T 0836/00 () of 19.3.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T083600.20020319
Datum der Entscheidung: 19 März 2002
Aktenzeichen: T 0836/00
Anmeldenummer: 93923505.7
IPC-Klasse: B05B 1/18
B05B 15/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Brausekopf
Name des Anmelders: Ideal-Standard GmbH & Co. OHG
Name des Einsprechenden: Friedrich Grohe AG & Co. KG
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - einfache Erfindungen
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 20. Oktober 1993 angemeldete europäische Patentanmeldung Nr. 93 923 505.7 wurde am 30. August 1995 das europäische Patent Nr. 0 668 797 mit drei Patentansprüchen erteilt.

II. Der erteilte unabhängige Anspruch 1 hat unter Richtigstellung sprachlicher Fehler folgenden Wortlaut:

"1. Brausekopf mit einem in einem Gehäuse (1) befestigten Brauseboden, der eine Wasserdurchlaßöffnungen (3) aufweisende Strahlplatte (2) und eine weitere Platte (4) aus elastischem Material mit zu den Wasserdurchlaßöffnungen koaxialen Düsen (5) enthält, die Auslaßöffnungen (6) mit einem geringeren Durchmesser als die Wasserdurchlaßöffnungen (3) aufweisen, dadurch gekennzeichnet, daß die weitere Platte (4) die äußere Oberfläche des Brausebodens bildet und sich an der Außenseite der Strahlplatte (2) anliegend an diese anschließt und daß die Düsen (5) aus der weiteren Platte (4) herausragen."

III. Mit Entscheidung vom 14. Juli 2000 hat die Einspruchsabteilung den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 0 668 797 gemäß Artikel 102 (2) EPÜ zurückgewiesen. Der Einspruch stützte sich auf folgende Druckschriften

(E1) DE-A-4 039 337 (E2) EP-A-0 435 031 und (E3) DE-A-3 107 808.

IV. Gegen vorgenannte Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Einsprechende - nachfolgend Beschwerdeführerin - am 16. August 2000 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 2. November 2000 dahingehend begründet, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht erfinderisch sei.

V. Nach vorbereitender Mitteilung gemäß Artikel 11 (2) VOBK, in der die Kammer vor allem ihre Beurteilung der (E1) den Parteien kundtat, fand am 19. März 2002 eine mündliche Verhandlung statt.

VI. Die wesentlichen, in der Verhandlung vorgetragenen Argumente der Parteien lassen sich wie folgt zusammenfassen:

a) Beschwerdeführerin

- (E1) offenbare für den Fachmann zwei Alternativen bezüglich des Brausebodens, nämlich einen mehrschichtigen Aufbau des Bodenteils gemäß Figuren 1 bis 3 bzw. einen einteiligen Aufbau desselben, also nur mit einer Bodenplatte, vgl. Figuren 4 bis 8; die nur eine Bodenplatte des Brausekopfes sei darüber hinaus durch die Figurenbeschreibung und Anspruch 1 gestützt;

- sofern die Alternativen von Figuren 6 und 8 der (E1) als eine Variante angesehen würden, ergebe sich ein Neuheitseinwand, andernfalls der Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit;

- die Stützung des Strahlbildners sei zumindest aus Figur 8 rechter Hälfte herleitbar, wobei zudem die Auffassung vertreten werde, daß auch die Vorwölbung und Abstützung des Strahlbildners gemäß Figur 8, linker Hälfte eine genügende Strahlführung ergebe;

- ergänzend sei auf (E2) und ihre Figur 3 zu verweisen, deren Gegenstand die Funktionen des Führens und Überstehens eines Strahlbildners in bezug auf einen Brauseboden vereinige; sollte aufgrund der stromaufwärtigen Anordnung des Strahlbildners dieser vorzeitig verschleißen, böte sich für den Fachmann in naheliegender Weise dessen stromabwärtige Anordnung an, zumal (E2) bereits die Aufgabe des Streitpatentes löse, nämlich die Entfernung von etwaigen Kalkablagerungen vom Strahlbildner;

- vorstehende Überlegungen zusammenfassend sei das Streitpatent nicht rechtsbeständig.

b) Beschwerdegegnerin

- es gebe Indizien, die gegen das Vorhandensein nur einer Bodenplatte gemäß (E1) sprächen, nämlich die gleichen Bezugszeichen in den Figuren 1 bis 8 und weiterhin Anspruch 1, der aussage, daß die Strahlbildner jeweils in den Auslaßöffnungen vorgesehen seien, was nur möglich sei bei stromaufwärtiger Anordnung und im Gegensatz zur linken Hälfte von Figur 8 stünde;

