Beschwerdeführerin hat mit der Beschwerdebegründung neue Patentansprüche und eine neue Beschreibungsseite 3 eingereicht. In Reaktion auf eine Mitteilung der Kammer und ein Telefongespräch mit dem Berichterstatter hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 9. April 2003 neue Patentansprüche 1 bis 16 eingereicht.
III. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"Verfahren zum Abstimmen des Datenbestandes in der einen Guthabenspeicher (26) für ein Portoguthaben umfassenden Datenverarbeitungseinrichtung (22) einer elektronischen Frankiermaschine (12) und der einen Abrechnungsspeicher (46) für die Frankiermaschine umfassenden Abrechnungseinrichtung (42) eines Datenzentrums (18), dadurch gekennzeichnet, dass die Abstimmung des Datenbestandes in zwei in sich abgeschlossenen Transaktionen zum festen Abspeichern eines gültigen Vorgabewertes bzw. zum Nachladen mit dem abgespeicherten gültigen Vorgabewert erfolgt, wobei in einer ersten Transaktion an der Frankiermaschine (12) ein Wertänderungsmodus eingestellt wird, bei welchem der gespeicherte Vorgabewert wahlweise ungeändert bestätigt und die Transaktion ohne Ausführung einer Wertänderung abgeschlossen wird oder zur Änderung eines in der Frankiermaschine gespeicherten und angezeigten Vorgabewertes unter Austausch von verschlüsselten Meldungen (Kryptomeldungen) zwischen der Frankiermaschine (12) und dem Datenzentrum (18) ein in die Frankiermaschine eingegebener neuer Vorgabewert an das Datenzentrum (18) übermittelt und in einem jeweiligen Vorgabewertspeicher (28, 45) der Frankiermaschine (12) und des Datenzentrums (18) gespeichert wird, und dass nach Abschluss der ersten Transaktion wahlweise ein Frankiermodus oder ein Nachlademodus eingestellt wird, indem in einer zweiten den Austausch von Kryptomeldungen zwischen der Frankiermaschine (12) und dem Datenzentrum (18) umfassenden Transaktion der im jeweiligen Vorgabewertspeicher (28) gespeicherte Vorgabewert zu dem im Guthabenspeicher (26) der Frankiermaschine (12) und dem im Abrechnungsspeicher (46) des Datenzentrums gespeicherten Wert addiert wird."
Die Patentansprüche 2 bis 8 sind von Anspruch 1 abhängig.
IV. Patentanspruch 9 hat folgenden Wortlaut:
"Elektronische Frankiermaschine, umfassend eine elektronische Datenverarbeitungseinrichtung (22) mit einem Guthabenspeicher (26) zum Speichern eines Portoguthabens und einem Vorgabewertspeicher (28) zur festen Abspeicherung eines Vorgabewertes, um den das Portoguthaben verändert werden kann, und mit der Datenverarbeitungseinrichtung (22) verbunden eine Druckeinrichtung (38) zum Drucken von Portowerten, eine Datenanzeigeeinrichtung (36), eine Eingabeeinrichtung (34) zur Eingabe von auszudruckenden Portowerten und eine Einrichtung zum Einstellen eines Guthabennachlademodus, in dem nach Eingabe und Verifizierung einer Nachladeschlüsselzahl der im Vorgabewertspeicher (28) gespeicherte Vorgabewert zu dem Portoguthaben addiert wird, gekennzeichnet durch Mittel (52) zur Einstellung eines Wertänderungsmodus, in welchem der im Vorgabewertspeicher (28) fest abgespeicherte und in der Datenanzeigeeinrichtung (36) angezeigte Vorgabewert wahlweise ungeändert bestätigt oder in einer in sich abgeschlossenen Transaktion nach Eingabe und Verifizierung einer Wertänderungsschlüsselzahl durch einen in die Frankiermaschine (12) eingegebenen geänderten Vorgabewert ersetzbar ist."
