T 0477/00 () of 10.10.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T047700.20021010
Datum der Entscheidung: 10 October 2002
Aktenzeichen: T 0477/00
Anmeldenummer: 94107095.5
IPC-Klasse: E04F 15/08
E01C 5/00
E01C 11/24
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Bodenfliese mit Abstandshaltern
Name des Anmelders: Nicolette Tolhuis, Irmgard Wielens
Name des Einsprechenden: Rundmund GmbH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
Schlagwörter: Neuheit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. In der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2000 hat die Einspruchsabteilung den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 0 636 755 zurückgewiesen; die schriftliche Entscheidung erging am 17. März 2000.

II. Der erteilte unabhängige Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"1. Bodenfliese (1) mit an den Seitenflächen angeformten Abstandshaltern (4), wobei an einer Seitenfläche mehrere Abstandshalter (4) vorgesehen sind, die als im wesentlichen aufrecht verlaufende Vorsprünge ausgebildet sind, wobei die oberen Enden der Abstandshalter (4) im Abstand von der Oberfläche (2) der Bodenfliese (1) enden, dadurch gekennzeichnet, daß die Breite der Abstandshalter (4) von unten nach oben abnimmt."

III. Gegen die vorgenannte Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Einsprechende - nachfolgend Beschwerdeführerin - am 15. Mai 2000 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 19. Juli 2000 dahingehend begründet, daß die Druckschrift

(D2) FR-A-2 520 773

entgegen der von der Einspruchsabteilung getroffenen Beurteilung den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 neuheitsschädlich vorwegnehme.

IV. Im einzelnen führte sie aus, daß die Breite der Abstandshalter gemäß (D2) von unten nach oben abnehme und daß das kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1 wortlautgemäß verwirklicht sei, zumal in diesem Anspruch nicht ausgesagt sei, daß die Breite der Abstandshalter "kontinuierlich" abnehme. Nach Fortfall des Hauptanspruches fielen auch die Unteransprüche.

V. Die Patentinhaber - nachfolgend Beschwerdegegner - argumentierten dagegen, daß der Fachmann dem Streitpatent die Lehre entnehme, daß die Abstandshalter von unten nach oben konisch zuliefen, um eine möglichst gute Verzahnung mit der Fugenmasse zu erzielen, und daß parallele Seitenwände der Abstandshalter mit einer Abrundung im oberen Bereich derselben nicht unter den Schutzbereich des Streitpatentes fielen. (D2) sei somit kein neuheitsschädlicher Stand der Technik.

VI. Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Streitpatent EP-B1-0 636 755 zu widerrufen.

Die Beschwerdegegner stellten den Antrag, die Beschwerde in vollem Umfang zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

2.1. Der einzige Beschwerdegrund der Beschwerdeführerin im Hinblick auf den Gegenstand des geltenden, erteilten Anspruchs 1 ist der Einwand von dessen fehlender Neuheit im Hinblick auf (D2).

2.2. Zu diesem Einwand hat die Kammer in ihrer Mitteilung gemäß Artikel 11 (2) VOBK vom 28. Juni 2002 eingehend Stellung genommen, vgl. Abschnitt 5, deren von der Beschwerdeführerin unwidersprochenen Darlegungen hier kurz zusammengefaßt werden:

2.3. Die Aufgabe der Erfindung laut Streitpatentschrift ist,

a) die Dichtigkeit des Bodenbelages und

b) die Haltbarkeit der Fugen

sicherzustellen.

2.4. Die Aufgabenlösung gemäß Anspruch 1 basiert auf Abstandshaltern, deren Breite von unten nach oben abnimmt.

Damit wird erzielt, daß sich die (schrägen) Seitenflanken in der Fugenmasse abstützen und daß weiterhin nach oben zunehmende Massen an Fugenmaterial ermöglicht werden; beide Maßnahmen dienen dem sicheren Halt und der Lagenstabilität der belasteten Fliese.

2.5. Wie in den Abschnitten 5.3 und 5.4 der oben genannten Mitteilung herausgestellt wurde, ist der Betonstein gemäß (D2) keine Bodenfliese, weil ein Betonstein für sich nicht dicht ist, und weil darüber hinaus die bei Betonsteinen üblichen Sandfugen ebenfalls nicht dicht sind. Damit ist der Aufgabenaspekt a) gemäß vorstehendem Abschnitt 2.3 mit dem Gegenstand gemäß (D2) nicht erfüllbar.

Abgesehen davon, liegen beim Gegenstand gemäß (D2) parallele Abstandshalter-Flanken vor und widersprechen somit eindeutig dem Wortlaut des Anspruchskennzeichens "von unten nach oben abnimmt" (Fettdruck zur Hervorhebung).

2.6. Zusammenfassend erfüllt der Gegenstand von (D2) weder das Oberbegriffsmerkmal "Bodenfliese" und seine darunter für den Fachmann zu subsumierende Vorstellung der Dichtigkeit, noch dessen kennzeichendes Merkmal der von unten nach oben abzunehmenden Breite der Abstandshalter, so daß (D2) im Hinblick auf den Gegenstand des geltenden, erteilten Anspruchs 1 kein neuheitsschädlicher Stand der Technik ist, Artikel 54 und 100 a) EPÜ, auch wenn dieser Anspruch - wie die Beschwerdeführerin meint - "wortlautgemäß" zugrundegelegt wird. Da die Kennzeichenaussage des Anspruchs 1 klar ist, ist es im Gegensatz zum Vorbringen der Beschwerdeführerin irrelevant, wenn Anspruch 1 nicht angibt, daß die Breite der Abstandshalter von unten nach oben kontinuierlich abnimmt.

2.7. Bei dieser Sachlage vermag der die Beschwerde begründende Einwand der Beschwerdeführerin der mangelnden Neuheit des Gegenstandes gemäß erteiltem Anspruch 1 nicht durchzugreifen. Ein weiterer Einwand gegen den Rechtsbestand des Anspruchs 1 wurde nicht vorgetragen und ist bei gegebener Sachlage auch seitens der Kammer nicht zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens zu machen.

2.8. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 gemäß Streitpatentschrift sind bei rechtsbeständigem Anspruch 1. ebenfalls rechtsbeständig, weil sie den Gegenstand des Anspruchs 1 weiter einschränken und aus der Sicht der Artikel 54 und 100 a) EPÜ ebenfalls nicht anzugreifen sind.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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