- in (E1), vgl. Spalte 1, Zeilen 33 bis 36 werde zwar das Problem der Winkelverstellung angesprochen, rege aber den Fachmann nicht an, die Umkehrung der Alternative gemäß Figur 8, rechte Hälfte vorzunehmen, da dann Probleme mit der Strahlführung entstünden;

- die Alternativen gemäß Figuren 1 bis 3 der (E1) vermittelten dem Fachmann die Lehre, daß die elastische Platte nicht der Strahlführung diene, sondern daß dies Sache der unteren Platte sei, die wiederum unabhängig von der Düsenverformung sei;

- die Alternative gemäß linker Hälfte von Figur 8 führe zu einer Verformung der Düse unter Wasserdruck im Gegensatz zur Darstellung der rechten Hälfte;

- ergänzend sei auf (E2) zu verweisen, wonach gemäß Figur 3 ein stromaufwärtiger Strahlbildner vorhanden sei; die Umkehrung dieser Anordnung, d. h. stromabwärtiger Strahlbildner, gehe mit dem Verlust von Strahlführung einher und würde vom Fachmann demzufolge nicht ins Auge gefaßt;

- vorstehende Überlegungen zusammenfassend ergebe sich, daß der Gegenstand von Anspruch 1 neu und erfinderisch sei.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 668 797.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

2.1. (E1) als nächstkommender Stand der Technik ist einerseits abgestellt auf einen zwischen zwei Platten eingespannten elastischen Strahlbildner, vgl. Figuren 1 bis 3, ist andererseits bei ihrer fachmännischen Auslegung - d. h. ohne Kenntnis der beanspruchten Erfindung - abgestellt auf ein einteiliges Bodenteil, an dem in stromabwärtiger Richtung Düsen angeordnet sind, vgl. Spalte 1, Zeilen 41/44/59 und 60, sowie Spalte 2, Zeilen 40 bis 42 und Figuren 4 bis 8 mit Blick auf das einteilige Bodenteil und Spalte 2, Zeile 65 bis Spalte 3, Zeile 3 und linke Hälfte von Figur 8 mit Blick auf die stromabwärtige Anordnung der Düsen.

2.2. Anspruch 1 schreibt in seinem Oberbegriff eine weitere Platte vor, die aus der linken Hälfte von Figur 8 der (E1) - die die stromabwärtige Anordnung des Strahlbildners aufzeigt - nicht herleitbar ist. Die Beschwerdeführerin basierte ihren Neuheitseinwand auf die Kombination von Figur 8 und 6 der (E1), was nach Überzeugung der Kammer bei der Frage der Neuheit unzulässig ist, weil dies eine mosaikartige Zusammenschau von differenziert belegtem Stand der Technik darstellt, was bei der Beurteilung der Frage der erfinderischen Tätigkeit zutreffend ist, nicht aber bei der Beurteilung der Neuheit des Beanspruchten.

2.3. Dem steht nicht entgegen, daß Figur 6 der (E1) per se eine Düsen enthaltende Platte im beanspruchten Umfang offenbart, jedoch in anderem Zusammenhang als beansprucht, nämlich durch ihre stromaufwärtige Anordnung im Hinblick auf das Bodenteil.

2.4. Wie in der mündlichen Verhandlung seitens der Kammer zum Ausdruck gebracht, stellt (E1) keinen neuheitsschädlichen Stand der Technik dar, so daß der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 das Kriterium der Neuheit erfüllt, Artikel 54 EPÜ. Bei diesen Gegebenheiten hängt der Rechtsbestand dieses Anspruches ganz von der Frage des Vorliegens/Nichtvorliegens erfinderischer Tätigkeit ab.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Die Bestimmung des nächstliegenden und den Ausgangspunkt der Erfindung bildenden Standes der Technik führt zu folgendem Ergebnis:

3.2. Aus (E1) ist ein Brausekopf bekannt, an dessen Strahlplatte, gemäß Figur 8 mit den Bezugszeichen "22" (linke Hälfte), eine Mehrzahl von Einzeldüsen "21" in Form von gewölbten Einzelringscheiben "29" mit Austrittsöffnungen "20" an der Außenseite der Strahlplatte anliegend und an diese anschließend angeordnet ist, dergestalt daß die Düsen "25" aus der Ebene der Einzelringscheiben "29" herausragen, vgl. linke Hälfte von Figur 8 der (E1).

