T 0298/00 () of 21.1.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T029800.20030121
Datum der Entscheidung: 21 Januar 2003
Aktenzeichen: T 0298/00
Anmeldenummer: 95929059.4
IPC-Klasse: B29C 67/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung eines dreidimensionalen Objektes
Name des Anmelders: EOS GmbH Electro Optical Systems
Name des Einsprechenden: 3D Systems, Inc.
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das europäische Patent Nr. 0 755 321 Beschwerde eingelegt.

II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß die in Artikel 100 a) EPÜ (fehlende Neuheit, Artikel 54 EPÜ; mangelnde erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ) genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in unveränderter Form nicht entgegenstünden.

III. Am 21. Januar 2003 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

i) Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 755 321.

ii) Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der folgenden Dokumente:

a) Ansprüche 1 bis 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung; und

b) Beschreibung: Seite 2, wie erteilt, und Seiten 3. und 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung; und

c) Zeichnung: Figur 1, wie erteilt.

IV. Der unabhängige Patentanspruch 1 gemäß dem einzigen Antrag der Beschwerdegegnerin lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung eines dreidimensionalen Objektes, bei dem aufeinanderfolgende Schichten (6a, 6b, 6c, 6d) des zu bildenden Objektes (2) aus mittels elektromagnetischer Strahlung verfestigbarem Material nacheinander durch Einwirkung einer elektromagnetischen Strahlung (8, 10) verfestigt werden, dadurch gekennzeichnet, daß als Material ein Polymerblend, das eine Mischung aus verschiedenen Polymeren bzw. Copolymeren auf molekularer Ebene ist, verwendet wird, wobei das Polymerblend in Pulverform verwendet wird und jedes Pulverkorn des Pulvers die verschiedenen Polymere in einem vorgegebenen Mischungsverhältnis enthält, wobei das Polymerblend erhalten wird durch Mischen von den verschiedenen Polymeren in der Schmelze und anschließendem Gewinnen des Pulvers aus der Schmelze."

V. Im Beschwerdeverfahren wurde unter anderem auf folgende Druckschriften Bezug genommen:

D1: Kunststof en Rubber 1992, nummer 12, "Fast prototyping met 'Selective Laser Sintering', Seiten 14 bis 18, mit englischer Übersetzung;

D18: Solid Freeform Fabrication Symposium Proceedings, August 6-8, 1990, Austin, Texas; 1990 The University of Texas at Austin; "Sintering Rates in the Selective Laser Sintering Process", Seiten 164 bis 170;

D23: Becker/Braun, Kunststoff Handbuch 3/2, Technische Polymer-Blends, Carl Hanser-Verlag München Wien, 1993 ISBN 3-446 16369-7, Seiten 2, 3, 12 und 13.

VI. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen und im mündlichen Verfahren im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Dokument D1 beschreibe ein Verfahren gemäß Oberbegriff des Patentanspruchs 1, wobei als Material ein Polymer-Blend ABS/SAN verwendet werde. ABS/SAN sei offensichtlich ein durch zusätzliche Beimischung von SAN modifizierter ABS-Kunststoff.

Ferner beschreibe Dokument D18 ein empirisches Modell zur Messung der Sintergeschwindigkeit von Materialien für das den Gegenstand des Streitpatents bildende SLS-Verfahren (SLS: Selective Laser Sintering). Die dort genannten Materialien stünden damit in direktem Bezug zu diesem SLS-Verfahren. In Dokument D18 werde explizit auf die Eignung eines mischbaren binären Polymer-Blends PCL/SAA als Wachs für das "lost wax casting" Verfahren verwiesen. Es enthalte damit den klaren Vorschlag, ein mischbares und damit einphasiges Polymer-Blend für das SLS-Verfahren zu verwenden.