Die Patentansprüche 10 bis 16 sind von Anspruch 9 abhängig.
V. Der angefochtenen Entscheidung lagen die Patentansprüche 1 bis 21 in der ursprünglich eingereichten Fassung zugrunde. Die Zurückweisung ist damit begründet, daß die zwei unabhängigen Verfahrensansprüche 1 und 2 entgegen den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ nicht deutlich und knapp gefaßt gewesen seien. Weiter sei wegen der vagen Begriffe "Codezahl" und "Kryptomeldung" in Anspruch 1 bzw. Anspruch 2 zumindest fraglich, ob einer der beiden Ansprüche in Wirklichkeit nicht ein abhängiger Anspruch sei. Die beanspruchten Gegenstände seien auch nicht neu gegenüber dem aus EP-0 376 573 (D1) bekannten Stand der Technik. Das Merkmal "Wertänderungsmodus" umfasse den aus D1 bekannten "credit resetting mode". Das Merkmal "Nachlademodus" umfasse den aus D1 bekannten Modus, bei dem die Frankiermaschine nach Empfang der "set-lock message" blockiert sei. Die Unterschiede, auf die sich die Anmelderin berufe, kämen nicht in den Ansprüchen zum Ausdruck, da nicht festgelegt sei, ob und wann die Frankiermaschine gesperrt oder entsperrt sei und ob der Vorgabewert im Rahmen eines Aufladens des Guthabens oder auch unabhängig davon geändert werden könne.
VI. Die Beschwerdeführerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:
Der Einwand gestützt auf Artikel 84 EPÜ sei mit den geänderten Patentansprüchen hinfällig geworden. Patentanspruch 2 sei nun als abhängiger Anspruch formuliert und lege eine spezifische Kryptomeldung fest, nämlich eine verkürzte Codezahl, die im Voice-Verfahren verwendet werden könne. Außerdem sei nun deutlicher herausgestellt worden, daß das Verfahren nach Patentanspruch 1 zwei in sich abgeschlossene Transaktionen festlege.
Die vorliegende Anmeldung betreffe das Nachladen eines Guthabenspeichers einer Frankiermaschine mit einem Vorgabewert und das entsprechende Abstimmen des Datenbestandes mit der Abrechnungseinrichtung in einem Datenzentrum. Dazu werde in der Beschreibungseinleitung ausgeführt, daß es am einfachsten (aber wenig flexibel) sei, stets um einen festen Betrag aufzuladen. Aufgabe sei es daher, ein Nachladeverfahren anzugeben, das für den Benutzer bequemer sei, ohne dabei Abstriche an der Sicherheit machen zu müssen (Seite 3, Absatz 2, der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung).
Bei der Erfindung gebe es zwei in sich abgeschlossene Transaktionen. Im Wertänderungsmodus werde der Guthabenspeicher nicht verändert und lediglich der Vorgabewert neu festgelegt und abgespeichert. Im gesondert eingestellten Nachlademodus müsse der Vorgabewert bereits vorliegen, um den der Wert im Guthabenspeicher erhöht werden könne. Der Vorgabewertspeicher werde (anders als der Guthabenspeicher) von laufenden Frankiermaßnahmen nicht berührt. Die Erfindung mache es möglich, die Transaktionen zeitlich getrennt durchzuführen, also entweder nur die Änderung des Vorgabewertes oder nur das Nachladen des Guthabenspeichers. Beide Transaktionen könnten aber auch als in sich abgeschlossene Vorgänge zeitlich unmittelbar aufeinanderfolgen und beispielsweise von unterschiedlich berechtigten Personen durchgeführt werden.
