T 0307/01 () of 30.4.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T030701.20030430
Datum der Entscheidung: 30 April 2003
Aktenzeichen: T 0307/01
Anmeldenummer: 94925371.0
IPC-Klasse: B02C 4/30
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 25 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Walzenpressen, insbesondere zum Zerkleinern von stark abrasiven Stoffen
Name des Anmelders: Maschinenfabrik Köppern GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: KHD Humboldt Wedag AG
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - rückschauende Betrachtungsweise
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 94 925 371.0 wurde das europäische Patent Nr. 0 659 108 mit 21 Patentansprüchen erteilt.

II. Die unabhängigen, erteilten Ansprüche 1 (Walzenpresse) und 17 (Verfahren zur Herstellung einer Verschleißschicht...) haben nachfolgenden Wortlaut:

"Walzenpresse, insbesondere zum Verarbeiten von stark abrasiven Stoffen, mit mindestens zwei Preßwalzen (1), die jeweils eine auf einem Grundkörper (2) angeordnete Verschleißschicht (4) aufweisen, wobei die Verschleißschicht (4) im wesentlichen flächige Zonen (5) aus einem hochverschleißfesten Werkstoff aufweist und die Zwischenräume (6) zwischen den hochverschleißfesten Zonen (5) mit einem Werkstoff anderer Verschleißfestigkeit ausgefüllt sind, dadurch gekennzeichnet, daß der Zwischenraumwerkstoff ein sinterfähiger Verbundwerkstoff ist und die hochverschleißfesten Zonen (5) aus durch heißisostatisches Pressen hergestellte Hartkörper (7) gebildet sind, wobei der Zwischenraumwerkstoff und der Werkstoff der verschleißfesten Zonen (5) durch einen heißisostatischen Preßvorgang am Grundkörper (2) befestigt sind und wobei die Verschleißfestigkeit des Zwischenraumwerkstoffes entsprechend einer gewünschten, sich durch Verschleiß einstellenden Profilierung im wesentlichen geringfügig höher oder niedriger ist als die Verschleißfestigkeit der Hartkörper (7)."

"17. Verfahren zum Herstellen einer Verschleißschicht, insbesondere für eine Preßwalze zum Verarbeiten von stark abrasiven Stoffen, mit folgenden Schritten

a) Aufbringen eines hochverschleißfesten Werkstoffs auf ein Basisteil, z. B. ein Walzengrundkörper, so daß im wesentlichen flächig, gleichmäßig verteilte Zonen gebildet werden; und

b) Füllen der Zwischenräume der flächigen Zonen mit einem verschleißfesten Verbundwerkstoff; gekennzeichnet durch den weiteren Schritt:

c) Anbringen des Zonenwerkstoffs und des Zwischenraumwerkstoffs auf dem Basisteil durch einen heißisostatischen Preßvorgang."

III. Der Einspruch der Fa. KHD Humboldt Wedag AG -nachfolgend Beschwerdeführerin- gegen das europäische Patent Nr. 0 659 108 wurde von der Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung vom 7. Dezember 2000 zurückgewiesen; die schriftliche Entscheidung erging am 15. Januar 2001.

IV. Gegen vorgenannte Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Beschwerdeführerin am 8. März 2001 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 10. Mai 2001 dahingehend begründet, daß dem Beanspruchten die erfinderische Tätigkeit fehle.

V. Nach vorbereitender Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) VOBK fand am 30. April 2003 eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, die sich ganz im Rahmen der Druckschriften

(D2) DE-A-4 036 040 und

(D7) DE-A-2 133 300

hielt.

VI. Die Beschwerdeführerin und die Patentinhaberin -nachfolgend Beschwerdegegnerin- brachten im wesentlichen folgende Argumente vor:

a) Beschwerdeführerin

- aus (D7) sei eine Walze, deren Oberfläche durch heißisostatisches Pressen hergestellt sei, bekannt;

- auch wenn (D7) keinen speziellen Einsatzzweck der Walze offenbare, lese der Fachmann in (D7) hinein, daß es sich um eine Preßwalze handle; da die Zweckbestimmung des Anspruchs 1 nicht einschränkend sei, sei insoweit kein Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1 erkennbar;

