T 1189/00 () of 22.8.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T118900.20020822
Datum der Entscheidung: 22 August 2002
Aktenzeichen: T 1189/00
Anmeldenummer: 95107427.7
IPC-Klasse: B62D 1/10
F16D 1/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Befestigungsvorrichtung für ein Fahrzeuglenkrad
Name des Anmelders: TRW Occupant Restraint Systems GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: John Grahame Marshall
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Klarheit der im Einspruchsverfahren geänderten Ansprüche - Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 7 (verneint)
Neuheit - Hilfsantrag 8 (verneint), Hilfsantrag 9 (bejaht)
Entscheidung über die Beschwerde - Ermessensausübung - Zurückverweisung (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der von dem Beschwerdegegner (Einsprechenden) gegen das europäische Patent Nr. 685 379 eingelegte, auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (fehlende Neuheit, fehlende erfinderische Tätigkeit) im Hinblick auf die Druckschriften

D1: EP-A-0 260 202

D2: DE-A-4 013 810

D3: DE-A-2 901 024

D4: US-A-4 628 758

D5: JP-A-2-133955

D6: JP-A-63-111042

gestützte Einspruch führte zum Widerruf des Patents durch die am 10. Oktober 2000 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung mangels Neuheit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 im Hinblick auf die D1.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 18. Dezember 2000 bei gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 20. Februar 2001 eingegangen.

III. Am 22. August 2002 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents mit dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 7, jeweils eingegangen am 19. Juli 2002, weiter hilfsweise auf der Basis der Anspruchsfassungen gemäß den vorstehenden Anträgen unter Streichung des Teilsatzes (aus allen unabhängigen Ansprüchen), "ohne daß ein Zugang in das Innere der Lenkradnabe erforderlich ist".

Der Beschwerdegegner beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 gemäß Hauptantrag haben folgenden Wortlaut:

"1. Befestigungsvorrichtung für ein Fahrzeuglenkrad (10), bei der eine drehfeste Verbindung zwischen Lenkrad (10) und Lenkwelle (22) durch ineinandergreifende Kerbverzahnungen hergestellt ist, wobei an der Nabe des Lenkrades eine Verbindungshülse (12) befestigt ist, die innenseitig mit einer der Kerbverzahnungen versehen und auf das außenseitig mit der anderen Kerbverzahnung versehene Ende der Lenkwelle (22) aufgeschoben ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Verbindungshülse (12) wenigstens einen axialen Schlitz (14) aufweist und daß an dem wenigstens einen axialen Schlitz (14) Führungsmittel (16) für eine Spannschraube (18) angebracht sind, mittels welcher die Verbindungshülse (12) durch Verengung des axialen Schlitzes (14) auf dem Ende der Lenkwelle (22) verspannbar ist, so daß das Lenkrad (10) und die Lenkwelle (22) in Richtung ihrer gemeinsamen Achse durch Verspannen der Kerbverzahnungen quer zu dieser Achse aneinander festgelegt sind, ohne daß ein Zugang in das Innere der Lenkradnabe erforderlich ist.

2. Befestigungsvorrichtung für ein Fahrzeuglenkrad (10), bei der eine drehfeste Verbindung zwischen Lenkrad (10) und Lenkwelle (22) durch ineinandergreifende Kerbverzahnungen hergestellt ist, wobei an der Nabe des Lenkrades eine Verbindungshülse (12") befestigt ist, die auf das außenseitig mit einer der Kerbverzahnungen versehene Ende der Lenkwelle (22) aufgeschoben ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Verbindungshülse (12") quer zur Achse einen Ausschnitt (40) aufweist, in den ein Spannbügel (42) einsetzbar ist, daß der Spannbügel (42) innenseitig mit der anderen Kerbverzahnung (46) versehen und das außenseitig mit der einen Kerbverzahnung versehene Ende (24) der Lenkwelle (22) in die Verbindungshülse (12") eingeschoben ist und daß der Spannbügel (42) durch wenigstens eine Spannschraube (18a, 18b) an der Verbindungshülse (12") befestigt und gegen die Kerbverzahnung am Ende der Lenkwelle (22) verspannt ist, so daß das Lenkrad (10) und die Lenkwelle (22) in Richtung ihrer gemeinsamen Achse durch Verspannen der Kerbverzahnungen quer zu dieser Achse aneinander festgelegt sind, ohne daß ein Zugang in das Innere der Lenkradnabe erforderlich ist."