Die weiteren Merkmale des Patentanspruchs 1 seien Folgen der bekannten Verwendung eines Polymer-Blends bzw. beträfen übliche Maßnahmen. Mischbarkeit bedeute gemäß Dokument D23 die Durchdringung der Komponenten auf molekularer Ebene. Die Gewinnung eines Polymer-Blends aus der Schmelze sei ein übliches Herstellverfahren. Eine bekannte Eigenschaft eines Polymer-Blends bestehe darin, daß dessen mechanische und thermische Eigenschaften durch die jeweiligen Anteile der verschiedenen Komponenten bestimmt würden. Dies sei der Zweck der Entwicklung von Polymer-Blends.

Weiterhin stelle die im Patentanspruch 1 definierte Gruppe von Polymer-Blends keine zielgerichtete Auswahl dar, und es werde mit dieser Auswahl auch keine spezifische Aufgabe gelöst. Um dem Problem des Volumenschwunds zu begegnen, sei es bekannt, nichtkristalline, amorphe Kunststoffe zu verwenden.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruhe daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Ferner sei der Gegenstand des abhängigen Patentanspruchs 5. unklar (Artikel 84 EPÜ), da gemäß Patentanspruch 1 das Polymer-Blend eine Mischung verschiedener Polymere sei, die in Patentanspruch 5 genannten Komponenten, Styrol und Butadien, jedoch keine Polymere seien.

Schließlich sei die auf Seite 3 der Beschreibung des Streitpatents aufgenommene Würdigung des Standes der Technik gemäß Dokument D18 nicht korrekt, da nicht auf das dort zitierte mischbare binäre Polymer-Blend verwiesen werde.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen und im mündlichen Verfahren im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Gegenstand des Streitpatents sei ein Verfahren zur Herstellung eines dreidimensionalen Objekts gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Ein derartiges Verfahren (SLS-Verfahren) sei aus dem Dokument D1 bekannt, das den nächstliegenden Stand der Technik bilde.

Die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe bestehe darin, ein SLS-Verfahren anzugeben, bei dem die Prozeßführung vereinfacht werde und gewünschte Eigenschaften des späteren Bauteils schon im Ausgangsmaterial leicht einstellbar und variierbar seien.

Diese Aufgabe werde dadurch gelöst, daß in einem SLS-Verfahren ein Polymer-Blend mit den im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 des Streitpatents angegebenen Eigenschaften verwendet werde.

Für die Homogenität des späteren Bauteils sei entscheidend, daß jedes Pulverkorn des Pulvers die verschiedenen Polymere in einem vorgegebenen Mischungsverhältnis enthalte und das Polymer-Blend durch Mischen von den verschiedenen Polymeren in der Schmelze und anschließendem Gewinnen des Pulvers aus der Schmelze erhalten werde. Durch die amorphe Struktur des Polymer-Blends werde dem Problem des Volumenschwunds begegnet. Weil das Polymer-Blend ferner eine Mischung auf molekularer Ebene sei, könne, bei der Verarbeitung oder der Rückgewinnung des Pulvers, dieses sich nicht entmischen bzw. dessen Mischverhältnis sich nicht verändern.

Der vorliegende Stand der Technik lege die Verwendung eines derartigen Polymer-Blends nicht nahe.

Dokument D1 enthalte eine Liste von für das SLS-Verfahren geeigneten Materialien, darunter ein Material mit der Bezeichnung ABS/SAN. Angesichts des Hinweises auf Seite 2, vorletzter Absatz der englischen Übersetzung des Dokuments D1, daß SLS-Pulver gewöhnlich Pulvermischungen seien, sei zu schließen, daß es sich bei der Bezeichnung ABS/SAN um eine makroskopische Pulvermischung zweier jeweils in Pulverform vorliegender Polymere handele. Ferner sei ABS selbst kein Polymer-Blend aus verschiedenen Polymeren, sondern ein Copolymer aus verschiedenen Monomeren.

Aus Dokument D18 sei die Verwendung einer Mischung aus PCL und SAA im Hinblick auf eine mögliche Anwendung für das SLS-Verfahren bekannt. Die genannten Materialien würden von den Firmen Union Carbide bzw. Monsanto geliefert. Es handele sich also nicht um ein von einem Hersteller vorgefertigtes Polymer-Blend, bei dem eine Mischung aus verschiedenen Polymeren auf molekularer Ebene vorliege.

