T 0955/00 () of 25.10.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T095500.20041025
Datum der Entscheidung: 25 October 2004
Aktenzeichen: T 0955/00
Anmeldenummer: 94106829.8
IPC-Klasse: A47L 13/20
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Feuchtwischtuch
Name des Anmelders: PATHOL LIMITED
Name des Einsprechenden: Firma Carl Freudenberg
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
European Patent Convention 1973 Art 108
Schlagwörter: Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit(ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat am 13. September 2000 gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 14. Juli 2000 ihren auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) und b) EPÜ gestützten Einspruch zurückzuweisen Beschwerde eingelegt, gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet und am 23. November 2000 die Beschwerde schriftlich begründet.

II. Die erteilten unabhängigen Ansprüche lauten wie folgt:

"1. Feuchtwischtuch (20) zum Reinigen von porigen Steinzeugflächen, mit einem textilen flächigen Träger (22), von dem 1.000 bis 2.600 einzelne ungebündelte, im Abstand untereinander angeordnete elastische Fasern (26, 36, 42, 44, 52) pro cm2 mit einer Länge von 2 bis 12. mm abstehen."

"12. Reinigungsgerät (10) zum Reinigen von porigen Steinzeugflächen, das als Bezug ein Feuchtwischtuch (20) nach einem der Ansprüche 1 bis 11 aufweist."

III. Folgende Druckschriften haben während des Beschwerdeverfahrens eine Rolle gespielt:

O1: Geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung des Produktes "Soft Rubber" gemäß Muster

O1.1: Eidesstattliche Versicherung von Herrn Klotz vom 9. Oktober 1996

O1.2: Kopie der Seite 59 des Heftes "test 7/93 lfd. S. 695" der Stiftung Warentest

O1.3: Kopie von REM-Aufnahmen des Produktes "Soft Rubber" ausgeführt durch Freudenberg Forschungsdienste (FFD) am 24. April 1996

O2: Geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung des Produktes "Wish-Clean" gemäß Muster

O2.1: Eidesstattliche Versicherung von Herrn Weihrauch vom 4. November 1996

O2.2: Kopie einer Rechnung vom 3. Mai 1993 der Firma Coronet über die Lieferung von Tüchern "Rein.u.Scheuert" Artikel N° 4342005 an die Firma OBI

O2.3: Kopie eines Auszugs aus dem Prospekt "Coronet Neuheiten 93", der ein Produkt "Wish-Clean" mit Artikelnummer 4342005 vorstellt

O2.4 Kopien von REM-Aufnahmen der beiden Seiten des

und Produktes "Wish-Clean", ausgeführt durch

O2.5: Freudenberg Forschungsdienste (FFD) am 8. Mai 1996 und vom 24. April 1996

O2.6: Kopie eines Prüfberichts FN-QPR des Faserlabors der Firma Freudenberg vom 11. November 1996

B2: Kopie eines Schreibens des Herrn Peter Heitz vom 30. April 1996

B3: Kopie eines Berichts des Prüflabors Mikroskopie der Freudenberg Forschungsdienste KG vom 21. November 2000

B4: Eidesstattliche Versicherung von Herrn Werner Zink vom 16. Juni 2004

E1: DE-A-3 926 524

IV. Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

In der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin zwar angegeben, sich auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 EPÜ Absätze b) und c) zu stützen, jedoch nur Ausführungen zu den Einspruchgründen nach Artikel 100 EPÜ Absatz a) gemacht. In einem weiteren Schriftsatz hat die Beschwerdeführerin klargestellt, daß sie nicht beabsichtige, einen auf Artikel 100 c) EPÜ basierenden Einspruchsgrund vorzubringen.

Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen vorgetragen, daß sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung O2 nur dadurch unterscheide, daß die Faserdichte des Gegenstandes gemäß der O2 um 100 bzw. 150 Fasern pro cm2 höher sei als die im Streitpatent beanspruchte obere Grenze von 2600 Fasern pro cm2. Die vorliegende Abweichung sei so gering, daß dies nicht zu einer Abweichung des durch den Gegenstand des angefochtenen Anspruchs 1 erzielten technischen Effekts führen könne und daher der Gegenstand des Anspruchs 1 auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Ferner sei aus der E1 ein Reinigungsgerät bekannt, und daher beruhe der Gegenstand des Anspruchs 12 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Vergleich mit der E1, wenn diese in Kombination mit dem Gegenstand der O2 gesehen werde.

Die Beschwerdegegnerin hat diesen Ausführungen widersprochen und folgendes vorgebracht:

Aus der Bildtafel 3 der O2.4 sei zu entnehmen, daß bei der offenkundigen Vorbenutzung O2 die vom textilen flächigen Träger abstehenden Fasern gebündelt vorkämen, während im angefochtenen Anspruch 1 einzelne ungebündelte im Abstand untereinander angeordnete Fasern beansprucht seien. Gerade dieses Merkmal des angegriffenen Patents führe zu dem gewünschten Reinigungseffekt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Artikel 100 b) EPÜ

Die Beschwerdeführerin gibt in ihrer Beschwerdebegründung an, sich auf Gründe gemäß Artikel 100 b) EPÜ zu beziehen, sie hat jedoch ihre Beschwerde ausschließlich im Hinblick auf Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ substantiiert.

Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ ist in der Beschwerde nicht erneut aufgegriffen worden.

Da von seiten der Beschwerdeführerin nicht, wie in Artikel 108 EPÜ vorgeschrieben, begründet wurde, warum die Einspruchsabteilung ihrer Ansicht nach zu Unrecht die Ausführbarkeit der Erfindung für gegeben hielt und die Kammer zudem keine Veranlassung sieht, von der von der Einspruchsabteilung getroffenen Beurteilung abzuweichen, sieht die Kammer davon ab, von sich aus diesem Einspruchsgrund nachzugehen.

3. Auslegung des Anspruchs 1

Gemäß Anspruch 1 beinhaltet das beanspruchte Feuchtwischtuch von einem flächigen textilen Träger abstehende einzelne ungebündelte im Abstand untereinander angeordnete elastische Fasern.

Die Beschwerdeführerin ist davon ausgegangen, daß eine Faser zwei Enden aufweist und daher die Zahl der Faserenden doppelt so groß ist wie die der Fasern.

Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.

In der Patentbeschreibung, Spalte 7, Zeilen 36 bis Spalte 8, Zeile 7; Figur 2, wird eindeutig jedes einzelne fadenförmige Gebilde, das vom Träger absteht, als Faser bezeichnet, wobei noch hinzukommt, daß jedes der fadenförmigen Gebilde mit einem anderen Bezugszeichen belegt ist, was nochmals zum Ausdruck bringt, daß es sich bei jedem fadenförmigen Gebilde um ein vom Nachbargebilde unabhängiges Gebilde handelt, und nicht um das andere Ende desselben Gebildes.

Somit ist es für einen Fachmann klar, daß jedes einzelne der fadenförmigen Gebilde, das vom Träger absteht, eine Faser im Sinne des angefochtenen Patents darstellt.

4. Geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung O1

Wie aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Prüfberichten B3 oder O1.3 zu entnehmen ist, stehen beim Produkt "Soft-Rubber" unter Berücksichtigung der in Abschnitt 3 gegebenen Auslegung 4600 Fasern/cm2 vom Träger ab. Somit wäre der Gegenstand der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung O1, auch falls dieser zum Stand der Technik nach Artikel 54 (2) EPÜ gehören würde, weder neuheitsschädlich noch in der Lage, den Gegenstand des Anspruch 1 des angefochtenen Patents (mit zwischen 1000 und 2600 Fasern/cm2) alleine nahezulegen.

5. Geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung O2

5.1. Um zu klären, was vorbenutzt worden ist, bzw. um den Grad der Übereinstimmung zwischen dem vorbenutzten Gegenstand und dem Gegenstand des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents prüfen zu können, sind eidesstattliche Versicherungen (O2.1, B4) vorgelegt worden, aus denen zu entnehmen ist, daß ein Muster, das dem als "Wish-Clean" vertriebenen Produkt entspricht, eingereicht wurde, und um darzulegen, daß dieses Produkt bis heute ohne Veränderung des Fasermaterials hergestellt wurde. Des weiteren liegen Prüfberichte B3, O2.4 bis O2.6, die das eingereichte Muster betreffen, vor.

5.2. Den vorgelegten Prüfberichten ist zu entnehmen, daß das getestete Muster zwei von der Struktur her unterschiedliche Bereiche offenbart, nämlich ein als helle Seite bezeichneter Bereich mit einer Dichte von 5600 Fasern/cm2 und ein als hellgrüne Seite bezeichneter Bereich mit einer Dichte von je nach Zählung 2700 oder 2750 Fasern/cm2.

5.3. Der als helle Seite bezeichnete Bereich des getesteten Musters vermag mit 5600 Fasern/cm2 dem Gegenstand des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents (mit zwischen 1000 und 2600 Fasern/cm2) weder die Neuheit zu nehmen, noch ihn nahezulegen.

5.4. Der als hellgrüne Seite bezeichnete Bereich des Musters mit 2700 oder 2750 Fasern/cm2, der in der Bildtafel 3 abgebildet ist, offenbart in der 30 malen sowohl als auch in der 50 malen Vergrößerung, daß die meisten Fasern parallel zur Bildfläche verlaufen, also eigentlich dem Träger angehören, während die vom Träger abstehenden Fasern in Gruppen gebündelt vorkommen.

Somit offenbart der einzige von der Faserdichte her in Frage kommende Bereich des Musters nicht eindeutig das Merkmal des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents, wonach die Fasern ungebündelt, im Abstand untereinander angeordnet, vom Träger abstehen.

5.5. Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, daß bei der Herstellung des Produktes "Wish-Clean" die Fasern, die den Flor bilden, als Faserband zugeführt und während der Maschenbildung in das gestrickte Trägermaterial eingebunden werden. Weiter hat sie ausgeführt, daß es sich bei dem besagten Faserband um parallelisierte Einzelfasern, die zu Weiterverarbeitung zu einem Band zusammengeführt sind, handelt.

Obwohl dies durch die Kammer nicht bezweifelt wird, kann dadurch nicht begründet werden, daß es sich bei dem auf der Bildtafel 3 dargestellten Material um einen textilen flächigen Träger handelt, von dem einzelne ungebündelte Fasern abstehen. Es kommt nämlich nicht darauf an, in welcher Form die später den Flor bildenden Fasern während der Herstellung zugeführt werden, sondern nur darauf, in welcher Form die einmal im Trägermaterial eingebundenen Fasern abstehen.

Gerade dazu gibt die Bildtafel 3 Aufschluß, indem sie zeigt, daß die Fasern nicht in einer Reihe wie von einem Band getragen, sondern in von einander beabstandeten Bündeln angeordnet, vom Träger abstehen.

5.6. Somit zeigt das von der Beschwerdeführerin analysierte Muster, das dem Gegenstand der angeblichen offenkundigen Vorbenutzung O2 entsprechen soll, nicht alle Merkmale des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents. Daher ist die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents auch gegenüber diesem Gegenstand gegeben.

6. Erfinderische Tätigkeit

6.1. Die Erfindung betrifft ein Feuchtwischtuch zum Reinigen poriger Steinzeugflächen sowie ein Reinigungsgerät, das als Bezug ein derartiges Feuchtwischtuch aufweist.

