T 0682/00 () of 3.12.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T068200.20011203
Datum der Entscheidung: 03 Dezember 2001
Aktenzeichen: T 0682/00
Anmeldenummer: 97943802.5
IPC-Klasse: F02D 41/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur zylinderselektiven Steuerung einer selbstzündenden Brennkraftmaschine
Name des Anmelders: Conti Temic microelectronic GmbH, et al
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit - (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit - (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin hat gegen die am 31. März 2000 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 97 943 802.5 unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr und Vorlage der Beschwerdebegründung am 16. Mai 2000 Beschwerde eingelegt.

II. Die Prüfungsabteilung war zur Auffassung gekommen, daß die Anmeldung den Erfordernissen des Artikels 52 (1) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 (1) und 56 EPÜ nicht genügt.

Zum Stand der Technik hat sie auf die Entgegenhaltungen

D1: US-A-4 705 000 und

D2: EP-A-0 447 697

verwiesen.

III. Neben diesen Entgegenhaltungen wurden im Beschwerdeverfahren noch folgende, im Recherchenbericht bzw. von der Anmelderin selbst genannte Druckschriften berücksichtigt:

D3: US-A-4 161 162

D4: FR-A-2 670 831

D5: EP-A-0 113 227

D6: DE-A-3 403 260.

IV. Am 3. Dezember 2001 wurde mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche:

1. bis 18 wie in der mündlichen Verhandlung überreicht;

Beschreibung:

Seiten 1 bis 11 wie in der mündlichen Verhandlung überreicht;

Zeichnungen:

Figuren 1, 2, 3a, 3b, 4a und 4b wie ursprünglich eingereicht.

V. Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Verfahren zur zylinderselektiven Steuerung einer mehrzylindrigen, selbstzündenden Viertakt-Brennkraftmaschine mit zylinderselektiver Kraftstoffeinspritzung und mit Mitteln zur Erfassung des Kurbelwellendrehwinkels sowie zur Bestimmung der momentanen Kurbelwellendrehzahlen, wobei zur zylinderselektiven Gleichstellung der Mitteldrücke in den Brennräumen der Brennkraftmaschine aus dem Kurvenverlauf der momentanen Kurbelwellendrehzahlen verschiedene, in unterschiedlichen Drehzahlbereichen der momentanen Kurbelwellendrehzahl mit dem Mitteldruck korrelierte Kenngrößen abgeleitet werden, und wobei in jeweils einem Drehzahlbereich aus der für diesen Drehzahlbereich abgeleiteten Kenngröße zylinderselektive Korrekturwerte bestimmt und zur Korrektur der Kraftstoffeinspritzung in diesem Drehzahlbereich verwendet werden."

VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes vorgetragen.

Der dem Anmeldungsgegenstand am nächsten kommende Stand der Technik gehe aus D1 hervor. Daraus sei bereits ein Verfahren zur zylinderselektiven Steuerung einer mehrzylindrigen, selbstzündenden Viertakt-Brennkraftmaschine bekannt, mit dem eine zylinderselektive Gleichstellung der Mitteldrücke in den Brennräumen der Brennkraftmaschine angestrebt werde. Hierzu werde aus dem Verlauf der mittleren Kurbelwellendrehzahlen eine Kenngröße abgeleitet, die dann durch mathematische Transformationen in weitere Kenngrößen umgewandelt und zur Korrektur der Kraftstoffeinspritzung genutzt würden.

Mit diesem Verfahren sei es jedoch nicht möglich, typische Fehler bei der Drehzahlerfassung zu vermeiden. Daher sei es anmeldungsgemäß vorgesehen, in unterschiedlichen Drehzahlbereichen verschiedene Kenngrößen zu bestimmen. Durch diese Maßnahme könnten z. B. in einem Drehzahlbereich Kenngrößen gewählt werden, die nicht durch ungenaue Positionierungen der Kurbelwellenmarkierungen verfälscht würden und in einem anderen Drehzahlbereich Kenngrößen, die nicht durch Quereinflüsse der Zylinder untereinander verfälscht würden.