Der Hilfsantrag 1 umfaßt drei unabhängige Patentansprüche. Der Anspruch 1 bzw. 2 enthält neben dem vollständigen Wortlaut des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag noch den Zusatztext

"wobei am Ende der Lenkwelle (22) ein radial verengter Zentrieransatz (26) gebildet ist, der formschlüssig in eine Verengung in der Verbindungshülse (12) eingreift."

bzw. den Zusatztext

"wobei die Lenkwelle (22) mit einer Anschlagschulter (22a) für die Verbindungshülse (12) versehen ist, um eine definierte axiale Position des Lenkrads (10) auf der Lenkwelle (22) zu erreichen."

Der Anspruch 3 des Hilfsantrags 1 entspricht unverändert dem Anspruch 2 nach dem Hauptantrag.

Die unabhängigen Ansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag 2 entsprechen den Ansprüchen 1 bis 3 nach dem Hilfsantrag 1, wobei im Anspruch 3 am Anfang des kennzeichnenden Teils das Merkmal

"daß die Verbindungshülse (12") innenseitig keine Kerbverzahnung aufweist".

eingefügt wurde.

Die Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 3 enthält die unabhängigen Ansprüche 1 und 2, die den Ansprüchen 2 und 3. des Hilfsantrags 2 entsprechen.

Die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags 4 stimmen im Wortlaut mit dem Text der Ansprüche 1 und 3 des Hilfsantrags 2 überein.

Der einzige unabhängige Anspruch gemäß Hilfsantrag 5 entspricht unverändert dem Anspruch 2 des Hauptantrags.

Der einzige unabhängige Anspruch nach dem Hilfsantrag 6 entspricht vollständig dem Anspruch 3 nach Hilfsantrag 2.

Die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag 7 entsprechen bezüglich ihres technischen Inhalts sinngemäß den Ansprüchen 1 und 2 nach dem Hauptantrag.

Nach den weiteren, in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträgen 8 bis 15 gelten alle Anspruchsfassungen gemäß den vorstehenden Anträgen unter Streichung des dort in allen unabhängigen Ansprüchen vorhandenen Teilsatzes

"ohne daß ein Zugang in das Innere der Lenkradnabe erforderlich ist"

IV. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin läßt sich in etwa wie folgt zusammenfassen:

Das in allen unabhängigen Ansprüchen des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 7 enthaltene Teilmerkmal "ohne daß ein Zugang in das Innere der Lenkradnabe erforderlich ist" sei unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents hinreichend klar und deutlich und bedeute nichts anderes, als daß die Spannschraube zur Befestigung des Lenkrades auf der der Lenkwelle zugewandten Seite des Lenkrades, d. h. auf der Seite der Lenkradnabe liegt und nicht innerhalb des für die Anordnung eines Airbags freizuhaltenden Raumes des Lenkrads. Der genannte Teilsatz verstoße daher nicht gegen die Anforderungen gemäß Artikel 84 EPÜ. Dies gelte auch für die weiteren in den Ansprüchen verwendeten, in ihrer Bedeutung eindeutig auslegbaren Fachausdrücke, wie z. B. "Lenkradnabe".

Im Hinblick auf die vom Beschwerdegegner bestrittene Neuheit des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag sei zu berücksichtigen, daß beim Streitpatent die Führungsmittel für die Spannschraube am axialen Schlitz der Verbindungshülse angeordnet seien, während bei der Lenkradbefestigung nach der D1 die Spannschraube in der Lenkradnabe 56 und somit nicht am Schlitz der Verbindungshülse 55 geführt sei. Weiterhin sei der D1 nicht eindeutig das beim Streitpatent vorhandene weitere Merkmal zu entnehmen, daß die drehfeste Verbindung zwischen Lenkrad und Lenkwelle durch ineinandergreifende Kerbverzahnungen hergestellt werde, denn in Spalte 6, Zeile 27 der D1 sei in diesem Zusammenhang auf ein Gewinde verwiesen.

