T 0017/01 () of 10.7.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T001701.20030710
Datum der Entscheidung: 10 Juli 2003
Aktenzeichen: T 0017/01
Anmeldenummer: 95902030.6
IPC-Klasse: E01C 7/22
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 29 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Herstellen eines zweischichtigen Asphaltbelages
Name des Anmelders: Richter, Elk
Name des Einsprechenden: Teerbau GmbH
Schmitt Asphalttechnik GmbH
Heijmans Infrastructuur & Milieu B.V.
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
Schlagwörter: Neuheit - verneint
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer ist Inhaber des europäischen Patents Nr. 0 730 693 (Anmeldenummer: 95 902 030.6).

II. Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende I, II und III) haben gegen das erteilte Patent Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent mangels Patentfähigkeit gemäß Artikel 100 a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 (1), (2) EPÜ zu widerrufen. Sie haben sich dabei unter anderem auf die folgenden Druckschriften berufen:

D1: Bitumen, 53. Jahrgang 1991; Nr. 4/91; Seiten 162- 165,

D2: Straße und Autobahn 1989, Heft 1/1989; Seiten 20-24 "Re-optimierung der Oberflächeneigenschaften von Asphaltstraßen durch das Remix-Verfahren".

III. Mit Entscheidung vom 10. November 2000 hat die Einspruchsabteilung das europäische Patent widerrufen.

Sie hat ihren Widerruf auf die Druckschriften D1 und D2 gestützt.

IV. Gegen die Entscheidung legte der Beschwerdeführer am 30. Dezember 2000 unter gleichzeitiger Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung wurde am 10. März 2001 eingereicht.

V. Nach Mitteilung der Kammer präsentierte der Beschwerdeführer einen mit 24. Januar 2003 datierten Satz geänderter Ansprüche 1 bis 4, die er während der mündlichen Verhandlung am 10. Juli 2003 zurückzog und durch neue Ansprüche 1 bis 5 ersetzte.

Die geltenden unabhängigen Ansprüche 1, 3 und 5 haben folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zum Herstellen eines zweischichtigen Asphaltbelages, dadurch gekennzeichnet, daß zwei verschiedene Mischgutsorten aus der Asphaltproduktion heiß auf heiß, zwei übereinanderliegende Asphaltschichten bildend, gemeinsam verlegt werden."

"3. Verfahren zum Herstellen eines Asphaltbelages, dadurch gekennzeichnet, dass zwei verschiedene Sorten eines aus einer Asphaltanlage angelieferten Mischguts gemeinsam heiß auf heiß als Deck- und Tragschicht übereinander verlegt werden."

"5. Verfahren zum Herstellen eines Asphaltbelages, dadurch gekennzeichnet, dass zwei verschiedene Sorten eines aus einer Asphaltanlage angelieferten Mischguts gemeinsam heiß auf heiß als Asphaltbinder- und als Asphalttragschicht übereinander verlegt werden."

VI. Die Beteiligten formulierten bei der mündlichen Verhandlung ihre Anträge wie folgt:

Der Beschwerdeführer beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 1 bis 5.

Die Beschwerdegegnerinnen I und III beantragten die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin.

Die Beschwerdegegnerin II war in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten und hat sich auch im schriftlichen Verfahren vor der Kammer nicht beteiligt.

VII. Die vom Beschwerdeführer schriftlich vorgelegten und in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Argumente können wie folgt zusammengefaßt werden:

Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 unterscheide sich von den Druckschriften D1 und D2 durch die kennzeichnenden Merkmale, nach denen zwei verschiedene Mischgutsorten

-heiß auf heiß, zwei übereinanderliegende Asphaltschichten bildend,

-gemeinsam verlegt würden und

sei gegenüber diesen Entgegenhaltungen neu.

Aus D1, Seite 162, rechte Spalte, letzter Absatz gehe hervor, daß die Herstellung eines zweischichtigen Asphaltbelages durch den Einbau der heißen Deckschicht auf eine heiße, nur teilweise verdichtete Binder- oder Tragschicht möglich sei. Die Vorverdichtung der Unterlageschicht führe dazu, daß die zwei Schichten in Abstand hintereinander und somit nicht gemeinsam sowie mit zeitlicher Verschiebung und folglich nur heiß auf warm und nicht, wie im Streitpatent beansprucht, heiß auf heiß übereinander verlegt werden könnten. Eine Vorverdichtung der Asphaltschichten sei in der Streitpatentschrift nicht verlangt - ganz im Gegenteil seien die Asphaltschichten nach dem Streitpatent endverdichtet.

