T 0559/00 (Audiosignalübertragung/THOMSON) of 8.8.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T055900.20020808
Datum der Entscheidung: 08 August 2002
Aktenzeichen: T 0559/00
Anmeldenummer: 90901804.6
IPC-Klasse: H04B 1/66
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Übertragung eines Signals
Name des Anmelders: Thomson Consumer Electronics Sales GmbH
Name des Einsprechenden: DOLBY LABORATORIES LICENSING CORPORATION
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja, nach Änderung)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen das europäische Patent Nr. 0 414 838 wurde ein zulässiger Einspruch eingelegt und unter anderem mit mangelnder Patentfähigkeit gegenüber dem Stand der Technik, Artikel 100 a) EPÜ, begründet. Auf folgende Druckschriften wurde hingewiesen:

E1: DE-A-35 06 912

E2: IEEE Transactions on Acoustics, Speech, and Signal Processing, Band ASSP-34, Nr. 5, Oktober 1986, Seiten 1153 - 1161, Princen et al.: "Analysis/Synthesis Filter Bank Design Based on Time Domain Aliasing Cancellation"

E3: Proceedings of the Fourth European Signal Processing Conference, September 1988, Band 2, Seiten 1011 - 1013, Yu et. al.: "Variable Block Size And Position Transform Coding".

Im Laufe des Verfahrens hat die Einspruchsabteilung folgendes Dokument in das Einspruchsverfahren eingeführt:

E4: IEEE Transactions on Acoustics, Speech, and Signal Processing, Band ASSP-27, Nr. 4, August 1979, Seiten 328 - 335, Quatieri, Jr.: "Minimum and Mixed Phase Speech Analysis-Synthesis by Adaptive Homomorphic Deconvolution".

Die Einspruchsabteilung entschied, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags im Hinblick auf die Kombination von E1 mit E3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruhe; auch wurde endschieden, vier Hilfsanträge seien wegen unzulässiger Erweiterung gemäß Artikel 123 (2) EPÜ nicht gewährbar. Das Patent wurde somit widerrufen.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) Beschwerde eingelegt und beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Form aufrechtzuerhalten. Hilfsweise hat sie eine mündliche Verhandlung beantragt.

III. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Sie hat vorgetragen, daß der beanspruchte Gegenstand angesichts der Kombination von E1 mit E3 oder E1 mit E4 naheliegend sei und Bezug auf folgende Druckschrift genommen:

E5: N. S. Jayant und P. Noll, "Digital Coding of Waveforms, Principles and Applications to Speech and Video", Prentice-Hall, Inc., 1984, ISBN 0-13-211913-7, erste Auflage, Seiten xi und xii.

IV. Am 3. Juni 2002 erließ die Beschwerdekammer eine Ladung zur mündlichen Verhandlung. Im Anhang dazu vertrat die Kammer die vorläufige Auffassung, daß E1 den nächsten Stand der Technik bilde und äußerte Zweifel an der Relevanz von E4.

V. Die mündliche Verhandlung fand am 8. August 2002 statt. Im Laufe der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin alle bisherigen Anträge zurückgezogen und einen einzigen geänderten Anspruch vorgelegt. Sie beantragt, das Patent auf der Grundlage dieses einzigen Anspruchs aufrechtzuerhalten. Der vorgelegte Anspruch lautet wie folgt:

