European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T064900.20030220 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 20 Februar 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0649/00 | ||||||||
Anmeldenummer: | 95943185.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B08B 3/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Hochdruckreinigungsgerät | ||||||||
Name des Anmelders: | Alfred Kärcher GmbH & Co. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (bejaht) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Mit Entscheidung vom 4. Februar 2000 hat die Prüfungsabteilung die europäische Patentanmeldung 95. 943 185.9 im Lichte der
(D1) EP-A-0 503 298
zurückgewiesen, weil bei zusätzlicher Berücksichtigung fachmännischer Überlegungen das Erfordernis des Artikels 56 EPÜ nicht erfüllt sei.
II. Der der Zurückweisungsentscheidung zugrundeliegende, geltende, Anspruch 1 hat nachfolgenden Wortlaut:
"1. Hochdruckreinigungsgerät mit einer von einem luftgekühlten Elektromotor über ein Getriebe angetriebenen, eine Taumelscheibe umfassenden Kolbenpumpe, auf die ein Pumpenkopf mit einem Sauganschluß und einem Druckanschluß aufgesetzt ist,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Elektromotor (14), das Getriebe (18), die Kolbenpumpe (20) und der Pumpenkopf (30) in Längsrichtung des Hochdruckreinigungsgeräts (10) hintereinander angeordnet sind und daß der Elektromotor (14) als Universalmotor ausgebildet ist mit einem Statorpaket (50) und einem Rotor, wobei die Länge des Statorpakets (50) mindestens das 1,15-fache des Rotordurchmessers beträgt."
III. Gegen vorgenannte Zurückweisungsentscheidung der Prüfungsabteilung hat die Anmelderin - Beschwerdeführerin im folgenden - am 25. März 2000 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 9. Mai 2000 begründet.
IV. Die Beschwerdeführerin brachte im wesentlichen folgende Argumente zum Vorliegen erfinderischer Tätigkeit vor:
- (D1) zeige in ihrer einzigen Figur zwar das Gehäuse eines Elektromotors, nicht aber dessen Statorpaket und Rotordurchmesser und auch nicht deren Abmessungen, so daß der Fachmann aus (D1) diesbezüglich keine konkreten Hinweise entnehmen konnte;
- die in der Zurückweisungsentscheidung angestellten Überlegungen zur Schaffung einer gedrungenen Bauweise des Hochdruckreinigungsgerätes ließen eher auf einen möglichst kurzen Elektromotor schließen, der zur Erzielung der geforderten Leistung im Durchmesser entsprechend groß zu bemessen gewesen wäre;
- das beanspruchte Hochdruckreinigungsgerät gehe indes in eine andere Richtung, da nicht die Baulänge resultierend aus den hintereinander angeordneten Komponenten Elektromotor - Getriebe- Kolbenpumpe - Pumpenkopf minimiert werde, sondern im Gegenteil ein bewußt schlanker Elektromotor entsprechend größerer Baulänge Verwendung finde;
- Hintergrund der beanspruchten Problemlösung sei der Aspekt der Luftkühlung des Elektromotors, der längsseitig angeströmt werde; die verbesserten Kühlbedingungen erlaubten eine geringere Nennleistung, was letztendlich zu einer Gewichtseinsparung und einer besseren Handhabbarkeit des Hochdruckreinigungsgerätes führe;
- von (D1) ausgehend sei somit kein Weg zur Schaffung des Gegenstandes gemäß Anspruch 1 erkennbar, so daß dieser neu und erfinderisch sei.
V. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patentes auf der Basis folgender mit Eingabe vom 9. April 2002, eingegangen am 10. April 2002, vorgelegten Unterlagen:
- Ansprüche 1 bis 10;
- Beschreibung Seiten 1 bis 4a, 5 bis 12;
- Zeichnung (3 Blatt): Figuren 1 bis 4.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
2.1. Anspruch 1 umfaßt alle Merkmale des ursprünglichen Anspruch 1 plus das in der ursprünglichen Beschreibung, Seite 3, Absatz 2 offenbarte Merkmal, wonach die Länge des Statorpakets mindestens das 1,15fache des Rotordurchmessers beträgt. Anspruch 1 genügt damit den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ.
2.2. Dies gilt auch für die Ansprüche 2 bis 10, die den ursprünglichen Ansprüchen gleicher Zählung entsprechen.
3. Neuheit
Die Frage der Neuheit des Gegenstandes gemäß Anspruch 1 ist nicht strittig. Da die Kammer die Beurteilung der Prüfungsabteilung teilt, erübrigen sich ins Detail gehende Erörterungen.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1. Nächstkommender Stand der Technik ist (D1), aus der eine achsversetzte Anordnung von Elektromotor "1" und den von ihm angetriebenen Komponenten Getriebe "8", Kolbenpumpe "13" und Pumpenkopf bekannt ist. Im Hinblick auf den Elektromotor ist aus der einzigen Figur der (D1) lediglich dessen Gehäuse ersichtlich, nicht aber seine Ausbildung bzw. Dimensionierung des Stators/Rotors.
4.2. Vom bekannten Hochdruckreinigungsgerät gemäß (D1) ausgehend, verbleibt als zu lösende technische Aufgabe erkennbar, bei guter Reinigungswirkung gleichzeitig eine verbesserte Handhabbarkeit und ein reduziertes Gewicht des Gerätes zu erzielen.
4.3. Gelöst ist vorstehende, objektiv gegenüber (D1) verbleibende Aufgabe mit den Merkmalen des Anspruchs 1. Danach wird ein als Universalmotor ausgebildeter Elektromotor sehr schlank ausgebildet, nämlich durch ein Verhältnis von Statorpaket zu Rotordurchmesser von mindestens 1,15.