Weder Dokument D1 noch Dokument D18 gebe zudem einen Hinweis auf die Verwendung eines Polymer-Blends in einem SLS-Verfahren, wobei das Pulver aus der Schmelze gewonnen werde.

Ferner finde sich in diesen Dokumenten auch kein Hinweis auf die Probleme des Volumenschwunds oder der Entmischung, so daß sie zur Lösung dieser Aufgaben keinen Beitrag leisten könnten.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei eine rückschauende Betrachtungsweise zu vermeiden. So sei es vor dem Prioritätszeitpunkt des Streitpatents zwar bekannt gewesen, bei SLS-Verfahren makroskopische Pulvermischungen zu verwenden. Es finde sich jedoch im Stand der Technik keine Anregung auf die Verwendung homogener Polymer-Blends, bei denen jedes Pulverkorn die verschiedenen Polymere in einem vorgegebenem Mischungsverhältnis enthalte. Es finde sich dort dementsprechend auch keine Anregung, die dem Streitpatent zugrunde liegenden Aufgaben, insbesondere die Aufgaben, Volumenschwund und Entmischung zu vermeiden, durch die Verwendung der im Patentanspruch 1 vorgeschlagene Gruppe von Polymer-Blends zu lösen.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die abhängigen Patentansprüche 2 bis 6 enthielten Kombinationen, die eine Herstellung eines Polymer-Blends im Sinne von Patentanspruch 1 gestatten würden.

Entscheidungsgründe

1. Änderungen (Artikel 84 und 123 EPÜ)

Patentanspruch 1 gemäß einzigem Antrag der Beschwerdegegnerin enthält als zusätzliches Merkmal zu Patentanspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung die auf Seite 3, letzter Absatz der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung (veröffentlichte Fassung, WO-A 96/08360) wiedergegebene Definition eines Polymer-Blends.

Diese Änderung hat zur Folge, daß der Schutzbereich des Patentanspruchs 1 gegenüber Patentanspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung eingeschränkt ist, da letzterer identisch ist zu Patentanspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung.

Die Änderungen sind daher im Einklang mit den Erfordernissen von Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.

Der geänderte Anspruch 1 genügt nach Auffasssung der Kammer auch den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ. Insbesondere ist der Begriff "Mischung ... auf molekularer Ebene", unter anderem angesichts der in Dokument D23, Seite 3, Kapitel 1.2.2.1, "Allgemeine Behandlung der Mischbarkeit", erster Absatz, gegebenen Definition der Mischbarkeit, die allgemeines Fachwissen darstellt, hinreichend klar und im vorliegenden Fall so zu verstehen, daß sich die die Mischung bildenden verschiedenen Polymere bzw. Copolymere auf molekularer Ebene durchdringen.

Im abhängigen Patentanspruch 5 werden als Komponenten des Polymer-Blends die Substanzen Styrol und Butadien genannt. Da dieser Anspruch jedoch auf Anspruch 1 rückbezogen ist und dieser klar zum Ausdruck bringt, daß das verwendete Polymer-Blend eine Mischung verschiedener Polymere ist, ist hinreichend klar, daß bei den in Patentanspruch 5 genannten Substanzen deren Polymere zu verstehen sind.

Die auf der Beschreibungsseite 3 vorgenommene Änderung betrifft die Würdigung des in Dokument D18 enthaltenen Standes der Technik. Sie konzentriert sich auf die in Dokument D18 explizit enthaltene Beschreibung des Polymer-Blends PCL/SAA als eine Mischung von PCL mit SAA, siehe Dokument D18, Seite 165, letzter Satz des vorletzten Absatzes. Die Kammer sieht in dieser Änderung der Beschreibung keine Verletzung der Bestimmungen des EPÜ, insbesondere keine Verletzung der Bestimmungen der Regel 27 b) EPÜ.