"Verfahren zur Übertragung eines Audiosignals, das durch Fensterfunktionen (f(n), g(n)) in aufeinanderfolgende, überlappende Fenster aufgeteilt wird, dass dann die in den Fenstern enthaltenen Teilsignale jeweils durch Transformation in ein Spektrum umgewandelt werden, anschließend die Spektren codiert, übertragen, nach der Übertragung decodiert und durch Rücktransformation wieder in Teilsignale überführt werden, und dass schließlich die die Teilsignale enthaltenden Fenster überlappend aneinandergefügt werden, wobei die überlappenden Bereiche der Fenster so gewichtet sind, dass sich die Resultierende der Fensterfunktionen (f(n), g(n)) zu eins ergibt und die Fensterfunktion eines nachfolgenden Fensters im überlappenden Bereich mit dem vorangestellten Fenster durch Spiegelung der in diesem Bereich vorliegenden Fensterfunktion des vorangestellten Fensters gebildet wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Länge der Fensterfunktionen (f(n), g(n)) in Abhängigkeit von Signaländerungen gewählt wird, wobei die Länge der Fensterfunktionen bei großen Signaländerungen klein und bei kleinen Signaländerungen groß gewählt wird, und dass ein Satz unterschiedlicher Fensterfunktionen (f(n), g(n)) definiert wird, aus denen in Abhängigkeit von Signaländerungen jeweils eine Fensterfunktion vergeben wird und bei der Übertragung eine die vergebene Fensterfunktion eindeutig bestimmende Kennungszahl übertragen wird, und wobei in dem Satz eine sinusförmige Fensterfunktion mit hoher Frequenzselektivität und eine demgegenüber schmale Fensterfunktion und zwei verschiedene Fensterfunktionen mit unsymmetrischer Gestalt enthalten sind, und wobei ein Signalsprung mit hoher Amplitude in ein Fenster mit einer schmalen Fensterfunktion hineinfällt und dem Fenster mit der schmalen Fensterfunktion jeweils ein Fenster mit der entsprechenden unsymmetrischen Fensterfunktion benachbart ist und diesem jeweils ein Fenster mit der sinusförmigen Fensterfunktion benachbart ist, und wobei die entsprechenden Fensterhälften der Fensterfunktionen f(n), g(n) der benachbarten Fenster zusammen die folgenden Gleichungen im Überlappungsbereich erfüllen:

f(N - 1 - n) = g(n) 0 =< n =< N/2 - 1 f2(N/2 + n) + g2(n) = 2 0 =< n =< N/2 - 1

N gleich Anzahl der Abtastwerte dieser Fenster."

VI. Die Beschwerdeführerin hat bestritten, daß der Fachmann, der sich mit der Lehre von E1 beschäftigt, eine Alternative zur dort angegebenen Lösung des Problems der Amplitudensprünge in einem Kompanderverfahren suchen würde. Außerdem wurde vorgetragen, daß Erkenntnisse aus dem Fachgebiet der Video-Kodierung (E3) nicht unmittelbar auf Audio-Kodierung (E1) übertragbar seien, weil bei der Audio-Kodierung ein viel größerer Störabstand als bei der Video-Kodierung erzielt werden müsse.

VII. Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie hat argumentiert, E1 beschreibe das Problem, daß bei der Block-Kodierung von Audiosignalen ein Kompromiß bei der Wahl der Fensterfunktionslänge zur Block-Bildung eingegangen werden müsse. Längere Fensterfunktionen gäben eine höhere Frequenzselektivität, während kurze Fensterfunktionen bei Amplitudensprüngen das Signal weniger verschmierten (Seite 12, letzter Absatz). Als Lösung dieses Problems biete E1 zwar die Kompandierung an; der Fachmann würde jedoch erkennen, daß dies keine optimale Lösung darstellt, da das Audiosignalspektrum verzerrt und eine Reduzierung der Datenrate durch die Unterdrückung von Signalanteilen, die für den Hörer nicht wahrnehmbar seien, erschwert werde. E3 befasse sich mit demselben Kompromiß und schlage als Lösung vor, die Blocklänge in Abhängigkeit von den statistischen Eigenschaften des Signals zu ändern. Obwohl E3 lediglich Videosignale erwähne, sei dem Fachmann klar, daß dieselben Prinzipien auch für Audiosignale gelten. Die bei der Kodierung verwendete Blocklänge stelle dabei eine Kennungszahl dar, die dem Dekodierer bereitgestellt werden müsse, um das Audiosignal zu rekonstruieren. Angesichts der Überlappung von benachbarten Fensterfunktionen wären unsymmetrische Fensterfunktionen zwingend notwendig, um von langen Fensterfunktionen zu kurzen Fensterfunktionen zu gelangen und umgekehrt. Der Gegenstand des Anspruchs sei deshalb durch die Kombination von E1 mit E3 nahegelegt.

VIII. Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin enthält der Wortlaut des Anspruchs außerdem einen Widerspruch, weil im Oberbegriff erwähnt werde, daß sich die Resultierende der Fensterfunktionen zu eins ergebe, während im kennzeichnenden Teil die zweite Gleichung eine Summierung auf zwei angebe. Dem ist die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf E2 entgegengetreten.