4.4. Damit wird der Elektromotor nicht bezüglich seiner Baulänge minimiert - wie bei (D1), um eine gedrungene Gerätebauweise zu erzielen - sondern bezüglich der erzielbaren Kühlverhältnisse optimiert, derart, daß die Kühlluft durch eine an sich bekannte Längsanströmung des Motors sehr lange an diesem entlang führbar ist - begünstigt durch die Schlankheit des Motors.
Dadurch wird einerseits die Motorkühlung verbessert und damit erreicht, daß der Motor selbst im Dauerbetrieb stark belastet werden kann, ohne zu überhitzen. Im Vergleich zu bekannten Hochdruckreinigungsgeräten kann somit ein Elektromotor geringerer Nennleistung zum Einsatz kommen und dies bei gleicher Reinigungswirkung wie bei vergleichbaren Hochdruckreinigungsgeräten mit Elektromotoren größerer Nennleistung aber geringerer Belastbarkeit.
Ein weiterer wesentlicher Vorteil ergibt sich im Hinblick auf das Gerätegesamtgewicht, weil der Einsatz eines kleineren Elektromotors eine beachtliche Gewichtsverminderung mit sich bringt, was überdies die Handhabbarkeit des beanspruchten Hochdruckreinigungsgerätes entscheidend verbessert.
4.5. Aus den nachfolgenden Gründen ist die beanspruchte Geräteausführung gemäß Anspruch 1 vom Stand der Technik nicht nahegelegt:
4.5.1. Von (D1) ausgehend ist zunächst die dort vorgeschlagene Parallelanordnung von Motorachse und Getriebeachse nicht übernommen worden, vielmehr ist das beanspruchte Gerät auf eine gleichachsige Anordnung seiner wesentlichen Komponenten Elektromotor - Getriebe - Kolbenpumpe -Pumpenkopf abgestellt, so daß gegenüber den Darlegungen in der angefochtenen Entscheidung ein weiteres Unterschiedsmerkmal zum gattungsnächsten Stand der Technik (D1) vorliegt.
4.5.2. Von einem Fachmann, der die Lehre des Anspruchs 1 nicht kennt, wäre an sich zu erwarten gewesen, daß die geforderte Handhabbarkeit und der Gewichtsaspekt des Hochdruckreinigungsgerätes durch einen kompakteren Geräteaufbau gelöst wird, nämlich durch den Einsatz eines kurzen Elektromotors genügender Antriebsleistung.
4.5.3. Die Lösung der vorstehend genannten Aufgabe geht gemäß der Merkmalskombination von Anspruch 1 indes in eine andere Richtung, indem ein langer, schlanker Motor (Längen-Durchmesserverhältnis von mindestens 1,15) Verwendung findet, der das Gerät verlängert und dem Aspekt der Kompaktbauweise damit zuwiderläuft.
4.5.4. Vor diesem Hintergrund bedurfte es somit für den Fachmann einer Abkehr vom vorgezeichneten und vom Fachwissen nahegelegten Vorgehen, was regelmäßig für das Vorliegen erfinderischen Tätigkeitwerdens spricht, Artikel 56 EPÜ.
4.5.5. Auch die Berücksichtigung des weiteren im Recherchenbericht genannten Standes der Technik
(D2) DE-U-9 417 662 und
(D3) US-A-5 040 950
führt zu keinem anderen Ergebnis:
Per se ist die gleichachsige Hintereinanderanordnung von Motor - Getriebe - Pumpe aus der (D2) bekannt, vgl. Figur 3, aber dort liegt bezüglich der Kühlung ein anderes Konzept zugrunde, nämlich Verwendung des Spritzwassers zum Kühlen des Motors, vgl. Figur 3 insbesondere Kühlkanäle "50" und den die Seiten 2 und 3 bzw. 4 und 5 überbrückenden Absatz der Beschreibung von (D2). Auch (D3) baut zum Kühlen des Motors auf das Spritzwasser, vgl. (D3), Spalte 3, Zeile 56 bis Spalte 4, Zeile 6 in Verbindung mit Figur 2, Bezugszeichen "14, 48" und "46" und lenkt von der beanspruchten Lösung der gestellten Aufgabe weg, so daß auch eine gleichzeitige Betrachtung mit (D1) nicht zielführend wäre.
4.5.6. Zusammenfassend ist damit der Gegenstand gemäß Anspruch 1 neu und erfinderisch und Anspruch 1 gewährbar.
4.5.7. Dies trifft auch auf die Ansprüche 2 bis 10 zu, die als abhängige Ansprüche auf Ausgestaltungen des Gegenstandes gemäß Anspruch 1 gerichtet sind.
4.5.8. Da auch die sonstigen Unterlagen (Beschreibung, Zeichnungen) den Erfordernissen des EPÜ entsprechen, ist die Basis für die Patenterteilung gegeben.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent mit den nachfolgenden Unterlagen zu erteilen:
- Ansprüche 1 bis 10, eingegangen am 10. April 2002;
- Beschreibung Seite 1 bis 4a und 5 bis 12, eingegangen am 10. April 2002 mit folgenden amtsseitig vorgenommen sprachlichen Änderungen:
Seite 9, Zeilen 3/4 Worttrennung richtiggestellt in "Pump-raum";
Seite 10, Zeile 6 und Seite 11, Zeile 4 v. u. "Sprizwasser" richtiggestellt in "Spritzwasser";
Seite 12, Zeile 6 "Getriebe" richtiggestellt in "Getriebe-";
- Zeichnung (3 Blatt):
Figuren 1 bis 4, eingegangen am 10. April 2002.