European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T013001.20030318 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 18 März 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0130/01 | ||||||||
Anmeldenummer: | 88908133.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | B02C 4/06 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Walzenstuhl zur Herstellung von Getreidemahlprodukten | ||||||||
Name des Anmelders: | Bühler AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | 1) Sangati S.p.A. 2) Golfetto S.p.A. 3) Ocrim S.p.A. |
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Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - rückschauende Betrachtungsweise Rückzahlung der Beschwerdegebühr (abgelehnt) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 88 908 133.7 wurde am 15. September 1993 das europäische Patent Nr. 0 334 919 mit sieben Patentansprüchen erteilt.
II. Der erteilte unabhängige Anspruch 1 hat nachfolgenden Wortlaut:
"1. Walzenstuhl für die Vermahlung von Getreide zur Herstellung von Mehl, Grieß, Dunst usw., entsprechend dem System der Hochmüllerei, der mit zwei in Mahlrichtung parallel nebeneinander angeordneten, über einen Speisezylinder (10) mit je einer Mahlgutzuführung mit Sensor und Produktspeisung (12) in Verbindung stehenden Walzenpaaren (4; 5 und 7; 8) ausgerüstet ist, wobei jedes unabhängig voneinander arbeitende Walzenpaar (4; 5 und 7; 8) mit einer individuellen Einstelleinrichtung (15) für den Mahlspalt und je einer Fremdkörpersicherung (112) ausgestattet und jedem Walzenpaar (4; 5 und 7; 8) ein eine Kontrolltür (19) aufweisender Produktabführtrichter (21) zugeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Walzenstuhl aus zwei Hälften bzw. aus zwei Doppeleinheiten (2; 3) mit je zwei mit Abstand übereinander angeordneten Walzenpaaren (4, 5; 4', 5' und 7, 8; 7', 8') besteht, wobei zwischen den übereinander angeordneten Walzenpaaren (4; 5 und 7; 8) und (4',; 5' und 7'; 8') innerhalb jeder Doppeleinheit (2; 3) je ein das von dem jeweils oberen Walzenpaar (4; 5. und 7; 8) bearbeitete Gut direkt in den Mahlspalt des zugehörigen unteren Walzenpaares (4'; 5' und 7'; 8') überleitender Produktabführtrichter (20) vorgesehen ist und die Doppeleinheiten (2; 3) eine gemeinsame Baueinheit, einen 8-Walzenstuhl, bilden."
III. In der mündlichen Verhandlung vom 4. Oktober 2000 hat die Einspruchsabteilung den Einspruch gegen das vorgenannte europäische Patent zurückgewiesen; die schriftliche Entscheidung erging am 22. November 2000.
IV. Gegen diese Entscheidung der Einspruchsabteilung haben die Einsprechenden - nachfolgend Beschwerdeführerinnen - gemeinsam am 26. Januar 2001 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 2. April 2001 begründet.
Sie stützen sich dabei im wesentlichen auf folgende Druckschriften:
(E4) "Flour Milling Machinery", Thos. Robinson & Son, Ltd., Flour Milling Engineers, Rochdale, England, Index, sowie Seite 30 (Leaflet No. 208) und Seite 34 (Leaflet No. 146).
(E9) DE-A-2 730 166
(E12) Henry Simon: "Modern Flour Mill Machinery", Manchester 1914, Seiten 58 bis 61;
(E14) "Die Mühle", 1928, 12. Nr., Seiten 367/368;
(E15) "Die Mühle", 1928, 16. Nr., Titelblatt;
(E22) DE-C-3 327
(E23) "Populäres Lehrbuch der Müllerei", Gustav Pappenheim, Wien 1903, Seiten 331 bis 333 und 483 bis 486, sowie 532/533;
(E24) "Ganz & Comp.", Budapest 1904, Seiten 34/35;
(E25) DE-C-673 927 und
(P6) GB-A-6 993
wobei sie argumentierten, daß der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 neu, aber nicht erfinderisch sei.
V. Die Patentinhaberin - nachfolgend Beschwerdegegnerin - widersprach dieser Beurteilung und verteidigte das Streitpatent gemäß ihrem Hauptantrag in erteilter Fassung.
