T 0066/01 () of 15.5.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T006601.20030515
Datum der Entscheidung: 15 Mai 2003
Aktenzeichen: T 0066/01
Anmeldenummer: 95117194.1
IPC-Klasse: B65D 77/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Stapelbarer Palettenbehälter
Name des Anmelders: SOTRALENTZ S. A.
Name des Einsprechenden: PROTECHNA S. A.
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das Patent Nr. 0 718 210 Beschwerde eingelegt.

Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß der im Artikel 100 a) EPÜ genannte Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit der Aufrechterhaltung des Patents in unveränderter Form nicht entgegenstünden.

Die Einspruchsabteilung hat hauptsächlich folgende Entgegenhaltungen berücksichtigt:

D1: DE 94 17 965.1 U und

D2: DE 86 27 708.1 U.

Die verspätet eingereichte Entgegenhaltung

D3: US 3 317 075 A

wurde auf Grund des Artikels 114 (2) EPÜ nicht berücksichtigt.

II. Die Beschwerdeführerin zitierte in ihrer Beschwerdebegründung erneut die Entgegenhaltung D3 und zum ersten Mal zwei neue Entgegenhaltungen

D4: DE 2 346 876 A und

D5: DE 7 333 931 U.

III. Der unabhängige Anspruch 1, wie erteilt, lautet wie folgt:

"Stapelbarer Palettenbehälter (1) mit rechteckförmigem Grundriß, mit einer Palette (2), einem Drahtgittermantel (3) aus horizontalen sowie vertikalen Rundstahlstäben, der sich unter Last ausbaucht, und einem Kunststoffbehälter (4),

wobei der Drahtgittermantel (3) mit seinem unteren Rand an die Palette (2) angeschlossen ist sowie am oberen Rand einen Einfassungsrahmen (5) aufweist und wobei der Kunststoffbehälter (4) sich zumindest im gefüllten Zustand an dem Drahtgittermantel (3) abstützt, dadurch gekennzeichnet, daß die horizontalen Rundstahlstäbe (6) des Drahtgittermantels (3) im Bereich der Grundrißecken (7) sowie mit Abstand von den Grundrißecken (7) konforme, abgekantete, zum Kunststoffbehälter (4) hin gerichtete Versteifungsabschnitte (8) die die Ausbauchungen, die durch das Abstützen des Kunststoffbehälters am Drahtgittermantel verursacht werden, reduzieren, und daß an die Versteifungsabschnitte (8) gerade Abschnitte (9) der horizontalen Rundstahlstäbe (6) anschließen."

Der unabhängige Anspruch 9, wie erteilt, lautet wie folgt:

"Stapelbarer Palettenbehälter (1) mit rechteckförmigem Grundriß, mit einer Palette (2), einem Drahtgittermantel (3) aus horizontalen sowie vertikalen Rundstahlstäben, der sich unter Last ausbaucht, und einem Kunststoffbehälter (4),

wobei der Drahtgittermantel (3) mit seinem unteren Rand an die Palette (2) angeschlossen ist sowie am oberen Rand einen Einfassungsrahmen (5) aufweist, und wobei der Kunststoffbehälter (4) sich zumindest im gefüllten Zustand an dem Drahtgittermantel (3) abstützt, dadurch gekennzeichnet, daß die vertikalen Rundstahlstäbe (12) im Bereich der Grundrißecken sowie mit Abstand von den Grundrißecken in horizontalen Richtung konforme, abgekantete, Versteifungsabschnitte (13, 16) aufweisen, daß die Versteifungsabschnitte (13, 16) derartig ausgebildet sind, daß die Ausbauchungen die durch das Abstützen des Kunststoffbehälters am Drahtgittermantel verursacht werden, reduziert werden daß an die Versteifungsabschnitte (13, 16) gerade Abschnitte (14) der vertikalen Rundstahlstäbe (12) anschließen und daß die Versteifungsabschnitte (13,16) in der Seitenansicht eine U-förmige, V-förmige oder bogenförmige Ausformung (13, 16) bilden."

IV. Am 15. Mai 2003 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

i) Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

ii) Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang gemäß Hilfsantrag I, II oder III, alle am 5. April eingereicht, aufrechtzuerhalten.

V. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Für einen Fachmann bedürfe es keinerlei erfinderischer Überlegung, das aus den Entgegenhaltungen D4 und D5 für Behälter mit durchgehenden Wänden bekannte Konstruktionsprinzip der Stabilisierung eines Behälters durch nach innen gerichtete Versteifungsausformungen der Wände mit einer bestimmten Versteifungstiefe bei den horizontalen bzw. vertikalen Gitterstäben des aus der Entgegenhaltung Dl bekannten Transport- und Lagerbehälters zu verwirklichen und damit zu den Gegenständen der Patentansprüche 1 und 9 des Streitpatents zu gelangen.

