T 0896/00 () of 24.10.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T089600.20021024
Datum der Entscheidung: 24 October 2002
Aktenzeichen: T 0896/00
Anmeldenummer: 94119797.2
IPC-Klasse: B60G 21/05
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 55 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kraftfahrzeug-Hinterachse
Name des Anmelders: ADAM OPEL AG
Name des Einsprechenden: Benteler AG
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 114(2)
European Patent Convention 1973 Art 116
European Patent Convention 1973 Art 117
European Patent Convention 1973 Art 123
European Patent Convention 1973 Art 133
European Patent Convention 1973 Art 134
Schlagwörter: Änderungen - Erweiterung (verneint)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Mündliche Verhandlung - Ausführungen durch eine Begleitperson (nicht rechtzeitig beantragt, nicht zugelassen)
Beweismittel (verspätet vorgelegt, nicht berücksichtigt)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0004/95
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der von der Beschwerdegegnerin (Einsprechenden) gegen das europäische Patent Nr. 0 681 932 eingelegte Einspruch, der auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (fehlende Neuheit, fehlende erfinderische Tätigkeit) im Hinblick auf die Druckschriften

D1: EP-A-0 458 665

D2: US-A-2 069 911

D3: DE-C-3 730 338

D4: EP-A-0 136 269

gestützt war, führte zum Widerruf des Patents mangels erfinderischer Tätigkeit durch die am 5. Juli 2000 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 6. September 2000 bei gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 6. November 2000 eingegangen.

III. Am 24. Oktober 2002 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents mit den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ansprüchen und Beschreibung und der Zeichnung wie erteilt.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin.

Der Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Kraftfahrzeug-Hinterachse des Verbundlenkerachstyps mit zwei radtragenden elastisch am Aufbau angelenkten starren Längslenkern (2), die um zumindest eine quer zur Fahrtrichtung angeordnete Schwenkachse schwingen und mittels einer parallel und beabstandet zur Schwenkachse angeordneten biegesteifen aber torsionsweichen Querstrebe (5) miteinander verschweißt sind, die über die gesamte Länge aus einem Rohrprofil (12) besteht, das an beiden Enden einen torsionssteifen Querschnitt und im mittleren Bereich einen torsionsweichen U-, V-, L-, X- oder ähnlichen Querschnitt mit mindestens einem doppelwandigen Profilschenkel (14, 15) aufweist, wobei der Übergangsbereich vom torsionssteifen zum torsionsweichen Querschnitt fließend gestaltet ist, wobei die Verbindungsstelle (11) zwischen Längslenkern (2) und der Querstrebe (5) eine um die Längsachse der Querstrebe rotationssymmetrische Form aufweist, die ein Verdrehen der Querstrebe (5) vor dem Schweißen der Verbindung gestattet."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 10 betreffen besondere Ausführungsformen der Hinterachse nach dem Anspruch 1.

IV. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Das Streitpatent betreffe im Gegensatz zur D1, die sich mit einer Kraftfahrzeug-Hinterachse des Starrachstyps befasse, eine Hinterachse des Verbundlenkerachstyps, wie dies für einen Fachmann schon aus den ursprünglichen Unterlagen durch Aufgabenstellung und konstruktive Ausführung der Aufgabenlösung erkennbar sei. Das Fachwissen werde durch die in der ursprünglichen Beschreibung zitierte, den Ausgangspunkt des Streitpatents darstellenden (D6) DE-A-4 330 192 sowie die (D7) DE-A-4 003 922 und das Fachbuch (D8) "Fahrwerktechnik: Grundlagen", Jörnsen Reimpell, Seiten 58 bis 63 und 162 bis 165, 3. Auflage, 1995, belegt. Im Prüfungs- und im Einspruchsverfahren sei man zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Hinterachse nach der D1 den nächstkommenden Stand der Technik darstelle und alle Merkmale aus dem Oberbegriff des damaligen Anspruchs 1 offenbare. Da die Beschwerdegegnerin mit ihrem Schreiben vom 9. Oktober 2002 erstmals diesen für den Durchschnittsfachmann klar erkennbaren, in der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 24. September 2002 im einzelnen dargelegten Sachverhalt bestritten habe, sah sich die Beschwerdeführerin gezwungen, noch ein Gutachten zur Belegung des Fachwissens am 21. Oktober 2002 einzureichen, das unter diesen Umständen ebenso berücksichtigt werden müsse wie der am 21. Oktober 2002 eingereichte Antrag, den Verfasser dieses Gutachtens in der mündlichen Verhandlung zu diesen Fragen das Wort zu geben. Der insgesamt aufgedeckte Stand der Technik könne die beanspruchte Hinterachse nicht nahelegen, und der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