IX. Am Ende der mündlichen Verhandlung erklärte der Vorsitzende die Debatte für beendet; nach Beratung der Kammer verkündete er die Entscheidung.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerde

Die Beschwerde erfüllt die in der Regel 65 (1) EPÜ erwähnten Erfordernisse und ist somit zulässig.

2. Zulässigkeit der Änderungen

Die in den Anspruch aufgenommenen Merkmale sind den erteilten Ansprüchen 4 bis 7 sowie der erteilten Beschreibung (vgl. Seite 3, Zeilen 10 bis 11, 32 bis 38) und der erteilten Figur 3 zu entnehmen, die mit den entsprechenden Passagen der ursprünglich eingereichten Unterlagen im wesentlichen identisch sind.

Die Kammer ist deshalb der Auffassung, daß die Änderungen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ erfüllen.

3. Klarheit

3.1. Das Patent befaßt sich mit der digitalen Übertragung eines analogen Audiosignals, das mittels überlappender Fensterfunktionen in zeitlich aufeinanderfolgenden Abschnitten quantisiert wird. Die einzelnen Abschnitte werden anschließend in den Frequenzbereich transformiert und kodiert, wobei, um die Datenmenge zu reduzieren, für den Hörer nicht wahrnehmbare Frequenzanteile unterdrückt werden. Im Empfänger werden die entsprechenden Verfahrenschritte in umgekehrter Reihenfolge ausgeführt.

3.2. Bei der Analyse des Audiosignals wird ein aus der Druckschrift E2 bekanntes Vefahren verwendet, siehe Seite 2, Zeilen 26 bis 28 des Patents. Gleichung 2 in der Beschreibung (Seite 2, Zeile 41) entspricht Gleichung 26a in E2 (Seite 1158, rechte Spalte) und bringt zum Ausdruck, daß sich benachbarte Fensterfunktionen zu einer Konstante summieren müssen (siehe E2, Seite 1158, rechte Spalte, zweiter Absatz). E2 und Gleichung 2 der Beschreibung verwenden dabei die Konstante "2". Die Gleichung 4, die in den kennzeichnenden Teil des Anspruchs aufgenommen worden ist, stellt eine Verallgemeinerung der Gleichung 2 dar, die zuläßt, daß die Fensterfunktionen unsymmetrisch sein können; dabei wurde auch die Konstante "2" in Gleichung 4 übernommen.

3.3. Der Anspruch bringt aber im Oberbegriff zum Ausdruck, daß "sich die Resultierende der Fensterfunktionen (f(n),g(n)) zu eins ergibt". Auch der ursprünglich eingereichte Anspruch 1 enthält diese Aussage. Die Konstanten sind somit widersprüchlich.

3.4. Die Kammer ist jedoch der Meinung, daß die Angabe der Konstante lediglich eine Normierung darstellen soll und daß in diesem besonderen Kontext die tatsächlichen Werte der Konstanten ohne technische Bedeutung sind.

3.5. Der Wortlaut des Anspruchs 1 ist deshalb ausreichend klar und erfüllt die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.

4. Neuheit

4.1. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, daß E1 den nächsten Stand der Technik bildet. Aus E1 ist ein Verfahren zur Übertragung eines Audiosignals bekannt (vgl. Titel), das durch Fensterfunktionen in aufeinanderfolgende, überlappende Fenster aufgeteilt wird (siehe Seite 9, letzter Absatz und Figur 3). Die in den Fenstern enthaltenen Teilsignale werden jeweils durch Transformation in ein Spektrum mit Koeffizienten umgewandelt (Seite 7, letzter Absatz bis Seite 8, erster Absatz und Figur 1, Stufe 4). Die Spektren werden anschließend codiert (Seite 8, zweiter Absatz und Figur 1, Stufe 5) und übertragen. Durch Rücktransformation werden die Koeffizienten wieder in Abtastwerte der Teilsignale überführt (Seite 8, letzter Absatz und Figur 1, Stufen 9 bis 12). Durch die Wahl der sinus- und cosinusförmigen Fensterfunktionen sind die überlappenden Bereiche der Fenster so gewichtet, daß sich die Resultierende der Fensterfunktionen zu eins ergibt (Seite 10, erster Absatz und Figur 3) und daß im überlappenden Bereich benachbarte Fensterfunktionen spiegelsymmetrisch sind. Die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs sind somit aus E1 bekannt.