Daher beruhten die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VI. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die Entgegenhaltungen D3, D4 und D5 seien nach Ablauf der Einspruchsfrist eingereicht worden und sollten gemäß Artikel 114 (2) EPÜ unberücksichtigt bleiben, da diese zudem vollständig neben der Sache lägen.

Nach der Lehre der Erfindung werde ein stapelbarer Palettenbehälter verwirklicht, bei dem sich der Kunststoffbehälter zumindest im gefüllten Zustand an dem Drahtgittermantel abstütze, wobei sich der Drahtgittermantel unter dieser Belastung ausbauche. Aufgrund der abgekanteten Versteifungsausformungen an dem Drahtgittermantel würden zu große Ausbauchungen beim Aufeinanderstapeln mehrerer Palettenbehälter mit gefülltem Kunststoffbehälter vermieden.

Die Entgegenhaltungen D4 und D5 beträfen aus Kunststoff bestehende Kästen, deren vollflächige Seitenwände sickenartige Versteifungen aufweisen, um eine durch Stapelbelastung hervorgerufene Verformung der Seitenwände zu vermeiden. Mit solchen Kästen haben die Behälter nach der Entgegenhaltung D1 und nach der Erfindung, welche aus einem Kunststoffbehälter und einem diesen abstützenden Drahtgittermantel bestehen, wobei der Kunststoffbehälter und der Drahtgittermantel unter Belastung bis zu gewissen Grenzen Ausbauchungen zulassen, nichts zu tun. Der Fachmann würde daher den Stand der Technik nach den Entgegenhaltungen D4 und D5 nicht mit dem Stand der Technik nach der Entgegenhaltung D1 kombinieren. Einen derartige Kombination würde auch nicht zum Gegenstand des Streitpatents führen, sondern allenfalls dazu, an dem Kunststoffbehälter selbst Versteifungssicken vorzusehen, um störende Ausbauchungen an dessen Seitenwände zu vermeiden.

Daher beruhten die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Entgegenhaltungen D3, D4 und D5

Die Entgegenhaltung D3, welche einen Tragkorb aus Drahtstäben und keinen Drahtgittermantel mit einem Kunststoffbehälter betrifft, der sich zumindest im gefüllten Zustand an dem Drahtgittermantel abstützt, wurde schon im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren als nicht relevant betrachtet und im Hinblick auf Artikel 114 (2) EPÜ nicht berücksichtigt. Die Kammer schließt sich dieser Beurteilung an.

Die Entgegenhaltungen D4 und D5 wurden erstmals mit der Beschwerdebegründung genannt. Sie betreffen stapelbare Behälter mit abgekanteten, zum Inneren des Behälters hin gerichteten Versteifungsabschnitten der Seitenwände zur Erhöhung der Gestaltfestigkeit dieser Behälter. Aufgrund der Tatsache, daß die Entgegenhaltungen D4 und D5 bereits zu Beginn des Beschwerdeverfahrens genannt wurden und weil die durch diese Entgegenhaltungen offenbarten Behälter wegen der Form ihres Wandquerschnitts als relevant angesehen werden, werden diese Entgegenhaltungen im Beschwerdeverfahren berücksichtigt.

2. Erfinderische Tätigkeit

2.1. Ansprüche 1 und 9

2.1.1. Nächstkommender Stand der Technik

Nächstkommender Stand der Technik ist die Entgegenhaltung Dl, auf die sich der Oberbegriff der unabhängigen Patentansprüche 1 und 9 bezieht.

Diese Entgegenhaltung offenbart unbestritten einen stapelbaren Palettenbehälter mit rechteckförmigem Grundriß mit

- einer Palette,

- einem Drahtgittermantel aus horizontalen sowie vertikalen Rundstahlstäben, der sich unter Last ausbaucht, und

- einem Kunststoffbehälter,

wobei der Drahtgittermantel mit seinem unteren Rand an die Palette angeschlossen ist sowie am oberen Rand einen Einfassungsrahmen aufweist und wobei der Kunststoffbehälter sich zumindest in gefülltem Zustand an dem Drahtgittermantel abstützt.

Wie aus Spalte 1, erster Absatz der Streitpatentschrift hervorgeht, dienen solche Palettenbehälter zum Transport von schweren Lasten. Insbesondere im Stapel und im gefüllten Zustand erfährt der Drahtgittermantel des untersten Palettenbehälters mit zunehmender Last zunehmende Beanspruchungen, die zu störenden Ausbauchungen führen.

2.1.2. Aufgabe

Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen aus der Entgegenhaltung D1 bekannten Palettenbehälter so weiter auszubilden, daß störende Ausbauchungen nicht mehr auftreten, d. h. daß unter Last die Ausbauchungen nicht über die Palettenkanten hinausragen.