V. Die Beschwerdegegnerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Im Prüfungs-, Einspruchs- und Beschwerdeverfahren habe Übereinstimmung darin bestanden, daß das Streitpatent einen Hinterachstyp der in der D1 beschriebenen Fassung betreffe, was auch durch die entsprechenden Angaben zur D1 in der Beschreibung des Streitpatents zum Ausdruck komme. In den ursprünglichen Unterlagen sei nirgends der Begriff "Verbundlenkerachstyp" zu finden und auch der weitere Offenbarungsinhalt des Streitpatents gebe dem Fachmann keinen Hinweis, daß es sich beim beanspruchten Gegenstand um eine von der bekannten Hinterachse nach der D1 verschiedene Konstruktion handle. Dem zu einem äußerst späten Verfahrenszeitpunkt vorgelegten Beschränkungsantrag fehle demnach jegliche Offenbarung in den ursprünglichen Unterlagen des Streitpatents, so daß der geänderte Anspruch 1 im Sinne von Artikel 123 (2) EPÜ unzulässig sei.

Die Hinterachse nach der D1 offenbare im übrigen alle konkreten Merkmale des Gegenstandes nach dem Anspruch 1 des Streitpatents, wobei aus den Figuren der D1 auch erkennbar sei, daß die rohrförmigen Enden der Quertraverse 6 die Längslenker 1 in einer kreisförmigen Öffnung durchqueren. Daraus ergebe es sich für einen Fachmann ohne weiteres, daß die offensichtlich rotationssymmetrischen Verbindungsflächen zwischen der Querstrebe und den Lenkern ein Verdrehen der Querstrebe vor dem Schweißen der Verbindung zuließen. Die Querstrebe nach der D1 weise in Übereinstimmung mit dem Streitpatent ebenfalls einen torsionsweichen, mittleren Bereich auf und könne somit nicht belegen, daß es sich um eine vom Streitpatent unterschiedliche, gattungsfremde Hinterachse handle. Auch sei kein Unterschied bezüglich der Längsachse der Querstrebe erkennbar. Daher seien alle Merkmale des Anspruchs 1 für einen Fachmann in naheliegender Weise aus der D1 abzuleiten.

Der Antrag auf Vortrag einer Begleitperson in der mündlichen Verhandlung sei ebenso wie das Gutachten derart kurz vor der mündlichen Verhandlung vorgelegt worden, daß sich die Gegenpartei nicht angemessen darauf habe vorbereiten können. Sie seien daher nicht zuzulassen bzw. nicht zu berücksichtigen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Im Einspruchsverfahren und einem folgenden Beschwerdeverfahren gilt der allgemeine Grundsatz, daß ein als Beleg für das Vorbringen eines Einsprechenden dienendes Beweismittel, wozu auch ein Nachweis des allgemeinen Fachwissens gehört, in einer frühen Phase des Verfahrens einzureichen ist und daß die Zulassung von Tatsachen und Beweismitteln, die in einer fortgeschrittenen Verfahrensphase vorgebracht werden, stets im Ermessen des EPA (siehe Artikel 114 (2) EPÜ) liegt. Des weiteren besteht kein Rechtsanspruch auf mündliche Ausführungen einer nicht bevollmächtigten Begleitperson in einer mündlichen Verhandlung. Sie dürfen nur mit Zustimmung des EPA und nach seinem Ermessen gemacht werden, wobei der Antrag so rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung zu stellen ist, daß sich alle Gegenparteien auf die beabsichtigten mündlichen Ausführungen angemessen vorbereiten können (G 4/95, ABl. EPA 1996, 412, vgl. Punkt 4a und Entscheidungsformel).