- in (D7) seien die Verfahrensschritte des heißisostatischen Pressens und der damit erzielbare Bindungsmechanismus im einzelnen angesprochen;

- (D2) betreffe ebenfalls eine Hochdruckwalzenpresse und zwar im Zusammenhang mit der zu diesem Zeitpunkt in die Technik eingeführten Gutbettzerkleinerung; aus dieser Druckschrift sei zunächst eine Rasterpanzerung bekannt, dergestalt, daß sie harte und weniger harte bzw. verschleißfeste Zonen aufweise, die durch Muldenbildung einen autogenen Verschleißschutz erlaubten;

- da (D7) und (D2) jeweils Preßwalzen mit Oberflächenverschleißschichten beträfen, würde ein Fachmann diese Druckschriften kombinieren und die ebenfalls pulvermetallurgisch hergestellten Rasternoppen der (D2) ersetzen durch Verschleißzonen, die durch heißisostatisches Pressen gemäß (D7) erzielt werden und dadurch ohne erfinderisches Zutun zum Beanspruchten gelangen, zumal die Verwendung eines bekannten Materials zu bekannten Eigenschaften führe und diese nur in anderem Zusammenhang als bisher Einsatz fänden.

b) Beschwerdegegnerin

- die Beschwerdeführerin argumentiere durchweg ex post, da (D7) nicht eindeutig auf Preßwalzen abgestellt sei und lediglich das heißisostatische Pressen allgemein lehre;

- (D7) beträfe ein anderes Konzept als (D2), da gemäß (D7) die gesamte Walzenoberfläche verschleißfest gemacht werde und da dies gemäß (D2) nur für Inseln gelte, die von Zwischenräumen anderer Verschleißfestigkeit umgeben würden, dies alles vor dem Hintergrund des autogenen Verschleißschutzes im Zusammenhang mit der Gutbettzerkleinerung;

- bei diesen Gegebenheiten würde ein Fachmann eine Kombination von (D7) und (D2) nicht ins Auge fassen und selbst wenn er es täte, nicht zum Beanspruchten gelangen, da er dann allenfalls die wie immer hergestellten vorbekannten Rasternoppen ersetzen würde, durch solche die heißisostatisch verpresst würden; dabei würde der Fachmann aber immer noch nicht die Lehre erhalten, auch das Zwischenraummaterial nach dem Preßverfahren des Anspruchs 1 herzustellen, was als weiteres Beleganzeichen für das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit anzusehen sei.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 659 108.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

Die Neuheit des Gegenstandes gemäß erteilten Anspruch 1 bzw. 17 war zwischen den Parteien nicht strittig und ist auch nach Auffassung der Kammer gegeben, so daß sich ins Detail gehende Erörterungen dieser Frage erübrigen.

3. Erfinderische Tätigkeit

Anspruch 1

3.1. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin ist der nächstkommende Stand der Technik mit (D7) gegeben. Dem kann seitens der Kammer insoweit zugestimmt werden, als aus (D7) eine nach dem Verfahren des heißisostatischen Pressens hergestellte Verschleißschicht bekannt ist. 3.2. Im Gegensatz zum Vorbringen der Beschwerdeführerin läßt (D7) den Einsatzzweck der Walze vollkommen offen, so daß ihre Interpretation, daß es sich bei (D7) um eine Preßwalze handle einer ex post - Betrachtung entspringt.

3.3. Ohne Kenntnis der Erfindung lehrt (D7) weiterhin die Herstellung einer einzigen Verschleißschicht auf einer Trägerwalze durch die Festlegung der Verschleißschicht mittels heißisostatischen Pressen, so daß gemäß ihrer Seite 2 letzter Absatz die Verschleißschicht gleichzeitig hergestellt und mit dem Trägermaterial verbunden wird ("Die Erfindung ermöglicht...").

3.4. Schon in der EP-B1-0 659 108, vgl. Spalte 2, Zeilen 20 bis 24 und 25 bis 29, wurde auf die geschlossene Außenschicht gemäß (D7) hingewiesen und daraus die objektiv verbleibende technische Aufgabe abgeleitet, eine Walzenpresse bereitzustellen, die eine hohe Standzeit aufweist und für alle Anwendungsfälle -Brikettieren, Kompaktieren und Zerkleinern- verwendbar und einfach herstellbar ist.