2.1.3. Lösung

Diese Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 dadurch gelöst, daß die horizontalen Rundstahlstäbe des Drahtgittermantels im Bereich der Grundrißecken sowie mit Abstand von den Grundrißecken konforme, abgekantete, zum Kunststoffbehälter hin gerichtete Versteifungsabschnitte aufweisen, und daß an die Versteifungsabschnitte gerade Absschnitte der horizontalen Rundstahlstäbe anschließen.

Die o. g. Aufgabe wird gemäß Anspruch 9 dadurch gelöst, daß die vertikalen Rundstahlstäbe im Bereich der Grundrißecken sowie mit Abstand von den Grundrißecken in horizontalen Richtung konforme, abgekantete, in der Seitenansicht eine U-förmige, V-förmige oder bogenförmige Ausformung bildende Versteifungsabschnitte aufweisen, und daß an die Versteifungsabschnitte gerade Absschnitte der vertikalen Rundstahlstäbe anschließen.

2.1.4. Zu dieser erfindungsgemäßen Lösung kann aus dem Stand der Technik aus folgenden Gründen keine Anregung entnommen werden:

In der Entgegenhaltung D4 wird ein Kasten aus Kunststoff mit einem rechtwinkligen Boden, zwei senkrechten Längsseitenwänden und zwei senkrechten Querseitenwänden beschrieben, wobei mindestens die beiden Längsseitenwände eine geknickte Zone aufweisen, bei welcher die einzelnen Knickkanten in Längsrichtung der Wände abwechselnd zum Inneren und Äußeren des Kastens gerichtet sind und sich mindestens über einen Teil der Länge und einen Teil der Höhe der Wandung des Gitterkastens erstrecken. Dadurch wird eine verhältnismäßig große Steifigkeit erreicht, so daß der stapelbare Gitterkasten die vertikale Kräfte einer Vielzahl von aufgestapelten Kästen aufnehmen kann, ohne daß sich die Seitenwände verformen.

Aus der Entgegenhaltung D5 ist ein Flaschenkasten aus Kunststoff bekannt, dessen Boden Rippen oder Stege aufweist und dessen, mit Öffnungen versehene und auf der Außenseite Rippen aufweisende, Seitenwände in Ecksäulen übergehen, die unten offen sind und oben durch eine den oberen Kastenrand bildende, um den gesamten Kasten umlaufende Rippe beendet sind. Wenn solche Flaschenkästen in hohen Stapeln übereinander gestapelt werden, ist es erforderlich, daß die Ecksäulen hohe Belastungen in vertikaler Richtung aufnehmen können, siehe Seite 1, zweiter Absatz. Die Ecksäulen 3 weisen zum diesem Zweck zwei durch eine schräge Eckfläche 6 verbundene Seitenflächen 5, 5A auf, die über nach innen abgeschrägte Versteifungsausformungen 7, 7A mit den Seitenwänden 1,2 des Flaschenkastens verbunden sind (vgl. Figur 1).

Die in den Entgegenhaltungen D4 und D5 beschriebenen, für den Transport von Flaschen vorgesehenen Kunststoffkästen dürfen, auch wenn sie übereinander gestapelt sind, d. h. auch wenn die Kunststoffkastenwände unter Druckbelastung stehen, keinerlei Ausbauchen der Seitenwände zulassen, da sonst die zu transportierende Flaschen gefährdet wären. Aus diesem Grund ist das Konstruktionsprinzip der Stabilisierung durch Versteifungsausformungen in den durchgehenden, vollflächigen Kunststoffwänden solcher Kästen nicht auf einen Palettenbehälter nach der Entgegenhaltung D1 übertragbar, dessen Drahtgittermantel unter Last, insbesondere unter Zugbeansprung, sich in gewissen Grenzen ausbaucht. Daher kann der Fachmann den Entgegenhaltungen D4 und D5 keine Anregung dazu entnehmen, wie der Gittermantel gemäß der Entgegenhaltung D1, der an sich unter Belastung verformbar und in gewissen Grenzen ausbauchbar ist, so verbessert werden kann, daß unter Belastung störende, d. h. über die Palettenkanten hinausragende Ausbauchungen, vermieden werden.

2.1.5. Daher beruhen die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 des Streitpatents auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

2.2. Ansprüche 2 bis 8 und 10 bis 19

Das gleiche wie für die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9. gilt auch für die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2. bis 8 und 10 bis 19, welche vorteilhafte Ausgestaltungen der Gegenstände der Ansprüche 1 bzw. 9 darstellen.

3. Die Ansprüche 1 bis 14 haben daher Bestand.

4. Da somit der von der Beschwerdeführerin angezogene Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ nicht greift, ist das Streitpatent aufrechtzuerhalten.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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