T 0981/00 (Flüssigwaschmittel/HENKEL) of 18.11.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T098100.20031118
Datum der Entscheidung: 18 November 2003
Aktenzeichen: T 0981/00
Anmeldenummer: 94926859.3
IPC-Klasse: C11D 3/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Flüssigwaschmittel
Name des Anmelders: Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien
Name des Einsprechenden: Unilever N.V.
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 108
Schlagwörter: Zulässigkeit der Beschwerde (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja): Versuchsbericht der Beschwerdeführerin in Abwesenheit ausreichender Informationen nicht aussagekräftig
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 0 715 647, betreffend ein Flüssigwaschmittel, in geändertem Umfang auf Basis des der Einspruchsabteilung vorliegenden Hilfsantrags 2b.

II. Der unabhängige Anspruch 1 des fünf Patentansprüchen enthaltenden Hilfsantrags 2b lautete wie folgt:

"Flüssigwaschmittel zum Waschen von Textilien, das bei 20°C eine Viskosität von 100 bis 2000 mPa.s, vorzugsweise 200 bis 1000 mPa.s, aufweist, enthaltend

- 0,1-30 Gew.-% Seife,

- 0,1-50 Gew.-% eines nichtionischen Tensids ausgewählt aus der Gruppe der Alkoholethoxylate der allgemeinen Formel R1O(C2H4O)nH, wobei R1 eine geradkettige oder verzweigte Alkyl- oder Alkenylgruppe mit 10 bis 18 C- Atomen und n eine Zahl von 1 bis 15 ist, und der Alkylglucoside der allgemeinen Formel R2O(G)x, wobei R2 eine geradkettige oder verzweigte Alkyl- oder Alkenylgruppe mit 8 bis 18 C-Atomen darstellt, G eine Glucoseeinheit und x eine Zahl von 1 bis 4, vorzugsweise 1,2 bis 1,4 ist, bzw. deren Mischungen, und

- 0,1-10 Gew.-% eines wasserlöslichen Proteinderivats mit einem mittleren Molekulargewicht von 400 bis 4000 ausgewählt aus Eiweiß-Fettsäure-Kondensaten, Eiweißhydrolysaten und kationisch derivatisierten Eiweißhydrolysaten."

Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 3 war die Verwendung von Eiweiß-Fettsäure-Kondensaten, Eiweißhydrolysaten und kationisch derivatisierten Eiweißhydrolysaten als Farbstoffübertragungs-Inhibitoren in Textilwaschmitteln und der des unabhängigen Anspruchs 5 ein Verfahren zum Waschen von verfärbungsempfindlichen Textilien in wässrigen Waschlaugen, die unter anderem ein wasserlösliches Proteinderivat - wie im Anspruch 1 definiert - als Farbstoffübertragungs-Inhibitor enthalten.

Gegenstand der abhängigen Ansprüche 2 und 4 waren weitere Ausgestaltungen des Waschmittels nach Anspruch 1 bzw. der Verwendung nach Anspruch 3.

III. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hatte den Widerruf des Patentes in vollem Umfang im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ, unter anderem wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes, beantragt.

IV. In ihrer Entscheidung befand die Einspruchsabteilung, daß der Gegenstand der Ansprüche gemäß Hilfsantrag 2b den Erfordernissen der EPÜ genüge und, insbesondere, daß er auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, weil es angesichts des Standes der Technik nicht nahegelegen habe die ausgewählten Proteinderivaten als Farbstoffübertragungs-Inhibitoren in Waschmitteln einzusetzen.

V. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende Beschwerde eingelegt.

Im Laufen des schriftlichen Verfahrens wurden von der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) 5 Hilfsanträge eingereicht.

Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 18. November 2003 statt, an der die Beschwerdeführerin, wie mit Schreiben vom 2. Oktober 2003 angekündigt, nicht teilnahm.

VI. Die von der Beschwerdeführerin schriftlich vertretenen Auffassung läßt sich wie folgt zusammenfassen:

- die erste Instanz habe die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes aufgrund der überraschenden Eigenschaften der ausgewählten Proteinderivaten als Farbstoffübertragung-Inhibitoren anerkannt;

- der mit der Beschwerdebegründung eingereichte Versuchsbericht zeige, daß nicht alle vom Wortlaut der Ansprüche umfaßten Proteinderivaten eine farbübertragunginhibierende Wirkung aufweisen;

- daher beruhe der beanspruchte Gegenstand nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat schriftlich und in der mündlichen Verhandlung unter anderem folgendes vorgetragen:

- die Beschwerdebegründung setze sich mit den Entscheidungsgründen nicht auseinander und stelle eher die mangelnde Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung als ihre erfinderische Tätigkeit in Frage;

- mangelnde Ausführbarkeit sei als Einspruchsgrund vor der ersten Instanz nicht geltend gemacht worden; daher sei dieser Einspruchsgrund im Beschwerdeverfahren nicht zu diskutieren;

- die Beschwerde sei daher als unbegründet zurückzuweisen.

Im Bezug auf den von der Beschwerdeführerin mit der Beschwerdebegründung eingereichten Versuchsbericht hat sie schriftlich und mündlich folgendes vorgetragen:

- die Rezeptur des getesteten Waschmittels sei willkürlich ausgewählten worden und mit jener der laut Patentschrift getesteten Mittel nicht vergleichbar;

- diese Rezeptur enthalte nicht näher spezifizierte Enzyme;

- die Bestandteile der getesteten Rezeptur können die Wirkung der Proteinderivaten als Farbstoffübertragungs-Inhibitoren beeinträchtigen; zum Beispiel können bestimmte Enzyme die Proteinderivate angreifen und ihre Wirkung zerstören;

- da die in dieser Rezeptur eingesetzten Enzyme nicht spezifiziert seien, habe die Beschwerdegegnerin die von der Beschwerdeführerin eingereichten Versuche nicht nacharbeiteten können;

- der von der Beschwerdeführerin eingereichte Versuchsbericht sei daher nicht aussagekräftig.