4.2. Ferner geht aus den symmetrischen Fensterfunktionen in E1 (siehe Figur 3) hevor, daß die im Anspruch enthaltenen Gleichungen erfüllt werden.

4.3. Der Gegenstand des Anspruchs unterscheidet sich von dem aus E1 bekannten Stand der Technik durch die folgenden Merkmale:

i) die Länge der Fensterfunktionen wird in Abhängigkeit von Signaländerungen gewählt, wobei die Länge der Fensterfunktionen bei großen Signaländerungen klein und bei kleinen Signaländerungen groß gewählt wird;

ii) ein Satz unterschiedlicher Fensterfunktionen wird definiert, aus dem in Abhängigkeit von Signaländerungen jeweils eine Fensterfunktion vergeben wird, wobei bei der Übertragung eine diese Fensterfunktion eindeutig bestimmende Kennungszahl übertragen wird;

iii) in dem Satz sind eine sinusförmige Fensterfunktion mit hoher Frequenzselektivität, eine demgegenüber schmale Fensterfunktion und zwei verschiedene Fensterfunktionen mit unsymmetrischer Gestalt enthalten, wobei ein Signalsprung mit hoher Amplitude in ein Fenster mit einer schmalen Fensterfunktion hineinfällt und dem Fenster mit der schmalen Fensterfunktion jeweils ein Fenster mit der entsprechenden unsymmetrischen Fensterfunktion benachbart ist und diesem jeweils ein Fenster mit der sinusförmigen Fensterfunktion benachbart ist.

4.4. Der Gegenstand des Anspruchs ist somit neu (Artikel 52 (1) und 54 EPÜ).

5. Erfinderische Tätigkeit

5.1. In der mündlichen Verhandlung waren sich die Parteien einig, daß in E1 das Problem der hörbaren Signalverfälschung aufgrund von Amplitudensprüngen durch Kompandierung gelöst wird (Seite 12, letzte zwei Absätze). Die Beschwerdeführerin hat auch eingeräumt, daß durch eine Kompandierung das Frequenzspektrum des Audiosignals geändert wird und deshalb die "Codierung nach psychoakustischen Gesichtspunkten" (Figur 1, Schritt 5) Störungen hervorruft. Sie hat jedoch bestritten, daß der Fachmann, der von E1 ausgeht, statt der Kompandierung eine andere Lösung dieses Problems suchen würde.

5.2. Die Kammer teilt diese Meinung nicht. Der Fachmann, der sich mit dem Problem der spektralen Verzerrung durch Kompandierung befaßt, wird zwangsläufig eine bessere Lösung suchen. Er weiß, daß das Problem bei Amplitudensprüngen aus dem Kompromiß bei der Wahl der Fensterfunktionslänge - zwischen mangelnder Frequenzselektivität bei kurzen Funktionen und Verschmierung bei langen Funktionen - entsteht und wird deshalb versuchen, einen derartigen Kompromiß zu vermeiden. Eine Lösung dieses Problems bietet E3 an. E3 betrifft jedoch die Videokodierung. Da das menschliche Ohr viel empfindlicher als das Auge auf Störkomponenten reagiert, sind die akzeptablen Störabstände bei Audio- und Video-Kodierung unterschiedlich. Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, daß der Fachmann deshalb die in E3 angebotene Lösung von vornherein nicht in Betracht ziehen würde. Die Kammer ist jedoch nicht davon überzeugt, daß der Fachmann sich grundsätzlich gehindert sieht, Videokodierungsalgorithmen in Betracht zu ziehen. Das Referenzwerk E5 weist auf die Anwendbarkeit der meisten Kodier-Algorithmen sowohl auf Sprachsignale als auf Bilder hin (Seite xii, Zeilen 2 bis 5). Ferner hat die Beschwerdeführerin selber im erteilten Patent (Seite 3, Zeilen 43 bis 44) die Eignung des erfindungsgemäßen Übertragungsverfahrens sowohl für Audio- als auch Video-Signale unterstrichen, was auch auf die Verwandtschaft der Audio- und Video-Kodierung hinweist. Die Kammer kommt deshalb zu dem Schluß, daß der Fachmann, der von E1 ausgeht, E3 nicht unberücksichtigt lassen würde, nur weil dieses Dokument die Videokodierung betrifft.