D1 offenbare keine getrennten Transaktionen zur Änderung eines Vorgabewertes und zum Nachladen des Guthabenspeichers unter Verwendung dieses Vorgabewertes. D1 offenbare nur einen Nachlademodus, der vom Benutzer der Frankiermaschine eingeleitet werde und mit der Addition des Nachladebetrags im Guthabenspeicher ende. Danach müsse noch in einer getrennten Prozedur die Maschine durch das Datenzentrum entsperrt werden. Es gebe kein Vorgabewertregister, dessen Wert in einer eigenen in sich abgeschossenen Transaktion geändert werden könne. Der gewünschte Nachladebetrag werde im Laufe der Nachladeprozedur eingegeben. Die Maschine verbleibe in ein und demselben Betriebszustand, bis sie entsperrt werde oder der Vorgang durch den Benutzer abgebrochen worden sei. Eine Speicherung erfolge höchstens temporär zum Zwecke der Addition im Guthabenspeicher. Bei Abbruch des Vorgangs durch den Benutzer erfolge keine gültige Speicherung des Nachladebetrages. Die ganze Nachladeprozedur müsse inklusive Eingabe des Nachladebetrages neu begonnen werden. Bestenfalls könne das Verfahren nach D1 in zwei Abschnitte des Nachladeverfahrens eingeteilt werden, nämlich ein Erhöhen des Guthabenspeichers und anschließendes Entsperren der Frankiermaschine.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragt, die mit Schreiben vom 9. April 2003 eingereichten Patentansprüche 1 bis 16 dem Verfahren zugrunde zu legen. Sollte die Kammer zu der Ansicht kommen, daß die Ansprüche nun klar genug seien, bestehe keine Veranlassung, den Antrag auf mündliche Verhandlung aufrechtzuerhalten. Für diesen Fall wird beantragt, die Anmeldung zur weiteren Bearbeitung an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
2.1. Patentanspruch 1 läßt sich aus dem ursprünglichen Patentanspruch 2 und Merkmalen aus der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung herleiten, die im Beschwerdeverfahren hinzugefügt worden sind. So ist nun festgelegt, daß die Abstimmung des Datenbestandes "in zwei in sich abgeschlossenen Transaktionen zum festen Abspeichern eines gültigen Vorgabewertes bzw. zum Nachladen mit dem abgespeicherten gültigen Vorgabewert erfolgt" (Seite 3, Absatz 4 bis Seite 4, Absatz 1; Seite 5, Zeilen 1 bis 6 von unten; Seite 8, Absatz 3). Dabei wird in einer ersten Transaktion ein Wertänderungsmodus eingestellt, "bei welchem der gespeicherte Vorgabewert wahlweise ungeändert bestätigt und die Transaktion ohne Ausführung einer Wertänderung abgeschlossen wird oder zur Änderung eines in der Frankiermaschine gespeicherten und angezeigten Vorgabewertes unter Austausch von verschlüsselten Meldungen" zwischen der Frankiermaschine und dem Datenzentrum ein "neuer Vorgabewert" Abermittelt und "in einem jeweiligen Vorgabewertspeicher (28, 45) der Frankiermaschine (12) und des Datenzentrums (18) gespeichert wird" (Seite 9, Absätze 1 und 3; Absatz über die Seiten 13 und 14; Seite 16, Absätze 1 und 2; Seite 17, Absatz 3; Figur 2a: S2 bis S11; Figur 3a: S22 bis S31). Weiter wird "nach Abschluss der ersten Transaktion wahlweise ein Frankiermodus oder ein Nachlademodus eingestellt" (Seite 5; Seite 15, Absatz 2; Figur 2b: S12 bis S17; Figur 3b: S32 bis S37). Im Nachlademodus wird der gespeicherte Vorgabewert zum Wert des Guthabenspeichers addiert.
2.2. Patentanspruch 9 ist bezüglich der Vorrichtungsmerkmale der Frankiermaschine, die dem Benutzer die wahlweise Durchführung einer Wertänderung des Vorgabewertes bzw. eines Nachladens mit dem in der Maschine fest gespeicherten Vorgabewert ermöglichen, eingeschränkt worden. Patentanspruch 9 legt nunmehr einen Wertänderungsmodus fest, "in welchem der im Vorgabewertspeicher (28) fest abgespeicherte und in der Datenanzeigeeinrichtung (36) angezeigte Vorgabewert wahlweise ungeändert bestätigt oder in einer in sich abgeschlossenen Transaktion" durch einen geänderten Vorgabewert ersetzbar ist (siehe obige Stellen der Beschreibung in der ursprünglich eingereichten Fassung, insbesondere Seite 9, Absatz 3 und Absatz über die Seiten 13 und 14).