Bei dem auf Seite 162, Abschnitt "Vorschlag für eine verbesserte Konstruktion" der D1 genannten Remix-Plus- Verfahren seien, wie auch auf Seite 21 linke Spalte, Zeilen 2 ff. der D2 bezüglich dieses Verfahrens angegeben, mehrere Variationen möglich. Bei Einsatz von zwei Fertigern - siehe Seite 163, linke Spalte, erster Absatz ff. der D1 - gebe es ein Problem in der Zuführung des Deckschicht-Mischgutes, das zu dem 2. Fertiger mit dem LKW angefahren müsse; dabei fahre der LKW auf dem frisch verlegten Binder und lasse hierin eine Spur zurück, die durch das Deckschichtmischgut ausgeglichen werden müsse. Daraus ergebe sich, daß das Deckschichtmischgut mit zeitlicher Verschiebung und nicht wie im Streitpatent beansprucht gemeinsam mit der 1. Asphaltschicht verlegt würde.

Bei gemeinsamer Wertung von D1 und D2 werde der Fachmann erkennen, daß das in D1 gewählte Verfahren zur Herstellung eines zweischichtigen Asphaltbelages in Verbindung mit der Verlegung der Asphaltschichten im Sinne der in D2 beschriebenen Remix-Plus-Technologie nicht zum Verfahren nach Anspruch 1 führe.

VIII. Die Beschwerdegegnerinnen haben ihrerseits schriftlich und während der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes geltend gemacht:

Druckschrift D1 beschreibe auf Seiten 162 und 163 ein auf der sogenannten Remix-Plus-Technologie basierendes Verfahren zur Herstellung eines Asphaltbelages. Nach dem in rechter Spalte auf Seite 162 vorgebrachten "Vorschlag für eine verbesserte Konstruktion" sei die Herstellung eines zweischichtigen Asphaltbelages unter Ausschaltung einer echten Schichtgrenze durch den Einbau der heißen Deckschicht auf eine heiße Binder- oder Tragschicht unter der sinngemäßen Anwendung der Technologie des Remix-Plus-Verfahrens möglich. Diese Technologie sei beispielsweise in Druckschrift D2, auf Seite 23 beschrieben, dort zeige Abbildung 7 ein Schema des Remix- Plus-Verfahrens zur Herstellung eines zweischichtigen Asphaltbelages, nach dem durch die 1. und die 2. Verteilerschnecke des Remix-Gerätes jeweils das erste und das zweite Asphaltmischgut gemeinsam verlegt würde. Die D2 beinhalte keine Angabe über eine Vorverdichtung des Asphaltmischguts.

Bei Befolgung der Lehre der Druckschrift D1 werde der Fachmann in eine Richtung gedrängt, die ihn zum Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents eindeutig führe. Der Gegenstand dieses Anspruchs sei dann nicht neu.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig

2. Der Beschwerdeführer richtet seine Beschwerde gegen eine erstinstanzliche Entscheidung, mit der das Patent von der Einspruchsabteilung wegen mangelnder Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 gegenüber der Druckschrift D1 widerrufen worden ist und beantragt die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten fünf Patentansprüche, deren Hauptanspruch dem Anspruch 1 in der erteilten Fassung entspricht.

3. Neuheit

3.1. Druckschrift D1 beschreibt auf Seiten 162 und 163 ein auf der Basis der sogenannten Remix-Plus-Technologie entwickeltes Verfahren zur Herstellung eines Asphaltbelages. Nach dem "Vorschlag für eine verbesserte Konstruktion" (rechte Spalte auf Seite 162) ist die Herstellung eines zweischichtigen Asphaltbelages durch den Einbau der heißen Deckschicht auf eine heiße Binder- oder Tragschicht unter der sinngemäßen Anwendung der Technologie des Remix-Plus-Verfahrens möglich. Dem Fachmann ist diese Technologie aus beispielsweise D2 bekannt. Entsprechend dem Schema nach Abbildung 7 auf Seite 23 der D2 umfaßt "Remix-Plus" ein Verfahren zum Herstellen eines zweischichtigen Asphaltbelages, wobei zwei verschiedene Mischgutsorten heiß auf heiß, zwei übereinander liegende Asphaltschichten bildend, gemeinsam verlegt werden.

