European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T042001.20030331 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 31 März 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0420/01 | ||||||||
Anmeldenummer: | 94911826.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | E21B 27/00 E21B 11/04 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Zweischaufelgreifer zum Herstellen zylindrischer Bohrungen | ||||||||
Name des Anmelders: | Bauer Spezialtiefbau GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Stahl- und Apparatebau Hans Leffer GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (verneint) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Einspruchsabteilung hatte den auf Artikel 100 a) EPÜ gestützten Einspruch gegen das auf die europäische Patentanmeldung Nr. 94 911 826. 9 erteilte europäische Patent Nr. 0 689 636 mit der am 6. Februar 2001 zur Post gegebenen Entscheidung zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) legte gegen diese Entscheidung am 6. April 2001 Beschwerde ein und entrichtete gleichzeitig die Beschwerdegebühr. Die Beschwerdebegründung wurde mit dem am 5. Juni 2001 eingegangenen Schriftsatz eingereicht.
III. Die folgenden Dokumente sind u. a. im Verfahren genannt worden:
(D3) Prospekt BH 7&12 Fa. Solimec
(D6) Foto des Greifers Hartfuss
(D8) DE-U-89 10776.4
(D10) EP-A-412 477
(D11) DE-A-3 805 868
(D12) DE-C-3 615 068
(D13) FR-A-2 376 256
Weiterhin ist auf folgende Druckschriften im Streitpatentschrift Bezug genommen worden:
(Da) DE-A-2 009 597
(Db) GB-C-1 049 456
(Dc) DE-C-2 334 591
IV. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 haben folgenden Wortlaut:
"1. Zweischaufelgreifer zum Herstellen zylindrischer Bohrungen im Erdreich, dessen am unteren Ende des Greifrahmen (GR) an den Schaufel-Schwenklagern angelenkten Greiferschaufeln mittels Druck- und Zuggestänges öffen- und schliessbar sind, mit
A. einem aus einer Rahmen-Grundplatte (2), vier Rahmenstielen (3) und einem Rahmen-Querhaupt (4) gebildeten biegesteifen Greiferrahmen (GR), und
B. an der mit den Rahmenstielen (3) verbundenen Rahmen-Grundplatte (2) lösbar angebrachten Schaufel-Lagerbock (26) mit Schaufel- Schwenklagern (31)
gekennzeichnet durch
C. an dem mit den Rahmenstielen (3) lösbar verbundenden Rahmen-Querhaupt (4) angeordnete Verbindungsmittel (18) zwischen Greiferrahmen (GR) und Bagger,
D. an den Rahmenstielen (3) an wenigstens zwei einander gegenüberliegenden Seiten gelenkig angeschlossene schalenförmige Stützkufen (11) mit einem dem Bohrlochradius etwa entsprechenden Aussenprofil,
E. einen an den Rahmenstielen (3) gleitgeführten Antriebsschlitten (12), an dem das Zug-Druck-Gestänge (15) für die Bewegung der Greiferschaufeln (5) angelenkt ist,
F. einen am Antriebsschlitten (12) angreifender Antriebszylinder (13), der am lösbaren Rahmen-Querhaupt (4) angeschlossen ist."
"2. Zweischaufelgreifer zum Herstellen zylindrischer Bohrungen im Erdreich, dessen am unteren Ende des Greiferrahmens (GR) an den Schaufel-Schwenklagern angelenkte Greiferschaufeln mittels eines Druck- und Zuggestänges öffen und schließbar sind, mit
A. einem aus einer Rahmen-Grundplatte (2), vier Rahmenstielen (3) und einem lösbaren Rahmen-Querhaupt (6) gebildeten biegesteifen Greiferrahmen (GR), und
B. an der mit den Rahmenstielen (3) verbundenen Rahmen-Grundplatte (2) lösbar angebrachtem Schaufel-Lagerbock (26) mit Schaufel-Schwenklagern (31)
gekennzeichnet durch
C. an dem mit den Rahmenstielen (3) lösbar verbundenden Rahmen-Querhaupt (6) angeordnete Seileinführung (46) für das Schließseil (9) und das Hubseil (10)
D. an den Rahmenstielen (3) an wenigstens zwei einander gegenüberliegenden Seiten gelenkig angeschlossene Schalenförmige Stützkufen (11) mit einem dem Bohrlochradius etwa entsprechenden Aussenprofil,
E. einen an dem mit einem Schließseil (9) verbundenden Antriebsschlitten (12) angeordneten Umlenkrollensatz (7), welcher mittels einer Seileinscherung mit einem Seilrollenblock (8) in Verbindung steht, der an der Rahmen-Grundplatte (2) lösbar angeschlossen ist,
