European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2002:T083400.20020801 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 01 August 2002 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0834/00 | ||||||||
Anmeldenummer: | 92115038.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B23D 65/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Sägebandring und Verfahren zu seiner Herstellung | ||||||||
Name des Anmelders: | WIKUS-Sägenfabrik Wilhelm H. Kullmann GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | (01) AMADA Co., Ltd. (02) Robert RÖNTGEN GmbH + Co. KG |
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Kammer: | 3.2.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (Haupt- und Hilfsantrag) - ja Erfinderische Tätigkeit (Haupt- und Hilfsantrag) - nein |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die am 3. September 1992 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 13. September 1991 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 92 115 038.9 wurde das europäische Patent Nr. 0 531 879 mit folgendem Anspruch 1 erteilt:
"Sägebandring (12) aus einem zusammengefügten stumpfgeschweißten Abschnitt eines Sägebandes (20) mit gehärteten Zähnen (1, 2) oder Zähnen aus einer im Vergleich zum Material des Trägerbands härteren Material mit einer senkrecht zur Bandlängsrichtung verlaufenden Fügezone (11), dadurch gekennzeichnet,
daß der Sägebandring (12) die Fügezone (11) im Bereich des Zahnrückens (6) aufweist, und daß der Sägebandring (12) im Bereich der tiefsten Stelle (9) des Zahngrundes (7) benachbart zu der Fügezone (11) ein von der Stumpfschweißung unbeeinflußtes Gefüge aufweist."
II. Gegen das erteilte Patent legten die Beschwerdegegnerinnen gestützt auf die Gründe des Artikels 100 a) (Einsprechende 01 und 02) und 100 c) EPÜ (Einsprechende 01) Einspruch ein und beantragten den Widerruf des Patents.
III. Die Einspruchsabteilung widerrief das Patent mit ihrer in der mündlichen Verhandlung am 5. Mai verkündeten und am 18. Juli 2000 zur Post gegeben Entscheidung.
Die Einspruchsabteilung kam zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 unter Berücksichtigung des Standes der Technik gemäß den Dokumenten
D6: Wood Industry Handbook, Seite 213, 1958/1963
D8: Betriebsanleitung für Abbrennschweißmaschine IDEAL 1984
D9: Schweißanweisung für Sägebänder, Robert Röntgen, mit Eingangsstempel 05.08.1991
nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
IV. Gegen diese Entscheidung hat sich die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 16. August 2000 beschwert, gleichzeitig die Beschwerdegebühr bezahlt und am 25. September 2000 die Beschwerdebegründung eingereicht.
V. Die Beschwerdekammer hat in ihrer Mitteilung vom 17. Mai 2002 darauf hingewiesen, daß in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen die erfinderische Tätigkeit zu diskutieren sei unter Einbeziehung der Entgegenhaltungen:
D4: Prospekt-Kopie: IDEAL Bandsäge- Schweißmaschinen Lötapparate 3/85
D5: Prospekt-Kopie: UDDEHOLM TOOLING, 10.83, Seiten 17, 19, 23
D7: IDEAL Technische Information, Operating Instruction for Flash Butt Welding Machine type BAS 120, 17.01.1983.
VI. Am 1. August 2002 fand eine mündliche Verhandlung statt.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents;
hilfsweise:
mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Ansprüchen 1 bis 8 (Hilfsantrag).
Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende 01 und 02) beantragten die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin.
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich von dem des Hauptantrages durch Streichung der Worte "gehärteten" vor und "oder Zähnen" nach "Zähnen (1, 2)" in der dritten Zeile (siehe oben kursiv), ist also auf die zweite Alternative mit "Zähnen (1, 2) aus einem im Vergleich zum Material des Trägerbands härteren Material" eingeschränkt.
VII. Die Beschwerdeführerin trug vor, die im jeweiligen Bild 2 der D7, D8 und D9 gezeigten Zahnformen seien offensichtlich nur für Holz-Sägeblätter geeignet. Der Fachmann entnehme dem Anspruch 1 jedoch, daß es sich hier um Metall-Sägebänder handle, weil nur bei diesen gehärtete Zähne oder solche aus einem gegenüber dem Trägerband härteren Material verwendet würden. Der Vergleich der linken und rechten Darstellung von Bild 2 zeige außerdem, daß die Verschiebung der Schweißstelle vom Zahngrund nach rechts deshalb erforderlich sei, weil die Zahnspitze mit positivem Spanwinkel über den Zahngrund vorstehe. Wenn man die rechte Darstellung betrachte, wo im langgestreckten Zahngrund geschweißt werde, gehe es bei der Anweisung im Bild 2 links, in der Mitte des Zahnrückens zu schweißen, offensichtlich nur darum, die Zahnteilung beizubehalten.
Beim Stumpfschweißen komme es darauf an, gleiche Materialvolumina zu erhitzen, weshalb im praktizierten Stand der Technik die Schweißung im Zahngrund angeordnet worden sei. Der in D5 gebrauchte Ausdruck "midway two teeth" belege diese Auffassung, denn damit sei offensichtlich der Zahngrund gemeint.
