European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T103400.20030709 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 09 Juli 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1034/00 | ||||||||
Anmeldenummer: | 93107650.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65B 31/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Arbeitsstation einer Verpackungsmaschine mit bewegbarem Unterteil | ||||||||
Name des Anmelders: | MULTIVAC SEPP HAGGENMÜLLER KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Convenience Food Systems Wallau GmbH & Co. KG. CFS GmbH Kempten |
||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Verspätetes Vorbringen; Zurückverweisung (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführer I und II (Einsprechender I und II) haben gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des Patents Nr. 0 569 937 in geändertem Umfang Beschwerde eingelegt.
Gemäß der Zwischenentscheidung blieb eine von dem Einsprechenden I verspätet vorgebrachte offenkundige Vorbenutzung durch Verkauf einer Verpackungsmaschine mit einer Hubvorrichtung gemäß Zeichnung 700 E 052 an die Fa. FG Frischwarengesellschaft mbH (im folgenden: Vorbenutzung a)) mangels fehlender Relevanz unberücksichtigt.
Von den von dem Einsprechenden II behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen, nämlich einer mit der Einspruchsbegründung behaupteten Zurschaustellung einer Arbeitsstation der Fa. Verpaco AG auf der Messe "Interpack 1990" (im folgenden: Vorbenutzung b)) und einer mit Eingabe vom 14.04.2000 behaupteten Lieferung einer Verpackungsmaschine mit einer derartigen Arbeitsstation an die Molkerei Krakau in Krakau (im folgenden: Vorbenutzung c)) wird in der Zwischenentscheidung nur auf die Vorbenutzung b) eingegangen. Der für jede dieser beiden behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen angebotene Zeuge wurde nach dem Protokoll über die Beweisaufnahme ausschließlich zu der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung b) vernommen. Diese behauptete offenkundige Vorbenutzung, von der sich bei der Zeugeneinvernahme herausstellte, daß der als offenkundig vorbenutzt behauptete Gegenstand nicht mit demjenigen der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) sondern mit demjenigen einer weiter von der Einsprechenden II behaupteten offenkundigen Vorbenutzung d) übereinstimmt, blieb als nicht erwiesen unberücksichtigt.
Die weiter von dem Einsprechenden II mit Eingabe vom 14.04.2000. behauptete offenkundige Vorbenutzung d) betrifft Lieferungen einer Hubeinheit 6000 der Fa. Verpaco AG. Als Beweis hierfür wurde der gleiche Zeuge wie für die beiden anderen von dem Einsprechenden II behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen angeboten. In der angefochtenen Zwischenentscheidung wird auf diese behauptete offenkundige Vorbenutzung nicht eingegangen.
II. Am 9. Juli 2003 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
i) Die Beschwerdeführer I und II beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents, hilfsweise die Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz.
ii) Der Beschwerdegegner beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz.
III. Anspruch 1
Der der Zwischenentscheidung zugrundeliegende geänderte Anspruch 1 lautet wie folgt:
"Arbeitstation (1, 2, 3) integriert in eine Verpackungsmaschine mit einem Oberteil (6) und einem in eine abgesenkte Stellung senkbaren bzw. in eine angehobene Stellung anhebbaren Unterteil (7) und einer Hubeinrichtung zum Ausführen der Bewegung des Unterteils mit wenigstens einem Paar parallel zueinander ausgerichteter Führungsstangen (9, 10, 11), die an ihrem oberen Ende fest mit dem Oberteil (6) und an ihrem unteren Ende fest mit einem Joch (18) verbunden sind, auf den Führungsstangen (9, 10, 11) laufenden Führungsbuchsen (23), die mit dem Unterteil (7) verbunden sind, mit einem Kniehebelsystem (24, 25), welches mit den Führungsbuchsen (23) verbunden ist und welches so angebracht ist, daß es in der gewinkelten Stellung das Unterteil über die Führungsbuchsen in der unteren Stellung und in seiner gestreckten Stellung in der obersten Stellung hält und einer Kolben- Zylindereinrichtung (33) mit dem Kolben bzw. dem Zylinder zugeordneten Angriffspunkten, von denen der eine mit dem Joch (18) und der andere mit dem Kniehebelsystem (24, 25) verbunden ist, wobei der eine äußere Drehpunkt des Kniehebelsystems mit der Führungsbuchse und der andere äußere Drehpunkt mit der Führungsstange mittels eines Drehlagers verbunden sind und wobei an jeder Seite der Arbeitsstation (1) eine erste und eine zweite Führungsstange vorgesehen sind, die jeweils durch die mit der Führungsstange verbundenen Schenkel bildende Hubwellen (19) untereinander verbunden sind".