VI. Nach vorbereitender Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11. (2) VOBK, in der die Kammer den Parteien ihre vorläufige Beurteilung der Sachlage kundtat, fand am 18. März 2003 eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
VII. Die wesentlichen in der Verhandlung vor der Kammer vorgebrachten Argumente der Parteien lassen sich wie folgt zusammenfassen:
a) Beschwerdeführerin
- die Definition des Fachmanns sei in vorliegendem Fall von besonderer Bedeutung, da es sich beim Vermahlen von Getreide um ein sehr altes Verfahren handle, dergestalt, daß vor diesem Hintergrund der Blick des Fachmanns sowohl nach hinten auf frühere Entwicklungen als auch nach vorne auf moderne Walzenstühle z. B. gemäß (E9) gerichtet sei;
- (E9) lehre die Schaffung eines kompakten modularen Walzenstuhls, dessen Walzenpaare paketweise zusammengefaßt und mit einem Produktsammeltrichter ausgerüstet seien, wobei ein, zwei oder mehrere Walzenpaare möglich seien;
- aus (E14, E15), die auf einen Vermahlungsplan abgestellt seien, lasse sich die Lehre entnehmen, das Mahlgut direkt von einem zu einem nachfolgenden Walzenpaar überzuführen und zwar ohne zwischengeschaltete Sieb/Sichteinrichtung; dieser Stand der Technik werde ergänzt durch (E4) vorletzte und letzte Seite, da daraus das Fehlen innerer Siebe sowie die Übereinanderanordnung von Walzenpaaren entnehmbar sei, und es genüge, diese Lehre auf den modernen Walzenstuhl nach (E9) zu übertragen, um den Gegenstand des Anspruchs 1 zu erhalten;
- auch (E12) und (E22) lehrten schon 8-Walzenstühle, so daß es genüge deren Diagonalanordnung zu ersetzen durch eine Nebeneinanderanordnung der Walzen, um das Beanspruchte zu schaffen, was auch für die Kombination des Fachbuches (E23) bzw. (E24) mit (E9) gelte, nämlich die mehrfache Vermahlung in mehreren Walzenpaaren auf einem modernen Walzenstuhl auszuführen, wobei zu berücksichtigen sei, daß Anspruch 1 keine spezifische Angabe zur Getreideart und zur Zahl der Mahlvorgänge enthielte und daß selbst bei Rückgriff auf die Beschreibung der Unterschied zwischen Weizen und Mais (Kukuruz) irrelevant sei, da Anspruch 1 ein Vorrichtungsanspruch sei;
- sofern es auf das direkte Fördern vom ersten zum zweiten Mahlspalt ankomme, sei wiederum (E12) einschlägig, die aus dem Fehlen eines Rüttelantriebes den Schluß zulasse, daß ein Zwischensieb fehle; (E12) sei somit nicht mit (P6) in einen Topf zu werfen, da nur letztere Siebeinrichtungen zwischen den Diagonalwalzen aufweise;
- vorstehende Überlegungen zusammenfassend führten Kombinationen von (E9) mit weiterem, wenn auch bedeutend älterem Stand der Technik für den hier vorauszusetzenden Fachmann, der alt und neu sinnvoll zu vereinigen in der Lage sei, in naheliegender Weise zum Walzenstuhl gemäß erteiltem Anspruch 1, selbst wenn im älteren Stand der Technik heute übliche Merkmale wie Mahlgutzuführung mit Sensor und einer Fremdköpersicherung dort noch nicht angesprochen seien.
b) Beschweregegnerin
- die Hochmüllerei erlaube die Erzielung verschiedenster Endprodukte, da das Korn zunächst in eine Vielzahl von Teilprodukten zerlegt und diese entsprechend den Anforderungen zum Endprodukt zusammengemischt würden;
- der Rückgriff des Fachmanns auf alte Vorschläge sei grundsätzlich möglich, aber es müsse ein Grund hierfür erkennbar sein, der in vorliegendem Falle seitens der Beschwerdeführerinnen nicht habe aufgezeigt werden können;
- nach wie vor sei (E9) der gattungsnächste Stand der Technik, von dem die Erfindung ausgehe und von dem die zu lösende Aufgabe aus definiert sei, nämlich verbesserte Wirtschaftlichkeit der Mühle bei hoher Qualität des Mahlproduktes und hoher Ausbeute an Mahlprodukten;
- (E14, E15) blieben demgegenüber bereits in erheblichen Maße zurück, weil diese Druckschriften nur Verfahrenspläne nicht aber ihre vorrichtungsmäßige Realisierung offenbarten und bezüglich der Ausbeute an Endprodukt so intolerabel seien, daß sie selbst in Kombination mit anderem Stand der Technik nicht zielführend sein könnten, zumal es nicht zwangsläufig sei, mehrere Walzenpaare in einem Walzenstuhl anzuordnen;