F. eine am Rahmen-Querhaupt (6) mit der Seileinführung (46) angeordnete Seil-Umlenkwalze (30) für die Seileinscherung."
V. Mit Mitteilung nach Regel 60 (1) EPÜ vom 5. März 2002 teilte die Geschäftsstelle der Beschwerdekammer der Beschwerdeführerin mit, daß auf das europäische Patent Nr. 0 689 636 für alle benannten Vertragsstaaten verzichtet wurde, oder das europäische Patent für alle diese Staaten erloschen ist.
VI. Die Beschwerdeführerin teilte der Beschwerdekammer daraufhin mit einem Schreiben vom 3. Mai 2002 mit, sie beantrage Fortsetzung des Einspruchsbeschwerdeverfahrens.
VII. In Ihrer Beschwerdeschrift beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung der Entscheidung der Einspruchsabteilung und den Widerruf des angefochtenen Patents.
Die in der Beschwerdebegründung vorgebrachten Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die wesentlichen Gattungs-Merkmale der unabhängigen Ansprüche 1 und 2 seien in Entgegenhaltung D10 offenbart.
Die Beschreibung des Antriebsschlittens gemäß Anspruch 1 decke sich mit der Beschreibung des in D10 offenbarten Antriebschlittens (Spalte 7, Zeilen 41 bis 45 "Zug-Druck-Gestänge ... mit dem Seilrollenschlitten verbunden"). Da in D10 darauf hingewiesen werde (Anspruch 1), daß die Schaufelbetätigung auch hydraulisch erfolgen könne, sei es für den Fachmann offensichtlich, daß der "Seilrollenschlitten" im Falle der hydraulischen Variante nicht mit Seilrollen ausgestattet sei. Auch durch den druckschriftlichen Stand der Technik gemäß D13 (Seite 6, letzter Absatz) und D12 (Spalte 3, Zeilen 30 bis 32) ergäben sich für den Fachmann Hinweise und Anregungen zum Austausch des Antriebsmittels (Hydraulikzylinder statt Seilzug). Daß im Falle einer hydraulischen Betätigung der Hydraulikzylinder einerseits am Rahmen-Querhaupt, andererseits am Antriebsschlitten greife, sei beispielsweise auf den Seiten 3 und 5 der D3 (datiert mit 05/90) gezeigt. Bei dem Zweischaufelgreifer nach D3 sei der Hydraulikzylinder einerseits am Antriebschlitten und andererseits am Querhaupt befestigt. Der Antriebsschlitten wiederum sei über ein Gestänge mit den Greiferschaufeln verbunden. Anregungen in Bezug auf bewegliche Stützkufen entnehme der Fachmann aus D10, D11 oder D12. Die Verwendung eines am Querhaupt angebrachten Verbindungsmittels zur Befestigung eines Greifers an einem Bagger sei dem Fachmann beispielsweise aus D3 (vgl. Seite 3) vertraut. Im Licht der Offenbarung der D11, D12 und D13 und bei dem zusätzlichen Wissen aus D3 brauche der von D10 ausgehende Fachmann nicht erfinderisch tätig werden, um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen.
In D10 sei sowohl auf die Äquivalenz von Seilzug- und Hydraulikantrieb hingewiesen, wie auch auf einzelne konkrete Maßnahmen, durch welche eine Umrüstung erleichtert würde. Diese Maßnahmen seien weitgehend identisch mit denjenigen, die gemäß Streitpatent zwecks Erreichung der Umrüstbarkeit vorgeschlagen würden.