Nachdem aus dem nachgewiesenen Stand der Technik nicht bekannt sei, in unterschiedlichen Drehzahlbereichen verschiedene Kenngrößen für eine zylinderselektive Gleichstellung der Mitteldrücke in den Brennräumen einer Brennkraftmaschine zu nutzen, sei der Gegenstand nach Anspruch 1 des vorliegenden Antrags neu und beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

Die Merkmale vom vorliegenden Anspruch 1 gehen aus dem ursprünglichen Anspruch 1 sowie aus der ursprünglichen Beschreibung, Seite 5, Zeilen 5 bis 19 und Seite 9, Zeilen 10 bis 20 hervor.

Die Merkmale der Ansprüche 2 bis 18 sind aus den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 18 zu entnehmen.

Die Beschreibung wurde lediglich an die geänderten Ansprüche angepaßt und im einleitenden Teil wurde der aus den Entgegenhaltungen D1 und D6 bekannte Stand der Technik abgehandelt.

Folglich geht der Gegenstand der geänderten Anmeldung nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, so daß die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ erfüllt sind.

3. Neuheit

3.1. Jede der Entgegenhaltungen D1 und D6 offenbart ein Verfahren zur zylinderselektiven Steuerung einer mehrzylindrigen, selbstzündenden Viertakt-Brennkraftmaschine mit zylinderselektiver Kraftstoffeinspritzung (siehe jeweils Figur 1) und mit Mitteln zur Erfassung des Kurbelwellendrehwinkels (siehe jeweils Figur 3) sowie zur Bestimmung der momentanen Kurbelwellendrehzahlen (D1: Figur 6, 206, 210 / D6: Figur 7a, 114), wobei zur zylinderselektiven Gleichstellung der Mitteldrücke in den Brennräumen der Brennkraftmaschine (zwangsläufige Folge des angestrebten gleichbleibenden Drehmoments; siehe D1: Spalte 8, Zeile 62 bis Spalte 9, Zeile 5 und D6: Seite 29, Zeile 19. bis Seite 30, Zeile 2) aus dem Kurvenverlauf der momentanen Kurbelwellendrehzahlen eine Kenngröße abgeleitet wird (jeweils Ni), mittels der zylinderselektive Korrekturwerte bestimmt (D1: Figur 6, Schritt 219 / D6: Figur 7c, Schritt 148) und zur Korrektur der Kraftstoffeinspritzung verwendet werden (D6: Seite 29, Zeilen 19 bis 25 / D1: Spalte 8, Zeilen 18. bis 25).

Aus D1 und D6 geht jedoch nicht hervor, daß in unterschiedlichen Drehzahlbereichen der momentanen Kurbelwellendrehzahl verschiedene, mit dem Mitteldruck korrelierte Kenngrößen abgeleitet werden, und die zylinderselektiven Korrekturwerte in jeweils einem Drehzahlbereich aus der für diesen Drehzahlbereich abgeleiteten Kenngröße bestimmt und zur Korrektur der Kraftstoffeinspritzung in diesem Drehzahlbereich verwendet werden.

3.2. Die übrigen Druckschriften sind weniger relevant als D1 bzw. D6.

3.2.1. D2 offenbart ein

Verfahren zur zylinderselektiven Steuerung einer mehrzylindrigen, selbstzündenden Viertakt-Brennkraftmaschine mit zylinderselektiver Kraftstoffeinspritzung und mit Mitteln zur Erfassung des Kurbelwellendrehwinkels sowie zur Bestimmung der momentanen Kurbelwellendrehzahlen (siehe Spalte 3, Zeilen 52 bis 55).

In Abhängigkeit von der Kurbelwellendrehzahl wird die Einspritzzeit und die Einspritzdauer so festgelegt, daß der Druckverlauf in zumindest einer Gruppe der Zylinder in einem drehzahlabhängigen Resonanzbereich der Kurbelwelle derart beeinflußt wird, daß Resonanzschwingungen unterdrückt werden.