Im vorliegenden Fall reichte die Beschwerdeführerin ein aus 25 Seiten bestehendes Gutachten und einen Antrag auf Anhörung eines nicht bevollmächtigten Verfahrensbeteiligten drei Tage vor dem Termin der mündlichen Verhandlung als Reaktion auf eine Erwiderung der Beschwerdegegnerin ein, mit der diese die Zulässigkeit einer am 24. September 2002 (ca. 4 1/2 Wochen vor der mündlichen Verhandlung) eingereichten Änderung des Anspruchs 1 des Streitpatents und des diese Änderung stützenden Vorbringens der Beschwerdeführerin in Frage gestellt hat.

Selbst in Anbetracht der der Beschwerdeführerin bis zur Verhandlung für ihre Reaktion noch zur Verfügung stehenden kurzen Zeitspanne von ca. zwei Wochen ist die Vorlage des Gutachtens bzw. des in Rede stehenden Antrags drei Tage vor dem Verhandlungstermin nach Ermessen der Beschwerdekammer nicht als so rechtzeitig anzusehen, daß sich die Gegenpartei auf den neuen Tatbestand bzw. die beabsichtigten mündlichen Ausführungen angemessen vorbereiten konnte. Die Beschwerdeführerin hätte die zur Neubeurteilung des Standes der Technik als notwendig erachteten Beweismittel und Anträge entweder zusammen mit dem geänderten, rechtzeitig vor der Verhandlung eingereichten Anspruch 1 oder zumindest als kurzfristige Reaktion auf die Erwiderung der Gegenpartei vorlegen müssen.

Das Gutachten wird daher als verspätet vorgelegt nicht berücksichtigt. Auch die beantragten mündlichen Ausführungen der Begleitperson der Beschwerdeführerin waren nicht zuzulassen, zumal auch die Gegenpartei ihr Einverständnis dazu nicht gegeben hat.

3. Der geltende Anspruch 1 unterscheidet sich von dem erteilten, aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 2 zusammengesetzten Anspruch 1 dadurch, daß in Zeile 1 nach dem Wort "Kraftfahrzeug-Hinterachse" die Wortfolge "des Verbundlenkerachstyps" eingefügt wurde.

3.1. Die Beschwerdeführerin hat als Stütze dafür, daß der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen des Streitpatents die Offenbarung eines Verbundlenkerachstyps entnehmen konnte, neben der schon in der ursprünglichen Beschreibungseinleitung genannten D6 auch noch auf die D7 und die D8 verwiesen.