Nach D10 (Spalte 7, Zeilen 38 bis 39, Figuren 4 und 6) könne der Schaufellagerblock mit dem Seilrollenblock lösbar verbunden sein; dies entspreche dem in Anspruch 2 des Streitpatents erwähnten "lösbar an der Rahmengrundplatte angeschlossenen Seilrollenblock "(laut Streitpatent könne der Schaufellagerblock auch mit der Grundplatte identisch sein - Spalte 4, Zeilen 41 bis 51. Ebenso sei in D10 die Seileinscherung und das Schließseil zu erkennen (Figuren 6, 12). Im Übrigen sei das Prinzip der Schaufelbetätigung mittels Antriebsschlitten, Schließseil und Seilrollenblock weit verbreitet, wie z. B. auch D11 (Figur 1) zeige. Bei der "Seileinführung" (Merkmal C des Anspruchs 2) handle es sich um eine Führungstulpe, wie sie auch gemäß D10 in das lösbare Querhaupt eingebaut sei (Spalte 7, Zeilen 48 bis 50). Es handle sich um ein übliches Konstruktionsmerkmal, und auch der Ort der Anbringung dieser Führungstulpe (Querhaupt) sei für den Fachmann naheliegend. Entsprechendes gelte für die Seil-Umlenkwalze; derartige Walzen seien übliche Konstruktionsmerkmale. Ihre Positionierung am Querhaupt ergebe sich zwangsläufig aus der Funktion dieser Rollen oder Walzen (z. B. D8, Seite 6, 4. Absatz und Figur 1 sowie D13). Im Hinblick auf die Lehre der D8, D11 und D13 gelange der von D10 ausgehende Fachmann zum Gegenstand des Anspruchs 2, ohne erfinderisch tätig zu werden.
VIII. Die Beschwerdegegnerin hatte sich wie folgt gegen die Ausführungen der Beschwerdeführerin gewandt:
Die neuartige Erfindungsaufgabe sehe vor, ein- und dieselbe Greifer-Bauart derart auszubilden, daß sie durch auf der Baustelle durchführbare Austausch-maßnahmen umrüstbar sei. Diese Erfindungsaufgabe sei neu, weil es keinen Stand der Technik gebe, welcher diese Aufgabe beschreibe. Bei der vorliegenden Erfindung handle es sich darum, einen konkreten funktionsbereiten Zweischaufelgreifer zu konzipieren, der in einen zweiten, ebenfalls funktionsbereiten Zweischaufelgreifer auf einfache Weise umrüstbar sei und umgekehrt.
Der Schlitzwandgreifer nach D10 käme der Erfindung am nächsten, weil dort an sich bekannte Grundelemente vorgebildet seien, von denen bei der Erfindung ebenfalls Gebrauch gemacht worden sei.
Es sei keineswegs erfindungschädlich, daß dem Stand der Technik zuzurechnende und entnehmbare Grundelemente als Mittel zur Lösung einer, bisher nicht bekannten Aufgabe in einer neuen Mittel-Kombination dienten.
Den Druckschiften D10 und D12 lägen Aufgabenstellungen zugrunde, welche mit der Aufgabe der Erfindung nicht vergleichbar seien. Die hier gestellte Aufgabe sei gegenüber diesen Druckschriften neu. Damit sei nicht gemeint, daß es sich ausschließlich um eine sogenannte "Aufgabenerfindung" handle. Jedoch sei durch die Erfindung diese neugestellte Aufgabe erstmals gelöst, und zwar durch eine ebenfalls neue Kombination von teilweise bekannten, teilweise neuen Merkmalen. Es sei unbestreitbar, daß auch ein einfaches Umrüsten eines Schlitzwandgreifers zu einem Kugelgreifer auf einer Baustelle völlig unbekannt gewesen sei, zumal ein derartiges Umrüsten in keinem Zusammenhang mit den Bodenverhältnissen gestanden habe und daher auch zu keiner Zeit vorgesehen gewesen sei.