- mit Blick auf die geringe Zahl von Mahlpassagen, also Flachmüllerei, und auf das Fehlen eines Produktabfuhrtrichters könne (E4) nicht auf das Beanspruchte hinführen, was auch für (E22) gelte, die ebenfalls auf die Flachmüllerei abgestellt sei;
- (E23) verweise auf Seite 532, Absatz III. A. auf Mais (Kukuruz) als Ausgangsprodukt und bezüglich des Walzenstuhls auf (E24), also erneut auf einen nicht beanspruchten Flachwalzstuhl;
- (E12) sei ebenso wie (P6) auf Sieben durch Luftbetrieb abgestellt, ggf. mit einer zusätzlichen Klopfeinrichtung;
- bevor Kombinationen von Druckschriften ins Auge zu fassen seien, sei zu berücksichtigen, daß (E9) den heutzutage gängigsten Walzenstuhl darstelle, bei dem jedes Walzenpaar in einem Kraftpaket angeordnet sei, das einerseits als solches auswechselbar und mit je einem Produktabführtrichter ausgestattet sei; sollten mehrere Walzenpaare Einsatz finden, dann wären sie gemäß (E9) nebeneinanderliegend anzuordnen;
- obige Überlegungen zusammenfassend sei der hier zu berücksichtigende Stand der Technik nicht als Anreiz dafür anzusehen, den Walzenstuhl so auszugestalten, daß nur jedem zweiten Walzenpaar ein Plansichter zuzuordnen sei, d. h. das Mahlgut ohne Sichtung vom ersten direkt zum darunterliegenden zweiten Walzenpaar zu führen.
VIII. Die Beschwerdeführerinnen beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 334 919 sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise mit der Maßgabe, daß das Patent gemäß einem der Hilfsanträge 1 bis 6, eingegangen am 19. Dezember 2001 oder einem der Hilfsanträge 7 bis 9, eingegangen am 18. Februar 2003, aufrechterhalten wird.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Hauptantrag
2. Stand der Technik, Aufgabe, Lösung
2.1. Trotz gegenteiliger Ausführungen seitens der Beschwerdeführerinnen ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, daß (E9) und nur sie den Ausgangspunkt der beanspruchten Erfindung bilden kann und zwar aus den nachfolgend genannten Gründen.
2.2. (E9) ist schon in der Beschreibungseinleitung, vgl. EP-B1-0 334 919, Spalte 1, Absatz 1, als gattungsnächster und den Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1 bildender Stand der Technik herausgestellt worden, wobei die der Streitpatentschrift entnehmbare Aufgabenstellung vor diesem Hintergrund formuliert worden ist. Ohne die Präsentation überzeugender, nachvollziehbarer Gründe seitens der Beschwerdeführerinnen ist somit nicht von einem anderen z. B. viel älteren Stand der Technik auszugehen, zumal die Beschwerdeführerinnen nicht darlegen konnten, warum nicht von einem moderenen Walzenstuhl - hier gemäß (E9) - auszugehen sei.
2.3. Zutreffend wird in der Einleitung der Streitpatentschrift die Hochmüllerei in den Vordergrund gestellt, also ein Verfahren mit schonendem Angriff auf das Getreidekorn, das es zu vermahlen gilt, aber gekoppelt mit einer hohen Wiederholungszahl dieser schonenden Mahlvorgänge z. B. 15 bis 20. Im Gegensatz hierzu steht die Flachmüllerei, bei der das Korn in wenigen Vorgängen - demnach nicht schonend - ausgemahlen wird, Stichworte "Omas Mühle, Müslimühle".
2.4. Von einem Walzenstuhl, der auf dem System der Hochmüllerei basiert, geht die vorliegende Erfindung aus, indem sie gemäß Streitpatentschrift Spalte 2, Zeilen 39 bis 47, die Aufgabe lösen will, die Wirtschaftlichkeit der Mühle zu verbessern und zwar bei hoher Mahlqualität bzw. -quantität.
2.5. Diese der Streitpatentschrift entnehmbare Aufgabe ist die bei der nachfolgenden Prüfung der Patentfähigkeit des Beanspruchten zu definierende "objektiv zu ermittelnde, technische Aufgabe", was den Vorteil hat, daß ihre Formulierung nicht der Kenntnis der Erfindung bedarf und der Einwand der rückschauenden Betrachtungsweise von vornherein nicht erhebbar ist.
2.6. Die "vollumfängliche" Lösung, vgl. EP-B1-0 334 919, Spalte 3, Zeilen 6 bis 9, der vorstehend zitierten Aufgabe erfolgt mit den Merkmalen des erteilten Anspruchs 1, indem der Walzenstuhl aus zwei Doppeleinheiten/Hälften mit je zwei übereinander angeordneten Walzenpaaren, die durch einen Produktabführtrichter direkt verbunden sind, ausgebildet ist.