Die von namhaften Fachfirmen stammenden Druckschriften D6 und D7 beschreiben Verbundlenker-Hinterachsen für Kraftfahrzeuge und im Fachbuch D8 werden die Hauptmerkmale nicht angetriebener Kfz-Hinterachsen des Verbundlenkerachstyps, des Starrachstyps und Einzelradaufhängungen beschrieben und dargestellt. Bezüglich der Verbundlenker-Hinterachse wird in der D8 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der mit den Längslenkern verschweißte Querträger im Gegensatz zu herkömmlichen Starrachsen vor der Radmitte sitzt, alle Hoch- und Seitenkraftmomente aufnehmen muß und somit gleichzeitig als Stabilisator wirkt. Im Gegensatz hierzu verläuft beim Starrachstyp gemäß Bild 1.55 der D8 die die Räder tragende Quertraverse (Achsträger) in Radmitte, wobei zur Aufnahme der Hoch- und Seitenkraftmomente ein zusätzlicher Panhard-Stab vorgesehen sein muß. In der D8 ist als Spezialausführung einer Starrachse eine sogenannte Torsionskurbelachse in Form eines Querträgers mit U-Profil und begrenzter Verdrehbarkeit beschrieben. Nach einem Vergleich der im Streitpatent beschriebenen und insbesondere im Anspruch 1 definierten Hinterachse mit den Achstypen der D8 ist die Achse nach dem Streitpatent eindeutig dem Verbundlenkerachstyp zuzuordnen, da nur der Verbundlenkerachstyp radtragende Längslenker aufweist, während beim Starrachstyp die Räder auf den Enden der Quertraverse (Starrachse) angeordnet sind. Auch die Hinterachsen nach der D6 und der D7 weisen die vorgenannten Merkmale des Verbundlenkerachstyps auf.

Auch die beim Streitpatent schon in der ursprünglichen Beschreibungseinleitung enthaltenen Angaben bezüglich bekannter Kraftfahrzeug-Hinterachsen, nach denen die Lage des Schubmittelpunkts der Querstrebe ein Maß für die kinematischen Eigenschaften der Hinterachse darstellt und die Änderung des Schubmittelpunkts durch axiales Verdrehen eines in bestimmter Weise ausgeführten Quertraversenprofils diese kinematischen Eigenschaften, insbesondere das Eigenlenkverhalten der Hinterachse zu ändern vermag, weisen darauf hin, daß das Streitpatent ausschließlich Verbundlenker-Hinterachsen betrifft, da bei Starrachsen aufgrund der dort nötigen Querabstützung, z. B. über einen Panhard-Stab, eine Änderung des Eigenlenkverhaltens durch Verlagerung des Schubmittelpunktes offensichtlich nicht gezielt erreichbar ist.

3.2. Einer solchen Auslegung des Inhaltes des Streitpatents steht auch nicht entgegen, daß in den Text der erteilten Unterlagen des Streitpatents die Beschreibung der D1 eingefügt und die D1 fälschlicherweise als die die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 zeigender Stand der Technik ausgewiesen wurde. Die Achse nach der D1 weist nämlich offensichtlich keine "radtragenden" Längslenker auf. Bei ihr sind die Räder eindeutig an den Enden der Quertraverse (Achse) und nicht an den Längslenkern befestigt. Diese Hinterradachse ist daher aufgrund ihrer Konstruktionsmerkmale prinzipiell dem Starrachstyp und wegen des U-Profils am Querlenker dem Torsionskurbelachstyp zuzuordnen.

3.3. Die im erteilten Anspruch 1 des Streitpatents definierte Hinterachse wurde durch die Einfügung der Wortfolge "des Verbundlenkerachstyps" nunmehr ausdrücklich diesem Achstyp zugeordnet, was dem erteilten Anspruch 1 auch schon aufgrund seines Teilmerkmals "radtragenden, elastisch am Aufbau angelenkten starren Längslenkern" indirekt zu entnehmen war und durch seine Auslegung unter Zuhilfenahme der Beschreibung gestützt wurde. Der Anspruch 1 nach dem Streitpatent betrifft demnach ausschließlich Kraftfahrzeug-Hinterachsen dieses Typs.

3.4. Aus dem Vorstehenden folgt, daß die Änderung des Anspruchs 1 lediglich eine durch den Inhalt der ursprünglichen Unterlagen des Streitpatents gestützte Präzisierung des Wortlauts des erteilten Anspruchs darstellt und der Anspruch 1 demnach den Anforderungen von Artikel 123 (2) EPÜ entspricht.