Der entgegengehaltene Stand der Technik gehe auf die 50er Jahre zurück und sei bis in die 70er, 80er und 90er Jahre nur immer wieder kommentarlos übernommen worden. Jedenfalls sei kein Hinweis vorhanden, eine Standzeiterhöhung durch die Anordnung der Stumpfschweißung im Bereich des Zahnrückens anzustreben, wobei dort auch jegliche Andeutung zum negativen Einfluß der Gefügeveränderung im Bereich der Schweißnaht fehle. Auch die Angabe einer "small welding zone in D9 lasse keinen Rückschluß auf etwaige Gefügeveränderungen zu. Zudem ließen sich solche Gefügeveränderungen nur durch metallographische Untersuchungen nachweisen, so daß auch das Foto eines Sägebandes mit einer Schweißnaht auf Seite 3 der D4 nicht aussagefähig sei.
Eine zwischen 1993 und 1996 von der Beschwerdeführerin durchgeführte Untersuchung habe ergeben, daß die tatsächlich am Markt angebotenen Sägebänder im Zahngrund geschweißt gewesen seien. Somit habe sich die Erfindung über ein durch den praktizierten Stand der Technik belegtes Vorurteil hinweggesetzt, wozu eine erfinderische Leistung erforderlich gewesen sei.
VIII. Die Beschwerdegegnerinnen führten aus, von einer scharfen Trennung zwischen Holz-Sägebändern und Metall-Sägebändern könne keine Rede sein, denn der Ideal-Prospekt D4 mit Druckdatum 3/85 liste auf Seite 2 Metall- und Holz-Sägebänder nebeneinander auf. Die auf Seite 3 gezeigte Schweißnaht liege klar im Bereich des Zahnrückens, so daß der Fachmann hier ohne weiteres erkenne, daß Gefügestörungen infolge der Schweißung von den benachbarten Zahngründen so weit wie möglich entfernt seien. Abgesehen davon, daß die bruchgefährdete Schwachstelle im Zahngrund bereits durch reines Fachwissen erkennbar sei, sei in D6 ausdrücklich auf die Schwachstelle durch Spannungskonzentration im Zahngrund hingewiesen (tooth bottom portion where stress is focused), weshalb die Schweißnaht dort störe. Die gleiche Lehre ergebe sich aus D9, wo die Schweißnaht in der Mitte des Zahnrückens (middle of tooth's back, Fig. 2) liegen solle. Da die Schweißstelle nicht an der ungünstigen Stelle im Zahngrund liegen solle, ergebe sich die Lage im Bereich des Zahnrückens von selbst, und infolge der schmalen Fügezone im Bereich des Zahnrückens sei das Gefüge im benachbarten Zahngrund von der Stumpfschweißung unbeeinflußt.
Die Beibehaltung der Zahnteilung habe eine ganz unterschiedliche Wirkung, die mit der Lage der Schweißnaht nicht im Zusammenhang stehe.
Der angegriffene Patentanspruch 1 mit einem Sägebandring aus Bimetall sage nichts über eine unterschiedliche Zahngeometrie aus, und demzufolge könne ein Unterschied zwischen Metall- und Holzsägebändern nicht hergeleitet werden.
Auch sei ein Vorurteil gegen die Lage der Schweißnaht im Bereich des Zahnrückens aufgrund einer einheitlichen Praxis nicht nachgewiesen, denn die Untersuchung verschiedener auf dem Markt verfügbarer Sägebandringe sei erst lange nach dem Prioritätstag des Patents durchgeführt worden. Die entgegengehaltenen Dokumente beruhten nicht ausschließlich auf Unterlagen der Firma IDEAL, sondern, wie D5 und D6, auch auf anderen Quellen, so daß von einer kommentarlosen Übernahme über Jahrzehnte keine Rede sein könne.
Der zuständige Fachmann, ein Maschinenbauingenieur mit Kenntnissen in Werkstoffkunde und Schweißtechnik, würde die Lage der Schweißstelle nach Erkennen der Schwachstelle im Zahngrund von sich aus optimieren und sie in den Bereich des Zahnrückens legen. Nach dem Stumpfschweißen sehe er anhand der Anlaßfarbe im Schweißbereich, wo Gefügeveränderungen stattgefunden hätten, die zunächst auf den schmalen Bereich der Schweißung begrenzt seien. Der breitere verfärbte Bereich im Bild auf Seite 3 der D4 entstehe erst, wenn das Sägeband zur Beseitigung der Spannungen in der Schweißnaht gemäß den Schweißanleitungen weichgeglüht werde.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag sei gegenüber der Offenbarung der D4 nicht neu, zumindest aber aufgrund der eindeutigen Hinweise des Standes der Technik nahegelegt.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Neuheit
Die Kammer kann sich der Auffassung der Beschwerdegegnerin I nicht anschließen, wonach der Sägebandring nach Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag gegenüber D4 nicht neu sei. Zwar ist auf Seite 3 ein Fügezone erkennbar, jedoch fehlt in der übrigen Druckschrift jeglicher Hinweis auf eine Gefügeveränderung infolge der Stumpfschweißung. Auch wenn es zum allgemeinen Fachwissen gehört, daß beim elektrischen Widerstandsschweißen infolge der hohen Temperatur das Gefüge im Bereich der Schweißnaht verändert wird, so ist diese inhärente Eigenschaft, die erst durch fachmännische Interpretation zu erhalten ist, nicht geeignet, die Neuheit in Frage zu stellen, denn es ist damit nicht eindeutig offenbart, daß die tiefste Stelle des Zahngrundes benachbart zu der Fügezone ein von der Stumpfschweißung unbeeinflußtes Gefüge aufweist. Auch die übrigen Entgegenhaltungen enthalten keine explizite Offenbarung dieses Merkmals.