Eine Ableitung von Kennwerten aus dem Kurvenverlauf der momentanen Kurbelwellendrehzahlen, um Korrekturwerte zur Korrektur der Kraftstoffeinspritzung zu ermitteln, ist aus D2 aber nicht bekannt. Außerdem wird auch keine zylinderselektive Gleichstellung des Mitteldruckes in den Brennräumen angestrebt.

3.2.2. D3 zielt nicht auf eine zylinderselektive Steuerung einer mehrzylindrigen, selbstzündenden Brennkraftmaschine ab, um eine zylinderselektive Gleichstellung des Mitteldruckes in den Brennräumen zu bewirken. Vielmehr wird der unterschiedliche Druckverlauf in den Zylindern einer fremdgezündeten Brennkraftmaschine dazu ausgenutzt, um die Brennkraftmaschine so zu betreiben, daß sie im Grenzbereich des Magerbetriebs noch zuverlässig läuft.

3.2.3. D4 betrifft ein Verfahren zur zylinderselektiven Steuerung einer mehrzylindrigen, selbstzündenden Viertakt-Brennkraftmaschine mit zylinderselektiver Kraftstoffeinspritzung (siehe Figuren 4 und 5), wobei die einzuspritzende Kraftstoffmenge von der Kurbelwellendrehzahl und der effektiven Nockenwellendrehzahl zum Zeitpunkt der Einspritzung bestimmt wird, um jeweils die optimale Brennstoffmenge einzuspritzen.

Die Ermittlung von Korrekturwerten zur Korrektur der Kraftstoffeinspritzung in Abhängigkeit von aus dem Kurvenverlauf der momentanen Kurbelwellendrehzahlen abgeleiteten Kennwerten ist nach D4 aber nicht vorgesehen. Darüber hinaus ist auch keine zylinderselektive Gleichstellung des Mitteldrucks in den Brennräumen der Brennkraftmaschine beabsichtigt.

3.2.4. D5 offenbart ein Verfahren zur zylinderselektiven Steuerung einer mehrzylindrigen, selbstzündenden Viertakt-Brennkraftmaschine mit zylinderselektiver Kraftstoffeinspritzung und mit Mitteln zur Erfassung des Kurbelwellendrehwinkels sowie zur Bestimmung der momentanen Kurbelwellendrehzahlen (siehe Figur 11).

Aus dieser Druckschrift ist aber ebenfalls weder eine Ermittlung zylinderselektiver Korrekturwerte zur Korrektur der Kraftstoffeinspritzung in Abhängigkeit von aus dem Kurvenverlauf der momentanen Kurbelwellendrehzahlen abgeleiteten Kennwerten bekannt, noch eine zylinderselektive Gleichstellung des Mitteldruckes in den Brennräumen der Brennkraftmaschine.

3.3. Im Hinblick auf die vorangehenden Feststellungen ist der Gegenstand des Anspruch 1 neu.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Ausgehend vom nächstkommenden Stand der Technik, wie er aus jeder der Entgegenhaltungen D1 und D6 bekannt ist, liegt dem Anmeldungsgegenstand die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur zylinderselektiven Steuerung einer mehrzylindrigen, selbstzündenden Viertakt-Brennkraftmaschine anzugeben, bei dem die Auswirkung von Bauteildifferenzen für die Kraftstoffzuführung und des Verbrennungssystems minimiert werden, um eine weitergehende Verbesserung der Eigenschaften beim Betrieb der Brennkraftmaschine, beispielsweise des Kraftstoffverbrauchs, zu ermöglichen (siehe vorliegende Beschreibung, Seite 2, Zeilen 29 bis 35).

4.2. Diese Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 dadurch gelöst, daß verschiedene, in unterschiedlichen Drehzahlbereichen der momentanen Kurbelwellendrehzahl mit dem Mitteldruck korrelierte Kenngrößen abgeleitet werden, und wobei in jeweils einem Drehzahlbereich aus der für diesen Drehzahlbereich abgeleiteten Kenngröße zylinderselektive Korrekturwerte bestimmt und zur Korrektur der Kraftstoffeinspritzung in diesem Drehzahlbereich verwendet werden.