4. Bei den bekannten, dem Verbundlenkerachstyp zuzurechnenden Hinterachsen gemäß D4, D6 und D7 sind die Verbindungsstellen zwischen der Quertraverse und den Längslenkern verstärkt und ggf. (vgl. D7) mit besonders geformten Knoten- und Verstärkungsteilen ausgestattet, um die relativ weichen Profilenden der tortierbaren Querstrebe mit den steifen Längslenkern sicher zu verbinden. Bei der D6 und der D7 sind die Enden der U-förmigen Querstrebe derart an die Befestigungsstelle der Längslenker angepaßt und geformt, daß ein Verdrehen der Querstrebe gegenüber der Längslenker vor dem Verschweißen offensichtlich nicht möglich ist. Bei der D4 ist die längsgeschlitzte, rohrförmige Quertraverse in eine zylindrische und somit rotationssymmetrische Öffnung der Längslenker eingesteckt, jedoch erfolgt die Befestigung nicht durch Schweißen, sondern mittels mehrerer, die Quertraverse und die Längslenker durchdringender Schraubverbindungen, die eine veränderbare Drehwinkellage zwischen Traverse und Lenker ausschließen. Auch die in der D8 gezeigten Verbundlenkerachsen weisen keine Verbindungsstellen zwischen Quertraverse und Längslenker im Sinne des Streitpatents auf.

Die Druckschrift D1 (vgl. den vorstehenden Absatz 3.2) offenbart ebenso wie die D2 eine gattungsfremde, dem Starrachstyp zuzuordnende Hinterachse. Die D3 beschreibt einen Stabilisatorschenkel und dessen Verbindung mit einem Torsionsstab und somit einen gattungsfremden Gegenstand. Die D5 zeigt einen aus einem Rohr U-förmig gebogenen, aus einem Stück bestehenden Träger für die beiden Hinterräder. Dieser Träger läßt sich nicht in einen der genannten Achstypen einreihen.

Der Gegenstand nach dem Anspruch 1 ist im Vergleich zum insgesamt aufgedeckten Stand der Technik neu.

5. Bei den bekannten Verbundlenkerachsen D6, D7 sind die Verbindungsstellen zwischen Quertraverse und Längslenker aufgrund der dort zu übertragenden Radführungskräfte im Hinblick auf eine optimale Weiterleitung der Kräfte und Drehmomente ausgebildet und ggf. durch die zusätzlichen Knotenbleche verstärkt. Wie in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents im einzelnen ausgeführt ist, erfordert diese übliche, durch die Festigkeitsanforderungen bedingte Formgebung der Verbindungsstellen immer dann eine geänderte, "neue konstruktive Lösung sowie einen neuen geschweißten Zusammenbau mit angepaßten Verstärkungsteilen", wenn zwecks Änderung der kinematischen Eigenschaften der Hinterachse die profilierte Querstrebe in einer anderen Winkelposition in Bezug auf die Längslenker eingebaut werden soll. Dies bedingt einen zusätzlichen Fertigungsaufwand für die Herstellung der Hinterachse, wenn durch Änderung der Winkelposition zwischen Querstrebe und Lenker unterschiedliche Fahreigenschaften erzielt werden sollen. Nach der Aufgabe des Streitpatents soll der durch diese Anforderungen bedingte Fertigungsaufwand reduziert werden.

Um von den bekannten Verbundlenkerachsen mit speziell geformten und ausgebildeten Verbindungsstellen an Längslenker und Quertraverse zum Gegenstand des Streitpatents zu gelangen, bedurfte es einer Ausbildung der Querstrebe als Rohrprofil der im Anspruch 1 näher definierten Art, wobei sich an den torsionsweichen mittleren Bereich Endbereiche mit torsionssteifem Querschnitt anschließen. Durch die Maßnahme, daß die Verbindungsstelle zwischen den Längslenkern und den rohrförmigen Enden der Querstrebe eine um die Längsachse der Querstrebe rotationssymmetrische Form aufweist, kann die Querstrebe problemlos durch einfache Winkelverdrehung gegenüber der Befestigungsstelle am Längslenker in verschiedenen Positionen angeschweißt werden. Hierdurch ist es beim Streitpatent möglich, ohne zusätzlichen Konstruktionsaufwand die Lage des Schubmittelpunktes durch unterschiedliche Winkelbefestigung der Querstrebe an den Längslenkern zu verändern und dadurch andere kinematische Eigenschaften der Hinterachse zu verwirklichen.