IV. Die Beschwerdeführer I und II haben im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:
i) Im Hinblick auf die Arbeitsstation nach Anspruch 1 seien die behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen a), c) und d) relevant.
Gegenüber der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) sei die Arbeitstation nach Anspruch 1 nicht neu.
Ausgehend von den übrigen behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen a) und d) als nächstkommenden Stand der Technik käme der Fachmann, bspw. um die Arbeitstation versteift auszubilden, in naheliegender Weise zu dem Aufbau der Arbeitstation nach dem Anspruch 1.
ii) Keines der verspäteten Vorbringen zu den behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen a), c) und d) könne als ein taktischer Mißbrauch des Verfahrens angesehen werden.
Die diesbezüglichen Tatsachen und Beweismittel seien nämlich jeweils sofort eingereicht worden, nachdem von ihnen Kenntnis erlangt worden sei. Im Hinblick auf die behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen c) und d) sei auch zu berücksichtigen, daß diese nicht auf die Einsprechende II zurückgingen, sondern auf die mittlerweile in Konkurs gegangene Fa. Verpaco. Somit sei es nicht ohne weiteres möglich gewesen, Kenntnis über diese Vorbenutzung zu erlangen.
iii) Die Berücksichtigung dieser behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen vor der Einspruchsabteilung hätte auch zu keiner Verfahrensverzögerung geführt. Da als Nachweis für die behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen c) und d) jeweils der gleiche Zeuge (Herr Schröck) genannt worden sei, hätte eine Zeugeneinvernahme in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, in der dieser Zeuge ohnedies betreffend die behauptete offenkundige Vorbenutzung b) einvernommen worden sei, einvernommen werden können, ohne daß es dadurch zu einer Verfahrensverzögerung gekommen wäre. Dies gelte umsomehr als zu Beginn der mündlichen Verhandlung davon auszugehen gewesen sei, daß die Arbeitsstationen nach den behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen b) und c) sachlich miteinander übereinstimmten, so daß sich diese behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen nur hinsichtlich der Art unterschieden, auf die sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden seien.
Die Berücksichtigung der behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen a), c) und d) vor der Einspruchsabteilung hätte auch der Rechtssicherheit für Dritte gedient, weil eine Überprüfung der Patentfähigkeit eines Anspruchs nur dann vollständig sei, wenn der gesamte verfügbare relevante Stand der Technik berücksichtigt werde.
V. Der Beschwerdegegner hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:
i) Im Hinblick auf die Arbeitsstation nach Anspruch 1 sei keine der behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen a), c) und d) relevant.
Von der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) unterscheide sich die Arbeitstation nach dem Anspruch 1 durch wesentliche Merkmale. Die behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen a) und d) lägen noch weiter ab.
ii) Die Umstände, unter denen die behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen a), c) und d) verspätet vorgebracht worden seien, seien als taktischer Mißbrauch anzusehen.
Die diesbezüglichen Tatsachen und Beweismittel seien nämlich zum einen nicht innerhalb der Einspruchsfrist eingereicht worden und verspätet auch nicht jeweils dann, wenn von ihnen Kenntnis erlangt worden sei. Vielmehr sei der Patentinhaberin zeitweise Information vorenthalten worden, weil diese lediglich scheibchenweise, in Art einer Salamitaktik, eingereicht worden sei.
Dies gelte auch im Hinblick auf die behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen c) und d), denn dadurch, daß eine Einvernahme des Zeugen bereits mit der Einspruchsbegründung angeboten worden sei, müsse davon ausgegangen werden, daß die Einsprechende II über den angebotenen Zeugen bereits zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von den behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen c) und d) gehabt habe. Diese Kenntnis sei aber nicht zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme in das Verfahren eingebracht worden.
iii) Zu berücksichtigen sei auch die bisherige lange Verfahrensdauer und der Umstand, daß eine Berücksichtigung des verspäteten Vorbringens zu den behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen a), c) und d) zu einer erheblichen Verzögerung des Einspruchsverfahrens geführt hätte, da es einer Vertagung der mündlichen Verhandlung im Einspruchsverfahren bedurft hätte. Eine derartige Verfahrensverzögerung sei weder der Patentinhaberin zumutbar, noch auch aus Gründen der Rechtssicherheit für Dritte annehmbar.