3.2. Der Beschwerdeführer bestreitet, daß beim bekannten Remix- Plus-Verfahren die zwei Mischgutsorten gemeinsam und heiß auf heiß verlegt werden. Mit Hinweis auf Seite 163 linke Spalte, dritter ganzer Absatz der D1 stützt er seine Auffassung darauf, daß bei Einsatz von 2 Fertigern die zwei Mischgutsorten wegen des vor dem 2. Fertiger rangierenden Lkw mit einer Zeitverschiebung und nicht gemeinsam wie im Anspruch 1 des Streitpatents beansprucht verlegt werden. Nach Ansicht des Beschwerdeführers hat die Zeitverschiebung als Folge, daß die Schichten nur heiß auf warm und nicht heiß auf heiß, wie beansprucht im Anspruch 1 des Patentes, verlegt werden. Zum Unterschied von der teilweise verdichteten Binder- oder Tragschicht nach D1 (Seite 162, rechte Spalte, Zeile 10 und 11 von unten) seien die Mischgutsorten gemäß Streitpatent gemeinsam endverdichtet.

3.3. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.

In D1 ist der "Heiß auf Heiß"-Einbau der zwei Mischgutsorten explizit erwähnt und durch diesen Einbau das Ausschalten einer echten Schichtgrenze erreicht. (Seite 162, rechte Spalte, Zeilen 10 bis 12 von unten).

Wie am Ende des dritten Absatzes auf Seite 163, linke Spalte der D1, wird das Problem mit dem LKW-Rangieren dadurch gelöst, daß "ein Fertiger mit Seitenbeschichtung vom 2. Fahrstreifen aus versorgt wird". Damit entfällt ein Abstand zwischen den Fertigern. Im übrigen ist der Einsatz von zwei Fertigern nur als Alternative zum Beschichten nach dem "Remix-Plus-Verfahren" beschrieben. Bei diesem Verfahren, wie es beispielsweise in Abbildung 7 und der zugehörigen Beschreibung der D2 geoffenbart ist, verlegt eine zweite Verteilerschnecke, die der ersten Verteilerschnecke nachgelagert ist, eine Schicht aus neuem Mischgut über die zuerst verlegte Schicht aus remixtem Material. Die Verlegung der Asphaltschichten erfolgt durch ein Remix-Gerät gemeinsam in einem gleichzeitigen Arbeitsgang. Die Asphaltschichten werden zwar in einem Abstand hintereinander verlegt, jedoch stellt die Kammer fest, daß der Abstand zwischen den Verlegungsstellen der zwei verschiedenen Mischgutsorten beim normalen Verlauf des Verfahrens nicht zum so gravierenden Erkalten der zuerst verlegten Schicht führen kann, daß anstatt für das beanspruchte "Heiß auf Heiß" Verfahren zu dem vom Beschwerdeführer als unzulänglich betrachteten "Heiß-auf- Warm" Einbau gelangt wird. In diesem Zusammenhang bemerkt die Kammer, daß das Streitpatent die Weise, in welcher die Asphaltschichten gemeinsam verlegt werden sollen, nicht offenbart.

Obwohl eine teilweise Verdichtung der zuerst verlegten Asphaltschicht durch ein zwischen den beiden Verteilerschnecken angeordnetes Planierorgan erfolgt, wird beim "Remix-Plus-Verfahren" keine Vorverdichtung der Asphaltschichten verlangt. Es kann den Beschwerdegegnerinnen zugestimmt werden, wenn sie anführen, daß im Streitpatent zur Endverdichtung der Mischgutsorten, wie sie der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung behauptete, nichts zu finden ist.

Da der Vergleich des Gegenstandes des Anspruchs 1 mit dem Gegenstand nach D1 ergibt, daß die D1 bereits ein Verfahren offenbart, bei welchem sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 des strittigen Patents verwirklicht worden sind, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ. Infolgedessen kann dem Antrag des Beschwerdeführers nicht stattgegeben werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen

Quick Navigation