Die in Figur 7 bis 12 und in den zugehörigen Ansprüchen des Streitpatents gezeigten Stützkufen seien nicht nur neu, sondern auch erfinderisch. Zwar seien "Druckplatten" im Stand der Technik bereits angewendet, jedoch sei die beanspruchte Zwangssteuerung der Stützkufen nach den Ansprüchen 8 bis 13 sowohl neu wie auch erfinderisch.
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit käme es nicht darauf an, daß bereits früher eine Seilbetätigung oder eine Hydraulikbetätigung des Schaufelantriebs bekannt und verbreitet gewesen sei.
Die Wahl des Schaufelantriebs werde schon immer in der Regel von der Erdbeschaffenheit bestimmt. Diese Erkenntnis sei grundlegend für die Formulierung der neuen Erfindungsaufgabe.
Zum Thema Neuheit und erfinderische Tätigkeit sei somit nichts vorgetragen worden, was die Beschwerde gegen die Feststellung der Entscheidung der Einspruchsabteilung begründen könne.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig
2. Neuheit
Die Neuheit des Gegenstandes der Ansprüche 1 und 2 wurde in der angefochtenen Entscheidung festgestellt und von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt. Die Kammer schließt sich dieser Beurteilung an. Weitere Ausführungen hierzu sind nicht erforderlich.
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1. Nach übereinstimmender Aussage der Beteiligten hängt bei dem gattungsgemäßen Zweischaufelgreifer die Förderleistung von einem optimalen Greifeffekt ab, und diese ist u. a von der Bodenbeschaffenheit beeinflußt und zwar, ob es sich um sehr scherfeste, bindige, oder aber um sandige oder grob kiesige Böden handelt. Für den Greifeffekt spielt die Ausbildung und Lage der Schaufel-Schwenklager eine Rolle, weil dadurch der Verlauf der Schließkurve des Spatenblattes bestimmt wird, die pinzettenartig oder mehr schaufelartig sein kann. Wie erwähnt, ist die auftreffende Energie und damit die Eindringtiefe stark von der Bodenbeschaffenheit abhängig.
Bei Seilgreifern mit Hub- und Schließseil kann der Stech- und Schließvorgang mehrfach aufeinanderfolgend wiederholt werden, um die Füllung zu verbessern. Hohe Schaufelschließmomente lassen sich bei Seilgreifern nur über große Greifergewichte realisieren. Diese haben große Zugkräfte an der Trommel des Baggers und damit sehr hohe Baggerleistungen und -gewichte zur Folge. Derartig schwere Bagger sind sehr betriebs- und kostenaufwendig.
Bei Hydraulikgreifern gehen die Hubbewegungen des Greifens und die Schließbewegung der Schaufeln von getrennten Antriebsarten aus. Daher kann das Hubseil des Baggers zur Reduzierung der Seilzugkraft über eine lose Rolle eingeschert sein, und es kann somit ein kleinerer leistungschwächerer Bagger von herkömmlicher Größe gewählt werden. Um gute Füllungsgrade zu erziehen, müssen die Greifer allerdings besonders schwer sein, weil der dynamische Einstecheffekt wegen der Hydraulikschlauch- Nachführung geringer ist.
Um bei reinen Hydraulik-Greifern den Füllungsgrad der Schaufeln zu verbessern, wurde laut Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift in den Druckschriften Db und Dc vorgeschlagen, radialbewegliche umgangsverteilte Druckplatten an die Bohrlochwand zu verspannen, um die Vertikalkräfte aus dem Hydraulik-Schließ-Zylinder abzutragen. Diese Vorrichtungen erfordern empfindliche Antriebs- und Steuermechanismen, die beim Einsatz im Erdreich und teilweise im Schmutzwasser sehr anfällig sind. Dies kann dazu führen, daß sich der Greifer aus seiner Verspannung nicht mehr lösen kann und als verloren betrachtet werden muß.