Entscheidungsgründe
1. Behauptete offenkundige Vorbenutzungen a) und d)
Die Kammer ist nach Abwägung der von den Parteien diesbezüglich vorgetragenen Argumente der Überzeugung, daß keine dieser behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen a) und d) so relevant ist, daß sie der Aufrechterhaltung des Streitpatents mit dem geänderten Anspruch 1 entgegensteht.
Diese behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen bleiben aus diesem Grunde unberücksichtigt (Artikel 114 (2) EPÜ).
2. Behauptete offenkundige Vorbenutzung c)
2.1. Relevanz
Bezüglich der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) ist die Kammer nach Abwägung der von den Parteien diesbezüglich vorgetragenen Argumente der Überzeugung, daß die Arbeitstation nach dieser behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen, falls sie erwiesen wäre, als der nächstkommende Stand der Technik im Hinblick auf den geänderten Anspruch 1 anzusehen ist. Diese behauptete offenkundige Vorbenutzung ist somit so relevant, daß sie, sofern sie erwiesen ist, bei der Prüfung der Rechtsbeständigkeit des Anspruchs 1 zu berücksichtigen ist.
2.2. Umstände des verspäteten Vorbringens
Die Kammer vermag aus den Umständen unter denen die behauptete offenkundige Vorbenutzung c) verspätet vorgebracht worden ist nicht zu schließen, daß es sich dabei um einen taktischen Mißbrauch gehandelt hat.
Dem Beschwerdegegner ist zwar zuzustimmen, daß die Tatsachen und Beweismittel, auf die ein Einspruch gestützt wird, innerhalb der Einspruchsfrist einzureichen sind, und daß verspätet eingereichte Tatsachen und Beweismittels gemäß Artikel 114 (2) EPÜ nicht berücksichtigt werden brauchen. Die Kammer kann sich aber den Argumenten des Beschwerdegegners, nach denen das verspätete Vorbringen zur behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) einen taktischen Mißbrauch darstellt, nicht anschließen.
Nach Auffassung der Kammer ist hinsichtlich der Umstände des verspäteten Vorbringens zu der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) zu berücksichtigen, daß, nach dem diesbezüglichen Vorbringen der Einsprechenden II, der Gegenstand der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) nicht gänzlich neu in das Einspruchsverfahren eingeführt worden ist. Nach diesem Vorbringen stimmte nämlich die Arbeitstation nach der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) mit derjenigen nach der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung b) überein (vgl. die Eingabe der Einsprechenden II vom 14.04.00, Seite 2).
Insofern ist auch die Aussage des Abschnitts 7. des Protokolls zur mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vom 22.08.00 nicht verständlich, gemäß der durch die eingereichten Unterlagen keine Verbindung zwischen der auf der Messe "Interpack 1990" ausgestellten Maschine und der nach Krakau gelieferten Maschine und somit zwischen den behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen b) und c) herleitbar war. Da das Bestehen dieser Verbindung von dem Einsprechenden II behauptet wurde und die zu den behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen b) und c) eingereichten Unterlagen dieser Behauptung nicht entgegenstehen, wäre bis zum etwaigen Beweis des Gegensteils durch die Vernehmung des angebotenen Zeugens vom Bestehen dieser Verbindung zwischen den behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen b) und c) auszugehen gewesen.
Es wäre somit davon auszugehen gewesen, daß sich die behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen b) und c) nur hinsichtlich der Art und Weise unterscheiden, in der jede dieser Arbeitstationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sein soll.
Der angefochtenen Entscheidung ist nicht zu entnehmen, ob bei der Ausübung des Ermessens nach Artikel 114 (2) EPÜ in Bezug auf die verspätet behauptete offenkundige Vorbenutzung b) berücksichtigt worden ist, daß die behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen b) und c) - wie dem schriftlichen Vorbringen des Einsprechenden II zu entnehmen - nicht auf den Einsprechenden II, sondern auf eine weitere Firma, nämlich die Fa. Verpaco AG, zurückgehen.
Nach den Ausführungen des Beschwerdeführers II in der mündlichen Verhandlung erschwerte dieser Umstand das Bemühen, Information wie auch Unterlagen über die Vorbenutzung dieser Arbeitstation zu erlangen. Dieses Bemühen wurde nach den Ausführungen des Beschwerdeführers II weiter dadurch erschwert, daß diese Firma aufgrund eines Konkurses nicht mehr existiert und deshalb Unterlagen betreffend die behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen nur schwer zugänglich waren. Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers II blieb unbestritten. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die Zweifel an der Richtigkeit dieses Vorbringens rechtfertigen könnten.
Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdegegners vermag die Kammer deshalb in dem verspäteten Vorbringen zur behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) keinen Anhaltspunkt dafür zu erkennen, daß der Einsprechende II bereits während der Einspruchsfrist oder zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis betreffend die behauptete offenkundige Vorbenutzung c) hatte. Damit ist ein taktisch mißbräuchliches Verhalten des Einsprechenden II nicht nachgewiesen, gemäß dem, gegen das Prinzip von Treu und Glauben verstoßend, zunächst bereits vorhandene Information zurückgehalten wird, um, wie von dem Beschwerdegegner behauptet, - durch Einführen dieser Information zu einem späteren Zeitpunkt - die Möglichkeit des Beschwerdegegners darauf entsprechend zu reagieren, zu behindern.
2.3. Verfahrensverzögerung
Nach Auffassung des Beschwerdegegners wurde gemäß der angefochtenen Entscheidung die behauptete offenkundige Vorbenutzung c) auch deshalb zurecht unberücksichtigt gelassen, weil eine Berücksichtigung dieses verspäteten Vorbringens, insbesonders aufgrund der dann erforderlichen Zeugeneinvernahme hierzu, zu einer Verfahrensverzögerung geführt hätte, mit negativen Auswirkungen nicht nur auf den Patentinhaber sondern, im Hinblick auf den dann ungeklärten Rechtsbestand des Streitpatents, auch auf die Rechtssicherheit für Dritte.
Die Kammer ist diesbezüglich der Auffassung, daß eine Berücksichtigung der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) im Einspruchsverfahren nicht notwendigerweise zu einer Verfahrensverzögerung geführt hätte. Im vorliegenden Fall stimmt nach dem Vorbringen des Einsprechenden II die Arbeitstation nach der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) mit derjenigen nach der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung b) überein. Berücksichtigung der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) hätte somit keiner die Komplexität des Verfahrens erhöhenden Berücksichtigung eines grundlegend unterschiedlichen technischen Gegenstandes bedurft. Da ferner betreffend die behauptete offenkundige Vorbenutzung b) in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eine Beweisaufnahme durch Vernehmung eines Zeugens durchgeführt wurde und zum Nachweis der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) der gleiche Zeuge angeboten war, hätte eine Vernehmung dieses Zeugens zu dieser zweiten Art und Weise, durch die die Arbeitstation der Öffentlichkeit zugänglich gemacht sein soll, in der gleichen mündlichen Verhandlung durchgeführt werden können.
Da die behauptete offenkundige Vorbenutzung innerhalb des nach Regel 71 a EPÜ bestimmten Zeitpunkts in das Verfahren eingeführt worden ist, hätte es der Einspruchsabteilung auch frei gestanden, ggf. unter vorheriger Ergänzung des Beweisbeschlusses, die Parteien vor der mündlichen Verhandlung auf die Absicht hinzuweisen, den Zeugen nicht nur zur behaupteten offenkundigen Vorbenutzung b) sondern auch zur behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) zu vernehmen.
Die Berücksichtigung des verspäteten Vorbringens zu der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) im Einspruchsverfahren hätte somit zu keiner Verfahrensverzögerung geführt, die es rechtfertigen würde diese behauptete offenkundige Vorbenutzung nicht zu berücksichtigen.
2.4. Zusammenfassung
Nach Auffassung der Kammer hat die Einspruchsabteilung bei der Nichtberücksichtigung der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) das ihr nach Artikel 114 (2) EPÜ eingeräumte Ermessen in unzutreffender Weise ausgeübt, weil, wie ausgeführt, diese offenkundige Vorbenutzung im Einspruchsverfahren zu berücksichtigen gewesen wäre, da die Arbeitstation nach dieser behaupteten offenkundigen Vorbenutzung als relevant anzusehen ist und ein taktischer Mißbrauch nicht zu erkennen ist. Darüberhinaus hätte eine Berücksichtigung dieser behaupteten offenkundigen Vorbenutzung auch nicht notwendigerweise zu einer Verfahrensverzögerung geführt.
3. Zurückverweisung
Sämtliche Parteien haben hilfsweise beantragt, die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückzuweisen. Die Kammer hält es für geboten in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 111 (1) EPÜ die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen, weil die Arbeitstation nach der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung c) (Lieferung einer Verpackungsmaschine an die Molkerei Krakau) für den Fall, daß sie nachgewiesen wird, erstmals als Stand der Technik im Hinblick auf den Rechtsbestand des Anspruchs 1 des Streitpatents zu berücksichtigen wäre und den Parteien für diesen Fall die Möglichkeit eines Verfahrens in zwei Instanzen eingeräumt werden soll.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.