In der Streitpatentschrift wird angegeben, was unter dem Begriff "porige Steinzeugfläche" zu verstehen ist. Darunter seien beispielsweise nicht glasierte Natursteinböden, die aufgrund des Herstellungsverfahrens an ihrer Oberfläche mit kleinen Poren versehen seien, als auch keramische Fliesen, die aufgrund ihrer Herstellungsweise oder aufgrund von Nachbearbeitungen eine porige Oberfläche aufweisen würden, zu verstehen. Derartige Böden hätten weite Verbreitung in öffentlichen Gebäuden oder gewerblich genutzten Gebäuden, wie Banken, Fabrikgebäuden oder dergleichen gefunden, die üblicherweise einer meist täglichen Unterhaltsreinigung unterworfen seien (siehe Spalte 1, Zeilen 19 bis 40 der Streitpatentschrift).

Als Nachteil der bekannten Feuchtwischtücher ist in der Streitpatentschrift herausgestellt, daß eine ausreichende Reinigung der porigen Steinzeugflächen nicht möglich sei; es werde daher versucht, durch chemische Zusätze zu dem Wischwasser das Reinigungsergebnis zu verbessern (Spalte 1, Zeilen 41 bis 45).

Die Streitpatentschrift sieht die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe darin, ein Feuchtwischtuch zu schaffen, mit dem porige Steinzeugflächen einfach und wirkungsvoll zu reinigen sind (Spalte 2, Zeilen 32 bis 34).

Diese Aufgabe wird durch das in Anspruch 1 definierte Feuchtwischtuch gelöst.

Da ein Gegenstand lediglich seine Zusammensetzung oder Struktur, aber keine Lehre offenbart, kann ein Fachmann allein von einem Muster gemäß der O1 oder der O2 ausgehend, keine Anregung erhalten, die Faserdichte zu ändern oder abweichend von der vorliegenden Struktur die Fasern einzeln, im Abstand untereinander anzuordnen und somit auch nicht in naheliegender Weise zum Anspruch 1 des angefochtenen Patents gelangen.

Des Weiteren hat das aus der O2 bekannte Reinigungs-und- Scheuertuch zwei unterschiedliche Bereiche, einen als helle Seite bezeichneten Bereich mit einer Dichte von 5600 Fasern pro cm2 und einer als hellgrüne Seite bezeichneten Bereich mit einer Dichte je nach Zählung von 2700 oder 2750 Fasern pro cm2.

Es ist nicht ersichtlich und von seiten der Beschwerdeführerin nicht schlüssig dargelegt worden, aufgrund welcher Überlegungen ein Fachmann dazu angeregt werden könnte, bezüglich des als hellgrüne Seite bezeichneten Bereichs die Anzahl der Fasern zu reduzieren, sodaß sie innerhalb des beanspruchten Bereichs liegen.

Selbst wenn ein Fachmann dies täte, würde er nicht zu dem erfindungsgemäßen Feuchtwischtuch gelangen, in welchem die Fasern ungebündelt, im Abstand untereinander angeordnet, vom Träger abstehen. Wie bereits ausgeführt, ist dieses Merkmal dem aus der O2 bekannten Reinigungs- und-Scheuertuch nicht entnehmbar.

Dieses Reinigungs-und-Scheuertuch gibt somit einem Fachmann keinen Hinweis, die Reinigungswirkung beim Reinigen von porigen Steinzeugflächen durch Heranziehung eines Feuchtwischtuches mit einem Träger, von dem 1000 bis 2600 einzelne ungebündelte, im Abstand untereinander angeordnete Fasern pro cm2 abstehen, zu verbessern.

6.2. Da Anspruch 12 ein Reinigungsgerät, das als Bezug ein Feuchtwischtuch nach einem der Ansprüche 1 bis 11 aufweist, betrifft, wird die Patentfähigkeit des Anspruchs 12 durch die des Anspruchs 1 getragen.

Somit können die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwände die Aufrecherhaltung des Patents nicht in Frage stellen. Unter diesen Umständen ist es daher unwesentlich, der Frage nachzugehen, ob belegt werden kann, daß die Gegenstände der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen O1 und O2 zum Stand der Technik gemäß Artikel 54 (2) EPÜ gehören oder nicht.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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