Die Neuheit der Befestigungsvorrichtungen nach den unabhängigen Ansprüchen 1 und 2 gemäß Hilfsantrag 9, der abgesehen vom jeweils gestrichenen Teilsatz am Anspruchsende den Ansprüchen 1 und 2 des Hilfsantrags 1 entsprächen, könne schon allein aufgrund der in diesen Ansprüchen aufgeführten Zusatzmerkmale offensichtlich nicht in Frage gestellt werden. Die Neuheit des Gegenstandes nach dem weiteren unabhängigen Anspruch 3 sei unbestritten.

Im übrigen werde beantragt, die von der Einspruchsabteilung noch nicht überprüften, gegenüber den erteilten Unterlagen geänderten Anspruchsfassungen zur weiteren Prüfung an die erste Instanz zurückzuverweisen.

V. Der Beschwerdegegner argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Alle vorliegenden Anspruchsfassungen seien im Sinne von Artikel 84 EPÜ unklar, insbesondere gelte dies im Hinblick auf den in den Ansprüchen gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 7 aufgeführten, zusätzlichen Teilsatz. Da im Anspruchswortlaut nicht zum Ausdruck komme, was mit dem Begriff "Nabe" gemeint ist, sei auch unklar, was in diesem Teilsatz das "Innere der Lenkradnabe" bedeuten solle. Der Teilsatz könne daher den Schutzumfang der Ansprüche nicht einschränken. Auch das in dem Teilsatz enthaltene Wort "erforderlich", sei bezüglich seiner Bedeutung unklar, wobei in diesem Zusammenhang auch auf die Druckschriften D5 und D6 verwiesen werde, in denen prinzipiell ähnliche Lenkradbefestigungen gezeigt seien.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 8 werde durch die Ausführungsform nach den Figuren 7 bis 9 der D1 neuheitsschädlich vorweggenommen. In der Beschreibung dieser Figuren sei in Übereinstimmung mit dem beanspruchten Gegenstand mehrfach auf die Anordnung von Kerbverzahnungen und nur ein einziges Mal offensichtlich versehentlich auf das Vorhandensein eines Gewindes verwiesen. Auch die weiteren Merkmale seien aus der D1 bekannt.

Auch der den "Zentrieransatz am Ende der Lenkwelle" bzw. die "Anschlagsschulter an der Lenkwelle" betreffende Zusatztext der Ansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag 9 enthalte nichts Neues gegenüber der Ausführung gemäß Figuren 7 bis 9 der D1, da dort das Lenkrad ebenfalls auf einem radial verengten Ansatz der Lenkwelle zentriert werde und die als Verbindungshülse auszulegende Nabe 56 gemäß Figur 7 der D1 gegen eine Anschlagsschulter der Lenkwelle anliege.

Was die erfinderische Tätigkeit anbelange, gehöre es ausgehend von der D3 zum allgemeinen Fachwissen, wie dies den Druckschriften D2 sowie (D7) US-A-4 728 218, (D8) DE-C-921 902, (D9) DE-C-444 959 und (D10) DE-A-3 433 635 zu entnehmen sei, die Drehmomentübertragung zwischen einer Welle und einer Hülse über Kerbverzahnungen im Sinne des Streitpatents zu bewerkstelligen. Es werde eine abschließende Entscheidung der Beschwerdekammer beantragt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ. Sie ist zulässig.

2. Hauptantrag

2.1. Zulässigkeit der Änderungen

Die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 unterscheiden sich vom Text der Ansprüche 1 und 2 in der erteilten Fassung im wesentlichen durch die Anfügung des Teilsatzes "ohne daß ein Zugang in das Innere der Lenkradnabe erforderlich ist".