Bekannte Zweischaufelgreifer, wie z. B. der in der Druckschrift Da gezeigte Greifer, sind mit fallenden und stechenden Greifwerkzeugen ausgerüstet. Dabei dringen die als Stechspaten ausgebildeten Schaufeln beim Herabfallen in das Erdreich ein und greifen beim Schließen der Schaufeln das gelöste Erdreich ein.
3.2. Die Einspruchsabteilung hat im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit D6 als nächstkommenden Stand der Technik angesehen und die von der Beschwerdeführerin herangezogenen D10 und D13 abgelehnt, weil sie Schlitzwandgreifer und keine Bohrlochgreifer beträfen. Die Kammer hält allerdings D10 für näherliegend als D6, weil in D10 sowohl auf die Äquivalenz von Seilzug- und Hydraulikantrieb, wie auch auf einzelne konkrete Mittel und Maßnahmen, die eine Umrüstung erleichtern, hingewiesen wird - siehe insbesondere Figuren 4 bis 6 und 8 bis 11 sowie die zugehörige Beschreibung der D10. Diese Mittel und Maßnahmen sind weitgehend identisch mit denjenigen, die gemäß Streitpatent zwecks Erreichung der Umrüstbarkeit vorgeschlagen sind.
3.3. Vom Stand der Technik gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 oder Anspruch 2 ausgehend liegt die der Erfindung zugrundliegende Aufgabe laut Spalte 2, Zeile 24 ff. der Streitpatentschrift darin, ein einheitliches Gerät zu schaffen,
- das an unterschiedliche Einsatzbedingungen universell anpaßbar ist,
- mit den verschiedensten Baggerbauarten kombinierbar
- und vor allem auch bei den sehr voneinander abweichenden Bodenbeschaffenheiten mit guten Füllungsgraden einsetzbar ist.
3.4. Die Kammer stellt fest, daß die Stellung dieser Aufgabe naheliegend war, weil Optimierung eines Zweischaufelgreifers bezüglich der drei in Punkt 3.3 genannten Kriterien ein stets angestrebtes Ziel bei Zweischaufelgreifern ist.
3.5. Die Lösung dieser Aufgabe besteht erfindungsgemäß in den kennzeichnenden Merkmalen der unabhängigen Ansprüche 1 und 2, wobei diejenigen des Anspruchs 1 auf einen am Antriebsschlitten angreifenden Arbeitszylinder und auf das Zug-Druckgestänge für die Bewegung der Greiferschaufeln gerichtet sind, während diejenigen des Anspruchs 2 auf einen an dem mit einem Schließseil verbundenen Antriebsschlitten angeordneten Umlenkrollensatz abgestellt sind.
3.6. Es stellt sich die Frage, ob es für den Fachmann naheliegend war, den aus D10 bekannten Zweischaufelgreifer durch eine einfache Umbaumöglichkeit von einem Seilgreifer in einen Hydraulikgreifer und umgekehrt umzurüsten, um eine Anpassung an unterschiedliche Bodenverhältnisse hinsichtlich eines guten Füllungsgrades zu ermöglichen.
3.7. Eine Anregung zur Umrüstmöglichkeit (Hydraulikgreifer/Seilgreifer) eines Zweischaufelgreifers findet sich im Stand der Technik insbesondere in Druckschrift D10, wobei dieselben prinzipiellen Maßnahmen zur Lösung dieser Aufgabe eingesetzt werden, nämlich die Verwendung lösbarer Verbindungen oder eines modularen Aufbaus. So wird in Anspruch 1 der D10 darauf hingewiesen, daß das Schaufel-Gestänge durch Seilzug oder Hydraulik betätigt werden kann, woraus hervorgeht, daß die beiden Betätigungsmöglichkeiten als gleichwertig und austauschbar angesehen werden. Ferner wird an verschiedenen Stellen der D10 auf die Vorteile des modularen Aufbaus und der Zerlegbarkeit hingewiesen - nach Spalte 3, Zeile 9 "lösbares Querhaupt", Zeile 38 "lösbarer Lagerblock", Zeilen 39 bis 42 "daß der Greiferrahmen nach Lösen und Entfernen des Querhauptes oben offen ist", Zeilen 57 und 58 "ist es möglich, den Seilrollenschlitten frei nach oben ausbauen zu können; siehe auch Spalte 6, Zeilen 17 bis 33 mit den Begriffen "Zerlegbarkeit ... leicht demontier- und montierbar ... Baukastensystem ... Seilrollenschlitten frei ausbaubar". Es wird, wie oben bereits erwähnt, in D10 sowohl auf die Äquivalenz von Seilzug- und Hydraulikantrieb, wie auch auf einzelne konkrete Maßnahmen hingewiesen, die mit denjenigen, die gemäß Streitpatent zwecks Erreichung der Umrüstbarkeit vorgeschlagen werden, weitgehend identisch sind.