3.3. Wie im Zusammenhang mit der Frage der Neuheit vorstehend herausgearbeitet, liegen gemäß Figur 8 linke Hälfte des Standes der Technik einzelne Düsen als Strahlbildner, aber keine weitere Platte vor.

3.4. Die gegenüber Figur 8, linke Hälfte von (E1) als nächstliegendem Stand der Technik objektiv verbleibende Aufgabe der Erfindung ist somit darin zu sehen, die Nachteile von Einzeldüsen zu beseitigen, nämlich die schwierige und zeitaufwendige Montage und die erhöhten Herstellungskosten der Einzeldüsen.

3.5. Die Lösung der objektiv verbleibenden Aufgabe der Erfindung wird mit dem Merkmal "weitere Platte (4)" gemäß erteiltem Anspruch 1 erreicht.

3.6. Ohne Kenntnis der Erfindung war es dem Fachmann bereits aus der gattungsnächsten Druckschrift (E1) bekannt, vgl. Figur 6, anstelle von Einzeldüsen "eine weitere Platte aus elastischem Material mit zu den Wasserdurchlaßöffnungen koaxialen Düsen" vorzusehen, so daß davon auszugehen ist, daß der Ersatz der Einzeldüsen durch eine Mehrzahl von Düsen tragende Platte ohne erfinderisches Tätigwerden möglich ist. Demzufolge ist der Gegenstand von Anspruch 1 naheliegend und Anspruch 1 also nicht rechtsbeständig anzusehen, Artikel 56 und 100 a) EPÜ.

4. Vorstehendem Ergebnis stehen auch die weiteren von der Beschwerdegegnerin vorgebrachten Argumente insgesamt nicht entgegen wie nachfolgende Ausführungen belegen:

4.1. Die Verwendung gleicher Bezugszeichen in (E1) gemäß den Figuren 1 bis 8 kann nicht als Indiz dafür angesehen werden, daß ein dreiteiliger Aufbau der Bodenplatte in (E1) obligatorisch wäre, da dies klar im Widerspruch zur Aussage ihrer Spalte 2, Zeilen 40 bis 42 steht; in ihrer Spalte 1, Zeilen 51/55 und 59/60 wird darüber hinaus auf differenziert beschriebene Varianten von Bodenteilen verwiesen, so daß für den Fachmann klar ist, daß (E1) ein einteiliges Bodenteil offenbart. Dem steht weiterhin auch Anspruch 1 der (E1) nicht entgegen, da die Relation von Auslaßöffnungen "24" und Wasseraustrittsöffnungen "25" ("in denen jeweils ein ... vorgesehen ist"), dergestalt, daß letztere innerhalb der Querschnittsflächen von "24" angeordnet sind, unabhängig ist von ihrer stromauf- oder -abwärtigen Anordnung. Ob die Ausführung von Figur 8, linke Hälfte vom Schutzbereich des Anspruchs 1 der (E1) gedeckt ist oder nicht, ist für die Frage der Offenbarung von (E1) irrelevant.

4.2. Der Beschwerdegegnerin ist auch im Hinblick auf den Einwand der mangelnden Strahlführung gemäß Figur 8, linke Hälfte der (E1) nicht zu folgen, da die Düse "25" auch wenn sie eine Einzeldüse ist, am Bauteil "22" gemäß Figur 8, linke Hälfte eingespannt ist (durch Klebung oder Vulkanisieren ...) und bei Beaufschlagung mit Wasserdruck allenfalls in stromabwärtiger Richtung ausweichen wird, ohne sich aber im Winkel zu verstellen. Zu berücksichtigen ist weiterhin die geringe Größe der hier zu diskutierenden Bauteile, die für die Durchmesser in der Größenordnung von 4-6 mm für die Auslaßöffnungen und 1-2 mm für die Düsen liegen dürften; die zu erwartenden Verformungen liegen mithin im Mikrobereich, zumal auch die Vorwölbung der Düsen gemäß Figur 8, linke Hälfte bzw. Spalte 3, Zeilen 2/3 ("kugel- oder kegelförmig") die Strahlführung ohnehin begünstigt und kein Unterschied zur Figur 2 des Streitpatents gesehen werden kann.

4.3. Da (E1) für sich bereits dem Rechtsbestand des Patentes entgegensteht, erübrigt sich ein Eingeben auf (E2) und zwar im Hinblick auf die Ausführungen beider Parteien zu diesem Stand der Technik.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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