Nach der Beispielsbeschreibung der Figuren 1 bis 3 des Streitpatents ist unter dem Begriff "Nabe des Lenkrades" der in der Figur 2 dargestellte mittlere topfförmige Bereich des Lenkrades zu verstehen, an dessen Boden die Verbindungshülse 12 angeschweißt ist. In den Ansprüchen 1 und 2 ist jedoch die Form des Lenkrades selbst nicht näher definiert, so daß für die beanspruchte Befestigungsvorrichtung alle bekannten Lenkradformen, d. h. sowohl topfförmige als auch flache Lenkräder in Frage kommen. Zumindest bei von der Verbindungshülse trennbaren Lenkrädern ohne mittige Bohrung, ist jedoch die Bedeutung der mit dem angefügten Teilsatz eingeführten Bedingung "ohne daß ein Zugang in das Innere der Lenkradnabe erforderlich ist" im Hinblick auf die beim Streitpatent in Spalte 1, Zeile 10 bis Spalte 2, Zeile 10 angegebene Problemstellung (nämlich die Freihaltung der dem Fahrer zugewandten Seite der Lenkradnabe von jeglichen Befestigungsmitteln für das Lenkrad, um die komplett vormontierte, aus Lenkrad und integriertem Airbag-Modul bestehende Baugruppe auf der Lenkradwelle befestigen zu können) unverständlich, da diese Bedingung bei solchen Lenkrädern auch dann erfüllt ist, wenn diese keinen abdeckbaren, zum Einbau z. B. eines Airbag-Moduls dienenden Innenraum aufweisen. Dieser Teilsatz macht daher den Inhalt der Ansprüche 1 und 2 im Sinne von Artikel 84 EPÜ unklar.

Die Ansprüche 1 und 2 nach dem Hauptantrag entsprechen aus diesem Grund nicht den Anforderungen gemäß Artikel 84 EPÜ und sind nicht zulässig.

3. Hilfsanträge 1 bis 7

Zulässigkeit der Änderungen

Der Teilsatz "ohne daß ein Zugang in das Innere der Lenkradnabe erforderlich ist", ist auch in allen unabhängigen Ansprüchen der Anspruchsfassungen gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 7 enthalten, so daß die in Verbindung mit dem Hauptantrag festgestellte Unklarheit im Sinne von Artikel 84 EPÜ auch bei den Anspruchsfassungen nach den Hilfsanträgen 1 bis 7 besteht, die daher ebenfalls nicht zulässig sind.

4. Hilfsantrag 8

4.1. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag 8, die den in Rede stehenden Teilsatz nicht mehr enthalten, entsprechen der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden, erteilten Anspruchsfassung, abgesehen von der Berichtigung eines offensichtlichen Fehlers.

4.2. Neuheit

Anspruch 1

Die Befestigungsvorrichtung nach den Figuren 7 bis 9 der D1 weist eine Lenkradnabe 56 auf, innerhalb der eine längsgeschlitzte Verbindungshülse 55 durch Klemmung reibschlüssig gehalten ist. Eine solche reibschlüssige Klemmung wird von dem Merkmal des Anspruchs 1, daß an der Nabe des Lenkrades eine Verbindungshülse befestigt ist, mit umfaßt. Im Gegensatz zur Ansicht der Beschwerdeführerin, daß unter dem Begriff "Befestigung" nur nicht lösbare Verbindungen, wie z. B. mittels Verschweißen, zu verstehen seien, fallen nach Auffassung der Beschwerdekammer unter den Begriff "befestigt ist" auch Verbindungen durch Verschrauben, Verklemmen usw..