2.3. Patentanspruch 2 ist nun als abhängiger Anspruch formuliert. Aus Seite 6, letzter Absatz bis Seite 7, letzter Absatz und Seite 18, Absatz 1 der Anmeldung geht hervor, daß sowohl beim Modem-Verfahren als auch beim Voice-Verfahren eine verschlüsselte Meldung oder Kryptomeldung gebildet wird. Aus der verschlüsselten Meldung wird beim Voice-Verfahren eine verkürzte Codezahl gewonnen, um die fernmündliche Übermittlung der Information zwischen Personen an der Frankiermaschine und im Datenzentrum zu vereinfachen. Nach Auffassung der Kammer ist somit klar, daß eine Codezahl nach Patentanspruch 2 eine verkürzte Form einer verschlüsselten Meldung und somit eine Weiterbildung des Patentanspruchs 1 darstellt. Es wäre allerdings noch zu prüfen, inwieweit die abhängigen Patentansprüche 3 bis 7 mit ihren Rückbezügen auf einen der Patentansprüche 1 oder 2 die unterschiedliche Bedeutung einer verschlüsselten Meldung (oder Kryptomeldung) und einer daraus gebildeten verkürzten Codezahl beibehalten.
3. Neuheit
3.1. Wie die Beschwerdeführerin zu Recht ausgeführt hat, offenbart D1 keine Frankiermaschine mit fester Abspeicherung eines Vorgabewertes, welcher wahlweise ungeändert bestätigt oder in einer in sich abgeschlossenen Transaktion (Wertänderungsmodus) geändert werden kann, wobei der Guthabenspeicher der Frankiermaschine (im Nachlademodus) um den in der Maschine fest gespeicherten Vorgabewert verändert wird. Nach D1 (Spalte 4, Zeilen 30 bis 47; Spalte 5, Zeilen 32 bis 37) sind ein Frankiermodus und ein Nachlademodus ("resetting mode") einstellbar. Beim Nachlademodus wird im Guthabenspeicher der Wert addiert, der vom Benutzer der Maschine eingegeben und vom Datenzentrum autorisiert wurde (D1, Anspruch 10). Der Benutzer hat die Wahl, den Guthabenspeicher der Frankiermaschine mit dem vom Datenzentrum autorisierten Nachladebetrag auffüllen zu lassen oder den Nachlademodus abzubrechen und gegebenenfalls sofort oder später neu zu beginnen (D1, Spalte 7, Zeilen 52 bis 58; Figur 2(b)). Der vom Benutzer eingegebene und vom Datenzentrum autorisierte Nachladebetrag wird aber nicht für nachfolgende Nachladeoperationen in der Frankiermaschine fest abgespeichert. Daher hat der Benutzer der Frankiermaschine auch nicht die Wahl zwischen einem Nachladen mit dem gespeicherten Vorgabewert oder einer Änderung des Vorgabewertes, bevor das Nachladen durchgeführt wird.
3.2. Das Verfahren nach dem vorliegenden Patentanspruch 1 und die Frankiermaschine nach dem vorliegenden Patentanspruch 9 gelten daher gegenüber dem in D1 offenbarten Stand der Technik als neu (Artikel 54 (1) EPÜ).
3.3. Da in der angefochtenen Entscheidung zu den anderen im Recherchenbericht genannten Dokumenten, insbesondere im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit der beanspruchten Gegenstände, nichts gesagt ist, sieht die Kammer keine Veranlassung, hierzu Stellung zu nehmen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.