4.3. Für diese Maßnahmen gibt es im nachgewiesenen Stand der Technik keine Anregung.

Aus D1 und D6 ist lediglich bekannt, über den gesamten Drehzahlbereich eine einzige Kenngröße, nämlich die Differenz zwischen einer maximalen und einer minimalen Motordrehzahl beim Leistungshub jedes Zylinders ( Ni) aus dem Kurvenverlauf der momentanen Kurbelwellendrehzahlen zu bestimmen, aus dieser Kenngröße weitere Kenngrößen ( N, dNi oder d2Ni) abzuleiten und daraus zylinderselektive Korrekturwerte zur Korrektur der Kraftstoffeinspritzung zu bestimmen.

Die Erfinder des vorliegenden Anmeldungsgegenstands haben jedoch erkannt, daß die Verwendung einer einzigen Kenngröße zur Bestimmung von Korrekturwerten für die Kraftstoffeinspritzung problematisch ist, weil sie den zylinderselektiven Mitteldruck nicht über den gesamten Drehzahlbereich unverfälscht wiedergeben kann, sondern in verschiedenen Drehzahlbereichen von drehzahlabhängigen Einflüssen unterschiedlich stark verändert wird. Auch die rein mathematische Ableitung weiterer Kenngrößen aus dieser ursprünglich ermittelten einzigen Kenngröße kann daran nichts ändern, weil die drehzahlabhängige Verfälschung der Korrelation mit dem zylinderselektiven Mitteldruck bereits bei der Ermittlung der Ausgangskenngröße erfolgt und durch die folgenden Transformationen nicht mehr beseitigt werden kann. Um diese Verfälschung zu vermeiden wurde mit der vorliegenden Anmeldung vorgeschlagen, für unterschiedliche Drehzahlbereiche verschiedene Kenngrößen zu bestimmen. Mit dieser Maßnahme kann für jeden Drehzahlbereich eine solche Kenngrößen ermittelt werden, die in diesem Bereich relativ unverfälscht den zylinderselektiven Mitteldruck wiedergibt. So eignet sich beispielsweise der Drehzahlmittelwert als Kenngröße im Bereich hoher Kurbelwellendrehzahlen, da er aufgrund des langen Erfassungsintervalls relativ unempfindlich gegen Positionierungsfehler der Kurbelwellenmarkierungen ist. Die Drehzahlamplitude, d. h. der maximale Ausschlag der Drehzahlen um einen Mittelwert beim Leistungshub eines Zylinders, die erheblich empfindlicher gegen solche Positionierungsfehler ist, kann dagegen als Kenngröße im Bereich niedriger Drehzahlen herangezogen werden, da sie weniger empfindlich gegen Quereinflüsse von anderen Zylindern ist als der Drehzahlmittelwert.

Nachdem keine der zum Stand der Technik genannten Entgegenhaltungen in irgendeiner Weise darauf hinweist, daß eine einzelne Kenngröße den zylinderselektiven Mitteldruck nicht über den gesamten Drehzahlbereich einer Brennkraftmaschine unverfälscht wiedergeben kann, noch dazu anregt, in unterschiedlichen Drehzahlbereichen verschiedene mit dem Mitteldruck korrelierte Kenngrößen zur Bestimmung zylinderselektiver Korrekturwerte zur Korrektur der Kraftstoffeinspritzung zu verwenden (siehe hierzu den vorangehenden Abschnitt 3), kann die in Anspruch 1 vorgeschlagene Ausgestaltung des aus D1 bzw. D6 bekannten Verfahrens zur Lösung der vorliegenden Aufgabe nicht als naheliegend angesehen werden.

Der Gegenstand nach Anspruch 1 beruht daher auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Ansprüche:

1. bis 18 wie in der mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 2001 überreicht;

Beschreibung:

Seiten 1 bis 11, wie in der mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 2001 überreicht;

Figuren:

1, 2, 3a, 3b, 4a und 4b wie ursprünglich eingereicht.

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