Weiterhin offenbart die D1 in Übereinstimmung mit dem Anspruch 1 des Streitpatents einen axialen Schlitz 70 der Verbindungshülse 55, an dem Führungsmittel für die Spannschraube 65 angebracht sind. Nach der Figur 8 der D1 wird die Schraube 65 in den Bohrungen 64A, 64B der Klemmlaschen 61A, 61B der Lenkradnabe geführt. Die die Führungsmittel für die Spannschraube 65 darstellenden Klemmlaschen sind, funktionell gesehen, am axialen Schlitz 70 der Verbindungshülse 55 angebracht und verspannen die letztere durch Verengung des Schlitzes gegen die Lenkradwelle 51. Im Anspruch 1 des Streitpatents ist nicht gefordert, daß die Führungsmittel für die Spannschraube mit der Verbindungshülse einteilig ausgebildet sind, wie dies im Ausführungsbeispiel des Streitpatents gezeigt ist. Das Anspruchsmerkmal "an dem axialen Schlitz angebrachte Führungsmittel für eine Spannschraube" ist daher durch die bekannte Ausführung gemäß D1 ebenfalls vorweggenommen. Auch die im Streitpatent beanspruchte Verbindung zwischen Lenkrad und Lenkradwelle durch ineinandergreifende Kerbverzahnungen ist in der Ausführung gemäß Figuren 7 bis 9 der D1 offenbart. In der Beschreibung, Spalte 5, Zeilen 45, 46 und 57 der D1 wird ausdrücklich auf eine Kerbverzahnung (partie ... cannelée 51, manchon 55A cannelée) verwiesen, während in Spalte 6, Zeile 27 offensichtlich versehentlich die Verzahnung als "partie filetée 51", d. h. mit Gewinde versehenes Element bezeichnet ist. Daß es sich bei dieser Angabe um ein Versehen handelt, ist auch dadurch erkennbar, daß bei der in Rede stehenden Klemmverbindung eine mit Gewinde versehene Oberfläche offensichtlich unpassend ist. Bei der bekannten Befestigungsvorrichtung nach den Figuren 7 bis 9 der D1 werden somit das Lenkrad und die Lenkwelle durch Verspannen der Kerbverzahnungen quer zu ihrer gemeinsamen Achse aneinander festgelegt.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher durch die Befestigungsvorrichtung nach D1 neuheitsschädlich vorweggenommen, und der Hilfsantrag 8 ist nicht gewährbar.

5. Hilfsantrag 9

5.1. Zulässigkeit der Änderungen

Anspruch 1

Der Anspruch 1 unterscheidet sich vom Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 im wesentlichen durch den am Ende des Anspruchs angefügten, den Zentrieransatz betreffenden Zusatztext, der dem Inhalt des ursprünglichen Anspruchs 8 (erteilten Anspruchs 6) entspricht.

Im unabhängigen Anspruch 2 ist anschließend an den Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 der Zusatztext

"mit einer Anschlagschulter (22a) für die Verbindungshülse (12) versehen ist, um eine definierte axiale Position des Lenkrads (10) auf der Lenkwelle (22) zu erreichen"

angefügt, welcher sinngemäß in der ursprünglichen Beispielsbeschreibung in Verbindung mit der Figur 4 offenbart ist.

Der unabhängige Anspruch 3 entspricht im wesentlichen dem Anspruch 2 der erteilten Unterlagen.

Die unabhängigen Ansprüche 1, 2 und 3 entsprechen daher unbestritten den Anforderungen von Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.

5.2. Neuheit

5.2.1. Anspruch 1

Gemäß dem Zusatztext des Anspruchs 1 wird beim Streitpatent am Ende der (mit einer Kerbverzahnung versehenen) Lenkwelle 22 ein radial verengter Zentrieransatz 26 gebildet, der formschlüssig in eine Verengung in der Verbindungshülse 12 eingreift. Im Anspruch 1 ist daher deutlich angegeben, daß der radial verengte Zentrieransatz nicht dem mit der Kerbverzahnung versehenen Ende der Lenkwelle gleichzusetzen ist, sondern sich mit einem gegenüber dem verzahnten Lenkwellenabschnitt kleineren Durchmesser diesem Abschnitt anschließt. Bei der D1 ist an dem mit der Kerbverzahnung versehenen Ende der Lenkwelle 51, wie aus der Figur 7 der D1 ersichtlich, kein weiterer Ansatz vorhanden. Der mit der Kerbverzahnung versehene, gegenüber der unverzahnten Lenkwelle verengte Lenkwellen-Endbereich 51 bei der D1 entspricht offensichtlich nicht dem im Anspruch 1 des Streitpatents definierten Zentrieransatz, so daß der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber der D1 offensichtlich neu ist.