5.3. E3 betrifft die adaptive Block-Kodierung von Video-Bildern und enthält die allgemeine Lehre, daß nichtstationäre Signale sich besser durch Änderung der Block-Länge als durch eine variable Quantisierung codieren lassen, wobei das Signal in nicht überlappende Blöcke aufgeteilt wird. Die Blöcke werden so variiert, daß die Block-Grenzen mit Änderungen der Signalstatistiken zusammenfallen, siehe Seite 1011, linke Spalte, "Introduction". Empfangsseitig werden die Plazierungsangaben herangezogen, um das Ausgangssignal aufzubauen, siehe Seite 1012, linke Spalte, letzter Absatz und rechte Spalte, zweiter Absatz. Der Fachmann, der von E1 ausgeht, würde deswegen die Lehre von E3 auf E1 so übertragen, daß die Länge der Fensterfunktionen von den Signaländerungen abhängt. Dabei werden zur Maximierung der Redundanz innerhalb eines Blocks die Fensterfunktionen bei geringen Signaländerungen verlängert und bei großen Signaländerungen verkürzt. Natürlich müssen Sender und Empfänger mit der gleichen Fensterfunktionslänge arbeiten. Da diese Länge sich ständig ändert, ist es auch notwendig, dem Empfänger ständig mitzuteilen, welche Länge im Sender verwendet wurde. Die Kammer sieht diese Längenangabe als eine Kennungszahl an, da ein digitales System nur diskrete Längenwerte zuläßt, d. h., daß ein Satz unterschiedlicher Fensterfunktionen definiert wird.

5.4. Die Kammer kommt deswegen zu dem Schluß, daß es das naheliegend wäre, die Lehre von E3 auf E1 anzuwenden und dabei die Unterschiedsmerkmale "i" und "ii" in das aus E1 bekannte Verfahren aufzunehmen.

5.5. Die Beschwerdegegnerin hat argumentiert, daß sich das Unterschiedsmerkmal "iii" zwangsläufig bei einem Wechsel von verschieden langen Fensterfunktionen ergibt, da ein Übergang von langen zu kurzen Fensterfunktionen oder umgekehrt unsymmetrische Fensterfunktionen voraussetze. Die Kammer teilt diese Meinung nicht. Die aus E1 bekannten Fensterfunktionen bestehen aus sinus- bzw. cosinusförmigen Flanken und einem konstanten Mittelabschnitt (siehe Figur 3). Ein Übergang von längeren auf kürzere Fensterfunktionen verlangt lediglich eine Kürzung des Mittelabschnitts; im Überlappungsbereich wären somit die gleichen Flanken vorhanden. Der Fachmann, der in E1 einen Satz Fensterfunktionen gemäß E3 vorsieht, hat keinen Grund, auf unsymmetrische Fensterfunktionen zurückzugreifen. Die Kammer ist daher der Auffassung, daß die Änderungen der Fensterfunktionslängen in E1 nicht automatisch unsymmetrische Fensterfunktionen erfordert.

5.6. Ferner sind unsymmetrische Fensterfunktionen aus keinem der im Verfahren erwähnten Dokumente bekannt. Die Kammer ist daher der Meinung, daß es für den Fachmann, der E1 mit E3 kombiniert, nicht naheliegend wäre, unsymmetrische Fensterfunktionen zu verwenden und auf diese Weise die Anpassung an den Amplitudenverlauf des Eingangssignals zu optimieren.

5.7. Der Gegenstand des Anspruchs beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

5.8. Obwohl E4 die Änderung von Fensterlängen bei der Audiokodierung erwähnt, hält die Kammer dieses Dokument für die vorliegende Entscheidung nicht für relevant, weil E4 einen homomorphen Audio-Kodierer betrifft, während es in E1 um einen Block-Kodierer geht, der auf einem völlig anderen Arbeitsprinzip basiert.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Patentanspruchs und einer daran anzupassenden Beschreibung zu erteilen.

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