VIII. Die Beschwerdeführerin beantragt die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt die Beschwerde zurückzuweisen oder das Patent auf Basis eines der mit Schreiben vom 7. November 2003 eingereichten Hilfsanträge aufrechtzuerhalten.

IX. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerde.

Die Beschwerdebegründung gibt sowohl an warum dem beanspruchten Gegenstand eine erfinderische Tätigkeit von der ersten Instanz zugesprochen wurde, als auch die rechtlichen und tatsächlichen Gründe aus denen sich die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll (siehe die Beschwerdebegründung, Seite 2, erster bis fünfter vollständiger Absatz und Seite 5, erster und zweiter vollständiger Absatz nach der Tabelle).

Daher setzt sich die Beschwerdebegründung nicht, wie von der Beschwerdegegnerin behauptet (siehe Punkt VII oben), mit der Ausführbarkeit des beanspruchten Gegenstandes, sondern nur mit der erfinderischen Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes und damit mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinander.

Die Kammer schließt daraus, daß aus der Beschwerdebegründung ersichtlich ist, aus welchen Gründen die Entscheidung der ersten Instanz angefochten wurde.

Die Beschwerde ist daher zulässig.

2. Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag)

2.1. Die Einspruchsabteilung hat ihrer Entscheidung die im Streitpatent genannte technische Aufgabe zugrundegelegt, ein Flüssigwaschmittel bereitzustellen, das unter anderem die Farbstoffübertragung während des Waschvorgangs verhindert (Punkt 5.1 der Entscheidungsgründe). Dies hat die Beschwerdeführerin nicht beanstandet und auch die Kammer hat keine Veranlassung von einer anderen technischen Aufgabe auszugehen.

2.2. Die Beschwerdeführerin hat schriftlich im wesentlichen ausgeführt, daß der beanspruchte Gegenstand nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, da nicht alle Proteinderivate, die vom Wortlaut der Ansprüche umfaßt sind, eine farbübertragungsinhibierende Wirkung aufweisen. Ein diesbezüglicher Versuchsbericht wurde mit der Beschwerdebegründung eingereicht.

Die Beschwerdegegnerin hat beanstandet, daß dieser Versuchsbericht nicht aussagekräftig sei (siehe Punkt VII oben).

2.3. Die Kammer bemerkt, daß im vorliegenden Fall die in der getesteten Waschmittelrezeptur der Beschwerdebegründung enthaltenen Enzyme nicht identifiziert wurden. Die Formulierung ist auch den in den Bespielen des Streitpatents getesteten Rezepturen nicht ähnlich.

Es ist daher auf Grund der von der Beschwerdeführerin eingereichten Beweismittel nicht möglich festzustellen, ob einige Bestandteilen der getesteten Rezeptur, z. B. die eingesetzten, nicht spezifizierten Enzyme, die Wirkung der Proteinderivaten in diesen Testversuchen beeinträchtigt haben.

Das Streitpatent selbst schließt die Verwendung von Enzymen und anderen Zusatzstoffen in den beanspruchten Waschmitteln nicht aus (siehe Seite 3, Zeilen 49 bis 58). Die Lehre der Patentschrift erstreckt sich aber nur auf solche Komponente, die ein Fachmann vernünftigerweise in einem Waschmittel einsetzten würde und nicht auf solche Komponente, z. B. Enzyme, von denen am Prioritätsdatum des Streitpatents bekannt war, daß sie andere Bestandteile dieses Waschmittels angreifen.

Die Beschwerdeführerin hat sich auch zu der im schriftlichen Verfahren von der Beschwerdegegnerin erhobenen Kritik, daß die Rezeptur willkürlich gewählt worden sei und daß seine Bestandteile die Wirkung der Proteinderivaten negativ beeinflussen, nicht geäußert.

Unter diesen Umständen stimmt die Kammer der Beschwerdegegnerin zu, daß einige Komponenten der getesteten Formulierung, z. B. bestimmte Enzyme, den erfindungsgemäßen Effekt in vorhersehbarer Weise negativ beeinflussen könnten und daher vom Fachmann in die beanspruchten Waschmittel nicht eingearbeitet worden wären. In Ermangelung entsprechender Informationen kann weder überprüft, noch ausgeschlossen werden, daß solche Komponenten in den Versuchen der Beschwerdeführerin eingesetzt wurden.

2.4. Reicht eine Partei einen Versuchsbericht ein, so muß dieser alle Informationen enthalten, die zeigen, daß die Versuche fachmännisch durchgeführt wurden und deren verlässliche Bewertung durch die anderen Beteiligten und durch die Kammer ermöglichen. Das ist hier, wie gezeigt, nicht der Fall.

Daher ist der von der Beschwerdeführerin eingereichte Versuchsbericht nicht geeignet glaubhaft zu machen, daß nicht alle vom Wortlaut der Ansprüche umfaßte Proteinderivate eine farbübertragungsinhibierende Wirkung aufweisen. Diese Behauptung bleibt daher unbewiesen und kann aus diesem Grunde von der Kammer nicht zum Nachteil der Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin berücksichtigt werden.

2.5. Da die in der Beschwerdebegründung enthaltene Argumentation sich nur auf den oben diskutierten Versuchsbericht stützt, hat die Kammer keinen Grund die Entscheidung der ersten Instanz im Bezug auf die erfinderische Tätigkeit der Ansprüche gemäß Hauptantrag in Frage zu stellen.

Bei dieser Sachlage erübrigt sich eine Behandlung der Hilfsanträge der Beschwerdegegnerin.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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