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1. Der dem Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag nächstkommende Stand der Technik wird durch D8 repräsentiert. Diese Druckschrift beschreibt die Herstellung von Sägebandringen gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 (Blatt 6, 1. Absatz), wobei das Sägeband Zähne aus einem gegenüber dem Material des Trägerbandes härteren Material aufweisen kann ("Bandsägen - Bi-Metall", Blatt 6 Mitte). Durch das Stumpfschweißen entsteht eine senkrecht zur Bandlängsrichtung verlaufende Fügezone (Blatt 8, Bild 1).
Es liegt die Aufgabe zugrunde, einen derartigen Sägebandring sowie ein Verfahren zu seiner Herstellung bereitzustellen, bei dem die Haltbarkeit der Fügezone, insbesondere der Schweißnaht, und die Standzeit des Sägebandrings verbessert sind (Spalte 2, Zeile 55 bis Spalte 3, Zeile 2 der Patentschrift).
Gelöst wird diese Aufgabe durch einen Sägebandring mit den Merkmalen des Anspruchs 1, dessen Fügezone im Bereich des Zahnrückens liegt, wobei der Sägebandring im Bereich der tiefsten Stelle des Zahngrundes benachbart zu der Fügezone ein von der Stumpfschweißung unbeeinflußtes Gefüge aufweist.
3.2. Die Kammer kann die Auffassung der Beschwerdeführerin nicht teilen, wonach die in D9 (Blatt 7, letzter Absatz) genannte Zahnmitte im Zahngrund liege, denn die linke Darstellung in Bild 2 (Blatt 8) definiert, daß die Schweißstelle vom Zahngrund (links) und von der Zahnspitze (rechts) jeweils eine halbe Zahnbreite entfernt liegen soll. Es ist hier also eindeutig die Mitte der Zahnteilung zwischen Zahnspitze und Zahngrund gemeint. Folglich liegt der Fügebereich, wie auch die rechte Darstellung in Bild 1 erkennen läßt, im Bereich des Zahnrückens.
3.3. Der zuständige Fachmann kennt einerseits die Problematik der Schwachstelle bei einer Stumpfschweißung im Zahngrund, da solche Schweißstellen immer mit einer Gefügeveränderung des Sägebandes verbunden sind und im Betrieb zum Bruch neigen. Daher versteht er auch den Sinn der Anweisung, die Fügezone in den Bereich des Zahnrückens, also weg von dieser Schwachstelle zu legen, jedoch so, daß auch die benachbarte Zahnspitze durch die Schweißhitze nicht beeinträchtigt wird. Andererseits weiß er aber auch, daß die Fügezone bei der normalerweise angewendeten Art der Widerstandsschweißung eng begrenzt ist, was auch durch D9 (1. Seite, Abschnitt 2, 1. Absatz) bestätigt wird. Um welche Größenordnung der Abmessungen es dabei geht, ist dem Fachmann bekannt und wurde darüber hinaus durch das am 25. Juni 1999 eingereichte Diagramm 1 von der Einsprechenden 01 glaubhaft nachgewiesen. Es liegt daher nahe, wenn es der Abstand zwischen den Zahnspitzen zuläßt, die Schweißung so anzulegen, daß das Gefüge an der tiefsten Stelle des Zahngrundes von der Stumpfschweißung nicht beeinflußt ist.
3.4. Dem Fachmann wird somit durch den Stand der Technik in Verbindung mit seinem Fachwissen die Anleitung vermittelt, den Sägebandring mit sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 auszubilden, ohne daß dazu eine über durchschnittliche fachliche Fähigkeiten hinausgehende Leistung erforderlich wäre, womit ein Sägebandring geschaffen wird, der aufgrund seiner verringerten Bruchneigung im besonders gefährdeten Zahngrund eine verbesserte Standzeit aufweist. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ), so daß ein Patent darauf nicht aufrechterhalten werden kann (Artikel 52 (1) EPÜ).
Der Widerruf des Patents durch die Einspruchsabteilung war deshalb gerechtfertigt (Artikel 102 (1) EPÜ).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.