Bei der Verbindung nach der D2 erfolgt die axiale Sicherung des Aufnahmeteils 1 auf der Lenkspindel 3 mittels einer in eine Nut 10 (Figur 3) der Lenkspindel eingreifenden Klemmschraube 11 (Figur 6) und somit nicht mittels eines beim Streitpatent geforderten Zentrieransatzes.

Auch die weiteren Entgegenhaltungen offenbaren offensichtlich keinen radial verengten Zentrieransatz im Sinne des Streitpatents in Kombination mit einer Klemmverbindung der beanspruchten Art.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher im Vergleich zum insgesamt aufgedeckten Stand der Technik neu.

5.2.2. Anspruch 2

Bei der D1 (Fig. 7) weist zwar die Lenkwelle 51 ebenfalls eine Anschlagsschulter 52 zur Bestimmung der axialen Position des Lenkrads 57 auf der Lenkwelle auf, jedoch stellt bei der D1 im Gegensatz zum Streitpatent nicht die mit der Kerbverzahnung versehene Verbindungshülse (Zwischenstück 55A) den lenkradseitigen Gegenanschlag dar, sondern ein Querstück 71 der Lenkradnabe 56. Der Gegenstand des Anspruchs 2 ist somit im Vergleich zur Befestigungsvorrichtung nach der D1 neu.

Bei den weiteren aus dem Stand der Technik bekannten Befestigungsvorrichtungen (vgl. D5, Figur 5 bzw. D6, Figur 6), bei denen zur Festlegung der axialen Position des Lenkrads auf der Lenkwelle eine Anschlagsschulter für die Lenkwelle vorgesehen ist, handelt es sich unbestritten nicht um Befestigungsvorrichtungen mittels einer geschlitzten Verbindungshülse der im Streitpatent beanspruchten Art.

Die Befestigungsvorrichtung nach dem unabhängigen Anspruch 2 ist daher ebenfalls neu.

5.2.3. Anspruch 3

Der Gegenstand des Anspruchs 3, der dem des erteilten unabhängigen Anspruchs 2 entspricht, ist unbestritten neu, da der insgesamt aufgedeckte Stand der Technik keine Spannbügelbefestigung des Lenkrades auf der Lenkwelle offenbart.

5.2.4. Die unabhängigen Ansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag 9 entsprechen daher den Anforderungen gemäß Artikel 54 EPÜ.

6. Zurückverweisung an die erste Instanz

Die Einspruchsabteilung hat in der angefochtenen Entscheidung zur Patentwürdigkeit des dem damaligen unabhängigen Anspruch 2 entsprechenden Anspruchs 3 nach Hilfsantrag 9 und zu den im Beschwerdeverfahren eingeschränkten unabhängigen Ansprüchen 1 und 2 nach dem Hilfsantrag 9 noch nicht Stellung genommen bzw. nehmen können.

Nach Artikel 111 (1) EPÜ steht es im Ermessen der Beschwerdekammer, ob sie in der Sache selbst entscheidet oder ob sie sie an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverweist. Im vorliegenden Falle hat die Beschwerdekammer im Interesse eines insgesamt effizienten und zügigen Verfahrens es als sachdienlich angesehen, über die Neuheit der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 bis 3 nach dem Hilfsantrag 9 zu entscheiden, obwohl diese Ansprüche in der angefochtenen Entscheidung weder auf Neuheit noch auf erfinderische Tätigkeit abschließend geprüft wurden.

Insbesondere im Hinblick auf den von der Beschwerdeführerin hilfsweise gestellten Antrag, die Sache an die erste Instanz zurückzuverweisen, wäre es mit dem Grundsatz der Billigkeit jedoch nicht vereinbar, auch schon die von der Einspruchsabteilung noch nicht geprüfte erfinderische Tätigkeit vor der Beschwerdekammer abschließend zu entscheiden. Demnach macht die Kammer von der ihr in Artikel 111 EPÜ eingeräumten Befugnis Gebrauch, die Sache zur weiteren Prüfung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Prüfung zurückverwiesen.

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