Der Fachmann hatte aufgrund der beim Stand der Technik verfolgten, auf eine optimale Festigkeit abgestellten Spezialform keinen Grund, die im Streitpatent gewählte, im Prinzip für die Kraft- und Drehmomentübertragung an sich ungünstige rotationssymmetrische Verbindungsform zu wählen, zumal er dem gattungsgemäßen Stand der Technik hierzu keinen Hinweis entnehmen konnte. Der diesbezügliche Stand der Technik hat, wie schon erwähnt, speziell geformte, nicht rotationssymmetrische Anbindungsstellen bei Verbundlenker-Hinterachsen vorgegeben.

Bei Hinterachsen des Starrachstyps, wie z. B. bei der D1, sind die Verbindungsstellen zwischen der die Radachsen tragenden Quertraverse und den nur die Längskräfte der Achse übertragenden Längslenkern von den Querkräften der Räder befreit, da die Quer- und Hochkräfte der Räder von speziellen Abstützelementen, wie z. B. einem Panhard-Stab (vgl. D8, Bild 1.55), übernommen werden. Die bei Verbundlenkerachstypen vorhandenen Belastungen der Verbindungsstelle sind daher bei Starrachsen nicht oder in einem wesentlich geringeren Umfang vorhanden. Für die in Rede stehenden Verbindungsstellen bei Verbundlenkerachsen gelten daher andere Konstruktionsvoraussetzungen als bei Starrachsen, und es bestand für einen Fachmann kein Anlaß zur Verbesserung der gattungsgemäßen, z. B. aus der D6 bekannten Hinterachskonstruktionen, Ausführungen von Starrachsen, z. B. nach der D1 und der D2 in Betracht zu ziehen. Darüber hinaus ist in diesen Druckschriften kein ausdrücklicher Hinweis enthalten, daß die Verbindungsstellen zwischen Quertraverse und Längslenker so ausgebildet sind, daß eine Verdrehung der Querstrebe gegenüber dem Längslenker vor dem Verschweißen in beliebige Winkelpositionen möglich ist. Bei den beiden, in den Figuren 1 bis 3 und 4 bis 6 dargestellten Ausführungsformen der D1 sind zwei offensichtlich unterschiedlich stark gekröpfte, und somit verschiedene Quertraversen 6 einmal in einer Einbauposition für nichtangetriebene Hinterachsen (Figur 1) und einmal in einer Position (Figur 4) dargestellt, die ein vergrößertes Raumangebot für den Einbau eines Differentials bei Hinterradachsantrieb ermöglicht. Bezüglich der Ausgestaltung der Verbindungsstelle zwischen Quertraverse und Längslenker und der Verwendung ein- und derselben, baulich unveränderten Quertraverse für verschiedene Einstellungen ist der D1 nichts zu entnehmen. Der Fachmann hatte daher auch aus diesem Grund keinen Anlaß, die in der D1 nur beiläufig erwähnte Schweißverbindung und die offenbar zylindrische Formgebung an der Verbindungsstelle zwischen Quertraverse und Längslenker bei gattungsgemäßen Hinterachsen des Verbundlenkertyps in Erwägung zu ziehen.

Aufgrund dieser Betrachtungen kommt die Beschwerdekammer zu dem Schluß, daß der Gegenstand nach dem Anspruch 1 des Streitpatents auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Das Patent hat somit auf der Basis der geänderten Unterlagen Bestand.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit dem Auftrag, das Patent mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1 bis 10 und Beschreibung, überreicht in der mündlichen Verhandlung,

Zeichnung wie erteilt.

Quick Navigation