Das Streitpatent in der geänderten Fassung genügt daher den Erfordernissen der Artikel 84 und 123 (2) und (3) EPÜ und der Regel 27 b) EPÜ.

2. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

Der Gegenstand des unabhängigen Patentanspruchs 1 gemäß dem einzigen Antrag der Beschwerdegegnerin ist neu. Das beanspruchte Verfahren unterscheidet sich vom vorliegenden Stand der Technik, insbesondere den Dokumenten D1 und D18, dadurch, daß als Material ein Polymer-Blend verwendet wird, das eine Mischung aus verschiedenen Polymeren bzw. Copolymeren auf molekularer Ebene ist, wobei das Polymer-Blend durch Mischen der verschiedenen Polymere in der Schmelze und anschließendem Gewinnen des Pulvers aus der Schmelze erhalten wird.

3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

3.1. Als nächstliegender Stand der Technik ist Dokument D1 in Betracht zu ziehen.

Dokument D1, siehe Figur 1 und den Absatz mit dem Titel "Selective Laser Sintering" auf Seite 1 der englischen Übersetzung, beschreibt ein Verfahren zur Herstellung eines dreidimensionalen Objektes, bei dem aufeinanderfolgende Schichten des zu bildenden Objektes ("CAD model") aus mittels elektromagnetischer Strahlung verfestigbarem Material (sinterfähigem Pulver) nacheinander durch Einwirkung einer elektromagnetischen Strahlung (CO2 Laser) verfestigt werden. Als Materialien werden unterem anderem Wachse, Polycarbonate, Nylon und ABS/SAN genannt.

Nähere Angaben zum Material "ABS/SAN" sind in Dokument D1 nicht enthalten.

3.2. Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, "ein Verfahren zur Herstellung eines dreidimensionalen Objektes bereitzustellen, bei dem die Prozeßführung vereinfacht wird und gewünschte Eigenschaften des späteren Bauteiles schon im Ausgangsmaterial leicht einstellbar und variierbar sind", siehe Spalte 3, Zeilen 19. bis 24, der Beschreibung des Streitpatents.

Diese Aufgabe wird durch die Verwendung eines Polymer-Blends mit den im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 gemäß dem einzigem Antrag der Beschwerdegegnerin definierten Eigenschaften gelöst, also dadurch, daß das im beanspruchten Verfahren verwendete Polymer-Blend eine Mischung aus verschiedenen Polymeren bzw. Copolymeren auf molekularer Ebene ist, wobei das Polymer-Blend in Pulverform verwendet wird und jedes Pulverkorn des Pulvers die verschiedenen Polymere in einem vorgegebenen Mischungsverhältnis enthält. Das Polymer-Blend wird durch Mischen von den verschiedenen Polymeren in der Schmelze und anschließendem Gewinnen des Pulvers aus der Schmelze erhalten.

3.3. Im vorliegenden Stand der Technik findet sich keine Anregung auf die Verwendung eines derartigen Polymer-Blends in einem Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 des einzigen Antrags der Beschwerdegegnerin.

3.3.1. Wie unter Punkt 3.1 oben bereits erwähnt, wird in Dokument D1 ohne nähere Angaben zu seiner Beschaffenheit auf die Verwendung des Materials ABS/SAN verwiesen.

So geht aus Dokument D1 nicht hervor, ob es sich bei "ABS/SAN" zum Beispiel um eine Mischung zweier Einzelsubstanzen oder um ein aus den Komponenten ABS und SAN gebildetes Polymer-Blend handelt. ABS-Kunststoffe selbst werden in der einschlägigen Literatur, siehe Dokument D23, Seite 12, vorletzter Absatz sowie Seite 3, erster Absatz, der Gruppe der Polymer-Blends zugeordnet. Bei Pfropfcopolymerisaten wie ABS-Polymerisaten, die oftmals über Emulsionspolymerisation hergestellt werden, tritt Entmischung und damit Mehrphasigkeit auf, siehe Dokument D23, Seite 12, erster und letzter Satz des vorletzten Absatz sowie Seite 2, Bild 1.1.