3.5. Gelöst ist diese Aufgabe durch die Merkmale des erteilten Anspruchs 1, dergestalt, daß mit dem Verfahren des heißisostatischen Pressens sowohl Zonen "6" als auch der Zwischenraumwerkstoff auf dem Grundkörper -dieser kann ein Walzenkörper, ein Grundkörpersegment oder eine Bandage sein -befestigt sind. Es kommt hinzu, daß die hochverschleißfesten Zonen, nämlich die Hartkörper "7" ihrerseits durch heißisostatisches Pressen hergestellt sind und daß deren Verschleißfestigkeit gezielt von derjenigen des Grundkörpers oder dgl. verschieden ist.

3.6. (D2) wie (D7) bleiben demgegenüber entscheidend hinter dem Gegenstand des Anspruchs 1 zurück, da (D2) das heißisostatische Pressen fremd ist und da dort allenfalls Inseln (Knöpfe) pulvermetallurgisch hergestellt und irgendwie am Grundkörper befestigt werden, vgl. (D2) Spalte 4, Zeilen 22 bis 27 (Schweißen, Löten, Kleben... Formschlußverbindung), was mit dem Beanspruchten nichts zu tun hat, da dieses auf ein zweistufiges Verpressen heißisostatischer Art abgestellt ist.

3.7. Mit Blick auf (D7) gilt Ähnliches, da dort zumindest das zweistufige Verpressen isostatischer Art und die Vorgabe verschiedener Verschleißfestigkeiten der Walzenaußenschicht fehlt und mit dem Konzept der (D7) auch nicht realisierbar ist, da dort das Herstellen und Verbinden gleichzeitig erfolgt, vgl. ihre Seite 2, letzter Absatz ("Die Erfindung ermöglicht aber...").

3.8. Es wurde aufgezeigt, daß (D2) und (D7) unterschiedliche Konzepte verfolgen und daß ohne Kenntnis der Erfindung nicht nachvollziehbar ist, warum der mit der Lösung der gestellten Aufgabe konfrontierte Fachmann diese beiden Druckschriften in Kombination betrachten sollte, was ein eindeutiges Indiz für das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit ist.

3.9. Nachfolgend wird dennoch die Kombination von (D2) mit (D7) beleuchtet und zwar ohne Kenntnis der Erfindung.

Zunächst mag es zutreffen, daß die Rasternoppen "33" der (D2) pulvermetallurgisch hergestellt werden. Wie vorstehend aufgezeigt, hat deren Befestigung am Grundkörper indes nichts mit dem Beanspruchten zu tun (Schweißen, Löten, Kleben...), so daß (D2) insoweit schon nicht zielführend sein kann. Ihre Bedeutung erschöpft sich somit darin, daß der Fachmann, der die Lehre von (D7) auf (D2) projiziert, angeregt werden könnte, die Herstellung der Noppenbolzen durch heißisostatisches Pressen auszuführen. Da aber die übrige Lehre der (D7) dem Beanspruchten zuwiderläuft, nämlich eine einzige Verschleißschicht vorzusehen und zwar mit einem einzigen heißisostatischen Preßvorgang, ist der Gegenstand von Anspruch 1 selbst mit einer Kombination von (D2) und (D7) nicht erzielbar, was ein weiteres, deutliches Beweisanzeichen für das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit ist.

3.10. Es wird zusammengefaßt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 erfinderisch ist im Sinne der Artikel 56 und 100 a) EPÜ, so daß dieser Anspruch den Rechtsbestand des Streitpatentes begründen kann.

Anspruch 17

3.11. Der Gegenstand des unabhängigen Verfahrensanspruches wird getragen von der Patenfähigkeit des erteilten Anspruchs 1, da zumindest sein kennzeichnendes Merkmal c) von (D2) und (D7) nicht nahegelegt ist, Artikel 56 und 100 a) EPÜ. Damit ist auch dieser Anspruch rechtsbeständig.

Abhängige Ansprüche

3.12. Die erteilten Ansprüche 2 bis 16 und 18 bis 21 sind als abhängige Ansprüche ebenfalls rechtsbeständig, da sie sich auf Ausgestaltungen des Gegenstandes der unabhängigen Ansprüche 1 bzw. 17 beziehen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen

Quick Navigation