2.7. Der beanspruchte 8-Walzenstuhl durchbricht damit die bisherige Lehre, wonach jedem Walzenpaar/Walzspalt eine Siebeinrichtung nachzuschalten wäre, und verändert damit grundlegend die Mahltechnologie, weil das direkte Fördern von einem Walzspalt zum nachfolgenden Einfluß auf den Wärmehaushalt der Mühle hat, indem dem vorgemahlenen Produkt kaum Gelegenheit gegeben wird, abzukühlen und dadurch im nachfolgenden Walzspalt andere Mahlbedingungen geschaffen werden.
2.8. Die weiteren Vorteile des beanspruchten Walzenstuhls sind in seiner vereinfachten Bauweise zu sehen, da zumindest jeder zweite Plansichter gegenüber vorbekanntem Stand der Technik entfallen kann, als direkte Folge der direkten Gutzuführung zum nachfolgenden Walzspalt.
3. Neuheit
3.1. Die Frage der Neuheit des Beanspruchten ist zwischen den Parteien unstrittig und auch seitens der Kammer nicht strittig, so daß sich ins Detail gehende Erörterungen dieser Frage erübrigen. Die entscheidungswesentliche Frage ist somit das Vorliegen/Nichtvorliegen erfinderischer Tätigkeit.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1. Wie vorstehend schon herausgestellt, ist (E9) der gattungsnächste Stand der Technik, wonach ein Walzenstuhl bekannt ist, dessen Walzenpaare zu Paketen zusammengefaßt sind und zwar durch obere und untere Zuganker, dergestalt, daß diese Pakete auf einen Untersatz montierbar sind, welcher Untersatz auch den zugeordneten Produktabführtrichter trägt. Diese Modulbauweise erlaubt den raschen Walzenwechsel und somit die Anpassung des Walzenstuhls an veränderte Aufgaben. Sofern mehrere Walzspalte erforderlich sind, werden die Walzenpakete nebeneinander auf dem Untersatz montiert, so wie dies (E9) für den Fall von vier Walzenpaaren in ihrer Figur 3 bildlich darstellt.
Für die gegenteilige Interpretation der Information "mehrere" Paare von Walzen, vgl. Anspruch 11 oder Seite 13, Zeilen 2/3 der (E9) seitens der Beschwerdeführerinnen und die Vermutung, daß die Produktabführtrichter Bestandteil des Walzenpaketes seien, verbleibt bei Berücksichtigung des tatsächlichen Offenbarungsgehaltes von (E9) kein Raum, weil die gegenteilige Interpretation der (E9) seitens der Beschwerdeführerinnen rückschauender Art und damit zurückzuweisen ist.
4.2. Es ist nun zu untersuchen, ob der weitere Stand der Technik (der durchweg sehr alt ist) für den Fachmann, der vor der Lösung der vorstehend genannten Aufgabe steht, hilfreich ist oder nicht.
4.3. Zunächst sei dabei auf (E14/E15) eingegangen, da argumentiert wurde, daß sie in Kombination mit (E9) zum Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 führten. Bei genauerem Studium dieser Vorveröffentlichungen stößt der Fachmann auf Angaben, die ihn mit Sicherheit davon abhalten, diesen vorbekannten Stand der Technik mit einem modernen Walzenstuhl des Typs (E9) zu verbinden, da gemäß (E14) rechte Spalte, Zeilen 1/2, die erreichbare Ausbeute an Mehl 62 bis 68% sein kann. Die weitere vermeintlich wichtige Information für den Fachmann, wonach gemäß linker Spalte Mitte der (E14) ein Mahlen ohne Absichtung des Gutes vor seinem Eintritt in den nachfolgenden Walzenspalt gelehrt wird, wird durch die heutzutage indiskutable Ausbeute gemäß (E14) so stark relativiert, daß sie nur bei Kenntnis der Erfindung Bedeutung haben kann.
Es kommt hinzu, daß (E14) nur auf einen Vermahlungsplan, nicht aber auf einen Walzenstuhl abgestellt ist. Selbst wenn somit das Merkmal der fehlenden Absichtung berücksichtigt würde, müßte zunächst die Diagonalwalzenanordnung gemäß (E14/E15) verlassen werden, und selbst dann hätte der Fachmann noch keinen 8-Walzenstuhl gemäß Anspruch 1, da zum Erhalt von dessen Gegenstand noch eine Spiegelung angestellt werden müßte. Weiterhin müßte der Walzenstuhl im Eintrittsbereich des Getreides noch auf den heutigen Stand der Technik gebracht werden, indem die Gutzuführung mit Sensor und mit Fremdkörpersicherung ausgestattet wird. Dies zeigt auf, daß es eines weiteren Schrittes bedurft hätte, um zum Beanspruchten zu gelangen, wobei klar ist, daß Sensoren und Fremdkörpersicherungen für sich das Beanspruchte nicht erfinderisch machen könnten. Anspruch 1 verdeutlicht aber, daß diese baulichen Merkmale kombinatorisch eingebunden sind in den beanspruchten 8-Walzenstuhl.