Dokument D1 enthält damit keinen Hinweis auf die Verwendung eines Polymer-Blends, das eine aus der Schmelze gewonnene Mischung verschiedener Polymere oder Copolymere auf molekularer Basis ist.

3.3.2. Dokument D18, siehe Seite 165, Ende des vorletzten Absatzes, verweist im Zusammenhang mit dem bekannten SLS-Verfahren auf die Eignung eines mischbaren binären Polymer-Blends PCL/SAA. Im Folgesatz wird diese Mischung aber als eine 50/50 Mischung von "poly(Epsilon-caprolactone) (Union Carbide PCL-700)" mit "poly(styrene-co-alkyl alcohol) (Monsanto RJ-100)" bezeichnet. Da Dokument D18 weder die Art der Mischbarkeit angibt, noch Informationen zur Beschaffenheit oder zur Herstellung dieses Materials enthält und hierzu auch keine weiteren Informationen vorliegen, sind Annahmen zu Struktur und Beschaffenheit dieses Materials spekulativ. Dokument D18 kann somit ebenfalls keine Anregung geben, ein Polymer-Blend mit gerade den in Patentanspruch 1 genannten Eigenschaften zu verwenden (Mischung auf molekularer Ebene in Kombination mit Gewinnung aus der Schmelze).

3.3.3. Dokument D23 beschreibt in allgemeiner Form die Gruppe der Polymer-Blends, ohne diese aber in Zusammenhang mit dem SLS-Verfahren zu bringen. Die weiteren im Beschwerdeverfahren genannten Dokumente gehen nicht über die in den Dokumenten D1, D18 und D23 gegebene Offenbarung hinaus.

3.3.4. Obwohl der Fachmann aus den Dokumenten D1 und D18 den Hinweis erhält, für seine Zwecke auch die Verwendung eines Kunststoffs aus der Gruppe der Polymer-Blends in Betracht zu ziehen, und die Herstellung von Polymer-Blends aus der Schmelze ein allgemein bekanntes Verfahren ist, siehe Dokument D23, Seite 12, 2. Absatz, geht, nach Auffassung der Kammer, die in Patentanspruch 1. gemäß dem einzigen Antrag der Beschwerdegegnerin getroffene Auswahl einer bestimmten Gruppe von Polymer-Blends über die Routine des Fachmanns hinaus.

Diese Gruppe (Mischung verschiedener Polymere auf molekularer Ebene, gewonnen aus der Schmelze) hat bei Verwendung in dem Verfahren nach Patentanspruch 1 gemäß dem einzigen Antrag der Beschwerdegegnerin unter anderem den Vorteil, daß aufgrund der Mischung auf molekularer Ebene bei der Verarbeitung und Wiedergewinnung des Materials keine Entmischung stattfindet, siehe Spalte 3, Zeilen 54 bis 59 der Beschreibung des Streitpatents. Das Mischungsverhältnis und die Homogenität des Materials bleiben damit erhalten. Dies trägt zur Vereinfachung der Prozeßführung bei, wobei die durch die Verwendung von Polymer-Blends an sich bestehende Möglichkeit der Bestimmung der thermischen und mechanischen Eigenschaften durch entsprechende Wahl der Art und Menge der Komponenten erhalten bleibt.

3.4. Der vorliegende Stand der Technik enthält keine Anregung, das an sich bekannte SLS-Verfahren hinsichtlich des Aspektes der Entmischung des verwendeten Materials durch entsprechende Auswahl einer bestimmten Gruppe von Polymer-Blends zu verbessern.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher durch den vorliegenden Stand der Technik nicht nahegelegt und beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 7 betreffen Ausführungsformen der Erfindung und beruhen daher ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit.

4. Der einzige Antrag der Beschwerdegegnerin ist daher gewährbar.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

a) Ansprüche 1 bis 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung; und

b) Beschreibung: Seite 2, wie erteilt, und Seiten 3 und 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung; und

c) Zeichnung: Figur 1, wie erteilt.

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