Es ist richtig, daß in D10 ein Schlitzgreifer beschrieben wird, wohingegen es sich bei dem Gegenstand des Streitpatents um einen Zweischaufelgreifer zum Herstellen zylindrischer Bohrungen handelt. Es ist hierzu aber nicht entscheidend, ob diese Zweischaufelgreifer zur Herstellung von Pfahlbohrungen oder Schlitzwänden bestimmt sind, da diese Zwecke nur Sonderfälle und nicht den wesentlichen Unterschied zwischen dem Gegenstand des Streitpatents und dem Stand der Technik betreffen. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Fachmann aufgrund der Anregung in der D10 die Umbaumöglichkeit des Hydraulikgreifers in einen Seilgreifer in Betracht ziehen würde, um die Anpassung an unterschiedliche Bodenverhältnisse durchzuführen.
3.8. Das Konzept des Austausches von Antriebsmitteln (Hydraulikzylinder statt Seilzug) war auch aus D13 (Seite 6, letzter Absatz) und D12 (Spalte 3, Zeile 30 bis 32) bekannt. Daß im Falle einer hydraulischen Betätigung der Hydraulikzylinder einerseits am Rahmen-Querhaupt, andererseits am Antriebsschlitten angreift, wurde in den vorstehenden Druckschriften zwar nicht ausdrücklich beschrieben, jedoch war diese Anordnung dem Fachmann wohlvertraut - so zeigt beispielsweise die Druckschrift D3 auf den Seiten 3 und 5. einen Zweischaufelgreifer mit einem im Greifrahmen geführten Antriebsschlitten und einem Hydraulikzylinder. Der Hydraulikzylinder ist einerseits am Antriebsschlitten und andererseits am Querhaupt befestigt. Der Antriebsschlitten wiederum ist über ein Gestänge mit Greiferschaufeln verbunden.
3.9. Das Problem der Führung und Verspannung eines Greifers im Bohrloch oder Schlitz ist im Falle eines Kugelgreifers nicht grundsätzlich anders als bei einem Schlitzwandgreifer. Es muß lediglich das Profil entsprechend angepaßt werden. Da seitlich angebrachte bewegliche Stützkufen bei Schlitzwandgreifern bereits bekannt waren (D11, Spalten 1 bis 2, Ansprüche 1, 6, 7 und D12, Spalte 5 und Anspruch 2) und da, wie oben bereits erwähnt, auch der Umbau von Schlitzwandgreifern zu Kugelgreifern in Fachkreisen bekannt war, können die für diese Probleme vorgeschlagenen Merkmalsgruppen der unabhängigen Ansprüche 1 und 2 nicht als erfinderisch betrachtet werden. Vielmehr lagen diese Merkmalsgruppen, die keinen über die Summe ihrer Einzelwirkungen hinausgehenden kombinatorischen Effekt aufweisen, im Rahmen dessen, was dem Fachmann aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung vertraut ist.
3.10. Da somit der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 2 nicht als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend anzusehen ist, steht der Einspruchsgrund der mangelnden Patentfähigkeit nach Artikel 100 a) der Aufrechterhaltung des Patents entgegen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben
2. Das Patent wird widerrufen.