4.4. Die Diagonalanordnung der Walzenpaare, wie sie (E14/E15) entnehmbar ist, ist auch weitgehend Inhalt der (E4), vgl. "Diagonal Roller Mills", (P6), vgl. insbesondere Figur 1, (E22), vgl. Figuren I und III, und (E25), vgl. Figuren 1 und 2, so daß das vorstehend zu (E14/E15) Ausgeführte auch für diesen weiteren Stand der Technik gilt und nicht erkennbar ist, warum der Fachmann die Diagonalwalzenordnung aufgeben sollte und warum er überdies noch eine Spiegelung vornehmen sollte, um einen 8-Walzenstuhl der beanspruchten Art zu erhalten.
4.5. Zu (E24) ist festzuhalten, daß sie wie (E4) und (E22) auf nichtbeanspruchte Flachmahl-Walzenstühle abgestellt ist und von daher ohne Kenntnis der Erfindung nicht in naheliegender Weise auf den beanspruchten Hochmahl-Walzenstuhl hinlenken kann. Zu (E23) ist festzuhalten, daß sie im Hochmahlabschnitt III auf Seite 532 das Vermahlen von Mais (Kukuruz) behandelt, welches laut Gesamtinhalt des Streitpatentes nicht angesprochen ist. Der Verweis auf den Ganz'schen Flachmahlstuhl verdeutlicht wiederum die vom Beanspruchten abliegende Flachmüllerei, so daß auch (E23) und (E24) nicht mit dem Hochmüllerei-Walzenstuhl gemäß (E9) verbindbar sind.
4.6. Zur Diskussion des Sichtens/Siebens gemäß (E12) und (P6) ist festzuhalten, daß dies mit Luftbetrieb, ggf. mit einer zusätzlichen Klopfeinrichtung erfolgt, vgl. (P6) Complete Specification, Seite 2, Zeilen 33/34 bzw. Seite 3, Zeilen 28/29, und (E12), Seite 61 "Object", und daß somit keine Rede davon sein kann, daß die Kombination dieser Druckschriften mit (E9) die Lehre vermittelte, jede zweite Siebung wegzulassen und vielmehr das Gut direkt von einem zum nachfolgenden Walzspalt zu führen, vgl. Kennzeichen des erteilten Anspruchs 1. Damit können (E12) und (P6) auch nicht den besonderen Vorteil des Gegenstandes von Anspruch 1 erzielen, nämlich durch Weglassung von Sieb/Sichteinrichtungen und deren Antrieben, eine erhebliche apparative Vereinfachung des beanspruchten Walzenstuhles herbeizuführen und dessen Wirtschaftlichkeit, Qualitäts- und Quantitätsstandard zu erreichen.
4.7. Es kann zusammengefaßt werden, daß wohl Einzelmerkmale des erteilten Anspruchs 1 aus dem aufgezeigten Stand der Technik entnehmbar sind, ohne jedoch dem Fachmann, der die gegenüber (E9) zu lösende Aufgabe vor Augen hat, Veranlassung zu geben, diese Einzelmerkmale genau zum beanspruchten 8-Walzenstuhl zusammenzufügen.
4.8. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist somit erfinderisch im Sinne der Artikel 54, 56 und 100 a) EPÜ. Anspruch 1 kann daher dem Rechtsbestand des Streitpatentes begründen.
Die erteilten Ansprüche 2 bis 7 betreffen vorteilhafte Ausgestaltungen das Gegenstandes von Anspruch 1, so daß auch sie als abhängige Ansprüche rechtsbeständig sind.
Hilfsanträge
5. Bei gewährbarem Hauptantrag erübrigt sich ein Eingehen auf die Hilfsanträge, die deshalb auch nicht wiedergegeben sind.
6. Rückzahlung der Beschwerdegebühr
Gemäß Regel 67 EPÜ ist die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, wenn die Beschwerdekammer der Beschwerde stattgibt (und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht). Dies ist bei gewährbarem Hauptantrag nicht der Fall, so daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht gegeben sind und dem entsprechende Antrag nicht stattgegeben werden kann.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.